0 Die eigene Positionierung in der Beschäftigung mit dem Phänomen der Konfessionslosigkeit

Meine Ausführungen zu dem EKD-Grundlagentextes ‚Religiöse Bildung angesichts von Konfessionslosigkeit. Aufgaben und Chancen‘ erscheinen im Rahmen eines dieser Schrift gewidmeten Themenheftes von Theo Web und stehen damit im Zusammenhang einer umfangreicheren und gewiss auch vielfältigen Auseinandersetzung mit ihr. In dieser Auseinandersetzung will ich meinen Standort als Verfasser nicht verschweigen: Aus volkskirchlich geprägten Zusammenhängen stammend, beschäftige ich mich seit bald 20 Jahren in der Forschung mit dem Phänomen der Konfessionslosigkeit und bereite in der universitären Ausbildung angehender Religionslehrkräfte und Pfarrerinnen und Pfarrer auf die Aufgaben religiöser Bildung in Schule und Kirche speziell in Mitteldeutschland vor; eine Region, in der eine Kirchenmitgliedschaft von 30% bereits als hoch und im evangelischen Religionsunterricht ein Anteil von mehr als 50% Schülerinnen und Schülern, die keiner Religionsgemeinschaft angehören, als normal gilt; eine Region, in der die ‚Konfessionslosen‘ keineswegs mehr oder weniger erlöst aussehen als die Kirchenmitglieder.

1 ‚Religiöse Bildung angesichts von Konfessionslosigkeit‘ – eine Einführung

Der Anfang 2020 erschienene Grundlagentext „Religiöse Bildung angesichts von Konfessionslosigkeit – Aufgaben und Chancen“ der EKD-Kammer für Bildung und Erziehung, Kinder und Jugend richtet sich an Verantwortliche und Mitarbeitende im kirchlichen und schulischen Bildungsbereich. Es ist der erste EKD-Text, der unter dem Vorzeichen kirchlicher Bildungs(mit)verantwortung in Gemeinde und Schule die Aufgaben religiöser Bildung  und kirchlichen Handelns ‚angesichts von Konfessionslosigkeit‘ in den Blick nimmt, die, wie der Ratsvorsitzende der Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, in seinem Vorwort feststellt, „für die Kirchen eine mindestens ebenso große, wenn nicht noch größere Herausforderung als der religiöse Pluralismus“ (5) ist. So beansprucht die Schrift, „konfessionslose Menschen, die Gründe und Hintergründe ihrer Konfessionslosigkeit und der Umgang mit ihnen in den verschiedenen Formen kirchlichen (Bildungs-)Handelns erstmals systematisch im Mittelpunkt einer ihrer Verlautbarungen“ (6) zu stellen. Angesichts der Herausforderungen, dass gut ein Drittel der deutschen Bevölkerung keiner Kirche oder Religionsgemeinschaft angehört, und auch die kirchliche Bindung der eigenen Kirchenmitglieder nachlässt, sieht sich die EKD vor die Herausforderung gestellt, mit religiöser Bildungsarbeit und kirchlichem Handeln diese große Anzahl von Menschen zu erreichen. Die Schrift zielt auf eine Ermutigung der Gemeinden und einzelne Christen ab, das Gespräch mit Konfessionslosen, ob nun innerhalb oder außerhalb der Kirche, zu suchen: „Wo Menschen aus Freiheit entscheiden, ob sie der Kirche angehören wollen oder nicht, gilt es für uns noch deutlicher zu machen, warum die christliche Botschaft eine so starke Lebensgrundlage ist. Mehr denn je ist auch unsere Gesellschaft auf Menschen angewiesen, die aus der festen Hoffnung ihres Glaubens auf eine bessere und gerechtere Welt leben.“ (7)

Die EKD-Schrift gliedert sich in fünf Abschnitte, in denen zunächst konfessionslose Lebensführung und -deutung „als Anlass zur Reflexion auf kirchliche Bildungs(mit)verantwortung“ (Abs. 1) sowie „als Thema von Theologie und anderen Wissenschaften“ (Abs. 2) und sich daraus ableitende „Optionen und Ziele kirchlichen (Bildungs-)Handelns“ (Abs. 3) thematisiert werden. Daran anschließend werden „Grundsätze religiöser Bildung, kirchlichen Handelns und theologischer Reflexion“ (Abs. 4) formuliert und schließlich die sich hieraus ergebenden Aufgaben religiöser Bildung und kirchlichen Handelns „im Blick auf Menschen, die ihr Leben ohne Mitgliedschaft in einer Religionsgemeinschaft führen und deuten“ (Abs. 5) bestimmt.

Im Ausblick macht die Schrift nochmals deutlich, welcher Herausforderung sie sich angenommen hat und wie sie mit ihr umzugehen gedenkt: „Kirchlich (mit)verantwortetes (Bildungs-)Handeln kann und soll angesichts einer wachsenden Zahl konfessionsloser Menschen und einer wachsenden Prägekraft konfessionsloser Denkmuster in verstärktem Maße Menschen in den Blick nehmen, die ihr Leben ohne Mitgliedschaft in der evangelischen Kirche (oder einer anderen Religionsgemeinschaft) führen. […] Eine wesentliche Voraussetzung aller [d.i. Verantwortliche und Mitarbeitende in Kirche und Schule] ist eine Haltung, die die Kommunikation des Evangeliums nicht selbstbezüglich und selbstgenügsam auf den Binnenraum der Kirche beschränkt sieht, sondern deren dynamisierendes, grenzüberschreitendes Potential wahrnimmt und diesem im eigenen Handeln Rechnung zu tragen versucht.“ (140f.)

2 Konfessionslosigkeit vs. Kirchenmitgliedschaft

Die Schrift betreibt zunächst einen erheblichen Aufwand, die „Vielschichtigkeit des Phänomens ‚Konfessionslosigkeit‘“ (23) begrifflich genauer zu fassen. Während es ihr gelingt, Kirchenmitgliedschaft klar zu bestimmen (34f.), laviert sie doch im Umgang mit der Bezeichnung Konfessionslosigkeit. Angefangen damit, dass Konfessionslosigkeit zunächst als bloße statistische Größe zur Erfassung kirchlicher Nicht-Mitgliedschaft dient, dass Konfessionslosigkeit damit eigentlich nicht automatisch die Nicht-Zugehörigkeit zu einer nicht-kirchlichen Religionsgemeinschaft bedeutet und die „Einstellungen und Praxen konfessionsloser Menschen gegenüber Religion bzw. Kirche [als] ein Kaleidoskop von Möglichkeiten“ zu beschreiben sind (35). Immerhin weiß die Schrift zu berichten, dass der Anteil der organisierten Konfessionslosen an der Gesamtbevölkerung sich „schwerlich auf mehr als 0,2%“ beläuft (24). Triumphiert hier die Sprache über einen Zustand anderer, vor dem die Kirche selbst so große Angst hat, nämlich vor der gesellschaftlichen Marginalisierung? Schließlich landet der Definitionsversuch bei dem Ergebnis, dass mit der Begrifflichkeit Konfessionslosigkeit nichts Verallgemeinerbares über die „Muster der Lebensführung und -deutung von Konfessionslosen“ (s. Abs. 3 u. 4) ausgesagt werden könne, sondern sich nur als „Dachbegriff“ eignet, „der Differenzierungen nicht nur zulässt, sondern sogar erfordert.“ (34) Einerseits soll also der Begriff Konfessionslosigkeit als Schlüsselwort für die Beschreibung des Zustandes dienen. Zugleich erscheint aber der Begriff zu kurz und zu unspezifisch, um das gemeinte Phänomen tatsächlich abdecken zu können. So entsteht die unterschwellige Botschaft, dass ‚Kirchenmitgliedschaft‘ die klar zu beschreibende Normalität und das wiederherzustellende Ziel sei, während ‚Konfessionslosigkeit‘ eine nur diffus bestimmbare Ausnahmeerscheinung darstellt.

Auch der Begriff ‚Konfessionslose' hält vor dem kritischen Blick der Autoren nicht Stand, denn er definiere, so wird zutreffend bemerkt, „Menschen ex negativo“ (32), die zudem keineswegs alle „als religionsfern gelten“ können (32). Aber auch der Begriff ‚Konfessionsfreiheit, der „[a]us dem Kreis derer [stammt], die ihr Leben ohne Mitgliedschaft in Religionsgemeinschaft führen und deuten“ (33), mag die Schrift nicht zu überzeugen, da er eben eine vermeintliche Unfreiheit der Konfessionsgebundenen impliziere. Aber warum sollten die Konfessionsgebundenen die Konfessionsungebundenheit anderer neiden? Diese ablehnende Haltung gegenüber den Begriffen ‚konfessionsfrei‘ oder auch ‚-ungebunden‘ ist folglich überraschend, zumal doch beispielsweise im interreligiösen Diskurs stets auf das Selbstbestimmungsrecht der Dialogpartner verwiesen wird. Warum also soll dieses Recht den Konfessionslosen von vornherein genommen werden, wenn sie doch, wie es an anderer Stelle der Schrift heißt, neben den Menschen der eigenen Konfessionen sowie anderer Konfessionen und Religionen ebenfalls als Dialogpartner ernstgenommen werden sollen (101f.)? Freilich müsste infolgedessen die Schrift den Titel „Religiöse Bildung angesichts von Konfessionsfreiheit“ tragen, der dann auch eine andere inhaltliche Ausrichtung erwarten ließe.

Wenn es nun die erklärte Absicht der Schrift ist, sich zu fragen, „wo und in welchem Maße kirchliche Bildungsarbeit konfessionslose Menschen erreichen will, erreichen kann und tatsächlich erreicht (40), stellt sich nun die Anschlussfrage, wen die Schrift adressiert, wenn sie doch zugleich gegenüber dem selbstgewählten Begriff ‚konfessionslos‘ so skeptisch gegenübersteht. Es sind exklusiv „diejenigen Konfessionslosen“ gemeint, die „als ‚religiös (interessiert)‘, ‚spirituell‘ oder ‚kirchennah‘ bezeichnet“ werden (59). Von dieser Gruppe unterscheidet die Schrift dann noch die Gruppe der „agnostischen oder atheistisch orientierten, auch religiös indifferenten Konfessionslosen“ (121, vgl. 59), Vertreter eines „offensiven Atheismus“ (62), deren „Deuteperspektive […] in deutlichem Widerspruch zu der Perspektive [steht], die sich im Lichte des Evangeliums ergibt.“ (121)

So wird ein doppeltes binäres Konstrukt von Konfessionslosigkeit resp. Konfessionslosen deutlich: Die Schrift unterscheidet zwischen den Kirchenmitgliedern und den Konfessionslosen mit ihren jeweiligen, an sich aber gar nicht so genau unterscheidbaren religiösen oder konfessionslosen Lebensführungen und -deutungen. Die Konfessionslosen werden wiederum in zwei Gruppen aufgeteilt, von der die eine für religiöse Verkündigungs- und Bildungsambitionen noch erreichbar ist, während mit der anderen nur der „Streit um die Auslegung der Wirklichkeit“ (121) bleibt. Den Hintergrund für diese Einteilung bildet die in der empirischen Sozialwissenschaft betriebene Generierung kontrastiver Typen, denen bestimmte gemeinsame Merkmale zugeschrieben werden (s. 37). Nur haben wir es weder in der Kirche noch in der Schule mit ‚Typen‘ zu tun, sondern mit realen Menschen, die auf einer sehr breiten Skala von Handlungs- und Deutungsmöglichkeiten agieren; mit Menschen, die je sich nach Lebenslage für eine bestimmte Zeit, gelegentlich lebenslang und mit gleichbleibender Intensivität oder auch nur für den kurzen Moment eines musealen Kirchenrundgangs, und auf sehr unterschiedliche Weise religiöse Deutungs- und Handlungsmuster für sich in Anspruch nehmen (vgl. 63). Auch wenn, wie die Schrift zutreffend darstellt, die „alltägliche Lebensführung und -deutung in Deutschland von Plausibilitätsstrukturen bestimmt wird“ (65), gilt dies zum einen eben unabhängig von einer Zugehörigkeit zu einer Glaubensgemeinschaft, auch diese setzt ein je individuelles und prinzipiell widerrufbares Einverständnis voraus. Und in praxi kann der Umgang mit Plausibilitäten sehr komplex und gar paradox ausfallen: Der schärfste Atheist kann sich als der größte Liebhaber Bach‘scher Oratorien verstehen; der regelmäßige Kirchensteuerzahler muss keineswegs ein Freund des sonntäglichen Kirchgangs sein. Lebensführung im Pluralismus bedeutet eben nicht nur ein Entweder-Oder, sondern zugleich ein Sowohl-Als-Auch. Indem die Schrift die vielfältigen Formen der Pluralisierung aller Lebensbereiche jedoch unterschätzt, unterläuft ihr ein Kategorienfehler, vor dem sie an anderer Stelle sehr deutlich, aber dann doch vergeblich warnt: „Denn eine solche binäre Unterscheidung […] blendet die Vielfalt der tatsächlichen Kenntnisse, Einstellungen und Praxen von Menschen in ihrem Umgang mit Religion und die häufig fließenden Übergänge zwischen scheinbar klar unterscheidbaren religiös-weltanschaulichen Orientierungen aus.“ (33, vgl. 58f.) Ein Blick in die nun schon seit 20 Jahren vorgelegten Studien zum Religionsunterricht im Osten Deutschlands macht in der Tat deutlich, dass die in der Schrift den binären Konstrukten zu Grunde gelegten Differenzen zwischen Kirchenmitgliedern und Konfessionslosen sich nicht mit dieser Trennschärfe bestätigen. So sind zwar die befragten getauften Schülerinnen und Schüler tendenziell religions- und kirchenaffiner eingestellt als ungetaufte Schülerinnen und Schüler – das Gegenteil wäre überraschender –; die Untersuchungen zeigen aber auch, dass sich die Einstellungen zwischen Mädchen und Jungen gegenüber bestimmten Lebensführungspräferenzen, Glaubenspraxen und -vorstellungen deutlicher unterscheiden als die zwischen Getauften und Ungetauften. Die binäre Konstruktion der Schrift wäre auch dann noch nicht aufgelöst, wenn von „Religionsunterricht in der Konfessionslosigkeit“ (128) gesprochen wird. Entsprechend wäre der Titel der Schrift zu bedenken: Die Präposition ‚angesichts' konstruiert ein (bedrohliches?) Gegenüber, vor dessen ‚Angesicht‘ sich religiöse Bildung zu behaupten hat. Der Komplexität der Verwobenheit von religiösen und säkularen „Mustern der Lebensführung und -deutung“ (s. 35) wird dieser Titel nicht gerecht.

3 Konfessionslosigkeit im Westen und im Osten Deutschlands

In der Ursachenbestimmung für die Konfessionslosigkeit in Deutschland resümiert die Schrift, „dass der Wechsel in die Religionslosigkeit in der Regel nicht aus einer punktuellen oder spontanen Entscheidung resultiert, sondern das Ergebnis eines länger andauernden, von vielen Faktoren mitbestimmenden Klärungsprozesses [ist].“ (62) Zu diesen zählt die Schrift weitere Faktoren, die dazu führten, dass „das Territorium der früheren DDR […] zu den am stärksten säkularisierten Regionen der Welt“ (63) gehört. So ergebe der Umstand der Konfessionslosigkeit im Osten Deutschlands „jedenfalls nicht nur aus freien Entscheidungen vieler Einzelner, sondern u.a. auch aus entsprechenden Druck zweier Diktaturen“ (63). So richtig es ist, die Konfessionslosigkeit in ostdeutschen Bundesländern auch in ihrer „historischen Kontextgebundenheit“ verstehen zu wollen, so kurz greift aber der Verweis auf die hier in ihren unterschiedlichen, als Diktaturen gleichgesetzten Herrschaftsformen in Nazi-Deutschland und in der DDR und ihren jeweiligen Haltungen zur Kirche. Die historische Analyse übersieht nicht nur die zumindest propagandistischen Wirkungen der bürgerlichen und proletarischen Freidenkerbewegung insbesondere in den Großstädten und Industriestandorten vor und während der Weimarer Republik, sondern sie vermag auch nicht zu erklären, warum sich nach der Wiedervereinigung der Kirchenaustritt im Osten Deutschlands zunächst einmal beschleunigte. Oder meint die Schrift, dass dieser Effekt ebenfalls „nicht nur aus freien Entscheidungen vieler Einzelner“ zu erklären ist? Vielleicht liegt die Ursache dieses Problem an ganz anderer Stelle. Ist der kirchliche Schrumpfungsprozess, für den Ostdeutschland in besonderer Weise steht, nicht doch eine, wenngleich sehr schmerzhafte, aber notwendige Gesundschrumpfung der Kirche inmitten einer religiös und weltanschaulich sich ausdifferenzierenden Gesellschaft?

Bemerkenswert ist ebenfalls, dass das Maß und die Entwicklung der Konfessionszugehörigkeit im Westen nicht in gleicher Weise Gegenstand einer selbstkritischen historisch-soziologischen Reflexion ist. An welcher Stelle legt sich die Schrift Rechenschaft über die Ursachen und Folgen der offenbar zum Regelfall gesetzten höheren Kirchenmitgliedschaft im Westen Deutschlands ab? (s. 29f.) Wie ist der nach 1945 erfolgte Wiedereintritt von Menschen zu bewerten, die während der Nazi-Diktatur der Kirche doch eher freiwillig den Rücken zugekehrt haben? Wie wurde mit deren Wiedereintrittserklärungen umgegangen und welche Rolle spielten diese ‚wiedergewonnenen‘ Kirchenangehörigen in der Kirche der Adenauer-Ära? Ohnehin erweckt die Schrift den Eindruck, als nehme sie aus einer erhöhten westdeutschen Perspektive die Situation in Ostdeutschland in den Blick. Denn wie ist es sonst zu erklären, dass sie beispielsweise keine hinreichenden Erklärungsmuster für die ‚Wiedereintrittswelle‘ in den evangelischen Religionsunterricht nach 1990 liefert (s. 43) oder die erfolgreichen Bemühungen der ostdeutschen Landeskirchen um den Aufbau und den Unterhalt eines weitverzweigten evangelischen Schulwesens nicht in angemessener Weise zu würdigen versteht (s. 43, 97). Oder wenn die Schrift beispielsweise es als ein Defizit der Systematischen Theologie feststellt, dass sie zwar zu einem theologischen Verstehen der Konfessionslosigkeit beiträgt, aber zugleich die gerade auch in Ostdeutschland im Gespräch zwischen Systematischer Theologie und Religionspädagogik entstandenen Beiträge zu einem differenzierteren Verständnis des als Konfessionslosigkeit bezeichneten Phänomens übersieht und stattdessen zur Forschungslage behauptet: „Allerdings kommen dabei [in den Beiträgen der Systematischen Theologie] in der Regel lebensweltliche Ausdrucksformen und Selbstdeutungen Konfessionsloser weniger in den Blick – auch nicht solche, die in literarischer Form, etwa in (Auto-)Biografien oder Belletristik, ausgearbeitet werden, oder solche, die populärwissenschaftlich oder im Medium der Kunst zur Darstellung.“ (68)

Es wurde bereits darauf verwiesen, dass die konfessionsgebundenen und -ungebundenen Schülerinnen und Schüler im Religionsunterricht Ostdeutschlands in ihrer Einstellung gegenüber christlichen Vorstellungen und Praxen weniger signifikante Unterschiede aufweisen als vielleicht zunächst vermutet werden könnte. Nur in einem wichtigen Punkt unterscheiden sie sich erheblich, nämlich bei der Frage, ob sie sich vorstellen können, ihre eigenen Kinder eines Tages taufen zu lassen. Diese Frage beantwortet ein deutlicher höherer Anteil der ungetauften Schülerinnen oder Schüler – die Jungen eindeutiger als die Mädchen – negativ. Die Bindung an die Kirche bildet tatsächlich den entscheidende Knackpunkt zumindest in der jungen Generation in Bezug auf ihre religiösen Lebensführungspräferenzen. Das Antwortverhalten in Bezug auf Kirchenmitgliedschaft von Jugendlichen, die bisher keine Bindung zur Kirche besitzen, überrascht allerdings keineswegs. Trotz allem Interesse an Religion und Christentum, bei aller Wertschätzung der gesellschaftlichen Bedeutung von Kirche und Diakonie ist es unter dem Vorzeichen gesellschaftlicher Pluralisierungs- und Individualisierungsprozesse auch in der nachwachsenden Generation längst nicht mehr selbstverständlich, sich an die Institution Kirche – geschweige denn ein Leben lang – zu binden. Dies hat weniger etwas mit einem zu geringen Interesse an Religion und religiöser Praxis zu tun (s. S. 63), sondern vielmehr mit dem allgemeinen Schwund an Bindekräften gesellschaftlicher Institutionen (Parteien, Gewerkschaften, Sport- und Kulturverbände usw.); ein wesentlicher Faktor, den die Schrift nicht thematisiert. Dabei sollte nicht übersehen werden, dass auch die Kirchen im Osten Deutschlands bei dieser Entwicklung gar nicht so schlecht abschneiden: Den 40.000 Mitgliedern der in Landtagen Sachsen-Anhalts und Thüringens vertretenden Parteien stehen 700.000 Kirchenmitglieder der in den beiden Bundesländern ansässigen Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands (zzgl. noch der Mitglieder der Anhaltinischen Kirche) gegenüber. Die Ausgangsfrage könnte doch vielmehr lauten, warum trotz der Erosion gesellschaftlicher Institutionen bzw. deren Ersatz durch zivilgesellschaftliche Bewegungen aller Art (Globalisierungsgegner, Hospizbewegung, Fridays for Future etc.) die Kirchen nach wie vor eine hohe Mitgliedschaft verzeichnen (s. S. 28) und wie dieses verborgene Potenzial möglicherweise genutzt werden kann. Aber auch für Kirchenmitglieder stellt die Kirchenmitgliedschaft längst kein unkündbares Verhältnis dar, sondern auch ihre Zugehörigkeit ist Ausdruck einer individuellen Entscheidungshaltung, die ein Widerrufsrecht beinhaltet. Die Plausibilität des christlichen Glaubens, die die Kirche nach außen hin gegenüber den Konfessionslosen ins Gespräch bringen will, muss sie auch verstärkt nach innen hin vertreten.

4 Die ‚Kommunikation des Evangeliums‘ und der Bildungsauftrag des Religionsunterrichts

Das Leitmotiv der Schrift bildet wie auch in vielen kirchlichen Bildungsdebatten der Begriff Kommunikation des Evangeliums als das Grundprinzip der religiösen Praxis des Christentums. Mit Bezug auf Ernst Lange versteht die Schrift unter diesem Begriff die Aufgabe der evangelischen Kirche, unter den Bedingungen und mit Mitteln menschlicher Kommunikation das „Zur-Sprache-Bringen“ des Evangeliums als die „gute Nachricht von Gottes Zuwendung zu den Menschen“ (86), die „in jedem Kontext und in jeder Begegnung aufs Neue zu realisieren“ ist (87). Diese Form der Kommunikation des Evangeliums stellt die Schrift in den Zusammenhang der Missio Dei und bezeichnet sie als Aufgabe der missionarischen Kirche: „das Evangelium innerhalb der Kirche, aber auch über sie hinaus zu kommunizieren“. (87) Das hier zugrunde liegende Verständnis des in der Praktischen Theologie und Religionspädagogik keineswegs unumstrittenen Begriffs Kommunikation des Evangeliums, der ursprünglich aus der Predigttheorie stammt, dient nun einem denkbar offenen Gebrauch, wenn er alle möglichen Formen kirchlich-christlichen Handelns – Morgenandacht, Kasualien, Religionsunterricht, Beichte, Seniorennachmittage, Segenshandlungen, Gebete, Konfirmandenarbeit – subsumiert und damit beispielsweise die grundlegende Unterscheidung zwischen Verkündigung und Bildung verwischt. Der Begriff droht damit zu einem Containerbegriff zu verkommen, bei dem zwar jeder zustimmend nickt, aber niemand genau weiß, was mit ihm jeweils gemeint ist. So wird auch in der vorliegenden Schrift der Begriff religiöse Bildung der Kommunikation des Evangeliums zugerechnet – und damit mehr oder weniger unauffällig dem Verkündigungsauftrag der Kirche unterstellt. So finden die Begrifflichkeiten Bildung, kirchliche Bildung, christliche und evangelische Bildung eine nahezu synonyme Verwendung, was zu rhetorischen Bedeutungsüberschreibungen führt: So wirkt die Formel „Keine Bildung ohne (Befassung mit) Religion, keine (Aneignung und Realisierung von) Religion ohne Bildung.“ (89) recht griffig, aber es ist mit ihr keineswegs hinreichend geklärt, ob es sich um kirchliche, evangelische oder gar um religionskundliche Bildung handelt, die zu einem gebildeten Umgang mit Religion führt. Die Schrift beabsichtigt zwar, zwischen den Begriff Kommunikation des Evangeliums, Mission und Bildung „als keine gleichsinnigen, wohl aber einander ergänzende Begriffe“ zu unterscheiden (90) und damit auch eine gewisse Klarheit über den Bildungsbegriff zu verschaffen (88-90), versteht aber durchgängig religiöse Bildung als eine „missionarische Chance“ der Kirche: „Gewiss ist dies [die Begegnung und Auseinandersetzung mit konfessionslosen Menschen] von der Hoffnung motiviert, Konfessionslose für die Kirche zu gewinnen bzw. wiederzugewinnen.“ (98)

Nun steht es der Kirche selbstverständlich frei, ihren eigenen Bildungsbegriff zu kreieren. Aber auch die vorliegende Schrift versteht sich darauf, ihren Begriff von Bildung resp. religiöser Bildung in die Tradition der Aufklärung zu stellen, der „letztlich der facettenreichen Entfaltung und Selbständigkeit des Individuums zugutekommen soll“ (89). Sie stellt damit, wenngleich auch etwas verhalten formuliert, eine Anschlussfähigkeit ihres Bildungsverständnisses zu modernen Bildungstheorien her, die auf die Entwicklung individueller Handlungs- und Urteilskompetenz und selbstbestimmter Lebens-Sinnbeziehungen abzielen. Die Befähigung zur eigenständigen und begründeten Urteilsfähigkeit auch in religiösen Dingen steht jedoch schlechterdings im Widerspruch zu einem ‚Bildungs’handeln, das nicht zuletzt unter dem Vorzeichen der Kommunikation des Evangeliums auf die Vermittlung bestimmter religiöser Überzeugungen und den damit sich hieraus ergebenden ethischen Haltungen und Handlungen festgelegt ist. Es ist zwar keineswegs auszuschließen, dass religiöse Bildung zu einer Einsicht in die Plausibilität christlicher Glaubensvorstellungen und damit auch zur Taufe führen kann; aber das ist nicht das erklärte Ziel religiöser Bildung und daran kann ihr Erfolg auch nicht gemessen werden. Religiöse Bildung als Anbahnung und Stärkung je individueller religiöser Lebensführungs- und Deutungskompetenzen zielt auf die Stärkung des autonomen Subjekts, dessen freie Entscheidung es ist, ob er in der Kirche oder einer anderen Glaubensgemeinschaft verbleibt, ihr beitritt oder sie verlässt. Recht, d.h. bildungstheoretisch verstanden kann der in der Schrift immer wieder in Anspruch genommene Bildungsbegriff nicht zu einer Überwältigung der Schülerinnen und Schüler führen – sonst wäre es keine verantwortbare Bildung mehr. Allerdings wäre es hilfreich gewesen, nicht nur auf die Wahrung des sog. Überwältigungsverbots (98) zu verweisen, sondern zugleich das sog. Kontroversitätsgebot mitzubedenken. Religiöse Bildung richtet sich auf die Entwicklung einer eigenständigen Urteilsfähigkeit über die eigene, wie auch die religiöse oder nicht-religiöse Haltung anderer. Sie eröffnet religiöse Partizipationsräume, ohne es sich zur Aufgabe zu machen, dass die solchermaßen religiös Gebildeten sich einer religiösen Praxis und den ihr zugrundliegenden Vorstellungen annehmen. Insofern ist der Schrift voll zuzustimmen, wenn sie schreibt: „Es ist und wird immer stärker eine Aufgabe religiöser Bildung im öffentlichen Raum, die Prüfung und Entscheidung dieser Option als für das Individuum gewinnbringend auszuweisen, ihr Raum zu geben und sachkundig zu begleiten.“ (74)

Weiterführend ist die in der Schrift vorgenommene Verhältnisbestimmung von Kommunikation des Evangeliums und Bildung unter Bezugnahmen auf Ingolf U. Dalferth, wenn mit ihm der Begriff Kommunikation des Evangeliums dahingehend bildungstheoretisch konkretisiert wird, dass es in der „Begegnung und Auseinandersetzung mit konfessionslosen Menschen“ darum geht, mit ihnen „zu erkunden, was es heißt, heißen könnte und heißen sollte, in der Orientierung an Gottes Zuwendung und Zusage zusammen mit anderen in dieser Welt zu leben“ (103, ebenso 118). Dies geschieht tagtäglich im evangelischen Religionsunterricht mit Schülerinnen und Schülern, unabhängig ob sie einer Religionsgemeinschaft angehören oder nicht. Diese gemeinsame Erkundung vollzieht sich keineswegs im „Streit“ in dem Sinne, wie die Schrift mehrfach insinuiert (103, 121), sondern als geregelter Lehr-Lernprozess.

Um im Verständnis von religiöser Bildung als kommunikatives Ereignis zu bleiben, ließe sich demnach religiöse Bildung mit Wilfried Härle dahingehend verstehen, Menschen die ‚Hörweite des Wortes‘ zu eröffnen. Auch hier ereignet sich ein kommunikativer Akt, der dem Zuhörenden das Evangelium nahebringt, ihm einen Raum der Auseinandersetzung mit dem Evangelium bietet und ihm jeder Zeit die freie Entscheidung belässt, ob er die Kommunikation über das Evangelium fortsetzt, oder – selbstbestimmt – die ‚Hörweite des Wortes‘ wieder verlässt; vielleicht auch, um zu einem späteren Zeitpunkt zurückzukehren.

Es wäre nicht nur in bildungstheoretischer, sondern auch demokratietheoretischer Sicht problematisch, den Religionsunterricht als Ort religiöser Bildung im Sinne einer missionarischen Absicht nutzen zu wollen. Nach Art 7.3 GG ist der Religionsunterricht ‚in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften‘ zu erteilen; aber es ist nicht seine Aufgabe, sich in einer dienenden Funktion den Interessen der Religionsgemeinschaften unterzuordnen. Vielmehr erfüllt der konfessionelle Religionsunterricht das Interesse des demokratischen Staates, seine Bürger zu befähigen, die ‚Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses‘ (Art 4 GG) in Anspruch zu nehmen. Eben deshalb obliegt das Aufsichtsrecht über den Religionsunterricht nicht den Religionsgemeinschaften, sondern dem Staat. Dass den Religionsgemeinschaften ein besonderes Mitspracherecht im Bereich schulischer Bildung eingeräumt wird, ist nicht Ausdruck eines selbstverständlichen Anrechts der Religionsgemeinschaften auf Schule und Bildung, sondern, wie es das sog. Böckenförde-Diktum auf den Punkt bringt, Ausdruck der Selbstbeschränkung des Staates in Sachen Bildung der Religions- und Meinungsfreiheit seiner Bürgerinnen und Bürger. Die Begründung des konfessionellen Religionsunterrichts auf der Grundlage von Art 7.2 GG macht ihn also nicht zu einem der ‚Orte kirchlichen (Bildungs-)Handelns‘ (23 u.ö.), sondern zu einer gemeinsamen Angelegenheit von Staat und Kirche im öffentlichen Raum der Schule, in dem unter theologisch und pädagogisch geregelten Bedingungen über das Evangelium kommuniziert wird: Was würde es für dich, für uns alle bedeuten, wenn wir unser Leben im Lichte des Evangeliums verstünden und führten; etsi deus daretur. Genau an diesem Punkt liegt der Unterschied zu dem in der EKD-Schrift vorausgesetzten kirchlichen Bildungsverständnis, dessen Leitfrage unter dem Vorzeichen des deus datur lautet: Was bedeutet es für dich, für uns alle, dass wir Christen sind oder dies erst noch werden wollen?

Der Kirche gebührt größter Dank für ihren vielfältigen und unverzichtbaren Einsatz für den Religionsunterricht im öffentlichen Schulwesen. Aber es wäre hilfreich, kirchlicherseits für eine klarere Diktion in Bezug auf die in der Schrift häufig verwendete Formulierung ‚kirchliche Bildungs(mit)verantwortung‘ (s. 140) zu sorgen: Eine eigene Bildungsverantwortung trägt die Kirche für ihre Bildungsbereiche; eine besondere Bildungsmitverantwortung trägt sie im Bereich des schulischen Religionsunterrichts. Auf der Synode von Berlin-Weißensee 1958 haben sich die Gliedkirchen der EKD „zum einem freien Dienst an der freien Schule“ bekannt und damit ein tragfähiges Fundament für ein künftiges Zusammenwirken von Staat und Kirche im öffentlichen Schulwesen gelegt. Dieses Bekenntnis sollte die Kirche in der Auseinandersetzung mit der Konfessionslosigkeit nicht leichtfertig untergraben, wenn sie den Religionsunterricht nunmehr als ein genuin kirchliches Handlungsfeld für sich deklariert. Das Selbstmissverständnis der Kirche, den Unterschied zwischen Bildungsverantwortung und Bildungsmitverantwortung in den kirchlichen und schulischen Bildungsorten zu verwischen, würde letztlich nur den Verächtern religiöser Bildung in der Schule in die Hände spielen. Wir müssen uns darüber bewusst sein, dass der Religionsunterricht wie auch andere Formen evangelischer Präsenz im Schulleben (Schüler:innenseelsorge) nicht den verlängerten Arm der Kirche in die Schulen hinein bilden, sondern sie begründen sich aus dem Bildungsauftrag der Schule, der, unter Bezug auf den Humboldt’schen Bildungsbegriff, eben auch die Bildung der Seele miteinschließt.

5 Die Bildungsverantwortung der Kirche in der religiös und weltanschaulich pluralen Gesellschaft

Selbstverständlich ist es das gute Recht der Kirche, sich mit der Konfessionslosigkeit als eines der Phänomene der sich religiös und weltanschaulichen ausdifferenzierenden Gesellschaft kritisch auseinanderzusetzen, Strategien gegen den unverminderten Mitgliederverlust zu ersinnen und mit ihren Möglichkeiten dem Trend des Kirchenaustritts etwas Wirksames entgegenzusetzen. Die Kommunikation des Evangeliums verstanden als Praxis der christlichen Botschaft bildet hierbei ein entscheidendes Mittel, den christlichen Glauben in einer religionspluralen Gesellschaft zu verplausibilisieren. Die kirchlich mitverantwortete religiöse Bildung im öffentlichen Raum der Schule ist allerdings weniger der Ort der Kommunikation i.S. der Verkündigung des Evangeliums, sondern der Ort der Reflexion über das Evangelium, seine Bedeutung, die es für je eigene Lebensführung und -deutung hat bzw. haben könnte, oder – nolens volens – auch nicht hat. Es geht um den, in einem wohlmeinenden Sinne des Wortes, Streit um die Deutung der Wirklichkeit und der Wahrheit, von der auch der Christ nicht behaupten kann, er allein verfüge über sie. Ein argumentativer Streit um Glauben und Meinung, den sich der konfessionelle Religionsunterricht zur Aufgabe gemacht hat und mit dem er damit ein unverzichtbares Element des schulischen Bildungsauftrags einlöst. Die Mitverantwortung der Kirche für den Religionsunterricht ergibt sich aus dessen verfassungsrechtlich begründeten konfessionellen Bindung. Den Ort des Religionsunterrichts als einen genuinen Ort kirchlichen Bildungshandelns, gar in missionarischer Absicht zu reklamieren, würde allerdings die rechtliche und schultheoretische Begründung des Religionsunterrichts unterminieren und ihm gerade auch als einen gemeinsamen Bildungsort von Christen und Nicht-Christen erheblichen Schaden zufügen.

Die Kirche sollte sich also davor hüten, in eine apologetische Haltung zu verfallen, sich in binären Konstrukten zu verkämpfen oder mit gebanntem Blick auf die Kirchenmitgliedschaftsstatistiken in Klage zu versinken, sondern sich fröhlich und frei den Herausforderungen einer religionspluralen Gesellschaft stellen. Gerade weil sich die evangelische Kirche unter das Kreuz gestellt sieht und nicht für sich beansprucht, über die allein seligmachende Wahrheit zu verfügen, sollte sie sich die Aufgabe der Moderation der religiös-weltanschaulicher Transformation in unserer Gesellschaft zu eigen machen und mit Menschen, ob nun christlich oder konfessionslos, jüdisch oder muslimisch, religiös gebunden oder ungebunden, oder die von allem ein bisschen in sich vereinigen, die Voraussetzungen eines gelingenden gesellschaftlichen Zusammenlebens entwickeln. Die Frage, die es zu beantworten gilt, lautet: Welches Maß an religiöser Bildung bedarf eine religiös und weltanschaulich diverse Gesellschaft um ihres Zusammenhalts willen? Gerade die jüngsten kirchengeschichtlichen Ereignisse in Deutschland zeigen, welches erstaunliche Potenzial ausgerechnet die zahlenmäßig kleinen evangelischen Landeskirchen auch ‚angesichts von Konfessionslosigkeit‘ in der friedlichen Gestaltung gesellschaftlicher Transformationsprozesse entfalten können.

 

Prof. Dr. Michael Wermke, Inhaber des Lehrstuhls für Religionspädagogik an der Theologischen Fakultät und Direktor des Zentrums für Religionspädagogische Bildungsforschung (ZRB) der Friedrich-Schiller-Universität Jena