1 Einleitung: Überblick über jugendliches muslimisches Leben in der BRD

In der deutschen Bevölkerung ist in den letzten Jahren – beeinflusst von verschiedenen politischen Entscheidungen – eine wachsende kulturelle und religiöse Vielfalt entstanden, die insbesondere den Anteil muslimischer Bewohner*innen ansteigen ließ. Die türkischstämmigen Migrant*innen stellten lange mit etwa zwei Dritteln die Mehrheit aller Muslim*innen in Deutschland. Durch die Fluchtmigration stieg jedoch nicht nur der Anteil muslimischer Menschen in Deutschland stark um etwa 1,2 bis 1,5 Millionen an, sondern veränderte in den letzten drei Jahren auch die ethnische und konfessionelle Zusammensetzung der Muslim*innen. Während 2008 über zwei Drittel (67,5%) der Muslim*innen in Deutschland türkischer Herkunft waren, sank der Anteil muslimisch-türkischer Bewohner*innen bis Ende 2015 auf 50,5%, während der Anteil von Muslim*innen nahöstlicher Herkunft (etwa Syrien), asiatischer Herkunft (etwa Afghanistan) und schwarzafrikanischer Herkunft (etwa Sudan) jeweils auf das Doppelte anstieg (Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat, 2019). Von den etwa 1,1 Mio. schutzsuchenden Neuzugewanderten waren 2015 gemäß einer Studie der Bertelsmann-Stiftung (2016) 63,3% Muslim*innen.

Aufgrund dieser Tendenzen stellt der Islam in Deutschland die zweigrößte Religion dar und macht etwa 5% der Bevölkerung aus und wird aufgrund von Zuwanderung weiterhin anwachsen (Yavuzcan, 2017) und in der deutschen Gesellschaft immer deutlicher sichtbar werden (Sen, 2007).

Der Islam ist dabei insbesondere vor allem im jugendlichen Alterssegment vertreten. Etwa ein Drittel aller Kinder weisen einen Migrationshintergrund auf, sind also entweder selbst nach Deutschland zugewandert oder wurden bereits in Deutschland geboren, stammen aber von zugewanderten Eltern ab (Uslucan, 2017). Schweitzer (2012) geht davon aus, dass etwa 13% der Kinder in Deutschland muslimischen Glaubens seien. Vor etwa zehn Jahren waren etwa 25% der Muslim*innen in Deutschland unter 15 Jahre alt (Haug, Stichs & Müssing, 2009, S. 103ff.). Der Anteil dieser Kinder wird in den folgenden Jahren bedingt durch demographische Entwicklungen und Zuwanderung muslimischer Menschen weiter wachsen.

Insbesondere die türkischstämmigen Einwander*innen gründeten islamische religiöse Vereine und Netzwerke wie die Organisationen des Verbands der islamischen Kulturzentren (VIKZ), die islamische Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) oder die Organisation DITIB (Türkische Islamische Union der Anstalt für Religion) (Speer, 2017), die neben den Familien die religiöse Sozialisation der nachwachsenden muslimischen Generation in Deutschland prägt(e). Es existiert keine offizielle Liste an Moscheen in Deutschland. Jedoch wird ihre Zahl auf etwa 2750 geschätzt, wovon etwa zwei Fünftel türkisch geprägt sein sollen (Ceylan, 2017). Diese spielen in der religiösen Sozialisation der nachwachsenden muslimischen Generation ebenfalls eine große Rolle bei der Entwicklung einer türkisch-muslimischen Identität, da sowohl die türkische Sprache als auch die muslimische Religion weitergegeben werden (Aygün, 2010). Die religiöse Erziehung erfolgt bei beinahe jede*m zweiten Muslim*in in Deutschland in einer Koranschule (Wensierski & Lübcke, 2012). 19% der türkischstämmigen Muslim*innen zwischen 18 und 28 Jahren sind zudem in einem Moscheeverein engagiert (Sen, 2007); darüber hinaus gaben 37% der Befragten an, mindestens einmal die Woche die Moschee zu besuchen. 41% der jungen Muslim*innen nutzen darüber hinaus, auch wenn sie nicht religiös praktizierend sind, Freizeit- und Sportangebote, soziale Beratung und kulturelle Angebote der Moscheen (Sen, 2007).

Insbesondere für die Persönlichkeitsentwicklung stellen religiöse Institutionen und Gruppen einen wichtigen Faktor für die deutsch-türkischen Jugendlichen dar. Muslimische Kinder und Jugendliche wachsen im Spagat zwischen den religiösen Anforderungen ihrer Familien sowie religiöser Vereine und Moscheen auf, die sie zu etwa der Hälfte besuchen, und der europäisch-christlich geprägten Gesellschaft Deutschlands. Bedingt durch die Suche nach einer eigenen Identität orientieren sich muslimisch geprägte Jugendliche an eigenen bzw. auch traditionell-islamischen Werten der Elterngeneration (El-Mafaalani & Toprak, 2011). Gerade die Jugendlichen aus der Zuwanderergeneration sind dadurch gekennzeichnet, sich mit der westlich-modernen und gleichzeitig mit der muslimischen Perspektive auseinandersetzen zu müssen (Sandt, 1996). Einerseits werden jugendliche Migrant*innen von der Schule im Einwanderungsland beeinflusst, anderseits von der Erziehung durch die Eltern und die Moscheevereine sowie von kulturellen Netzwerke und den dementsprechenden damit verbundenen Erfordernissen (Kelek, 2002).

Dabei wird der Islam von etlichen einheimisch-deutschen Menschen als bedrohlich erlebt und es wird eine zunehmende Radikalisierung muslimischer junger Menschen durch eine rein auf Traditionen basierende, gewaltbetonte und rigide Erziehung in Familien und Moscheen befürchtet. Im Religionsmonitor 2013 werden hohe Verunsicherungen evident sowie Bedrohungsgefühle durch Angehörige anderer Religionen (Pickel, 2013).

Das Ziel dieses Beitrags ist es, die Religiosität von türkischstämmigen muslimischen Jugendlichen in Deutschland zu erfassen und außerdem den Einfluss der islamischen Erziehung durch die Eltern auf die Religiosität ihrer Kinder nachzuzeichnen.

2 Erziehungsideale und Erziehungsziele im Islam

Sowohl Karakaşoğlu und Öztürk (2007), Uslucan (2000; 2017) sowie Aygün (2010) befassen sich mit den Erziehungsvorstellungen und Erziehungsidealen im Islam.

Uslucan (2008, S. 2) wählte hierbei

 „für die Expertise Quellen unterschiedlichen Wissenschaftlichkeitsgrades […wie etwa] islamische Erziehungsmanuale, aber auch Internetpublikationen, […], die eher das „Ideal“ islamischer Erziehung skizzieren und dabei sowohl auf den Koran wie auf Vorbilder islamischer Geschichte, beginnend mit dem Propheten, rekurrieren. Die Frage der Übersetzbarkeit dieser Gebote in die Moderne wird von diesen Manualen jedoch nur selten thematisiert.“

 „Anhand der bisherigen Quellen konnte gezeigt werden, dass Gehorsam, elterliche Kontrolle und (Selbst)Disziplinierung im islamischen Sinne zentrale Elemente in der islamischen Werteerziehung darstellen. […] Herrscht jedoch in der Familie keine Diskussions- und Streitkultur, wird der Gehorsam darüber hinaus religiös legitimiert und dadurch die Kritik an Autoritäten zu einem Denktabu erklärt, so lassen sich diese Kompetenzen bei Kindern nur schwer ausbilden.“ (Uslucan, 2008, S. 51)

Die Menschen kommen nach dem Islam mit der ihnen angeborenen Fähigkeit an Gott zu glauben auf die Welt. Nach islamischen Anschauungen wird man mit einer reinen Seele wie ein unbeschriebenes Blatt geboren, welches jedoch mit natürlichen negativen und positiven Anlagen ausgestattet ist und vom Umfeld sowohl positiv als auch negativ beeinflusst werden (kann) (Karakaşoğlu & Öztürk, 2007; Aygün, 2010).

Die Wahrnehmung der Erziehungsverantwortung erfordert es deshalb, dem Kind wichtige Grundlagen wie Glauben und Leben nach dem Koran und der Sunna oder den Respekt gegenüber den Eltern weiterzugeben. Insbesondere werden als Erziehungsziele Respekt, Achtung sowie Disziplin erwähnt sowie die hohe Bedeutsamkeit des Familismus und des Glaubens an Gott (Boos-Nünning, 2011; 2015). Trotz der oftmals rigiden Erziehungsvorstellungen werden im Islam nach dem Koran weder Zwang noch körperliche Gewalt als islamgerechte Erziehungsmittel gesehen. Die religiöse Erziehung des Kindes verläuft nach islamischer Vorstellung in drei Phasen, die sich auch später in den empirischen Untersuchungen zur erlebten Erziehung in muslimischen Familien nachzeichnen lassen (Karakaşoğlu & Öztürk, 2007): In der „pflicht-freien Phase“ (0-7 Jahre) werden die Kinder von der Geburt bis in das siebte Lebensjahr nicht für ihr Handeln verantwortlich gemacht und sind auch von religiösen und gesellschaftlichen Anforderungen ausgeschlossen. Durch die indirekte Erziehung entfaltet sich das Kind im religiösen Umfeld und wird mit islamischen Festen, Vorschriften und Pflichten konfrontiert. In der zweiten Phase, der „Lernphase“ (7 Jahre bis zur Geschlechtsreife) werden die erforderlichen Kenntnisse über den Islam und der religiösen Praxis vermittelt (Karakasoglu & Öztürk, 2007). Erst in der dritten Phase (ab der Geschlechtsreife) besitzen Jugendliche vor Gott für ihr Verhalten und die Befolgung der religiösen Pflichten eine Verantwortung (Karakaşoğlu & Öztürk, 2007). Religion hat eine besondere Ordnungsfunktion, indem der Islam bezüglich der Erziehung eine Orientierung und eindeutige Vorschriften bietet, welche insbesondere in der Moderne zu einer Herausforderung für die Eltern und die Gesellschaft werden (Uslucan, 2017, S. 51):

„Besonders Schulkinder müssen enorme Syntheseleistungen vollbringen und eine äußerst flexible Persönlichkeit ausbilden, wenn sie in ihrem Alltag beständig mit Ideen, Regelsystemen und Weltdeutungen konfrontiert sind, die konträr zueinander sind, um weiterhin handlungsfähig zu bleiben. So sind bspw. Kritikfähigkeit und Eigenständigkeit relevante Werte, die sowohl mit Blick auf schulische Leistungen als auch Berufserfolg gegenwärtig als zentral zu erachten sind.“

Insbesondere können die genannte Reflexivität, Kritikfähigkeit und Anpassung an die deutsche Umgebung seitens der Kinder die muslimischen Familien beunruhigen, indem sie von einer Distanzierung von Religion und Kultur ausgehen. Vor allem die Drohung (Hölle) und die Verheißung (Paradies) kann die Entfaltung zur eigenständigen reflexiven Religiosität hindern, indem die Kinder bewusst in Abhängigkeit gehalten werden (Uslucan, 2017).

3 Forschungsüberblick über die Religiosität muslimischer junger Menschen

Unterschiedliche Untersuchungen zeigen, dass in modernen westlichen Gesellschaften Religiosität an Bedeutung verliert. Zwar ist Spiritualität und Religion nach wie vor ein Wert, aber die Religion wird zunehmend als Privatsache betrachtet. Im Gegensatz zur christlichen Bevölkerung weisen Muslim*innen nach Selbstauskunft in unterschiedlichen Studien eine deutlich stärkere Religiosität auf, wobei vor allem die türkischen Muslim*innen im Vergleich zu den anderen Herkunftsgruppen in Deutschland am religiösesten sind.

Beispielsweise richtete der international repräsentative Religionsmonitor 2008 seinen Blick in besonderem Maße auf die Muslim*innen in Deutschland und befragte Personen persönlich-mündlich am Telefon. 90% gaben an, sich als im weitesten Sinne religiös zu bezeichnen; 41% als hochreligiös. Insgesamt waren 70% der Bevölkerung in Deutschland religiös und 18% hochreligiös. Bei einer Differenzierung innerhalb der muslimischen Community nach ethnischen Gesichtspunkten waren die türkischstämmigen Befragten bei den Muslim*innen am stärksten religiös geprägt (91%) vor den bosnischstämmigen (85%) und den persischstämmigen (84%) Muslim*innen (Bertelsmann Stiftung, 2008, S. 6). Dabei waren die Sunnit*innen religiöser als die Schiit*innen und die Alevit*innen (Bertelsmann Stiftung, 2008, S. 15).

Die Unterschiedlichkeiten in den Werteorientierungen und religiösen Orientierungen im Erwachsenenbereich sowie die Differenzierung zwischen den drei weltanschaulichen Gruppen der Muslim*innen, der Christ*innen und der Bekenntnislosen bilden sich ebenso im Jugendalter ab, wie etwa die Shell Jugendstudie belegt.

Bei den Muslim*innen jüngeren Alters beschreiben sich 17% als sehr, 40% als religiös und 35% als zumindest etwas religiös (Allenbach, Goel, Hummrich & Weissköppel, 2011), was ebenfalls die herausgehobene Stellung des Islam für Jugendliche türkisch-muslimischer Abstammung in Deutschland belegt (vgl. hierzu auch Jacob, 2011).

Gleichzeitig ist in keiner Gruppe Jugendlicher die Heterogenität in Bezug auf die religiösen Auffassungen so groß wie bei den Muslim*innen. Etwa Gennerich (2016, S. 208) zeigt, „dass muslimische Jugendliche im Vergleich zu ihren evangelischen, katholischen und konfessionslosen Altersgenossen eine deutlich höhere Einstellungsheterogenität aufweisen“.

Viele quantitative und qualitative Studien sind in den letzten Jahren zur Religiosität von Muslim*innen und muslimischen Jugendlichen in Deutschland entstanden. Auch Jugendliche, welche wenig oder gar nicht der islamischen Glaubenspraxis nachgehen, oder sogar an den islamischen Glaubensvorstellungen zweifeln, bekennen sich zum Islam, oftmals als Identifikationsmerkmal (Kelek, 2002). Zudem belegt die Studie von Sauer und Goldberg (2006), dass für wenig oder nicht-religiöse Muslim*innen hinsichtlich der religiösen Praxis hauptsächlich das Fasten, Almosengeben und die Beachtung der Speisevorschriften von Bedeutung sind. Insbesondere das Fasten stellt eine regelmäßig verrichtete Praxis dar, auch für nicht-religiöse junge Muslim*innen (Boos-Nünning, 2007), um sich dennoch als Muslim*in erkennen zu geben.

Angesichts dieser großen Heterogenität wurden in etlichen Studien Versuche unternommen, auf Basis von Interviews Typen jugendlichen muslimischen Lebens und islamischer jugendlicher Lebensführung in Deutschland herauszuarbeiten, so etwa in den Studien von Karakaşoğlu-Aydın (2000), Klinkhammer (2000), Tietze (2001), Aygün (2010), Hummrich (2011) und Stein, Ceylan und Zimmer (2017).

Diese Studien sollen in diesem Forschungsüberblick näher beleuchtet und in einer Synthese zusammengefasst werden. Gemeinsam ist allen Versuchen der Typenbildung muslimischen jugendlichen Lebens, dass sie sich meist auf einem Kontinuum bewegen von traditionelleren hin zu säkulareren Ausprägungen muslimischen Glaubens bzw. von einem eher volkstümlichen, stark mit traditionellen Elementen durchsetzten Islam hin zu einem rein auf die religiöse Begründung fußenden „reinen“ Islam. Darüber hinaus wird auch thematisiert, wie sehr sich Jugendliche von einer übernommenen Religiosität ihrer Eltern gelöst und sich ihre eigene Religion des Islam erarbeitet haben. Aufgrund der kleinen Stichprobenumfänge werden keine prozentualen Stärken der jeweiligen Typen angegeben.

Tab. 1: Religionstypen muslimischer Jugendlicher – Überblick über typenbildende qualitative Studien

 

Autor*innen

Jahr

Anzahl Interviews

Interviewte

Interviewregion

Typen

Karakaşoğlu-Aydın

2000

26

Türkischstämmige

Studentinnen

Deutschland

6

Klinkhammer

2000

 

Türkischstämmige Frauen

Deutschland

3

Tietze

2001

25

Muslimische männliche Jugendliche

Deutschland und Frankreich

4

Aygün

2010

70

Türkischstämmige Jugendliche

Deutschland und Türkei

4

Hummrich

2011

4

Christliche und muslimische

Jugendliche

Deutschland und Schweiz

3

Stein, Ceylan & Zimmer

2017

32

Angehende muslimische Religionslehrkräfte

Deutschland

3

Karakaşoğlu-Aydın (2000) kristallisiert in ihren vertiefenden Interviews insgesamt sechs unterschiedliche Typen heraus, die sich anhand des Kontinuums der Säkularisierung anordnen lassen. Atheistinnen glauben an keinerlei übernatürliche Phänomene oder Gott, sondern sind rational ganz auf das Diesseits bezogen. Dementgegen messen die alevitischen Laizistinnen und die sunnitischen Laizistinnen der Glaubenswelt eine Rolle in ihrem Leben zu, jedoch wird die Welt des Glaubens strikt von der diesseitigen Lebenswelt getrennt. Die Religion spielt jedoch gerade bei der Identitätsfindung eine wichtige Rolle, die jedoch individualisiert und autonom gelebt wird. Spiritualistinnen fühlen sich von einer höheren Macht angezogen. Für sie spielen der religiöse Glaube und das religiöse Erlebnis eine große Rolle und die Religiosität wird als ein ethisch-moralischer Leitfaden wahrgenommen. Für die Gruppe der pragmatischen Ritualistinnen sind rituelle Praxis und religiöses Erleben bedeutsame Faktoren, da sie den Glauben als zentralen Bestandteil ihres Lebens betrachten und den rituellen Pflichten nachgehen. Die idealisierten Ritualistinnen betrachten die Religiosität als eine Lebensart und die Absicht Gottes wird als selbstverständlich wahrgenommen und sei nicht zu hinterfragen.

Klinkhammer (2000) arbeitet ebenfalls in einer qualitativen vertiefenden Studie drei Typen moderner islamischer Lebensführung bei türkischstämmigen-sunnitischen Frauen der zweiten Einwanderergeneration in Deutschland heraus. Die Typen der exklusivistischen, universalisierenden und traditionalisierenden Lebensführung lassen sich nicht unbedingt an der Rigidität der Umsetzung islamischer Rituale wie dem Fasten oder dem Tragen eines Kopftuches festmachen. Die jungen befragten Musliminnen betonten meist, nicht die von den Eltern ausgeübte islamische Lebensführung beziehungsweise Tradition übernommen zu haben. Es zeigen sich klare Unterschiede zwischen den Generationen, beruhend auf ihrer jeweiligen Religionspraxis.

Tietze (2001) arbeitet anhand einer qualitativen Befragung vier verschiedene Formen der Religiosität heraus: Ethnisierung, Ideologisierung, Utopisierung und Kulturalisierung. In der Ethnisierung wird der Glaube eher als Handlungsanleitung zur praktischen Lebensgestaltung entwickelt. Ziel der Ideologisierung der Religiosität ist es, dem Individuum ein inkludierendes Gemeinschaftsgefühl/Wir-Gefühl“ in einem gemeinsamen sozialen Raum zu ermöglichen. Gleichzeitig werden nicht Zugehörige exkludiert bzw. der einzelne exkludiert sich von anderen Gruppen. Religion determiniert hier ein gemeinsames soziales und politisches Denken. In der Utopisierung der Religiosität wird der Gedanke, sich in der richtigen Gruppe zu bewegen noch überhöht. Durch die Umsetzung religiöser Praxis wird die Gruppe organisiert. Die Kulturalisierung der Religiosität trennt nicht klar zwischen der kulturell traditionell überformten Volksfrömmigkeit und der von der Kultur gelösten Religionsausübung. Das Individuum hat oftmals seine Art der religiösen Praxis aus Gewohnheit von Eltern und Autoritäten übernommen.

Aygün (2010) legt in ihrer Dissertation in einer Untersuchung vier grundlegende Orientierungen türkischstämmig-muslimischer Jugendlichen fest: der traditionelle, ideologische, laizistische und individuelle Typ der Religiosität. Beim traditionellen Typ wird die Religiosität von Familie und Umfeld als entscheidende Faktoren beeinflusst und vermittelt. Dieser Typ ist in besonderem Maße durch die fünf Grundprinzipien des Islam sowie die Umsetzung der Regeln von Anstand und Hilfsbereitschaft gekennzeichnet. Der ideologische Typ stellt die Religion in Zusammenhang mit politischem und ideologischem Denken und Handeln. Religiöse Ansichten werden als unveränderbare Überzeugung formuliert und angesehen, was diesen Typus in die Nähe religiös-extremistischer Lebensführungen rückt. Er ist beeinflusst von einer autoritären Erziehung und Bildung in Organisationen. Für den laizistischen (säkularen) Typ hingegen gilt der Islam nur zur Orientierung sozialen Verhaltens, da sich nach diesem Typ die Gesellschaft eher nach universalen moralischen Grundsätzen verhalten sollte. Der individuelle Typ ist gegenüber seinem Milieu und im Vergleich zu den anderen Typen geprägt durch Unabhängigkeit; er betrachtet die Religion als weniger wichtig für die gelungene Lebensführung.

Hummrich (2011) untersucht qualitativ die kollektive Orientierung der Jugendlichen in Bezug auf die Übernahme religiöser Überzeugungen von den Eltern, welche durch Generationsdifferenzen bestimmt ist und stellt drei Typen religiöser Orientierungen dar. Beim Typus 1 (Elterliche Traditionsbindung und Reproduktionsorientierung), richtet sich die Religiosität an der Praxis und den Erwartungen der Eltern aus und stellt eine bedeutende Orientierung durch die familiären Generationsbeziehungen dar. Eine weitere wichtige Rolle spielt außerdem die Integration in die Religionsgemeinschaft. Beim Typus 2 (Religiosität als gemeinschaftliche Individuationsgrundlage) wird Religiosität für die Auseinandersetzung mit dem Elternhaus infolge eigener Autonomieentwicklungen gebraucht. Beim Typus 3 (Einbindende Freisetzung) liegt der Fokus auf den religiösen Gemeinschaften selbst, welche genutzt werden, um peer-kulturelle Interessen zu verfolgen. In Gemeinden können sorgenfrei Kontakte zu gleichaltrigen Jugendlichen geschlossen und im Rahmen der Gemeinde ausgelebt werden; die Jugendlichen unterscheiden sich deutlich von den elterlichen Einstellungen und zeigen somit eine säkularisierte Orientierung.

Stein, Ceylan und Zimmer (2017) bieten mit der Studie „Einstellungen, Wertorientierungen und Erziehungserfahrungen muslimischer Religionslehramtsanwärter*innen“ einen Überblick über die Erziehungserfahrungen und religiösen Selbstverortungen von Studierenden mit dem Berufsziel islamische Religionslehrkraft. Die*der Religion-Neuentdecker*in hat viele Erfahrungen in Kindheit und Jugend mit der Religion gesammelt und fühlt sich als religiöser Mensch. Jedoch sind die Erfahrungen eher durch Übernahme der tradierten Religiosität der Eltern entstanden. Diese häufig traditionellen religiösen Haltungen, die stark kulturell überformt sind, wurden dann in das Erwachsenenalter hineintransferiert. Nun im Studium wird die Religion erst neu entdeckt. Die Religion-Verteidiger*innen hatten ebenfalls eine religiös geprägte Kindheit. In der Jugend jedoch fand eine vertiefte eigenständig motivierte Auseinandersetzung mit der Religion statt. Infolgedessen werden die religiösen Praktiken der Eltern eher kritisch betrachtet. Dieser Typus entscheidet sich bewusst für die Religion. Der Glaube wird zunächst als ein individuelles Gut angesehen. Die Religion-Reflektierer*innen wuchsen in einer religiösen familiären Umgebung auf. Etwa ab dem Jugendalter fand eine Auseinandersetzung mit der Religion und Praktiken der Gemeinschaft statt. Die Religion-Reflektierer*innen befassen sich stark mit dem eigenen religiösen Verhalten. Die*der Religion-Reflektierer*in hat durch das Hinterfragen des Islam Zweifel und sucht nach Antworten (Zimmer, Stein & Ceylan, 2019).

4 Forschungsüberblick über die Erziehung in muslimisch geprägten Familien

Die Religiosität von Kindern und Jugendlichen – nicht nur im muslimischen Kontext – ist in entscheidendem Maße durch das Erleben religiösen Lebens in der Familie und eine entsprechende Erziehung geprägt (Schweizer, 2012).

Die starke Weitergabe religiöser Überzeugungen in muslimischen Familien ist insbesondere auch dadurch positiv mitbestimmt, dass der Familie durch die jungen Menschen islamischen Glaubens ein hoher Wert beigemessen wird und dass der Familienzusammenhalt insbesondere in türkischstämmigen Familien sehr hoch ist. Der Familie wird eine besonders hohe und großer Bedeutung insbesondere aufgrund der Diasporasituation muslimischer Migrant*innen zugesprochen (Nauck, 1997; 2001; Just, 2011; Wensierski & Lübcke, 2012; vgl. auch die Expertise von Boos-Nünning, 2011). Auch in der schon erwähnten Studie mit türkischstämmigen Migrant*innen in Deutschland und gleichaltrigen jugendlichen Peers in der Türkei zeigte sich im Vergleich die höhere Familienorientierung der türkisch-deutschen Jugendlichen, was auf eben jene Diasporasituation rückgeführt werden könnte (Aygün, 2010). Grund dafür liegt zum einen in den genannten Umständen ihres kulturellen Zwiespalts, somit werden der Familie neben der Religion Gefühle wie Heimat, Zugehörigkeit und Zusammenhalts zugeschrieben. Zudem entstammen viele der türkischstämmigen Migrantenfamilien ursprünglich aus den Gebieten, in denen Tradition und Familienzusammenhalt zumeist von hoher Wichtigkeit sind (El-Mafaalani & Toprak, 2011). In den engen Familien- und Verwandtschaftsnetzwerken spielt das Übertragen der islamischen Werte, der alltäglichen Rituale, Normen und Traditionen an die Kinder eine wichtige Rolle, um in der westlich-christlich geprägten Bevölkerung eine religiöse Identität zu entfalten (Aygün, 2010).

Untersuchungen deuten darauf hin (Herwartz-Emden, 2000; Titzmann, Schmitt-Rodermund & Silbereisen, 2005; Boos-Nünning & Karakasoglu, 2006), dass das enge familiäre Verhältnis der Mitglieder der Migrationsfamilien auch die Religiosität beeinflusst.

Studien zu Erziehungszielen in islamischen Familien

Auch wenn muslimische Eltern der religiösen Erziehung prinzipiell einen höheren Stellenwert beimessen als einheimisch-christlich geprägte Personen (Stein, 2012; 2015; 2018), manifestieren sich auch – wie von Gennerich (2016) bereits für die Jugendlichen festgestellt – im muslimischen Bereich die größten Differenzen zwischen stark traditionell-religiös geprägten und säkular eingestellten Eltern. Zum Beispiel belegt die Studie von Uslucan (2008) in Bezug auf die religiöse Werteerziehung, dass 48% der befragten türkischen Eltern die Erfüllung der religiösen Pflichten als ein grundlegendes Erziehungsziel betrachten, während 46% dies als eher bedeutungslos ansehen. Somit ist auch in Bezug auf Erziehung eine Vielfalt zu erkennen.

In der Expertise nach Boos-Nünning (2011) werden als Erziehungsziele in migrantischen Familien in erster Linie starke familienorientierte Werte sowie eine im Vergleich zu einheimischen Familien stärker ausgeprägte Erziehung zu Respekt gegenüber Autoritäten genannt.

Des Weiteren benennen El-Mafalaani und Toprak (2011) speziell für muslimische Familien mit türkischem Hintergrund folgende hauptsächlichen Erziehungsziele:

1) Respekt vor Autoritäten: Ziel der Erziehung ist die Festigung von familiären Verhältnissen und die Entfaltung eines Orientierungssinns für das gesellschaftliche Leben.

2) Die Erziehung zu Respekt und Gehorsam: Gerade dieses Erziehungsziel, das gesamtgesellschaftlich an Bedeutung verliert, weist in muslimischen Familien nach wie vor einen hohen Wert auf, während Werte der Selbstständigkeit eher niedrigere Werte beigemessen werden, da Eltern dies als Gefahr wahrnehmen, da es zur Distanzierung von kulturellen Werten kommen kann.

3) Die Erziehung zur Ehrenhaftigkeit: Damit ist nicht nur das begrenzte Verhältnis zu der Innen- und Außenwelt gemeint, sondern auch der Umgang zwischen Mann und Frau.

4) Die Erziehung zur Zusammengehörigkeit: die Familien, vor allem in der Migration, legen viel Wert auf die Stabilität innerhalb der Familie.

5) Das Erziehungsziel Lernen und Leistungsstreben: Dem Bildungsaufstieg der Kinder wird ein hoher Wert zugeordnet.

6) Die Erziehung zu einer türkischen Identität: Dies wird dadurch begründet, dass Kinder sich von türkischen Wert- und Normvorstellung ablösen könnten und dieses von Seiten der Eltern als Gefahr wahrgenommen werden (könnte).

Die Darstellungen der islamischen Erziehung betreffen jedoch nicht alle muslimischen Familien, da diese von Merkmalen wie Herkunft, sozialer Schicht und Bildungsgrad sowie der Religiosität der eigenen Eltern abhängen (Stein, 2015; Uslucan, 2017).

„Die religiöse Einstellung der Kinder ist etwa von der Sozialisation und dem elterlichen Milieu stark geprägt; die Weitergabe strenger religiöser Grundsätze ist in ärmeren Haushalten mit segregierten Netzwerken stärker“ (Weiss, 2014, S. 91). Hajdar, Boehnke, Knafo, Daniel, Musiol, Schiefer und Möllering (2012; 2014) führen dies darauf zurück, dass teilweise die Minderheitenkultur oder -religion mit der Mehrheitskultur bzw. -religion konfligiert; Kinder und Jugendliche es auch als bereichernd und belohnend erleben, stärker als ihre Eltern Werte der Mehrheitskultur anzunehmen. Insofern führen segregierende Netzwerke zu einer stärkeren Weitergabe elterlicher religiöser Überzeugungen. Dennoch zeigte sich andererseits auch eine höhere Weitergabe religiöser Werte in Familien höheren Bildungsniveaus, da die verstärkte Kommunikation auch über geistig-religiöse Dimensionen u.a. einer der Gründe ist, weshalb es Eltern höheren Bildungsniveaus besser gelingt, ihre (religiösen) Werte weiter zu tradieren (Boehnke, Hajdar & Baier, 2007; Hajdar et al., 2012; 2014).

Studien zu Erziehungsstilen in muslimischen Familien

Spezifisch zu türkischstämmigen Familien islamischer Religionszugehörigkeit existieren einige Untersuchungen (Alamdar-Niemann, 1990; Ateş, 2014, Karakaşoğlu & Öztürk, 2007; Uslucan, 2007; 2008; 2010; Spenlen, 2014; Uygun-Altunbaş 2017).

In der Untersuchung von Aygün (2010) ist festzustellen, dass die mit einer stärkeren Religiosität eher eine strenge Erziehung erlebt haben, während diejenigen, die eine weniger strenge Erziehung erleben haben, auch bezüglich der Religion zurückhaltender sind.

Im Zusammenhang mit den Erziehungsstilen steht auch das anthropologische Gottesbild, das den Kindern innerhalb der Erziehung vermittelt wird und sich im Laufe des Jugendalters verändert. Erziehungsmethoden, in denen Gott als jemand der „verbrennt“ oder „bestraft“ dargestellt wird, werden von vielen Eltern angewendet, um unerwünschtem Verhalten der Kinder vorzubeugen (Aygün, 2010). Den Eltern fehlt zumeist ein ausreichendes Wissen über den Islam. Daher kann diese Erziehungsmethode im späteren Verlauf des Lebens negative Effekte auf die Beziehung zu Gott sowie zur Religion haben (Aygün, 2010).

Die wenigen Ergebnisse aus den wissenschaftlichen Untersuchungen zu türkischstämmigen-muslimischen Familien sind oftmals widersprüchlich. Nach einigen Untersuchungen sind die Erziehungsstile von Eltern mit türkischem Migrationshintergrund „durch eine zärtlich-affektive Bindung, Schutz und Entlastung sowie Überbehütung gekennzeichnet“ (Boos-Nünning et al., 2016, S. 122). Die Shell Studie sowie die Arbeiten von Uslucan (2008; 2010) und Aygün (2013) hingegen ermitteln, dass Erziehung in islamischen Familien tendenziell rigider und strenger als in christlichen einheimisch-deutschen Familien ist.

Viele Studien begründen den stärker kontrollierenden Erziehungsstil türkischstämmiger Eltern mit der Unsicherheit und Angst der Eltern vor den Risiken einer Assimilation der Kinder an die säkular oder christlich geprägte Gesellschaft. Entsprechend versuchten Eltern durch eine stark religiöse Erziehung in der liberalen Gesellschaft und ein rigides, strenges oder überbehütendes Verhalten die Kinder zu schützen; doch könnten diese Ausschließungen von bestimmten Risiken zur Erhöhung anderer Risiken wie mangelnder Autonomie führen (Uslucan, 2010).

Insgesamt belegt die Studie von Uslucan (2010), dass die Erziehung durch die türkischstämmigen Eltern zwar autoritär erfolgt, aber nicht als autoritär wahrgenommen wird. Zwar sind Unterschiede im Vergleich zu einheimisch-deutschem Erziehungsverhalten und -stilen zu erkennen, jedoch spielen Faktoren wie Einfühlsamkeit, Wärme und Bildung in einheimisch-deutschen und türkischstämmigen Familien eine größere Rolle als die autoritäre Erziehung. Die Überbehütung bei gleichzeitiger Wärme der Familie bietet eine Sicherheit für die Jugendlichen, weshalb der kontrollierende und disziplinierende Erziehungsstil der Eltern als von ihnen geeignet wahrgenommen werden kann (vgl. auch Uslucan, 2003; Zimmer & Stein, 2019; 2020).

Nach Spenlen (2014) ist das Erziehungsverhalten türkischstämmiger Eltern von unterschiedlichen Faktoren abhängig, z. B. vom Alter des Kindes, aber auch vom Alter der Eltern, „ihrer Sozialisierung, ihrem Einkommen sowie ihrer Ausbildung, der […] Schicht, dem Wohnort“ und weiteren Faktoren (Spenlen, 2014, S. 136; vgl. hierzu auch Stein 2012, 2015, 2018). Außerdem unterstreicht Spenlen (2014), dass türkisch abstammende Familien traditioneller erziehen und leben. Spenlen (2014) zeigt die starke Altersabhängigkeit der Kindererziehung in türkischstämmigen Familien, nämlich dass Kinder mit türkischem Migrationshintergrund in den ersten drei Lebensjahren permissiv-nachgiebig erzogen werden und erst ab dem siebten Lebensjahr die autoritative bis hin zu autoritärer Erziehung zunimmt. Ab der Pubertät herrscht dann entsprechend eine strengere Kontrolle und Überwachung (Spenlen, 2014).

Bei der Befragung türkischstämmiger muslimischer Jugendlicher zum Erziehungsstil der Eltern wird ein leistungsorientierter und empathischer (warmer) oder ein permissiv-nachsichtiger Erziehungsstil als kennzeichnend für die Familie genannt (Alamdar-Niemann, 1990). Hinsichtlich der Erziehungsstile unterscheiden sich türkischstämmige von einheimisch-deutschen Familien damit nicht prinzipiell. Alamdar-Niemann (1990) erfasste in ihrer quantitativen Untersuchung insgesamt drei Arten von Erziehungsstilen (den permissiv-nachsichtigen, den leistungsorientierten und den religiös-autoritären Erziehungsstil). Weiterhin wurden in der qualitativen Untersuchung von Toprak (2002) Erwachsene rückblickend bezüglich ihres erfahrenen Erziehungsstils befragt, indem ebenfalls drei Typen zu Erziehungsstilen erfasst wurden: der konservativ-spartanische und der verständnisvoll-nachsichte Erziehungsstil sowie die Erziehung zwischen Tradition und Moderne.

Speziell bezogen auf die religiöse Erziehung arbeitet Uygun-Altunbaş (2017) jeweils eine Typologie religiöser Erziehungsmuster heraus, welche die religiösen Orientierungen der Befragten sowie die damit zusammenhängenden Erziehungsvorstellungen wiedergeben. Uygun-Altunbaş (2017) unterscheidet in ihrer Studie vier religiöse Erziehungstypen, nämlich den idealistischen Erziehungstyp, der nach Sinn und Orientierung strebt, den ritualistischen Erziehungstyp, dem die Einhaltung von religiösen Vorschriften von Bedeutung ist, den identitätssuchenden Erziehungstyp, der Identität und Persönlichkeit in den Vordergrund stellt und den ethischen Erziehungstyp, der in erster Linie moralischen Grundsätzen verpflichtet ist. Uygun-Altunbaş (2017) befragte hierzu türkischstämmige muslimische Akademikereltern nach ihren Erziehungsvorstellungen. Die Studie von Karakaşoğlu-Aydın (2000) forscht aus dem Blickwinkel der erwachsenen Kinder rückblickend heraus. Die befragten Kinder befürworten einen intellektuellen Zugang zur religiösen Orientierung und entfernen sich somit von dem traditionalistischen Verständnis der Religion der Eltern (vgl. Karakaşoğlu-Aydın, 2000, S. 414f.).

Stein und Zimmer (2019; 2020) bieten einen Überblick über das Erziehungsverhalten in muslimischen und christlichen Familien im Vergleich. Die empirische Erhebung des Erziehungsverhaltens der Eltern erfolgt in der Studie im Sinne eines perzipierten Erziehungsverhaltens durch die Einschätzung der Kinder, die sich vor allem zum erlebten Erziehungsklima in den Familien sowie zur Zufriedenheit damit äußerten. Ein besonderes Augenmerk wurde auf die Erziehungsziele bzw. Erziehungserwartungen der Eltern aus Sicht der Kinder gelegt. Die Ergebnisse der Studie weisen Tendenzen auf, dass muslimische junge Menschen zufriedener mit der Erziehung ihrer Eltern sind, auch wenn diese tendenziell strenger erfolgt, da diese Erziehung als Sicherheit bietend wahrgenommen wird. Zudem nimmt für junge Muslim*innen besonders die religiöse Erziehung eine bedeutende Rolle ein (Stein & Zimmer, 2019; 2020).

5 Genderdifferenzierung in den Studien

Hinsichtlich der qualitativen Untersuchung von Karakaşoğlu-Aydın (2000) wurden die 26 Studentinnen auch zu ihren Vorstellungen bezüglich der allgemeinen religiösen Erziehung ihrer Kinder befragt. Karakaşoğlu-Aydın erfasste bezugnehmend auf die angestrebten Erziehungsinhalte und -ziele für die Kinder, dass ein dialogisch offener Erziehungsstil für die Kinder in den ersten drei Gruppen (die Atheistinnen, die Spiritualistinnen und die alevitischen Laizistinnen) bevorzugt und geschlechtsrollenvorbereitende Erziehung verweigert wird. Für die Ritualistinnen allerdings spielt die religiöse Erziehung eine wichtige Rolle und wird von der allgemeinen Erziehung nicht getrennt, da hier der Islam für sie den Erziehungsstil bestimmt. Des Weiteren werden von allen Teilnehmerinnen fördernde partnerschaftliche sowie interkulturelle Erziehung als Erziehungsziel bevorzugt. In ihrer Untersuchung erfasst Karakaşoğlu-Aydın (2000) unterschiedliche Ergebnisse der Teilnehmerinnen bezüglich ihrer Religion und bemerkt, dass die Teilnehmerinnen nicht nur durch das Elternhaus beeinflusst werden. Die Atheistinnen glauben nicht an etwas Übernatürliches, sondern eher an die Wissenschaft. Die Spiritualistinnen fühlen sich von einer höheren Macht angezogen. Für sie spielt der religiöse Glaube und das religiöse Erlebnis eine große Rolle und die Religiosität wird als ein ethisch-moralischer Leitfaden wahrgenommen. In der Gruppe der alevitischen Laizistinnen wird die Glaubenswelt von der Lebenswelt auseinandergehalten und der Ausdruck als Atheistinnen verweigert. Hier wird insbesondere großer Wert auf Informationen über das Alevitentum gelegt. Problematisch dabei ist die ausschließlich mündliche Überlieferung. Für die sunnitischen Laizistinnen dagegen spielt die Religion bei der Identitätsfindung eine wichtige Rolle. Sie sind diesseitsorientiert und weisen eine individualisierte und autonome Ansicht auf. Für die Gruppe der pragmatischen Ritualistinnen sind rituelle Praxis und religiöses Erleben bedeutsame Faktoren. Sie betrachten den Glauben als zentralen Bestandteil ihres Lebens und gehen den rituellen Pflichten nach. Die idealisierten Ritualistinnen betrachten die Religiosität als eine Lebensart - die Absicht Gottes wird als selbstverständlich wahrgenommen und sei nicht zu hinterfragen. Durch die Bildung einer Identität erleben die Individuen ein Gefühl von Sicherheit, indem sie mit Menschen gleicher Anschauungen in einer Gemeinschaft agieren (Karakaşoğlu-Aydın, 2000). Durch die dargestellten Erfassungsmuster von Karakaşoğlu-Aydın (2000) sind bei den türkischen Migrantinnen ebenfalls unterschiedliche Ausprägungen der Religion festzustellen. Es liegen weder volksreligiöse Einstellungen noch politisch- fundamentalistische Aussagen vor. Aufgrund der erfassten Orientierungen geht Karakaşoğlu-Aydın (2000) von einem modernistischen Islam aus.

Tietze (2001) führte eine Studie zum Thema „islamische Identitäten“ durch, in der Religiosität und Identität von 25 muslimischen jugendlichen Männern aus Deutschland und Frankreich untersucht und verglichen worden sind. Anhand der Befragung sind vier verschiedene Formen der Religiosität herauszulesen: Ethnisierung, Ideologisierung, Utopisierung und Kulturalisierung. In der Ethnisierung wird der Glaube als Handlungsanleitung entwickelt. Die praktische Umsetzung der Religiosität macht das Individuum aktionsfähig und bietet Handlungsfelder. Die Ideologisierung der Religiosität verschafft dem Individuum ein Gemeinschaftsgefühl, ein sogenanntes „Wir-Gefühl“, bei dem die Individuen in die Gemeinschaft inkludiert werden. Sie erschaffen somit einen (gemeinsamen) sozialen Raum. Die Menschen in dieser Gruppe bestimmen ein gemeinsames soziales und politisches Denken, welches von ihrer Religion an Einfluss gewinnt und Sinn verleiht. Dabei handelt es sich nicht um die praktische Umsetzung der Religion selbst. In dieser Gemeinschaft wird das Individuum zwar inkludiert, doch mit der Inklusion einer Gruppe wird das Individuum gleichzeitig aus anderen Gruppen exkludiert.

Der dadurch erzeugte Glauben anders und „in der richtigen Gruppe“ zu sein, charakterisiert die Utopisierung der Religiosität. Es findet eine praktische Umsetzung der Religion statt. Die Praxis ist wichtig, da die Individuen dieser Gruppe ihre Lebensgestaltung am erworbenen theologischen Wissen orientieren. Sie sind der Meinung, die Wahrheit zu kennen und orientieren sich dementsprechend ihr ganzes Leben danach.

Die Kulturalisierung der Religiosität beschreibt die Zugehörigkeit in der Kultur, in welche die Religion und das Individuum integriert werden. Dabei vollzieht das Individuum die religiöse Praxis aus Gewohnheit. Nach Tietze (2001) gibt es somit unter den muslimischen Jugendlichen verschiedene Formen von Religiosität, die je nach Lebensphase und Lebensgeschichte unterschiedlich wahrgenommen werden.

Auch Kelek (2002) belegt in ihrer qualitativen Untersuchung, dass sich Jugendliche am Muster einer modernen Kleinfamilie orientieren, nach einem gleichwertigen Umgang zwischen Mann und Frau und einer liberalen Kindererziehung. Aus der Sicht der Jugendlichen, welche nach dem Erziehungsstil in ihren Elternhäusern befragt wurden, stellte sich ein leistungsorientierter und liebevoller oder ein permissiv-nachsichtiger Erziehungsstil heraus, wobei der autoritäre Erziehungsstil erst an dritter Stelle folgte (Kelek, 2002).

In der quantitativen Untersuchung von Uslucan (2010) wurden deutsche und türkischstämmige Jugendliche und ihre Eltern über einen Zeitraum von 2003 bis 2005 zur Erziehung befragt. Hierfür wurden in Berlin vier Stadtteile ausgesucht (Neukölln, Kreuzberg, Charlottenburg und Zehendorf), um Bezirke mit einer hohen-, mittleren sowie einer geringen ethnischen Dichte in der Befragung miteinzubeziehen. Erfragt wurden die erzieherischen Dimensionen wie: Aggressive Strenge, Unterstützung, Verhaltensdisziplin und Inkonsistenz. Die Ergebnisse zeigen, dass in türkischen Familien die Elternschaft eindeutig früher beginnt und die Befragten in der Regel einen geringeren Schulabschluss aufweisen konnten als deutschen Eltern. Bezüglich des Erziehungsstils „Aggressive Strenge“ sind türkische Eltern diesem eher zuzuordnen. In der Dimension der Unterstützung zeigen Mütter aus beiden Gruppen (deutsch und türkischstämmige) eine stärkere Unterstützung im Gegensatz zu den Vätern, jedoch sind diese bei deutschen Eltern noch auffälliger. Außerdem legen Mütter einen stärkeren Wert auf die Verhaltensdisziplin, jedoch zeigen türkische Eltern eine deutlich stärkere Erwartung an diszipliniertes Verhalten von ihren Kindern als die deutschen Eltern. Insbesondere von ihren Töchtern erwarten türkische Eltern eine große Disziplin, die Töchter bekommen jedoch mehr Beistand von den Eltern als die Söhne und werden weniger streng erzogen. Mütter aus beiden Gruppen sprechen in Bezug auf den inkonsistenteren Erziehungsstil von einem konsistenteren Erziehungsstil als Väter, wobei die türkischen Eltern auf höhere inkonsistente Werte hinweisen. Bezüglich der Bildung ist festzustellen, das hohe Inkonsistenz bei türkischen Familien abnehmen und bei deutschen Familien mit einem Hauptschulabschluss deutlich stärker sind (Uslucan, 2010). Insgesamt belegt die Studie von Uslucan (2010), dass die Erziehung der türkischen Eltern zwar autoritär erfolgt, aber nicht als autoritär wahrgenommen wird. Zwar sind Unterschiede im Vergleich zu deutschem Erziehungsverhalten und -stilen zu erkennen, jedoch spielen Faktoren wie Einfühlsamkeit, Wärme und Bildung in deutschen und türkischen Familien eine größere Rolle als die autoritäre Erziehung. Somit sind Gemeinsamkeiten zur Erziehung, die generationsbedingt belegt werden, festzustellen.

Insbesondere wird eine fürsorgliche und permissive Erziehung bei Müttern von Kindern mit türkischem Migrationshintergrund erkannt (Leyendecker, 2003). Dass türkisch-muslimische Väter autoritärer seien, kann in den Untersuchungen nicht nachgewiesen werden. Die Erziehung wird von Jugendlichen mit türkischem Migrationshintergrund zwar als streng, dennoch als emphatisch betrachtet und empfunden.

Oft werden in öffentlichen Diskussionen pauschalisierte Verhaltensnormen wie die Sexualmoral, Bekleidungsvorschriften, Zwangsheirat oder Ehrenmord und vieles mehr mit dem Islam in Verbindung gebracht (Boos- Nünning, 2015). Solche Annahmen werden insbesondere mit jungen Frauen zusammengeführt, die vermeintlich unterdrückt werden und in einer autoritären Familienstruktur gebunden sind, während der Mann als Unterdrücker wahrgenommen wird (Boos-Nünning, 2015). Viele der jungen Frauen jedoch sehen insbesondere im Kopftuch eine Verpflichtung gegenüber dem Islam, ohne sich von der Mehrheitsgesellschaft abgrenzen zu wollen. Sie betrachten es als einen Ausdruck ihres Selbstbewusstseins und ihrer weiblichen islamischen Identität (Boos-Nünning, 2007) in einer modernen Welt. In der Untersuchung „Viele Welten leben“ wird bezüglich der Geschlechterrollen herausgearbeitet, dass der Großteil der befragten jungen Frauen einer Übereinstimmung von Familie und Beruf sowie der wirtschaftlichen Eigenständigkeit der Frau zustimmen. Während die älteren Generationen eine traditionelle Rollenverteilung in Familien begünstigen, befürworten die jüngeren Generationen eher eine gleichwertige Rollenverteilung, der vor allem westlichen Hemisphäre (Boos-Nünning & Karakaşoğlu, 2006). Insbesondere die jungen Frauen mit türkischem Migrationshintergrund sind traditionell orientiert und weisen eine hohe Religiosität auf. Sie unterstützen aber auch das Bild der modernen, unabhängigen Frau, die Familie und Beruf kombiniert und zur gemeinsamen Familienkasse beigeträgt. Die typische Frauenrolle wird erst dann verfolgt, wenn es um die Versorgung der Kinder geht. Dieses Bild der modernen Frau wird von vielen religiösen Frauen bevorzugt. Sie verknüpfen vielmehr das moderne Frauenbild mit ihrer Religion (Boos-Nünning, 2007).

Insgesamt lassen sich anhand der Untersuchungen festhalten, dass auf jeden Erziehungsstil die Religion und die religiöse Orientierung der Eltern einen bedeutsamen Effekt haben (El-Mafaalani & Toprak, 2011). Dennoch zeigen viele empirische Untersuchungen die eindeutige Veränderung der letzten dreißig Jahre in Deutschland in Bezug auf das Verhältnis zwischen Eltern und Kind. Es ist eine liberale Beziehung der Eltern zu ihren Kindern festzustellen (Uslucan, 2013).

6 Conclusio

Insgesamt sind in Deutschland unterschiedliche Orientierungen und somit keine homogene Einstellung der jungen Muslim*innen bezüglich der Religiosität festzustellen. Die Ergebnisse sind widersprüchlich und vermitteln vielfältige Gegebenheiten der muslimischen Milieus. Zudem zeigen auch die Biographien und Lebenswelten der Jugendlichen einen Widerspruch in Bezug auf die Religiosität. Somit ist neben den diversen Religionskonzepten auch eine große Vielfalt hinsichtlich der religiösen und säkularen Lebensweisen und Alltagskulturen der muslimischen Jugendlichen in Deutschland zu erkennen (Wensierski & Lübcke, 2012). Genau wie die westlich-christliche Kultur, welche durch starke (religiöse) Veränderungen geprägt ist, finden auch in islamischen Kulturen in unterschiedlichen Formen Modernisierungsprozesse statt (Kelek, 2002).

Da es keine einheitliche Definition von Religiosität gibt unterscheiden sich dementsprechend auch die Forschungsergebnisse (Just, 2011). Wie die meisten Untersuchungen zeigen, definieren sich die meisten muslimisch-türkischen Jugendlichen als religiös, auch wenn sie nicht den Verpflichtungen nachgehen. Vor allem widersprechen sich die Ergebnisse, wenn behauptet wird, dass die Religiosität der Jugendlichen zunehme oder anderseits aufgrund von Modernisierungsprozessen abnehmen würde. Daher bedarf es in der Zukunft weiterer Forschungen, um die Religiosität der Jugendlichen zu erfassen oder um zu gucken, inwieweit die Religiosität der Jugendlichen von der Moderne beeinflusst wird, sofern dann eine Definition einer solchen gegeben ist.

Meistens werden in Forschungen nur Instrumente verwendet, welche die muslimische Religiosität eindimensional betrachten. Das Dimensionen Modell von Glock (1979) wurde von El-Menouar verwendet, um die islamische Religiosität zu messen, indem neue Indikatoren aufgestellt wurden, da die Verwendung von Indikatoren aus anderen Religionen zu Messproblemen und falschen Auslegungen führen (können). Anhand des Dimensionen-Modells kann die muslimische Religion vielfältig betrachtet werden (El-Menouar, 2017). Die Dimension ist die des Belief. Hierzu zählen der Glaube an die Existenz Gottes, sowie der Glaube an den Koran. Die Untersuchungen veranschaulichen, dass die Gebote Gottes im Allgemeinen als wichtig betrachtet werden. Gott wird von den Jugendlichen als Schöpfer der Welt wahrgenommen. Besonders Jugendliche, die eine affektive Beziehung zu Gott haben, beschreiben das Verhältnis zu Gott durch Liebe, Respekt und Angst. Die meisten beschreiben Gott als den Allwissenden und Allmächtigsten und betrachten Gott nicht als strafende Instanz. Von vielen wird die Religion als Leitfaden wahrgenommen. Sie spielt für den Alltag eine wichtige Rolle und sie sehen Religion als ein Mittel, um im Alltag Probleme zu bewältigen.

Die Dimension „Ritual“ bezieht sich auf die zentralen religiösen Rituale, insbesondere auf die fünf Säulen des Islams, welche als die zentralen Aspekte betrachtet werden, auch wenn sie nicht praktiziert werden. Insbesondere sind das rituelle Gebet, die Pilgerfahrt nach Mekka, das Fasten im Monat Ramadan und die Einhaltung von Ernährungsregeln für diese Dimension bedeutsam. Besonders deutlich wird anhand der unterschiedlichen Untersuchungen, dass das Fasten und das Zekat (Almosen) regelmäßig verrichtete Praxen sind, auch für die nicht-religiösen Muslim*innen.

Diese Praxis wird insbesondere von der Mehrheit praktiziert, mehr als zum Beispiel das rituelle Gebet. Viele der Jugendlichen belegen zwar, dass sie ihr Leben meistens nach den islamischen Anforderungen ausrichten, doch sind sich die Untersuchungen einig, dass bei der Mehrheit der Muslim*innen eine reduzierte Praxis festzustellen ist. Auch wenn die religiösen Pflichten den Jugendlichen bewusst sind, werden diese nicht immer berücksichtigt, beziehungsweise nicht als Verantwortung wahrgenommen. Somit scheint ‒ den Jugendlichen zufolge ‒ die religiöse Praxis keinen Einfluss auf die Religiosität zu haben. Bezüglich der Speisevorschriften verzichtet die Mehrheit auf den Verzehr von Schweinefleisch. Etwas lockerer wird das Verhältnis zum Alkohol gesehen; dennoch verzichtet die Mehrheit darauf.

In Bezug auf die „Devotions“, den privaten und spontanen Religionsausübungen, wird anhand der Untersuchungen deutlich, dass auch die meisten türkisch-muslimischen jugendlichen Migranten die Religion als Privatsache betrachten. Zudem werden anhand der geringen religiösen Praxis die rituellen Gebete durch freie Gebete ersetzt. Durch die schwache religiöse Praxis ist eine „Symbolic Religiosity“ festzustellen, indem die Betroffenen sich zwar als Muslim*in definieren und mit dem Islam identifizieren, jedoch der Praxis kaum nachgehen, beziehungsweise diese als Privatsache empfinden.

Die Dimension „Emotions“ wurde von religiösen Menschen erlebt und als Hinweis interpretiert. Die guten und die schlechten Ereignisse kommen religiösen Menschen nach von Allah, indem er die Menschen bestraft oder belohnt. Auch den Jugendlichen ist bekannt, dass Gott der Schöpfer der Welt ist und im Diesseits bestraft oder belohnt. Die dramatischen Erfahrungen werden als Wendepunkt im Leben von den Jugendlichen definiert. Die Verbindung mit dem Tod, dem echten Leben (danach) und der Rechenschaftsablegung führen bei einigen Jugendlichen dazu, ihr Handeln zu kontrollieren. Vor allem gewinnt die Religion bei den wichtigsten Lebensereignissen wie die Geburt, der Ehe oder dem Tod an Bedeutung oder wenn es darum geht, was die Jugendlichen als den Sinn des Lebens betrachten.

Die Dimension „Knowledge“ geht davon aus, dass Muslim*innen Wissen über die eigene Religion verfügen. Als die wichtigsten Eigenschaften werden von den Jugendlichen die Hingabe zu Gott sowie die Einhaltung der religiösen Pflichten genannt. Den Jugendlichen sind insbesondere die Gebete und Pflichten des Islams bekannt. Sie sind sich dessen bewusst, dass das Leben nur eine Prüfung ist, das richtige Leben erst nach dem Tod beginnt und jeder Mensch zur Rechenschaft gezogen wird. Auch die islamischen Moscheegemeinden tragen dazu bei (da sie von einer starken Mehrheit besucht werden), dass kulturelle und religiöse Werte vermittelt werden ebenso wie die wichtigsten Grundlagen. Da Werte oft von den Eltern auf traditioneller Weise vermittelt werden, setzen sich die jugendlichen Migranten in der Moderne mit dem „wahrem Islam“ auseinander, um sich eigenständiges Wissen, unabhängig von der Tradition, anzueignen.

Unter der letzten Dimension „Consequence“ ist nicht nur die Einhaltung von alltäglichen Normen, sondern auch von religiösen Normen wie Geschlechtertrennung, Vermeidung von Händeschütteln oder Musikhören zu verstehen, welche sich eher auf die orthodoxe Art bezieht und daher als die Dimension der Orthodoxie bezeichnet werden kann. Jedoch ist anhand der unterschiedlichen Untersuchungen keine orthodoxe Haltung der Jugendlichen festzustellen. Im Gegensatz dazu, sind eher moderne Einstellungen bei den türkisch-muslimischen Jugendlichen zu erfassen. Vielmehr versuchen sich Jugendliche neue Räume zu schaffen, um sich an die deutsche Lebenswelt (besser) anzupassen. Auch wenn Jugendliche traditionelle Werteorientierungen aufzeigen, möchten sich die meisten in der Moderne orientieren und gleichzeitig als Muslim*in agieren. Für die gläubigen Muslim*innen spielt die Religion eine zentrale Rolle und sie versuchen die traditionellen Werte beizubehalten: beispielsweise die Werte von Respekt und Familie.

In vielen Untersuchungen werden verschiedene Formen, beziehungsweise Typen erfasst. Bemerkenswert ist, dass oft dieselben Typen herausgestellt werden: zum Beispiel der traditionsorientierte Typ, bei dem das Individuum der religiösen Praxis nachgeht und diese wertschätzt. Der religiöse Glaube spielt für diesen Typen eine wesentliche Rolle. Dennoch gibt es auch (andere) Typen, die keinen Bezug zur Religion aufzeigen. Diese verdeutlichen die individuellen Haltungen der Jugendlichen zum Islam. Sie orientieren sich eher an den moralischen Grundsätzen der Gesellschaft. Daher gibt es unterschiedliche Formen von Religiosität, weshalb diese nicht eindimensional betrachtet werden sollten. Unabhängig davon, ob Muslim*innen säkular oder gläubig ausgerichtet sind, können sie einen starken Glauben repräsentieren, sich aber hinsichtlich anderer Faktoren in der muslimischen Religiosität entsprechend unterscheiden (El-Menouar, 2017).

Besonders bei der Zuteilung zu den Dimensionen ist aufgefallen, dass in Bezug auf Religiosität weitere Forschungen benötigt werden. So konnte zum Beispiel nicht erfasst werden, wie oft das Gebet oder freie Gebet verrichtet wird oder ob die Pilgerfahrt nach Mekka vollzogen wurde. Zwar belegen alle Untersuchungen, dass keine orthodoxe oder extremistische Haltung der Jugendlichen festzustellen ist, doch könnten sich weitere Studien mehr darauf fokussieren und auch von solchen Kriterien und die Intensität ihrer Ausübung ableiten.

Auch hinsichtlich der islamischen Erziehung sind keine homogenen Ergebnisse festzustellen. Das Messen der türkischen Migrantenfamilien an europäischen Erziehungsstandards und das Bewerten als erziehungsunfähig ist zum Teil unwirksam (Uslucan, 2011). Denn diese verfügen über eine andere Mentalität und Kultur im Gegensatz zu den westlich-christlich geprägten Gesellschaften/Gruppen und können daher ein anderes Verständnis zur Religion sowie zur Erziehung haben. Zudem ist zu berücksichtigen, dass das enge Familienverhältnis zwischen den muslimischen Familien und die Migrationsbedingungen in Deutschland zusammenhängen. Um die kulturellen Werte an die nächsten Generationen weiterzugeben, beansprucht diese besonders in der Mehrheitsgesellschaft eine stärkere Sozialisation und Erziehung. Außerdem stammen nicht alle religiösen Jugendlichen aus religiösen Elternhäusern (Wensierski & Lübcke, 2012). Zumeist wird landläufig die strenge Erziehung mit der Religion in Verbindung gebracht, was jedoch auch traditionsbedingt betrachtet werden könnte. Die Untersuchungen zu Religiosität sowie Erziehung wiedersprechen sich und bedürfen in der Zukunft tiefergehender Forschungen.

Im Allgemeinen weisen unter den Konfessionen insbesondere die sunnitischen Muslim*innen eine höhere Religiosität auf. Im Vergleich zu den anderen Herkunftskulturen, sind die türkischen Muslim*innen die mit der höchsten Religiosität. Die Religion wird von der türkisch-muslimischen Bevölkerung unterschiedlich aufgenommen und bewertet. Die Mehrheit unter ihnen definiert sich als religiös, während andere sich als hochreligiös oder als weniger religiös, beziehungsweise gar nicht religiös definieren. Neben der traditionellen und offenen beziehungsweise moderneren Haltung, gibt es zudem Jugendliche, die sich zwar zum Islam bekennen, aber eine kritische Haltung gegenüber dem Islam aufzeigen.

Daher ist keine einheitliche Wahrnehmung bezüglich der Religiosität der Jugendlichen möglich. Doch ist im Allgemeinen festzustellen, dass die Religion für die meisten eine Orientierung im Alltag bietet. Insbesondere durch die Zugehörigkeit zum Islam wird den Jugendlichen ihre Identität bewusst. Sie ermöglicht ein Gefühl von Sicherheit, in einer westlichen Gesellschaft, in der allzu oft von dieser Gruppe als „die anderen“ gesprochen wird.

Die Identifikation mit dem Islam vermittelt somit ein Gemeinschaftsgefühl, denn die Jugendlichen versuchen ihre Identität zu bewahren und sich gleichzeitig der modernen westlichen Gesellschaft Deutschlands anzupassen. Zudem bietet die Zugehörigkeit zur islamischen Religion aufgrund der Migrationsbedingung und der christlich geprägten Bevölkerung eine Identitätsmöglichkeit für die türkischen Jugendlichen in Deutschland, da sie im Alltag oft mit ihrer Herkunft konfrontiert werden. Viele Studien erkennen die wichtige Funktion des Islam für die Identitätsfindung von muslimischen Jugendlichen (Aygün, 2013).

Die Adoleszenz der muslimischen Jugendlichen scheint dadurch geprägt zu sein, sich mit den eigenen ethnischen und religiösen Wurzeln auseinanderzusetzen. Einerseits sind Modernisierungs- und Individualisierungsprozesse bei den jungen Türk*innen zu erkennen, welche insbesondere durch den Bildungsgrad und die Großstädte geprägt sind, anderseits wird trotzdem versucht, die traditionellen Werte beizubehalten (Wensierski & Lübcke, 2012). Sich in die Mehrheitsgesellschaft zu integrieren und nebenbei die kulturellen Wurzeln nicht zu vergessen, führt insbesondere bezüglich der Erziehung zu einer Herausforderung (Uslucan, 2011).

Insgesamt ist festzustellen, dass die religiöse Erziehung der türkischen Familien anhand der aufgezeigten Untersuchungen einen Einfluss auf die Religiosität der Jugendlichen hat. Die muslimischen Kinder sind in ihren Familien von einer stärkeren Religiosität geprägt und familienorientierter als die christlichen Kinder/ Jugendlichen. Jugendliche, die nicht religiös sind, wurden meistens von Eltern erzogen, welche der Religion gegenüber distanziert leben. Die religiöse Erziehung wird in den islamischen Gemeinden vervollständigt, indem kulturelle und religiöse Werte an die Kinder weitergegeben werden. Diese Organisationen tragen insbesondere zur Persönlichkeitsentwicklung und Identitätsentfaltung bei.

Außerdem sind im Vergleich zu den anderen Generationen Unterschiede zu erkennen, indem eine geringere Ausprägung der Religiosität der türkischen Migrant*innen festzustellen ist und zu islamisch modernen Lebensstilen der Jugendlichen führt. Jugendliche möchten nicht mehr mit Themen wie Terror, Gewalt oder Ehrenmord in Verbindung gebracht werden und haben es leid, sich immer rechtfertigen zu müssen (Just, 2011). Dadurch entstehen neue Jugendkulturen, in denen religiöse Jugendliche sich mit dem Islam identifizieren und sich gleichzeitig an die Moderne anpassen. Durch die Suche nach dem sogenannten „wahren Islam“, woran sie sich in der Moderne orientieren können, distanzieren sich die Jugendlichen von dem „traditionellen Islam“.

Die aufgeführten Forschungsergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, eine Möglichkeit für junge Muslim*innen zu schaffen, sich mit der Religion kritisch auseinandersetzen zu können, z.B. im Rahmen des islamischen Religionsunterrichtes. Wichtig ist die Vermittlung eines offenen modernen Islams, der sich auch in Opposition zu dem oftmals tradierten kulturell überformten Volksislams der Eltern und Großeltern begibt. Somit wird auch denjenigen die Möglichkeit zu einer eigenständigen bewussten Identifikation mit ihrer Religion gegeben, die diese bisher relativ unkritisch von Eltern und anderen Autoritäten übernommen haben (Stein, Ceylan & Zimmer, 2017; Zimmer, Stein & Ceylan, 2019b).

Erst durch diese eigenständige Erarbeitung einer Religiosität kann diese intrinsisch motiviert ausgelebt werden.

So können auch politische und genderbezogene Fragen verstärkt aufgegriffen werden. Wichtig ist hierbei stets die Unterscheidung zwischen den Konstrukten der Religion, der Tradition und der Kultur gemeinsam mit den jungen Menschen herauszuarbeiten. Bisher waren bei der Vermittlung des Islam in den Familien die Grenzen fließend zwischen der eigentlichen Religiosität und der in den Familien gelebten kulturell überformten traditionellen Volksreligiosität. Eine eigene hohe Reflexion auch von Lehrkräften ist Voraussetzung, um Schüler*innen als adäquates Rollenmodell eines aufgeklärten und selbstkritischen Islams und einer autonomen Befassung mit der Religion zu dienen (Zimmer, Stein & Ceylan, 2019; Zimmer, Ceylan & Stein, 2019).

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Berna Kenar
Erziehungswissenschaftlerin (B.A.) an der Universität Vechta.

Prof.‘in Dr. Margit SteinProfessorin für Allgemeine Pädagogik an der Universität Vechta.

Dr. Dr. Veronika Zimmer
Vertretung der Professur an der Universität Vechta im Teilprojekt „Heterogenität in Erziehung und Unterricht“ der Werkstatt Inklusion im Projekt „BRIDGES“