1. Religionspädagogik und Religionsdidaktik
2. Praktisch-Theologische Theorie und ausgewählte Praxisfelder
3. Seelsorge
4. Interreligiöse Bildung
5. Religion in Musik, Film, Comics und Literatur
6. Weitere theologische Disziplinen
7. Didaktische Materialien und Medien

1. Religionspädagogik und Religionsdidaktik

Heterogenität in der Religionspädagogik. Grundlagen und konkrete Bausteine lautet der Titel der im Herder Verlag (ISBN 451-37725-9) veröffentlichten kritisch-analytischen Untersuchung von Bernhard Grümme, die für eine aufgeklärte Heterogenität wirbt. In seiner Einführung beschreibt der Verfasser, warum seine Untersuchung

„sich nicht leichtfertig in die Arme des Heterogenitätsbegriffs wirft und stattdessen von einer unterschätzten Provokation für die Religionspädagogik spricht. Schon diese ersten Andeutungen zeigen, wie hoch der Legitimationsbedarf dieses Begriffs als einer religionspädagogischen Kategorie ist. Dieser Begriff wird in den folgenden Überlegungen freilich als ‚Aufgeklärte Heterogenität’ zur Grundkategorie einer heterogenitätsfähigen Religionspädagogik profiliert.“ (20)

Und weiter heißt es zum Aufbau der lesenswerten Studie:

„Aus der Komplexität der Herausforderungen resultiert die Vielschichtigkeit des Aufbaus der folgenden Überlegungen. Diese situieren sich in einem Wechselverhältnis von Empirie, Theorie und Praxis. Auch wenn sie empirische Studien nur rezipieren, beruhen sie doch auf der Überzeugung, dass die überfällige theoretische Orientierungsleistung religionspädagogischer Grundlagenreflexion auf der Basis von empirischen Einblicken beruhen muss. Wer die Tragfähigkeit der Heterogenitätskategorie reflektieren, wer Bausteine einer heterogenitätsfähigen Religionspädagogik konturieren und hierfür die Kategorie der Aufgeklärten Heterogenität entwickeln will, wer also wie die folgenden Überlegungen damit zumindest Begriff und Profil einer heterogenitätsfähigen Religionspädagogik umreißen will, der kommt um eine solche Theorie-Praxis-Dialektik nicht herum. Diese nimmt in dem nachgerade klassischen Dreischritt von Sehen-Urteilen-Handeln Gestalt an. Teil A unternimmt deshalb den breit angelegten Versuch, die diversen Kontexte des Heterogenitätsbegriffs auszuleuchten: die Frage nach dem Kairos dieses Begriffs, der mit Verve in die Diskurse eindringt, die Frage nach seiner Semantik und begrifflichen Formung, die Frage nach begrifflichen Alternativen. Den aus diesem facettenreichen und überaus komplexen Szenario erwachsenen Orientierungsbedarf soll die Kategorie der Aufgeklärten Heterogenität einlösen, die in Teil B als Prinzip und Ziel einer Heterogenitätsfähigkeit religionspädagogischer Theoriebildung begründet und näher erläutert wird. Angesichts der Heterogenität der Gegenwart handlungsfähig, wahrnehmungsfähig, sprach- und urteilsfähig zu sein, macht den religionspädagogischen Rekurs auf eben diese Kategorie erforderlich, die freilich durch ihre alteritätstheoretische Grundierung erst ihre eigentliche analytische, hermeneutische und normative Kraft erfährt. Teil C dient dann dazu, diese Kraft im Durchgang durch verschiedene Dimensionen der religionspädagogischen Heterogenität zu erproben. Man mag sich fragen, warum ausgerechnet diese fünf Dimensionen, warum nicht andere, warum in dieser Gewichtung, in dieser Reihenfolge? Für die Auswahl stand deren religionspädagogische Relevanz im Vordergrund, auch wenn dies angesichts der konstitutiven Verwobenheit religiöser Lern-und Bildungsprozesse in Geschichte und Gesellschaft natürlich keine abgeschlossene Liste sein kann. Möglicherweise ergeben sich in den Transformationsprozessen der Gegenwart bislang ungesehene Interdependenzen, die die Religionspädagogik auf ganz ungeahnte Weise fordern. Die gegenwärtigen Migrationsbewegungen sind ein prominentes, aber nicht das einzige Beispiel. (…) Die hier gewählten Dimensionen der Migration, der Inklusion, der Armut, der Geschlechterfrage und der religiösen Pluralität haben prima facie stärkeres religionspädagogisches Gewicht als etwa die Suche nach einer heterogenitätsfähigen Didaktik oder die nach einer heterogenitätsfähigen Berücksichtigung der Altersstruktur der Lernenden und Lehrenden. Gerade wenn es um die konkreten Heterogenitätserfahrungen im Religionsunterricht geht, sind diese eklatant wichtig. Nur spielen diese Fragen in allen Dimensionen eine Rolle, können (und werden) also dort mitverhandelt werden. Das ist keine Belanglosigkeit. Im Gegenteil, darin liegt ein Mehrwert meiner Vorgehensweise. Indem beispielsweise die Suche nach angemessenen Lernwegen im Zusammenhang der Dimension von Armut und Bildungsungerechtigkeit traktiert wird, bekommen diese eine ganz ungeahnte Dramatik und Brisanz, die bis an die fachdidaktischen Selbstverständigungsprozesse der gesamten Religionspädagogik rühren müsste. Mit diesem Blick auf Überschneidungen wird zudem die Wechselwirkung zwischen den verschiedenen Dimensionen evident. Es gehört zum entscheidenden Charakteristikum des Heterogenitätsbegriffs, die Interdependenz dieser verschiedenen Dimensionen religionspädagogisch zu bearbeiten und fruchtbar zu machen. Darum greifen die Auseinandersetzungen mit den einzelnen Dimensionen immer wieder auf die anderen zurück, was für die Leserin und den Leser den zusätzlichen Ertrag bringt, im Lichte der in Teil A und Teil B entwickelten Hermeneutik ‚Aufgeklärter Heterogenität’ die Ausführungen zu den einzelnen Dimensionen unabhängig voneinander lesen zu können. Gleichwohl sollen sich aus deren Gesamtkonstellation am Ende schließlich Bausteine einer heterogenitätsfähigen Religionspädagogik herauskristallisieren.“ (21f.)

Die Überlegungen von Grümme hervorragend flankierend und ergänzend eignet sich die Lektüre der folgenden drei Neuerscheinungen: Der achte Band des bewährten, im Verlag LUSA (ISBN 9812290-7-3) von Gerhard Büttner, Hans Mendl, Oliver Reis und Hanna Roose herausgegebenen Jahrbuchs für konstruktivistische Religionsdidaktik trägt den Titel Religiöse Pluralität. Die Herausgebenden sind der Meinung, dass gerade von einer konstruktivistischen Perspektive aus für die Bewältigung von Pluralität hermeneutische, konzeptionelle und didaktische Instrumente entwickelt werden können und präsentieren ihre Überlegungen zur Thematik gestuft in vier Rubriken: Zunächst durchdringen Theoriebeiträge grundlegend das Thema religiöse Pluralität in konstruktivistischer Sicht. Reflexiv erfolgt dann eine Auseinandersetzung im Feld zwischen Theorie und Praxis, bevor unter konkret unterrichts- oder hochschuldidaktische Projekte vorgestellt werden, die entweder didaktisch oder empirisch angelegt sind. Abschließend erfolgt (selbst)kritisch eine Rückschau. In der Einleitung heißt es:

„Wenn es um die Bewältigung von Pluralität geht, so ist das für den Konstruktivisten, wie der Bayer sagt, eine ‚gmahde Wiesn’. Damit wären wir aber schon bei einem Thema, das in diesem Band von Andrea Schulte aufgegriffen wird: Wie kann Religion in eine plurale Gesellschaft und Schülerschaft hinein übersetzt werden? Die ‚gmahde Wiesn’ (Dinge, die leicht zu bekommen oder zu erreichen sind) bedeutet, dass von einer konstruktivistischen Position aus Pluralität der Normalfall im Prozess des Erkennens und Lernens ist, da jegliche Weltwahrnehmung und Deutung durch das erkennende Subjekt erfolgt. In sozialen Kontexten wie z.B. beim schulischen Unterricht wird lediglich die Fiktion aufrechterhalten, alle am Unterricht Teilnehmenden würden halbwegs identisch lernen. Neu ist nun aber, dass nicht erst für Konstruktivisten, sondern auch gesamtgesellschaftlich das Gefühl von Einheit und Eindeutigkeit brüchig geworden ist – angesichts einer zunehmenden gesellschaftlichen und religiösen Pluralität. Die Wahrnehmung von Pluralität verunsichert. In Gesellschaft und Politik werden derzeit die Anzeichen dafür überdeutlich, was geschieht, wenn Pluralität als Gefahr und der Andere als Bedrohung empfunden werden: der Umgang mit Flüchtlingen, die Neigung zu einfachen populistischen Antworten, die Entwicklung neuer nationaler Egoismen. Gleichzeitig stellt sich angesichts einer zunehmenden religiösen Pluralität die Frage, wie sich Toleranz und Wahrheitsansprüche zueinander verhalten.“ (6)

Oliver Reis betrachtet im resümierenden Beitrag „Eine systemtheoretische Theologie der Religionen und deren religionspädagogische Konsequenzen“ (213–221) religiöse Pluralität in systemtheoretischer Perspektive aus drei Blickwinkeln: der Innenperspektive 1. Ordnung, der standortgebundenen Metaperspektive 2. Ordnung und der neutralen Außenperspektive. Diese überträgt er auf den schulischen Kontext und skizziert die Folgen der jeweiligen Betrachtungsweise für interreligiöse Gespräche. Einschließungen und Ausgrenzungen. Zur Intersektionalität von Religion, Geschlecht und sozialem Status für religiöse Bildung ist ein von Thorsten Knauth und Maren A. Jochimsen im Waxmann Verlag (ISBN 8309-3594-0) herausgegebener Band überschrieben, der die Kategorie Geschlecht in das Zentrum theoretischer Reflexionen und konzeptioneller Überlegungen stellt und nach den hermeneutischen und empirisch-analytischen Verbindungen mit den anderen Kategorien fragt, die in einer Religionspädagogik der Vielfalt eine Rolle spielen: Religion, soziale Herkunft und ability / disability (Behinderung) fragt. Die Autorinnen und Autoren dieses Bandes teilen die gemeinsame Überzeugung,

„dass weder die Kategorie Geschlecht noch die anderen differenzkonstituierenden Begriffe alleine zur Analyse von (Bildungs-)Praktiken der Inklusion und Exklusion geeignet sind. In einer inter- und intradisziplinären Wahrnehmung relevanter Diskurse zu Gender und Intersektionalität werden Bezüge zu den wissenschaftlichen Disziplinen aufgezeigt, die für die Konzeption einer Religionspädagogik der Vielfalt von Bedeutung sind: Theologie, Erziehungswissenschaften, Sozialwissenschaften. Ziel ist es, Studierende religions- und bildungsbezogener Fachrichtungen sowie andere Interessierte in Fragestellungen einer genderbewussten Religionspädagogik der Vielfalt einzuführen.“ (8f.)

Dies ist zweifellos gelungen!

Man kann sich nicht entscheiden, als was man geboren wird“: Exodus 1 im Horizont von Intersektionalität und empirischer Bibeldidaktik lautet die in der bewährten Reihe „Religionspädagogik innovativ“ als Band 19 erschienene innovative Kasseler Dissertation von Nele Spiering-Schomborg. Die Autorin schreibt in ihrer Einleitung:

„Im Rahmen dieser Studie werden einerseits die von Ex 1 ausgehenden ‚text­geleiteten Prozesse’, andererseits die < ‚wissensgeleiteten Prozesse’ von empirischen Leser_innen, herausgearbeitet und zueinander ins Verhältnis gesetzt. Merkmale einer intersektionalen Bibelauslegung möchte ich daraufhin erstens auf der Grundlage von hermeneutisch-theoretischen Einsichten und zweitens durch die wissenschaftliche bzw. ‚alltägliche’ Lektüre der Exodusexposition entwerfen. Weil die Bibel im Horizont dieser Untersuchung nicht nur exegetisches Interesse wachruft, sondern zugleich als Lehr- und Lernmedium in den Fokus rückt, wird die Frage nach Differenzen bzw. Diversität zudem auf pädagogisch-didaktischer Ebene relevant. Im Unterschied zur Religionspädagogik, die im Modus von Vielfalt bereits seit einigen Jahren aktiv für eine Hermeneutik eintritt, ‚die geschlechtsbezogene, religiöse und soziale Differenzen wahrnimmt und Stereotype aufzubrechen vermag’ (Silvia Arzt u.a.), stellen vergleichbare bibeldidaktische Konzepte ein Novum dar. Trotz vielversprechender Ansätze, die dekonstruktiv, herrschaftskritisch und teils ‚intersektional-sensibel’ vorgehen, liegt eine Bibeldidaktik der Vielfalt bislang nicht vor. Wenn auch die Kapazitäten im Rahmen diese Studie kaum ausreichen, um ein detailliertes bibeldidaktisches Vielfaltskonzept zu entwickeln, sollen zumindest erste Schritte in diese Richtung eingeleitet werden. Ebenso wie die intersektionale Exegese von realen Lektüreerfahrungen profitieren kann, ist eine Bibeldidaktik der Vielfalt einerseits auf exegetische Expertise, andererseits und insbesondere auf empirische Ansprechpartner_innen, vorzugsweise Kinder oder Jugendliche, angewiesen. Schließlich fordern die für diese Untersuchung richtungsweisenden exegetischen und didaktischen Zugänge dazu auf, die kontextuellen Erfahrungen von Rezipierenden beim Umgang mit der Bibel zu berücksichtigen. Gewalt und Ungleichheit stellen Widerfahrnisse dar, die Kinder und Jugendliche in unterschiedlichen Formen betreffen. Im Religionsunterricht sollten diese Themen bestenfalls gleich mehrere Plätze haben. Neben der Exodusexposition untersuche ich im Rahmen dieser Arbeit Laut-Denk-Protokolle, Interviews und Gesprächssequenzen von Schüler_innen der Sekundarstufe I, die infolge der Rezeption von Ex 1,1-22 zustande gekommen sind. Insofern der Text seinem Publikum teils grausame Gewalt zumutet und die Lenkungsmechanismen der Erzählung obendrein spezifische Wissens- bzw. Erfahrungsbestände seitens der Rezipierenden erwarten, habe ich fortgeschrittene Leser_innen, konkret Jugendliche, zum literarischen Gespräch gebeten. Wie gehen die Heranwachsenden mit den textgeleiteten Informationen um? Wie verstehen sie die teils rassistisch bzw. sexistisch aufgeladene Exodusexposition? Welche Bedingungen nehmen Einfluss auf ihre Deutungen? Mit der Narratologie bemühe ich sodann ein literarturwissenschaftliches Verfahren, das zwischen Text- und empirischer Analyse vermitteln kann. Der Einsatz narratologischer Instrumente zielt auf eine systematische Untersuchung der Formen, Strukturen und Funktionsweisen narrativer Phänomene ab. Sowohl für eine intersektionale Bibelauslegung als auch für den Entwurf einer Bibeldidaktik der Vielfalt ist eine erzähltheoretische Auseinandersetzung mit der Exodusexposition weiterführend, gerade wenn es um den Dialog zwischen den beiden Zugängen geht. Nachdem die Grenzen narratologischer Forschung zunächst gewissermaßen durch den Strukturalismus vorbestimmt waren, gehen jüngere Erzähltheorien über den einst streng definierten textuellen Bezugsrahmen hinaus. Unter dem Etikett ‚postklassisch’ vollzieht sich zwar keine Abkehr von bisherigen narratologischen Kategorien, wohl aber eine Pluralisierung von erzähltheoretischen Zugangsweisen, Erkenntnishorizonten, Bezugsfeldern und -medien. Über narrative Merkmale im engeren Verständnis hinaus können ferner soziale, kulturelle und rezeptionsorientierte Fragestellungen unter narratologischer Perspektive verhandelt werden. Mein erzähltheoretisches Vorgehen knüpft an diese ‚postklassische Wende’ an: In Gestalt von kulturgeschichtlicher und kognitiver Narratologie kommen vergleichsweise aktuelle Erzähltheorien zum Einsatz, die aufgrund ihrer kontextuellen Orientierung zudem intersektional bzw. bibeldidaktisch anschlussfähig sind.“ (13f.)

Zur Vorgehensweise erklärt die Verfasserin:

„Die nachfolgende Studie ist in einzelne Teile aufgegliedert; ihnen geht jeweils eine knappe Einleitung voraus. Regelmäßige Zwischenfazits zeigen den aktuellen Stand der Untersuchung an, sie bündeln die gewonnenen Einsichten und führen sie teils weiter. Im zweiten Teil der Arbeit lege ich die theoretischen und methodischen Weichen für das weitere Vorgehen. Nachdem lntersektionalität, Vielfalt, Narratologie und empirische Bibelforschung bzw. -didaktik vorerst einzeln in den Blick rücken, erfolgt anschließend eine Zusammenführung der Zugänge. Im Zentrum des dritten Teils steht die Exodusexposition. Mithilfe von u.a. kultur- und sozialgeschichtlichen Perspektiven erfolgt zunächst eine Annäherung an das Umfeld der Erzählung. Die dargebotenen Einblicke in die Welt der Textentstehung sind maßgebend für die narratologisch-intersektionale Auslegung von Ex 1, welche im direkten Anschluss auf dem Programm steht. Die Auswertung der Rezeptionsdaten erfolgt in zwei Schritten und auf der Grundlage jeweils unterschiedlicher Analyseverfahren. Während ich das empirische Material im vierten Teil qualitativ-heuristisch bearbeite, vollziehe ich in Teil V ein Methodenwechsel; die ‚Grounded Theory’ strukturiert mein analytisches Vorgehen. Im Abschlussteil werden noch einmal zentrale ‚Einsichten’ der Studie präsentiert und am Beispiel einen intersektionalen Exegese bzw. einer Bibeldidaktik der Vielfalt konkretisieren.“ (14f.)

 

Zwei Neuerscheinungen widmen sich Modellen zeitgenössischen Religionsunterrichts: Der im Verlag Kohlhammer (ISBN 17-033367-3) erschienene Band Konfessioneller Religionsunterricht in religiöser Vielfalt II. Perspektiven von Schülerinnen und Schülern von Uta Pohl-Patalong, Stefanie Boll, Thorsten Dittrich, Antonia Lüdtke und Claudia Richter bildet den zweiten Band der ReVikoR-Studie (Religiöse Vielfalt im konfessionellen Religionsunterricht) und schließt inhaltlich wie methodisch direkt an die Lehrkräftebefragung an. Er folgt derselben Forschungsfrage „Wie wird mit religiöser Heterogenität im konfessionellen Religionsunterricht umgegangen?“ und geht dieser aus der Perspektive der Schüler*innen nach:

„Auch hinsichtlich des Forschungsdesigns entsprechen sich im Wesentlichen die beiden Teile der Studie. Gleichzeitig konnten Erfahrungen und Ergebnisse aus der Lehrkräftebefragung in die Schüler*innenbefragung einfließen. Wie auch die Lehrkräftebefragung geht die Schüler*innenerhebung sowohl qualitativ als auch quantitativ vor. Die Kombination dieser beiden unterschiedlichen empirischen Zugänge als ‚Mixed-Methods’-Ansatz ermöglicht es, beide Datenarten wechselseitig aufeinander zu beziehen. Der Einbezug sowohl qualitativ als auch quantitativ gewonnener Einsichten führt in einem zirkulären Forschungsprozess schließlich zu den Ergebnissen und ermöglicht ferner eine Vergleichbarkeit mit den Ergebnissen der Lehrkräftebefragung.“ (13f.) Diskussionswürdig sind insbesondere die weiterführenden Perspektiven „Was bedeuten die Ergebnisse für die Zukunft des Religionsunterricht“ (243-256).

Jan Woppowa, Tuba Isik, Katharina Kammeyer und Bergit Peters zeichnen als Herausgebende verantwortlich für das als Band 20 in der Reihe „Religionspädagogik innovativ“ erschienene Buch Kooperativer Religionsunterricht. Fragen – Optionen – Wege. Zurecht schreiben sie in der Einführung:

„Die gegenwärtige und zukünftige Form des Religionsunterrichts hat entscheidenden Anteil daran, wie die Frage nach seiner prinzipiellen Zukunftsfähigkeit als eigenständiger Teil öffentlicher Bildung entschieden wird. Das gilt umso mehr, wenn man nicht nur Modelle seiner Organisation, sondern auch die Entwicklung seiner inneren, didaktischen Gestalt in Betracht zieht. So hängen Relevanzfrage und Qualitätssicherung auf das Engste miteinander zusammen. Das deutet bereits darauf hin, dass eine verfassungsrechtliche Absicherung des Religionsunterrichts alleine wohl nicht mehr ausreichen wird, um seine Zukunft in der öffentlichen Schule zu garantieren. Angesichts des sich durch religiöse Pluralisierung, Entkonfessionalisierung und demographischen Wandel verstärkenden Legitimationsdrucks auf den bekenntnisorientierten Religionsunterricht braucht es konzeptionelle Weichenstellungen, um öffentlichkeitswirksam und überzeugend für religiöse Bildung werden zu können, wie es in aktuellen Diskursen an verschiedenen Orten geschieht.“ (7)

Die Autorinnen und Autoren beleuchten in diesem Band die Fragen nach Konfessionalität und kooperativem Religionsunterricht aus ihrer je eigenen Fachperspektive:

„Katholische bzw. Evangelische Religionspädagogik, Ökumenische Theologie evangelischer Provenienz, Komparative Theologie katholischer Provenienz, islamische und Jüdische Religionspädagogik, inklusionsorientierte Religionspädagogik, Philosophiedidaktik und nicht zuletzt Schulpraxis. Damit ist ein weites Feld möglicher Perspektiven auf den kooperativen Religionsunterricht aufgespannt, in dem es darum geht, neue entscheidende Fragen zu stellen, theologische und religionspädagogische Optionen zu benennen und zu begründen sowie Wege einer didaktischen Realisierung aufzuzeigen oder kritisch zu reflektieren.“ (10)

Unter anderem lauten die Fragestellungen: Inwiefern sollte und kann der bekenntnisorientierte RU nach Art. 7 Abs. 3 GG zu einer konsequent durchgeführten konfessionellen bzw. religiösen Kooperation ausgebaut und profiliert werden? Wie ist in diesem Kontext zukünftig Konfessionalität neu zu bestimmen und wie das Verhältnis von Konfessionalität und Kooperation? Wo liegen Möglichkeiten und begründungswerte Optionen, aber auch Gefahren und Grenzen kooperativer Modelle und Formen des schulischen Religionsunterrichts (aus religionspädagogischer, theologischer, didaktischer, schulpraktischer und nicht zuletzt interreligiöser Perspektive)? Welche didaktischen Wege jenseits eines reinen Verständnisses des kooperativen Religionsunterrichts als Organisationsform oder Phasenmodell müssen, sollen oder können dabei beschritten werden? Welche Gefahren können dabei zu Tage treten?“ (10) Wenn man von der These ausgeht, dass der Religionsunterricht der Zukunft ein sowohl kooperativ offener als auch didaktisch mehrperspektivisch gestalteter sein wird oder gar keiner mehr, dann ist mit der vorliegenden Veröffentlichung ein Ort, dieser These bekräftigend, widerlegend oder kritisch-konstruktiv nachzugehen. Auch die Fragen von Studierenden werden einbezogen:

„Kann ein konfessionell-kooperativer Religionsunterricht funktionieren, wenn ein Lehrer von seiner eigenen Konfession nicht überzeugt ist? – Wie können Schüler im konfessionell-kooperativen RU den Anderen würdigen, wenn sie selbst noch gar keinen Standpunkt in religiösen Dingen ausgebildet haben? Wie können Lehrkräfte dann diese individuelle Entwicklung ermöglichen und fördern? – Wie sieht konfessionell oder religiös kooperativer RU in der konkreten unterrichtlichen Umsetzung aus? Welchen didaktischen Prinzipien soll oder kann er folgen? – Was ist, wenn der konfessionell-kooperative Religionsunterricht scheitert? Folgt dann automatisch anstelle des Religionsunterrichts die Religionskunde?“ (11)

Insgesamt ein wichtiger Beitrag zum wissenschaftlichen Forschungsdiskurs über den konfessionellen bzw. kooperativen Religionsunterricht!

 

Dem Thema Menschenrechte und Religionsunterricht widmet sich das von Stefan Altmeyer, Rudolf Englert, Helga Kohler-Spiegel, Elisabeth Naurath, Bernd Schröder und Friedrich Schweitzer im Verlag Vandenhoeck & Ruprecht (ISBN 7887-3222-6) herausgegebene 33. Jahrbuch der Religionspädagogik. Zurecht heißt es in der Einleitung:

„Aktueller denn je stellt sich in der internationalen wie auch nationalen Politik das Thema der Achtung der Menschenrechte: Gibt es ein Erstarken des Rechtsextremismus und Rassismus in unserem Land? Wie weit kann und soll ein Recht auf Asyl gehen? Dürfen Menschen in Länder rückgeführt werden, in denen ihnen Verfolgung und Todesstrafe drohen? Aber auch: Wie kann man das Recht auf Inklusion in unserer Gesellschaft, in unserem Bildungswesen, in unseren Schulen und Kindergärten umsetzen? Und: Wie steht es mit der Entwicklung der Kinderrechte in Deutschland, einem Land, das zu den reichsten Ländern dieser Welt zählt? Welches Recht auf Bildung haben Kinder und Jugendliche aus prekären Verhältnissen, welchen Schutz vor sexuellem Missbrauch, welches Recht zur Partizipation am gesellschaftlichen Leben, wenn Armut als wachsendes Phänomen auszumachen ist? Wenn gegenwärtig ein deutlicher Rückschritt in Fragen der Geschlechtergerechtigkeit festzustellen ist und längst erkämpfte Rechte für Frauen wieder zur Disposition stehen? Aber die Frage nach den Menschenrechten betrifft auch den konkreten Alltag von Lehrkräften wie auch von Schülerinnen und Schülern der so genannten Generation 2.0: Wie können sie geschützt werden vor irritierenden Informationsfluten und einer Allmacht der Algorithmen bzw. wie können sie sich selbst schützen vor medialen Übergriffen wie Cyber-Mobbing oder Hate speeches etc.? Welche kritische Rolle spielt längst auch Religion in all diesen Zusammenhängen? Es erstaunt daher nicht, dass ‚Menschenrechte’ zu einem zentralen Thema des Religionsunterrichts geworden sind. Gesellschaftliche, kirchliche, theologische und pädagogische Gründe sprechen gleichermaßen für eine nachhaltige Menschenrechtsbildung. Gerade im Religionsunterricht als dem einzigen durch das Grundgesetz geschützten Unterrichtsfach geht es um den fachlich kompetenten und sensiblen Diskurs zur Ermöglichung und Erhaltung menschlicher Grundrechte. Der Religionsunterricht – so der Ausgangspunkt des Bandes – kann und soll dazu einen spezifischen Beitrag leisten, vor allem im Blick auf die Gottebenbildlichkeit des Menschen als Begründung einer unverlierbaren Würde, aber auch durch eine pädagogisch reflektierte Didaktik. Nicht zuletzt bietet dieser Unterricht zahlreiche Möglichkeiten, aktuelle Fragen einer an den Menschenrechten orientierten gesellschaftlichen Praxis aufzunehmen. Wenn diese Aufgabe verstärkt wahrgenommen werden soll, bedarf es aber einer fundierten didaktischen Grundlegung, wie sie bislang nicht zur Verfügung steht. Es muss geprüft werden, auf welche Art und Weise der Religionsunterricht Menschenrechtsfragen in der Praxis aufnehmen und wie er dafür sorgen kann, dass dabei nicht nur anscheinend Selbstverständliches – etwa dass alle Menschen gleiche Rechte haben usw. – einfach wiederholt wird. Wie überhaupt sieht eine Menschenrechtsbildung aus, die ihren Namen verdient? Und worin kann eine spezifisch religionsunterrichtliche Zugangsweise bestehen? Vor welchen Aufgaben steht religiöse Bildung, die sich auch als Menschenrechtsbildung versteht, und welchen Beitrag kann der Religionsunterricht hier im Fächerkanon und interdisziplinär für unsere Gesellschaft leisten? Wie können entsprechende Lern- und Bildungsprozesse Nachhaltigkeit gewinnen? Solchen religionsdidaktischen Fragen gehen notwendig Sachfragen und Klärungsaufgaben voraus, die das Thema in inhaltlicher Hinsicht erschließen helfen. Das beginnt schon bei der genaueren Klärung dessen, wie Menschenrechte zu definieren und zu verstehen sind und was sie gegenüber anderen Rechten auszeichnet. Weiterhin müssen unterschiedliche Begründungsformen in den Blick genommen werden, einschließlich der Kontroversen, die dabei zwischen verschiedenen rechtlichen, philosophischen und theologischen Sichtweisen aufbrechen. So werden dann auch rasch grundlegende Themen von Menschenbild und Gesellschaftsform in lokalen und globalen Zusammenhängen berührt und kommen religiöse oder theologische Perspektiven ins Spiel. Welche Menschenrechte rekurrieren auf die jeweiligen Menschenbilder, wie sie in Religionen, Konfessionen und Weltanschauungen zum Ausdruck kommen? Es versteht sich inzwischen von selbst, dass solche Perspektiven nicht nur das Christentum und eine christlich geprägte Gesellschaft betreffen, sondern dass gerade der Islam im gegenwärtigen Diskurs um Menschenrechtsfragen – auch im Zusammenleben mit Mitbürgerinnen und Mitbürgern muslimischen Glaubens –besonders in den Fokus getreten ist. Damit entsteht ein noch wenig bedachtes Handlungsfeld, nämlich die didaktische Umsetzung einer Menschenrechtsbildung, die sich im Kontext interreligiöser Bildung auch als konstruktiver Beitrag zur Friedenspädagogik versteht. Nicht zuletzt geht es bei Menschenrechten immer auch und vielfach sogar an erster Stelle um ihre Verletzung. Menschenrechte gewinnen ihre Bedeutung nicht selten gerade daraus, dass sie kontrafaktisch formuliert sind und damit einen Horizont der Kritik allererst eröffnen. Kinder und Jugendliche wollen aber auch wissen, ob sich solche Rechte überhaupt einlösen lassen und was sie selbst eventuell tun können, wenn sie sich dafür einsetzen wollen. Insofern will eine religionspädagogisch begründete Menschenrechtsbildung auch zum Diskurs motivieren, zur Reflexion sensibilisieren und zur Mit-Gestaltung inspirieren.“ (9f.)

Es gelingt dem Band hervorragend, mehrere Dimensionen miteinander zu verbinden:

„Zunächst wird der aktuelle Stand der Diskussion über Menschenrechte vorgestellt – mit Beiträgen u.a. aus rechtlicher Sicht, aus der christlichen und islamischen Theologie, der Politikwissenschaft und der Religionspädagogik. Im zweiten Teil des Bandes werden Zugänge aus Pädagogik und Religionspädagogik in ihren gemeinsamen und unterschiedlichen Begründungszusammenhängen beleuchtet sowie religionsdidaktisch konkretisiert. Auch der Bezugsrahmen zur Didaktik des Ethikunterrichts wird präsentiert, um Differenzen und Kohärenzen aufzuzeigen und gegebenenfalls unterrichtspraktisch nutzbar zu machen. Zahlreiche didaktische Konkretionen entfalten Unterrichtsthemen – etwa zu Gender, Kinderrechten, Inklusion, Ökologie, aber auch zu Rassismus und Todesstrafe.“ (11).

Jesus als Christus im Religionsunterricht. Experimentelle Zugänge zu einer Didaktik der Christologie lautet der Titel des von Rudolf Englert und Friedrich Schweitzer ebenfalls im V&R Verlag (ISBN 7887-3225-7) herausgegebenen spannenden Lern- und Lehrbuches zu einem zentralen Thema für den gesamten Religionsunterricht, das bisher allerdings eine unübersehbare religionsdidaktische Ratlosigkeit evozierte. Diese Situation wird zunächst in einleitenden Beiträgen von den Herausgebern genauer analysiert:

 „Warum ist die christologische Frage heute mit derartigen Schwierigkeiten verbunden? Gibt es Auswege, die sich abzeichnen? An welchen offenen Fragen ist zu arbeiten? Es geht dann zunächst einmal um christologische Desiderate aus den fachlich einschlägigen theologischen Bezugsdisziplinen. Hier werden Anforderungen an unterrichtliche Erschließungsversuche zum Thema ‚Jesus Christus’ formuliert und begründet. Was ist aus Sicht vor allem der neutestamentlichen Exegese und der Systematischen Theologie unbedingt im Blick zu behalten, wenn man nach erhellenden Zugängen zu Jesus Christus sucht? Es ist klar, dass ein derartig grundlegendes Thema wie ‚Jesus Christus’ nur im Kompetenzverbund der einschlägigen fachlichen Expertisen didaktisch angegangen werden kann.“ (7)

Im Mittelpunkt des Bandes stehen aber die didaktischen Zugänge selbst. Im Vorwort heißt es dazu:

„Die Herausgeber haben nicht einfach einschlägig ausgewiesene Autor/innen gebeten, ‚etwas’ zu Jesus Christus zu schreiben. Nein, der Auftrag war viel konkreter und komplizierter: Die Spielregel lautete: 1. Jeder Beitrag bezieht sich auf ein ganz bestimmtes christologisches Motiv (z.B. Jesus Christus als Wundertäter, als Erlöser, als Gottessohn, als ‚Herr’, als Weltenretter, als Richter usw.); und 2. Jeder Beitrag soll sich als Umsetzung eines bestimmten didaktischen Ansatzes verstehen, also ein Beispiel sein etwa für eine performative, problemorientierte, ästhetische oder mystagogische Religionsdidaktik. Dabei waren die Kombinationen zwischen thematischen Motiven und didaktischen Ansätzen nicht frei wählbar, sondern von den Herausgebern vorgegeben – eine Art Experiment! Sinn dieses Experiments war es zu prüfen, wie gut bestimmte thematische Pfade mittels ausgewählter didaktischer Navigationsinstrumente begehbar erscheinen. Was also würde herauskommen, wenn man beispielsweise die christologische Prädikation ‚Herr’ (der thematische Pfad!) mittels eines mystagogischen Zugangs (das Navigationsinstrument!) zu erschließen versucht? Was würde herauskommen, wenn man mit Jugendlichen über das Kreuz als Heilszeichen theologisiert? usw. Die dieser Versuchsanordnung zugrundeliegende Hoffnung war: Auf diese Weise wird zum einen ein ganzes Spektrum christologischer Perspektiven daraufhin bedacht, wie weit sich diese unter den gegenwärtigen Voraussetzungen im Religionsunterricht verständlich machen lassen. Und zum anderen werden didaktische Ansätze, anders als es sonst vielfach geschieht, nicht nur von ihrem theoretischen Anspruch und ihren Intentionen her beschrieben, sondern sozusagen ‚bei der Arbeit’ vorgeführt. Und dabei zeigt sich oft ja erheblich deutlicher, was das besondere Profil und den praktischen Wert solcher Ansätze ausmacht, als wenn es bei Darstellungen und Vergleichen auf einer theoretischen Ebene bleibt. Auf diese Weise kann ein Lern- und Lehrbuch entstehen, in dem beides erarbeitet werden kann: ein für den gesamten Religionsunterricht zentrales Thema auf der einen sowie ein praxisbezogener Einblick in aktuelle religionsdidaktische Vorgehensweisen auf der anderen Seite. (…) Auch der dritte Teil dieses Buches versucht – nochmals anders –, über ausgetretene christologische Pfade hinauszukommen. Es handelt sich hier um intra- und interreligiöse Blickerweiterungen. Wie wird Christus in einem kulturellen Kontext zum Thema, der sich von jenem, in dem die überkommenen christologischen Deutungsmuster ausgebildet wurden, stark unterscheidet? Und was kann die mitteleuropäische Religionspädagogik von den Spiegelungen der Christus-Tradition in der geistigen Landschaft zum Beispiel Schwarzafrikas lernen? Und natürlich ist es in dem hier begangenen Gelände unerlässlich, auch einen Blick auf noch immer häufig übergangene Schwesterkonfessionen (hier: die Orthodoxie) sowie andere Religionen (hier: das Judentum und den Islam) zu werfen. Wer mit der Jesusüberlieferung und -deutung dieser Religionen nicht vertraut ist, wird hier manche Überraschung erleben – und hoffentlich auch weiterführende Anregungen zum interreligiösem Dialog erhalten, gerade über den dabei sonst häufig ausgesparten christologischen Anspruch.“ (7f.)

Zweifellos ist das Experiment gelungen!

Ulrike Graf, Susanne Klinger, Reinhold Mokrosch, Arnim Regenbogen und Sonja Angelika Strube zeichnen als Herausgebende verantwortlich für den im Verlag V&R unipress (ISBN 8471-0694-4) erschienenen interdisziplinären Band Werte leben lernen. Gerechtigkeit – Frieden – Glück. In der Einleitung schreibt Regenbogen zur Idee des Buches:

„‘Wertvoll’ ist, was wir schätzen – es sind Güter, die wir erstreben, oder auch Maßstäbe, nach denen wir entscheiden. ‚Werte’, die unser Leben lebenswert machen, sind darüber hinaus solche Ziele, die es wert sind, dass wir sie gemeinsam mit Anderen praktisch anstreben, auch wenn wir sie nicht unmittelbar als eigene Bedürfnisse entdecken. ‚Werte’ können auch Maßstäbe der Beurteilung sein, die anzuwenden dringend empfohlen wird, auch wenn sie nicht unmittelbar unsere eigenen Interessen berühren. Wertebildung beginnt in der Regel damit, dass wir in der Begegnung mit Anderen selbst Wertschätzung erfahren. Erst dann darf erwartet werden, dass die Lernenden, die sich Bildenden sich für den Respekt und für die Anerkennung von Wertmaßstäben öffnen. Der vorliegende Band geht von Erfahrungen mit Lernprozessen für gerechtes Urteilen aus und setzt sich im Weiteren mit Projekten zur Stiftung von Frieden und zur Förderung von Zufriedenheit und Glück auseinander.“ (13) Lesenswert sind unter anderem insbesondere die Überblicksbeiträge von Regenbogen zur Gerechtigkeitsbildung, von Mokrosch zur Friedensbildung und von Graf zur Glücksbildung sowie von Martina Blasberg-Kuhnke über „Bildung zur Gerechtigkeit. Herausforderungen an das Gerechtigkeitslernen in Schule und Religionsunterricht“.

Professionalität und Kompetenzen entwickeln – mit innovativen Konzepten für Studium, Seminar und Beruf ist das Ziel des im Echter Verlag (ISBN 429-04361-2) veröffentlichen Grundlagenbuches Der religionspädagogische Habitus von Stefan Heil und Manfred Riegger. Im Vorwort heißt es dazu:

„Religionspädagoginnen und Religionspädagogen sind Profis für religiöse Bildung. Zur Bewältigung ihrer täglichen Aufgaben benötigen sie einen professionellen religionspädagogischen Habitus. Dieser Habitus muss im Laufe der Berufsbiografie gezielt gebildet werden. Das vorliegende Buch beschreibt die Strukturen des professionellen religionspädagogischen Habitus und stellt das Konzept der simulationsbasierten Kompetenzentwicklung als einer Methode zur Professionalisierung in der Lehrerbildung vor. Das erste Kapitel gibt einen Überblick über die Struktur des professionellen religionspädagogischen Habitus (1). Dazu wird ein Strukturmodell entworfen, das Professionalität beschreibt. Von diesem Modell ausgehend betrachtet das zweite Kapitel die Professionalisierung dahingehend, wie der Habitus in Professionalisierungsprozessen wie der Lehrerbildung gebildet wird (2). Als eine Möglichkeit dieser Professionalisierung stellt das dritte Kapitel die Religionslehrerbildung als Konstitution eines professionellen religionspädagogischen Habitus vor (3). Davon ausgehend zeigt das vierte Kapitel die Methode der simulationsbasierten Kompetenzentwicklung als zielgerichtete Habitusbildung – von der Begriffsklärung bis zum Konzept (4). Das fünfte Kapitel eröffnet das religionsdidaktische Potenzial von Simulation anhand eines Phasenmodells und zweier ausführlicher Fallbeispiele zur konkreten Anwendung des Konzepts in der Lehrerbildung (5). Ein ausführliches Literaturverzeichnis rundet den Band ab. Die Bildung des professionellen religionspädagogischen Habitus ist ein Konzept, das wir in intensiver Zusammenarbeit unterschiedlicher Standorte entwickelt haben. Die beiden Modelle des professionellen und des professionalisierten religionspädagogischen Habitus in Kapitel 1 und 2 ergänzen sich und bilden die Grundlage für simulationsbasierte Kompetenzentwicklung, die empirisch in mehreren Durchgängen erprobt und weiterentwickelt worden ist.“ (7).

Perspektivische Zugänge zur Lehrer- und Lehrerinnenausbildung in Deutschland, Frankreich und der Schweiz stehen im Mittelpunkt des von Philippe Büttgen, Antje Roggenkamp und Thomas Schlagin der Evangelischen Verlagsanstalt Leipzig (ISBN 374-04549-5) in der bewährten Reihe „Studien zur religiösen Bildung“ herausgegebenen Bandes Religion und Philosophie. In ihrer Einleitung erklären die Herausgebenden ihren Ansatz nach gemeinsamen kontinentaleuropäischen Wurzeln zu suchen:

„Die Frage nach Theorie und Praxis akademischer Religions- und Philosophielehrerausbildung dient sowohl der hermeneutischen Rekonstruktion einer allgemeinen Lehrerbildung als auch der Sichtbarmachung von Professionalisierung im Sinne einer kontinuierlichen Reflexion der Ausbildungspraxis. Unterschiedliche rechtliche Traditionen (landesherrliches Kirchenregiment, die hinkende Trennung von Staat und Kirche, der Laizismus, die kantonale Gliederung) sowie verschiedene äußere Formen von (Religions-) Unterricht (konfessioneller Religionsunterricht, konfessionell-kooperativer Religionsunterricht, Lebenskunde – Ethik – Religion [LER], Biblischer Geschichtsunterricht, Religionsunterricht für alle in evangelischer Verantwortung; fait religieux in allen Fächern, Philosophie; religionskundliche Bausteine im Lehrplan 21 ) kommen auch in geschichtlicher Perspektive hinzu: Der Weimarer Schulkompromiss (auf der Basis der Artikel WRV § 136, § 141 und § 149), die Abschaffung des konfessionellen Religionsunterricht in der Schweiz seit 1865 sowie die Sistierung des Religionsunterrichts durch die französischen Schulgesetze aus den 1880er Jahren. Eigenständige Elemente von Religionspädagogik und der Didaktik der Philosophie gegenüber der Pädagogik liegen möglicherweise mit dem Konzept von Religion als viertem, nicht austauschbaren Modus der Weltbegegnung vor. Dabei ist dieser Modus allerdings im Sinne weiterer Kategorien – wie etwa Verkündigen/Verstehen bzw. religiöse Rede/Rede über Religion – einerseits, als Frage nach dem mündigen und insofern Verantwortung übernehmenden Subjekt andererseits zu spezifizieren. Schließlich soll langfristig auch eine Verständigung über die Anwendung entsprechender Methodologien (Zeitschriftenanalyse, Professionalisierungskonzepte, Fragen der vergleichenden und transnationalen Methodologie), Quellen (Zugänglichkeit von Archiven einzelner kirchlicher und staatlicher Institutionen, wissenschaftliche Zeitschriften, ggf. Zeitungen, Jahrbücher zur Verschränkung von Theorie und Praxis, Monographien und Lexika), Begrifflichkeiten (in Anlehnung an Kants Begrifflichkeit(en), Praktische Theologie, éducation civique; das Indoktrinations- und Überwältigungsverbot, Zielbestimmung im Sinne sowohl der formation du citoyen als auch des Verhältnisses zum Recht auf religiöse Information bzw. religiöse [Aus-]Bildung des Mitmenschen) und weiterer Spiegelungen auf kontinentaleuropäische Länder erfolgen.“ (9ff.)

Zu diesem Buch passt hervorragend die Lektüre der von Ralf Koerrenz, Karsten Kenklies, Hanna Kauhaus und Matthias Schwarzkopf im Verlag Ferdinand Schöningh (ISBN 8252-4524-5) als utb basics verfassten Geschichte der Pädagogik. In ihren einleitenden Orientierungen schreibt das Autorenteam:

„Im Großen und Ganzen leiteten vier Ansprüche unsere Auswahl: Erstens wollten wir jene Episoden der historischen Entwicklung des pädagogischen Denkens und Handelns darstellen, an denen sich besonders gut verstehen lässt, was es bedeutet, die Welt mit pädagogischen Augen zu sehen und zu befragen. Es sollten also Inhalte sein, die uns wichtig erscheinende Grundfragen und Grundprobleme der Pädagogik verdeutlichen und auf diese Weise am ehesten ein Gefühl für den thematischen Horizont des Faches vermitteln können – unabhängig davon, ob wir sozialgeschichtlich reale Praktiken oder ideen- bzw. geistesgeschichtlich Theorien darzustellen versuchen. Zum zweiten betrachteten wir es als zentral, zu zeigen, wie in einer historischen Situation eine jeweils spezielle Vorstellung oder Praxis der Pädagogik aus einer ebenso speziellen Vorstellung vom Menschen, von seinen Fähigkeiten und Potentialen, von seinem realen Sein und seinen erträumten Zukünften hervorging. Diese grundlegende Verbundenheit von Anthropologie und Pädagogik bildet gewissermaßen das systematische Rückgrat unserer thematischen Ausführungen. Zum dritten wollten wir zeigen, dass pädagogisches Denken und Handeln zum einen stets eingebettet ist in gesamt-kulturelle Situationen und Entwicklungen und zum anderen aber auch alle Sphären von Kultur und Gesellschaft durchdringt. Zum vierten wollten wir die spezifisch abendländische bzw. eurozentrische Perspektive aufgeben zugunsten einer Position, die sich dafür interessiert, was in den anderen Teilen der Welt vorgeht, während sich die üblicherweise dargestellte Entwicklung der europäischen Pädagogik ereignet. Natürlich können wir auch hier nur Streiflichter anbieten – und letztlich natürlich nicht aus unserer, in einem westeuropäischen bzw. deutschen Sinne sozialisierten Haut heraus. Dennoch sollen eben jene kurzen Ausflüge zumindest daran erinnern, dass es noch etwas anderes und vor allem jemand anderen gibt, auf den zu schauen sich nicht nur lohnt, sondern sich sogar gehört. Dies geschieht jeweils im vierten Teil eines Moduls. Auch wenn diese Ausblicke oft wenig Schönes vor Augen führen, sind sie doch notwendig, denn auch das gehört zur Geschichte der Pädagogik – die ebenso eine Geschichte von Entdeckungen und sogar Befreiungen wie eine von Missbräuchen und Vergewaltigungen ist.“ (13).

Eine grundlegende Übersicht von der Antike bis zur Gegenwart!

2. Praktisch-Theologische Theorie und ausgewählte Praxisfelder

Ein ausgezeichnetes Lehrbuch Praktische Theologie haben Kristian Fechtner, Jan Hermelink, Martina Kumlehn und Ulrike Wagner-Rau im Verlag W. Kohlhammer (ISBN 17-028337-4) verfasst. In der Einführung heißt es:

„Praktische Theologie ist auf Zeitgenossenschaft aus. Als Theorie pluraler christlich­-religiöser Praxis in der Gegenwart ist sie vielstimmig, nicht selten erscheint sie unübersichtlich. Das Lehrbuch bemüht sich kompakt darzustellen, was heute praktisch-theologisch zu bedenken und zu lernen ist. Konzentriert werden Grundlinien der aktuellen Diskussion im Fach nachgezeichnet. Was vorgestellt wird, ist notwendigerweise eine Auswahl, die mit Bedacht getroffen wurde. Entsprechend sparsam sind in den Fußnoten Literaturhinweise aufgeführt, die den Gedankengang weniger fachwissenschaftlich ausweisen, als vielmehr exemplarisch Titel nennen, in denen das jeweilige Thema weiter entfaltet wird. Auch ein Lehrbuch ist perspektivisch geprägt, es verrät etwas von der Denkweise der Autorinnen und Autoren, die selbst Anteil haben an den Diskursen, die sie referieren, ordnen und reflektieren. Den umfangreichsten Teil des Buches (II.) bilden selbständige Artikel, in denen die verschiedenen Handlungs- und Praxisfelder des zeitgenössischen Christentums erschlossen und die damit verbundenen praktisch-theologischen Debatten problemorientiert erläutert werden. Ihr Zusammenhang wird nicht nur dadurch deutlich, dass Querverweise notiert werden und Theoriereferenzen konvergieren, sondern kommt vor allem durch den Zuschnitt der Beiträge zur Geltung, die jeweils dem gleichen Aufbau folgen: Sie beginnen mit exemplarischen Herausforderungen, die sich aus den Konflikten und Veränderungen gegenwärtiger Praxis ergeben. In einem zweiten Schritt erfolgen Orientierungen im Handlungsfeld, das entlang unterschiedlicher Handlungsgestalten und Praxisaspekte kartographiert wird. Drittens wird die Wahrnehmung anhand empirischer Befunde exemplarisch vertieft und insbesondere um die Perspektive der Beteiligten erweitert. In einem vierten Schritt werden historisch-systematische Anschlussstellen markiert und wichtige Stationen und Konstellationen innerhalb der Disziplinengeschichte erläutert. Hier werden insbesondere reformatorische Grundzüge, die theologische Neuausrichtung auf die Moderne im 19. Jahrhundert sowie signifikante Positionen des 20. Jahrhunderts nachgezeichnet. Dies mündet fünftens in praktisch-theologischen Grundbestimmungen, die zeigen, wie der Gegenstand resp. das Handlungsfeld gegenwärtig in praktisch-theologischer Perspektive erschlossen und reflektiert wird. Ein sechster Schritt skizziert aktuelle Diskurse, welche die fachwissenschaftliche Debatte bestimmen und in ihren Theoriezusammenhängen prägen. Am Ende jedes Beitrages stehen Zukunftsfragen, die nach Ansicht der Autorinnen und Autoren künftig noch stärker an Gewicht gewinnen werden. Schließlich wird auf in der Regel jeweils zwei Lehrbücher verwiesen, die zur vertiefenden Weiterarbeit ermuntern. Den Beiträgen zu den einzelnen Handlungsfeldern sind vier kürzere Artikel (I.) vorangestellt, die Querschnittsthemen der Praktischen Theologie behandeln und grundlegende Perspektiven erarbeiten: In konzeptioneller Weise erörtert der erste Beitrag Praktische Theologie als Theorie der christlichen Religionspraxis und umreißt den Gegenstand, die Zugangsweise und die Aufgabenstellung des Faches. Drei weitere Artikel thematisieren unterschiedliche Kontexte und Bezüge des zeitgenössischen Christentums: zunächst das Christentum in der modernen bzw. spätmodernen Gesellschaft, sodann Religion in der Gegenwartskultur, schließlich Religion im Blick auf das Individuum.“ (15f.).

Nicht nur die beiden Beiträge von Martina Kumlehn „Religionspädagogik“ (193-221) und „Frömmigkeit/Spiritualität“ (265-287) sind äußerst empfehlenswert! Praktisch-theologische Themenfelder in enzyklopädischer Perspektive hilft der ebenfalls im Verlag W. Kohlhammer (ISBN 17-031127-5) erschienene voluminöse Band Lebensräume – Gottesräume von Gerhard Marcel Martin zu erschließen, der eine umfangreiche Gesamtübersicht über dessen Themenschwerpunkte und Veröffentlichungen bietet. Im Vorwort schreibt der Autor dazu:

„Oft überschreiten sie engere Fachgrenzen nicht nur in Richtung exegetischer und systematisch-theologischer Fragestellungen, sondern auch im erfahrungsbezogenen Dialog mit Religionswissenschaft, Tiefenpsychologie und Ästhetik. Die Reihung der ausgewählten Beiträge, ergänzt durch weitere Leitbegriffe und Stichworte, folgt einer alphabetischen Anordnung. Auf diese Weise lässt sich die aktuelle, vollständige Bibliographie (1970-2016) des Autors thematisch einigermaßen umfangreich und im Einzelnen näher erschließen.“ (5)

 Zu den Auswahlkriterien heißt es:

„Theologische Schwerpunktsetzungen sollen genauso deutlich werden wie die Tatsache, dass der Verfasser in großer Breite (sowohl in Bezug auf Themen wie auch in Bezug auf Orte der Veröffentlichung) publiziert hat. Eine gewisse enzyklopädische Breite der Problem- und Themenstellungen soll sichtbar werden. Das Buch lässt sich als Zeitdokument verstehen. Viele Texte sollen an wesentliche Problemstellungen der vergangenen Jahrzehnte erinnern. Dabei mag deutlich werden, was davon inzwischen eher in den Hintergrund getreten ist, aber auch, wo die bleibende Aktualität sein könnte. Zu dieser Art der Erinnerung gehören auch relativ kurze Würdigungen einiger akademischer Lehrer und Gesprächspartner unter den älteren und jüngeren Kollegen. Vollständig veröffentlicht sind die Vorträge, die ich zwischen 1979 und 2000 an den Jahrestagungen der ‚Internationalen Gesellschaft für Tiefenpsychologie’ (IGT) (vormals ‚Arzt und Seelsorger’) gehalten habe. Sie haben mein theologisches Denken im Dialog immer wieder herausgefordert und geprägt.“ (5f.)

Ein wertvoller Beleg für Schwingungsräume Praktischer Theologie!

 

In der bewährten Reihe „Praktische Theologie heute“ ist als 152. Band im Verlag W. Kohlhammer (ISBN 17-032502-9) das Arbeitsbuch Jugendarbeit von Patrik Höring mit dem Titel Jugendlichen begegnen erschienen. Die Ziele seiner Studie lauten:

„(1) Aufspüren der gegenwärtigen Lebenslagen junger Menschen, in der Annahme, dass Beziehung und Gemeinschaft, Partizipation und Kooperation Schlüsselbegriffe für das Aufwachsen sind und im Bewusstsein, dass Jugendliche nicht (nur) auf dem Weg zum Erwachsenenalter sind, sondern Menschen mit vitalen Kräften und Hoffnungen, die es nicht zu domestizieren gilt, sondern die zur Entwicklung von Gesellschaft und Kirche unverzichtbar und daher zu heben sind. Oder, um es mit den Worten Robert H. Shaffers zu sagen: ‚We must view young people not as empty bottles to be filled but as candles to be lit’; (2) Nachzeichnen der jugendpastoralen Theorieentwicklung mit besonderem Augenmerk auf der Frage nach der Rolle junger Menschen im Konzept und der theologischen Begründung von Jugendpastoral und Jugendarbeit; (3) Suche nach einer theologischen Begründung von Jugendpastoral und kirchlicher Jugendarbeit, die das Gegenüber von Diakonie und Verkündigung (und auch Liturgie!) in einen neuen, integralen Entwurf bringt (es lag nahe, eine solche im theologischen und ekklesiologischen Konzept des kirchlichen Grundvollzugs der Koinonia zu finden); (4) Skizzierung möglicher Konsequenzen aus einem am theologischen Selbstverständnis der Kirche als Koinonia abzuleitenden Handlungs- bzw. Seelsorgeverständnisses, das die Beteiligten als Subjekte eines symmetrischen und zukunftsoffenen Dialoges versteht. Die Notwendigkeit einer solchen Darstellung ist nach wie vor gegeben. Ja, angesichts fortschreitender Entwicklungen, die sich in den 1980er-Jahren angedeutet, heute jedoch noch einmal an Fahrt aufgenommen haben (bspw. Pädagogisierung und Kommerzialisierung des Jugendalters, flächendeckende Mediatisierung des Alltages, Individualisierung und Pluralisierung sowie beschleunigte Säkularisierung und Entkirchlichung), erscheint es angemessener denn je der Frage nach der Rolle junger Menschen heute, der Frage nach ihren Bedürfnissen und Ressourcen nachzugehen und danach zu fragen, mit welchem Selbstverständnis damit umzugehen ist. Partizipation erscheint dabei auch heute als ein Schlüsselbegriff, zumal er sich im Folgenden als ein fundamentaler Zug der Kirche selbst zeigen wird.“ (14)

Zurecht schreibt der Verfasser in seinem Schlusswort:

„Will Kirche ein Ort für junge Menschen sein, soll sie gar wieder ‚zur Sache junger Menschen’ werden, muss sie sich als Lebensraum erweisen, in dem Jugendliche die gemeinschaftliche, koinonische Grundstruktur der Kirche auch erfahren können. Der erste Schritt ist das Aufspüren und Wahrnehmen der Bedürfnisse junger Menschen aus einem aufrichtigen Interesse an ihnen. Dabei kann an die vitalen Kräfte und Potentiale junger Menschen angeknüpft werden. Im Blick auf die innovativen Kräfte der Jugendkulturen wären weitaus mehr Joint Ventures im Blick auf eine alternative Kultur der Gegenwart möglich. Voraussetzung ist stets eine Begegnung auf Augenhöhe, die Jugendliche als Subjekte wahr- und ernstnimmt. Nur, wenn junge Menschen sich als Subjekte von Kirche ernstgenommen fühlen, werden sie sich auch als ein Teil dieser Kirche verstehen können. Und das eben nicht nur in der Theorie! Kirche muss ‚erlebbare Gemeinschaft’ sein. Dann wird die Kirche zu einem glaubwürdigen Zeichen für die >innigste Vereinigung mit Gott> (LG 1), nur so wird sie immer mehr Salz für die Erde.“ (353f.)

Wichtige Grundlagen, kreative Methoden und innovative Ideen dazu liefert das in der Neukirchener Verlagsgesellschaft (ISBN 7615-6485-1) von Tobias Faix und Florian Karcher herausgegebene, Theorie und Praxis kombinierende Praxisbuch Teenager-Arbeit. In ihrer Einleitung schreiben sie zu den „wunderbaren Wesen“ Teenager:

„Fragen wir die Forscherinnen und Forscher, dann sprechen die meisten von großen gesellschaftlichen Transformationsprozessen, in denen wir gerade leben. Es fallen dann meist ähnliche Stichworte: Globalisierung, Digitalisierung, Individualisierung und Pluralisierung. Und ja: Sie beschäftigen uns in diesem Buch auch, nicht so sehr analytisch, dafür gibt es andere gute Bücher, sondern eher als Hintergrundfolie, denn die Teenagergeneration, um die es in diesem Buch geht, ist die erste in diesen Umbrüchen aufgewachsene und geprägte Generation. Deshalb erregt sie auch eine besondere mediale Aufmerksamkeit, wird ‚Generation Y’ und eigentlich schon ‚Generation Z’ genannt. Soziologisch betrachtet wachsen Teenager in einer Gesellschaft auf, die ihnen vielfältige Optionen offenhält, ohne dass es einen gesamtgesellschaftlichen Konsens darüber gibt, was ein gutes und erfülltes Leben auszeichnet. Verschiedene Weltanschauungen und Religionen stehen gleichberechtigt nebeneinander und es ist am einzelnen Teenager, wie er/sie mit dieser Vielfalt umgehen will. So wachsen Teenager in einer immer traditionsloseren Welt auf, die auf der einen Seite mehr individuelle Freiheit mit sich bringt, auf der anderen Seite aber auch beinhaltet, dass das Individuum das Risiko seines eigenen Lebensentwurfs selbst tragen muss. Teenager haben mehr Optionen und mehr Geld, ihr Leben zu gestalten, aber auch den Druck, die für sie richtigen Entscheidungen zu treffen. Eine Entscheidung für eine Sache bedeutet immer auch eine gegen 10, 50 oder 100 andere Optionen. Eingebettet ist dieser Prozess in unterschiedliche Lebenswelten bzw. soziale Milieus, wobei sich zwei Milieus dadurch unterscheiden, dass sie ein und demselben Ereignis unterschiedliche Erlebnisqualität zuschreiben. Teenagerarbeit ist oftmals eines der wenigen gemeindepädagogischen Handlungsfelder, die von unterschiedlichen Milieus besucht wird. Dies ist ein großer Schatz. Das Milieu, in dem man aufwächst, prägt nicht nur den individuellen Lebensstil, sondern auch die Wertorientierung und das Ideal dessen, was man später einmal erreichen will. Bezogen auf das religiöse Feld führt die gesellschaftliche Individualisierung zu einem Bedeutungsverlust religiöser Institutionen. Außerdem wachsen Teenager in einer Gesellschaft auf, in der sie unterschiedlichen Weltanschauungen und religiösen Traditionen – zum Teil real, in vielfacher Weise aber virtuell –  begegnen.“(9f.)

Empirische und religionspädagogische Analysen zur V. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung der EKD stehen im Mittelpunkt des von Bernd Schröder, Jan Hermelink und Silke Leonhard im Verlag W. Kohlhammer (ISBN 17-031143-5) als Band 13 der bewährten Reihe „Religionspädagogik innovativ“ herausgegebenen Bandes Jugendliche und Religion. Zum Aufbau schreibt das Herausgeberteam:

„Den größten Teil machen dabei Re-Analysen und Interpretationen der jugendbezogenen Daten aus (Kapitel II). Hinzu kommen Seitenblicke zum einen auf andere Studien, die die Religiosität (evangelischer) Jugendlicher in den Blick nehmen, namentlich den schulischen Religionsunterricht und die Jugendarbeit betreffend (Kapitel III) und zum anderen auf ausgewählte nicht-deutsche Kontexte, hier Niederlande und Finnland (Kapitel IV). Eine Sammlung von Anregungen, wie die Befunde in der religionspädagogisch zu reflektierenden Praxis aufgenommen werden könnten, schließt den Band ab.“(9f.)

Eine wichtige Erhellung einer zentralen Baustelle bei der Suche nach einer zukunftsfähigen Kirche! Religionssensibilität in der Sozialen Arbeit. Positionen, Theorien, Praxisfelder lautet der Titel des ebenfalls im Verlag W. Kohlhammer (ISBN 17-032206-6) von Matthias Nauerth, Kathrin Hahn, Michael Tüllmann und Sylke Kösterke herausgegebenen Buches, das sich der Kategorie des Religiösen in der Sozialen Arbeit differenziert und systematisch widmen, eine Zwischenbilanz ziehen und auf diese Weise etwas Klarheit in das Forschungsfeld bringen möchte. Es versammelt Beiträge,

„die sich der fachlichen Bestimmung von Religionssensibilität von unterschiedlichen Seiten widmen und danach fragen, wie die Realität von Religion in der gegenwärtigen Sozialwissenschaft sowie speziell in der Sozialen Arbeit analysiert wird (Teil I), welche empirischen Erkenntnisse und theoretischen Ausarbeitungen es zum Potenzial von Religionssensibilität in der Sozialen Arbeit bereits gibt (Teil II), wie sich das methodische Handeln religionssensibel ausrichten lässt (Teil III) und welche Impulse gelungene Praxisbeispiele geben können (Teil IV). Schließlich enthält es zwei spezifische konfessionelle Perspektiven, die sich der Frage nach Religionssensibilität aus dem Gemeindekontext heraus widmen (Teil V). Den fünf thematischen Strängen des Buches vorangestellt ist ein Gespräch mit Hans Thiersch, in dem die Frage nach dem Verhältnis von Sozialer Arbeit, Religion und Lebenswelt aufgeworfen wird.“ (16)

Anna-Katharina Szagun und Stefanie Pfister fragen in ihrem bei der Format Verlagsgruppe (ISBN 946964-08-7) erschienenen Buch Wie kommt Gott in Kinderköpfe? nach der Praxis frühen religiösen Lernens. In seinem Vorwort schreibt Christian Grethlein:

„Kinder sind die einzige Personengruppe, denen Jesus von Nazaret eine besondere Nähe zum Reich Gottes zuschrieb: ‚Lasset die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht, denn solchen gehört das Reich Gottes.’ (Mk 10,14) Von daher war es fatal, dass lange Zeit Kinder in der Kirche lediglich als Objekte der Katechese galten und in den westlichen Kirchen sogar seit dem 13. Jahrhundert vom Abendmahl ausgeschlossen wurden. Demgegenüber macht Anna-Katharina Szagun – jenseits frommer Kinder-Romantik – durch ihre methodisch exzellente Rostacker Langzeit-Untersuchung auf das theologische Potenzial von Kindern aufmerksam. Ohne deren Beteiligung verliert die Kommunikation des Evangeliums an Lebendigkeit und Kraft. Das gemeinsame Nachdenken, Feiern und einander Helfen eröffnet Kindern und Erwachsenen gleichermaßen neue Horizonte und hilft das Vertrauen in Gottes Begleitung zu vertiefen. Der vorliegende Band führt zum einen anschaulich in die Vorstellungswelt von Kindern ein. Zum anderer bietet er vielfältiges und oft erprobtes Material und Hinweise für die Kommunikation des Evangeliums mit Kindern. Dabei werden theologische Grundeinsichten mit konkreten Impulsen zum Spielen, Entdecken und Feiern verbunden. In vielfältiger Weise können so Kinder – und sie begleitende Erwachsene – Gott auf die Spur kommen und Vertrauen in die Welt und ihr Leben gewinnen. Theologisch präzise und methodisch geschickt werden Lernsituationen eröffnet, die Kinder in den christlichen Glauben hineinwachsen lassen. So ist das Buch ein rundum gelungenes Beispiel für eine sowohl sachlich fundierte als auch kindgemäße Form der Kommunikation des Evangeliums. Es lässt erkennen, erfahren und feiern, warum Jesus den Kindern eine besondere Nähe zum Reich Gottes attestierte. Wer es studiert und gemeinsam mit Kindern erprobt, wird Vieles entdecken.“ (8)

Das Buch liefert in der Tat eine lesenswerte „Langzeitbeobachtung von drei- bis achtjährigen Kindern, die in volkskirchlich sich ausdünnenden Kontexten (bzw. multikulturell) heranwachsen“ (7)! Eine spannende Perspektive bietet das von Sylvia E. Kleeberg-Hörnlein und Michael Wermke in der Evangelischen Verlagsanstalt Leipzig (ISBN 374-05125-0) als Band 5 der bewährten Reihe „Religiöse Bildung im Diskurs“ herausgegebene Buch Gerhard Bohne – Die Frömmigkeit des Kindes, das das historisch-kritisch edierte Typoskript „Die Frömmigkeit des Kindes“ aus der Feder von Gerhard Bohne (1895-1977) enthält. In der Einleitung heißt es dazu:

„In dieser Studie setzte sich Bohne mit der Entstehung und dem Charakter kindlicher Religiosität auseinander und nutzte als Untersuchungsobjekte neben literarischen Autobiografien und gesammelten Schüleräußerungen über das Verständnis von Gott und Religion auch eigene Beobachtungen, die er bei seinen beiden Söhnen Hellmut (1921-1942) und Hans-Dieter (1923-1943) gemacht hat. Die Abfassung sowie die Korrekturen des vorliegenden Typoskripts fanden im Zeitraum zwischen 1954 und 1961 statt; ein genauerer Entstehungszeitraum von Bohnes Forschungsarbeit lässt sich nicht mehr präzise rekonstruieren. Offenbar sollte die Studie ‚Die Frömmigkeit des Kindes’ die letzte große Publikation Bohnes vor seiner Emeritierung 1961 als Professor für Religionspädagogik an der Pädagogischen Hochschule in Kiel sein sowie einen thematischen Bogen zu seiner ersten wissenschaftlichen Arbeit, der 1922 veröffentlichten Dissertation ‚Die religiöse Entwicklung der Jugend in der Pubertät. Auf Grund autobiographischer Zeugnisse’, schlagen und damit eine Klammer um sein gesamtes wissenschaftliches Oeuvre bilden.“ (9).

Dem praktisch-theologischen Handlungsfeld Kindertagesstätte widmen sich folgende sechs Neuerscheinungen: Heike Helmchen-Menke und Andreas  Leinhäuplhaben im Schwabenverlag (ISBN 7966-1713-3) das informative Handbuch KITA als pastoraler Ort. Rahmenbedingungen – Praxisbausteine – Perspektiven herausgegeben, das erstmals das Netzwerk Kita im Zusammenhang der pastoralen Praxis erschließt. In der Einführung heißt es:

 „Auch die Kita profitiert von der Vernetzung mit der Kirchengemeinde durch die Vernetzung zu Menschen, Gruppen und Kreisen der Kirchengemeinde. Und sie gewinnt Unterstützung im Bereich der religiösen Bildung in der Einrichtung. Denn die Kirchengemeinde hält die Gottesfrage wach. Sie bringt Gott (nicht nur im Gebet) ins Gespräch und feiert in den Gottesdiensten die Zusagen des christlichen Glaubens vom liebenden Gott. Von dieser größeren Glaubensgemeinschaft können sich Erzieherinnen und Erzieher tragen lassen. Kita-Teams können sich darüber hinaus für die Entwicklung ihrer religiösen Kompetenzen auf die theologische und spirituelle Fachkompetenz der pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stützen. Die Kirchengemeinde bietet zudem durch die geprägten Zeiten des Kirchenjahres dem Kindergarten Möglichkeiten für die Planung des Kindergartenjahres. Schließlich können in der Öffentlichkeitsarbeit der Kirchengemeinde (kirchengemeindliche Veröffentlichungen, Homepage usw.) die Aktivitäten des Kindergartens einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. So können z.B. schon Tauffamilien auf die Kindergärten der Seelsorgeeinheit aufmerksam gemacht werden.“ (11)

Das Buch ist wie folgt aufgebaut:

„Im ersten Hauptteil zeigt es die Rahmenbedingungen auf, unter denen religiöse Bildung in Kitas in Deutschland (orientiert an den Bildungsplänen der Bundesländer für den Elementarbereich und an kirchlichen Verlautbarungen) stattfindet, und ordnet gleichzeitig das ‚System Kita’ in den Gesamtzusammenhang von Pastoral ein. Im zweiten Hauptteil werden die Handlungsfelder der Kindergartenpastoral erläutert (Liturgie, Verkündigung, Diakonie und Gemeinschaft). Nach einer kurzen Einführung zum jeweiligen Bereich folgen ‚Praxisbeiträge’ zu thematischen Schwerpunkten. Dabei steht immer der pastorale Ansatz im Mittelpunkt, d. h. es geht um die Frage, welche Rolle Kinder, Eltern, pädagogische Fachkräfte, pastorale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Gemeinde spielen – und welche Bezüge es unter diesen Größen gibt. Der dritte Hauptteil beleuchtet den Bereich der Aus- und Fortbildung von pädagogischen und pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitar­beitern und des Qualitätsmanagements. Visionen und Eckpunkte der Pastoral rund um die Kita beschließen das Buch – zusammenfassend und zukunftsorientiert.“ (11f.)

Ebenso im Schwabenverlag (ISBN 7966-1737-9) ist das empfehlenswerte Grundlagenbuch Religiöse Bildung in der KITA. Ziele – Inhalte – Wege von Agnes Wuckelt erschienen. In ihrer Einführung schreibt die Autorin:

„Seine Basis ist eine Längsschnitt-Fallstudie, die von Herbst 2012 bis Frühjahr 2015 durchgeführt wurde. Näheres dazu findet sich im Kapitel ‚Ausgangspunkt: eine Längsschnitt-Fallstudie’. Die Studie und ihre Auswertung versteht ‚Bildung’ als ‚Selbstbildung’. Entsprechend wird auch ‚religiöse Bildung als Selbstbildung’ in den Blick genommen. Angesichts unserer pluralen Gesellschaft und der Bedeutung von ‚Religion’ in ihr wird von einem weiten und offenen Begriff von ‚Religion’, ‚Religiosität’ und ‚Spiritualität’ ausgegangen. In diesem Grundlagenbuch kommen Kindergartenkinder selbst zu Wort – insbesondere im zweiten Teil ‚In der Mitte das Kind’. Zahlreiche Beobachtungsbeispiele aus der Längsschnitt-Fallstudie belegen, dass und auf welche Weise bereits für junge Kinder ‚Religiosität‘ und ‚Spiritualität’ zum Alltag dazugehören. Im Rahmen der Längsschnitt-­Fallstudie wurden Mädchen und Jungen beobachtet, die unterschiedlichste Erfahrungen mit Religion, religiöser Praxis und Glauben machen. Ein Großteil des Datenmaterials wurde im Alltag der KiTa gesammelt. Es zeigte sich, dass alle Kinder – unabhängig von evtl. gegebener religiöser Vorerfahrung – grundsätzlich religiös ansprechbar sind; sie eigneten sich die religiösen Inhalte und Praxis auf ganz individuelle Weise an und integrierten sie in ihren Lebenskontext. Jedes Kind entwickelt eine ihm eigene Religiosität und Spiritualität. Auf diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach der religionspädagogischen Professionalität der pädagogischen Fachkraft: Welche Kompetenzen benötigt sie, um Kinder bei ihrem religiösen Selbstbildungsprozess begleiten, unterstützen und fördern zu können? Dieser Frage ist der dritte Teil des Grundlagenbuchs, ‚Die pädagogische Fachkraft’, gewidmet. Er nimmt zudem die ‚Konzepte frühkindlicher religiöser Bildung’ in den Blick, die derzeit in der religionspädagogischen Praxis der Kindertageseinrichtungen Anwendung finden. Der vierte Teil des Grundlagenbuchs, ‚Konkretionen’, betrachtet Methoden und Wege, die in besonderer Weise geeignet sind, religiöse Lernprozesse junger Kinder zu begleiten. Für die religionspädagogische Arbeit der pädagogischen Fachkraft ist auch der sechste Teil, ‚einfach.kurz.erklärt’, gedacht: Hier werden religiöse und theologische Begriffe, die erfahrungsgemäß in der religionspädagogischen Praxis im Elementarbereich bedeutsam sind, für die pädagogische Fachkraft erläutert. Als Teil des sozialen und pastoralen Raums ist die KiTa auf ‚Vernetzungen’ (fünfter Teil) angewiesen, will sie nachhaltig wirken. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Eltern- und Familienarbeit, die Zusammenarbeit mit Menschen im Pastoralen Raum sowie die Kontakte zu Grundschule(n) und Religionsunterricht.“ (8f.)

In Kooperation des Verlags Junge Gemeinde (ISBN 7797-2120-8) und des Lahn Verlags (ISBN 7840-3549-9) haben Charlotte Altenmüller und Andreas Lorenz mit Illustrationen von Eve Jacob das Buch Ich und Du und wir alle. Mit Kindern leben und feiern in der Kita veröffentlicht. Sie schreiben in ihrem Vorwort zur Zielsetzung: „In der Regel ist die Kindertageseinrichtung die erste öffentliche Bildungs-Institution, in der Kinder über einen längeren Zeitraum hinweg begleitet und geprägt werden. Sie erleben die Welt außerhalb der vertrauten familiären Umgebung anders und neu. Sie begegnen fremden Erwachsenen, die sie sich vertraut machen müssen. Sie spielen mit Kindern, die sie erst hier kennenlernen. Und sie entdecken bislang unbekannte Verhaltensmuster, Werte, Lebensformen und Überzeugungen. Dabei entstehen Fragen: Wer bin ich? Wo komme ich her? Und was stärkt mich? Wen mag ich ganz besonders? Und was passiert, wenn ich mich streite? Wie fühle ich mich in der Gruppe? Und was hilft mir, dazu zu gehören? Erzieherinnen und Erziehern zu diesen existentiellen Fragestellungen religionspädagogische Anregungen für den Kita-Alltag zu geben, ist das Anliegen dieses Buches. Solche Impulse können Kinder in ihrer Entwicklung stärken. Sie fördern ihre Resilienz, bieten Identifikationsmuster, liefern einen Werterahmen und öffnen Horizonte in ihrer Lebenswelt. Die hier veröffentlichten Gestaltungsvorschläge thematisieren mit ihren vielfältigen Bausteinen das eigene Leben und das Miteinander der Kinder. Zudem eignen sie sich auch für verschiedene gottesdienstliche Feiern. Wir laden ein, auf Entdeckungsreise zu gehen, selber ins Fragen zu kommen, den ein oder anderen Vorschlag auszuprobieren oder gar weiterzuentwickeln, damit gelingen kann, was sich alle pädagogische Fachkräfte für die ihnen anvertrauten Kinder wünschen: eine stabile Identität, gelingende Beziehungen, eine gute Gemeinschaftserfahrung.“(5)

Im Don Bosco Verlag sind zwei Neuerscheinungen für die Kindergartenpädagogik erschienen: Martina Helms-Pöschko zeichnet verantwortlich für Kinder Bibelgeschichten in Bewegung. Psychomotorik trifft Religionspädagogik (ISBN 7698-2328-8). Darin beschreibt die Verfasserin ihre Erfahrungen mit psychomotorischen Elementen bei der Umsetzung einer kindgerechten Religionspädagogik. Sie kommt zu folgenden Ergebnissen:

„Mit psychomotorischen Methoden werden die biblischen Inhalte lebendig. Die Kinder können besser in die Bibelgeschichten einbezogen werden. Rituale helfen den Kindern, Sicherheit zu bekommen. Das einzelne Kind wird persönlich angesprochen und erreicht. Das Kind spürt sich als selbstwirksam. Das Kind erfährt durch sein Handeln und Tun Wertschätzung und Anerkennung seiner Person und entwickelt somit Vertrauen und ein positives Gottesbild: ‚Du bist richtig, so wie du bist.’ Es wird besonderer Raum geschaffen für die einzelnen Angebote. Es entsteht eine positive Atmosphäre, zusammenfassend gesagt: Durch psychomotorische Elemente in der religiösen Bildung werden Handlungsfelder bereitgestellt, in denen sich das Kind im Gruppenkontext aktiv handelnd erlebt, Selbststärke entwickelt und sich dadurch neue religiös begründete Haltungen und Verhaltensweisen aneignen kann.“(9f.)

Monika Arnold ist die Verfasserin des Buches Religiöse Rituale geben Vertrauen und Geborgenheit (ISBN 7698-2328-8) für den Alltag mit Kindern von 0 bis 3 Jahren. Die Autorin bemerkt darin:

„Es ist immer wieder faszinierend, welche großen Entwicklungsschritte die Kinder in diesem frühen Alter meistern. Die beschriebenen Rituale des Buches sind fast durchgängig (mit wenigen Ausnahmen) für die ganze Kindergruppe bzw. für einen Erwachsenen mit einem Kind gedacht. Dabei kann jedes Kind nach seinem Vermögen und Interesse dabei sein: die älteren Kinder aktiver, mit eigener Sprache und schon geübten Bewegungsabläufen; die jüngeren Kinder nehmen auf ihre Art und Weise teil und erkunden und lernen gemäß ihrem Vermögen. Die beschriebenen Rituale verstehen sich als Impulse – sie können und sollen auf die konkrete Kindergruppe mit ihren Eigenheiten, auf die Altersmischung, die religiöse Zugehörigkeit und charakterlichen Besonderheiten der Kinder verändert und angepasst werden. Die beschriebenen Rituale sind aus dem christlichen Kontext heraus geschrieben und konzipiert – sie wollen der Dimension des Religiösen in der Krippe Raum geben. Sie wollen aber auch einladen zum Dialog mit Menschen ohne Religion und mit nicht-christlicher Religion. Viele der Rituale sind deshalb auch einsetzbar in religionsübergreifenden Gruppen. Unverzichtbar bei Ritualen sind kleine Liedverse und Melodien.“(6f.)

In der erfolgreichen Reihe „Kinder fragen – Forscherinnen und Forscher antworten“ ist im Kösel Verlag (ISBN 466-37167-9) ein weiteres von Albert Biesinger, Helga Kohler-Spiegel und Simone Hillerverfasstes und mit Illustrationen von Mascha Greune versehenes Buch Gibt es ein Leben nach dem Tod? erschienen. Im Vorwort schreibt das bewährte Team:

„Die Frage nach dem Sterben und dem, was danach kommt, ist ein großes Thema und eine Herausforderung, um die wir nicht herumkommen. Viele Erwachsene fühlen sich unsicher, wenn es um Tod und Trauer geht. Und oft wissen sie nicht, wie sie mit Kindern darüber sprechen sollen. Doch Trauer und Tränen, Wut und Hilflosigkeit und die Hoffnung, den geliebten Menschen nicht für immer verloren zu haben, werden auch von Kindern wahrgenommen. Kinder trauern anders – das ist eine in Psychologie, Pädagogik und Theologie anerkannte Überzeugung. Doch auch wenn sie mit dem Tod je nach Alter und Entwicklung auf ihre eigene Art umgehen, nehmen sie Sterben und Tod wahr und haben – wie zu allem – Fragen und eigene Theorien, mit denen wir sie als verantwortliche Begleiter*innen nicht alleine lassen sollten. Auslöser für die Beschäftigung mit Sterben und Tod können der Tod eines geliebten Menschen, ein ungünstig aufgeschnapptes Fernsehbild, das gestorbene Haustier oder eine tote Maus vor der Haustür sein. Die Fragen, die Menschen und vor allem kleine Menschen sich in diesen Situationen stellen, haben es verdient, ernst genommen und besprochen zu werden. Um Kinder und Eltern mit diesen großen Fragen nicht alleine zu lassen, haben sich wieder anerkannte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre eigenen Gedanken dazu gemacht. Neben Theolog*innen haben auch Psycholog*innen und Mediziner*innen für dieses Buch über solche Fragen nachgedacht: Manche Menschen waren dem Tod schon ganz nahe und konnten später davon berichten. Was haben sie wohl erlebt? Wenn der Körper tot ist, fliegt dann die Seele weg? Darf man Menschen beim Sterben helfen und was ist, wenn Menschen nicht mehr leben wollen? Was glauben Menschen in den verschiedenen Religionen, was nach dem Tod kommen wird? Und kann man tote Menschen wieder auferwecken, sodass sie sich im Himmel wieder treffen? Tut das Sterben weh? Was passiert beim Sterben? Warum müssen wir denn überhaupt sterben, wir könnten doch für immer auf der Erde bleiben – auch wenn es dann hier ganz schön voll wird ... Und: Was passiert bei einer Beerdigung? In diesem Buch werden zentrale Fragen aufgegriffen, die alle Menschen angehen. Und dennoch bleibt das Sterben und was danach kommt ein großes Geheimnis, das wir nie ganz lüften können. Ein Geheimnis aber, dem wir uns stellen und uns annähern können. Dazu möchten wir mit diesem Band ermuntern und dabei möchten die Autorinnen und Autoren mit ihren Beiträgen unterstützen.“(8f.)

Dies ist zweifellos wieder sehr gut gelungen!

3. Seelsorge

Grenzgänge zwischen Theologie und Psychologie sind Inhalt des im Verlag Vandenhoeck & Ruprecht (ISBN 7887-3219-6) erschienenen Sammelbandes Pastoral-Psychologische Perspektiven in der Seelsorge von Michael Klessmann. Der Autor schreibt in seinem Vorwort:

„Seelsorge als helfendes, begleitendes Gespräch unter vier Augen (im Unterschied zum katholischen Seelsorgebegriff, der das gesamte pastorale Handeln bezeichnet) ist ein in den Kirchen strukturell vernachlässigtes Arbeitsfeld. Das hat damit zu tun, dass Seelsorge diskret und im Verborgenen geschieht: Der beinahe intime Charakter des Gesprächs unter vier Augen, die Pflicht zur seelsorglichen Verschwiegenheit, führen dazu, dass mit Seelsorge ‚kein Staat’ zu machen ist. Sie wird in aller Regel nicht öffentlich, ein geplanter Seelsorge-Besuch kann jederzeit entfallen, ohne dass es anderen auffällt, kurz: Seelsorge als Arbeitsfeld hat – trotz gelegentlicher gegenteiliger Beteuerungen von offizieller Seite – nur eine schwache Lobby in den Kirchen. Umso wichtiger scheint es mir, immer wieder Themen der Seelsorge zu veröffentlichen und auf dieses wichtige Feld kirchlicher Arbeit aufmerksam zu machen. Das Besondere der hier abgedruckten und bisher nicht veröffentlichten allgemeinverständlichen Vorträge sehe ich darin, dass sie auf bestimmte randständige Themen (Angst, Ärger und Aggression, Wahn) und Randgruppen (Menschen mit Depression, in der Psychiatrie, in der Geriatrie, im Gefängnis) aufmerksam machen und dabei immer wieder Grenzgänge zwischen Theologie und Psychologie unternehmen. Moderne Seelsorge kommt nicht aus ohne den Dialog mit den Sozial- und Humanwissenschaften, das wollen auch diese Beiträge veranschaulichen.“(5)

Zwei Neuerscheinungen befassen sich mit der Trauerarbeit von Kindern und Jugendlichen: Ein Buch zum Verstehen und Begleiten haben Tita Kern, Nicole Rinder und Florian Rauch unter Mitarbeit von Ina Raki im Kösel-Verlag (ISBN 466-37174-7) mit dem Titel Wie Kinder trauern veröffentlicht. In ihrer Einführung heißt es zum Anlass dieses Buches:

„Kinder nehmen so häufig die Angst aus der Situation, weil sie ganz natürlich mit Tod, Abschied und Trauer umgehen können. Nicht die Kinder, sondern wir, die Erwachsenen, sind oft diejenigen, die Angst davor haben. Das erfahren wir beinahe täglich in unserem Bestattungsinstitut AETAS Lebens- und Trauerkultur. (…) Einer unserer Schwerpunkte liegt auf Abschieden, bei denen auch Kinder betroffen sind. Lange haben wir überlegt, wie wir diesen Kindern nicht nur in den Tagen zwischen Tod und Beisetzung beistehen können, sondern auch noch in den Wochen und Monaten danach. (…) Der wichtigste Ansatz in unserem Institut und in der Kinderstiftung ist nicht das ‚Verarbeiten’ der Trauer mit der Intention, diese Trauer schnellstmöglich zu beenden. Uns geht es vielmehr darum, Gefühle der Trauer in das eigene Leben zu integrieren und gut damit weiterzuleben. (…) Es sind keine einfachen Wege, die wir beschreiben. Immer wieder lauern Stolpersteine und oft gibt es nur die Möglichkeit, einen einzelnen Schritt nach dem anderen zu machen. Mal allein und mal mit Hilfe.“(13f.)

Das Buch enthält hilfreiche Wegweiser und Literaturhinweise rund um Tod, Sterben und Trauer. Trauerarbeit mit Jugendlichen. Junge Menschen begleiten bei Abschied, Verlust und Tod ist das im Don Bosco Verlag (7698-2316-5) erschienene Buch von Beate Alefeld-Gerges und Stephan Sigg überschrieben, in dem viele Anregungen und Impulse zur Trauerarbeit mit Jugendlichen zu finden sind:

„Neben Informationen zum Trauerprozess in der Jugendphase und den Grundlagen der Trauerbegleitung finden Sie konkrete Methoden und Übungen sowie Impulstexte, die sich z.B. als Einstieg in eine Gesprächsrunde mit Jugendlichen eignen. Zahlreiche Beispiele aus dem Beratungsalltag geben Einblick in den Trauerprozess von jungen Menschen. Wir haben in unserer langjährigen Erfahrung mit Jugendlichen in der Therapie, im Unterricht und in der Jugendarbeit erlebt, wie kreativ Jugendliche sind, einen Weg durch ihre Trauer zu finden. Wir möchten Sie mit diesem Buch einladen, sich von den Erfahrungen, die wir in den letzten Jahren mit Jugendlichen gemacht haben, inspirieren zu lassen, um einen eigenen, authentischen Weg der Auseinandersetzung mit Tod, Abschied und Trauer zu finden, und Sie dabei unterstützen, Jugendliche in ihrer Trauer zu begleiten.“(8)

 

Eine hervorragende pastoralpsychologische Untersuchung zur Notfallseelsorge legt Reimar Kremer im Verlag W. Kohlhammer (ISBN 17-031523-5) mit seiner Marburger Dissertation Seelsorge im Blaulichtgewitter vor, die sich als Beitrag zur Diskussion über die Notfallseelsorge versteht, ohne jedoch den Anspruch zu haben, allumfassend zu sein:

„Sie nimmt einen begrenzten Ausschnitt des Themenkomplexes Notfallseelsorge in den Blick, der für die laufenden Diskussionen über diesen Seelsorgebereich wichtig ist. Die Begründung für dieses Erkenntnisinteresse liegt in Beobachtungen des Autors als Notfallseelsorger und als Fachberater für Notfallseelsorge in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Nach einer Phase des Aufbaus und der Konsolidierung hat die Notfallseelsorge ihre Blütezeit längst hinter sich gelassen. Wenn es nicht gelingt neue Strukturen aufzubauen, wird dieser Seelsorgebereich vielerorts abgewickelt werden müssen. Neue Strukturen können aber nur geschaffen werden, wenn man detailliertes Wissen über die alten hat, die funktionieren oder auch nicht funktionieren. Ein Puzzlestein zu diesem Wissen möchte auch diese Untersuchung sein. Sie möchte aber auch gleichzeitig Perspektiven aufzeigen, wie mit diesem Arbeitsbereich zukünftig – auch unter pastoraltheologischen Gesichtspunkten – umgegangen werden kann und muss.“(13).

Der Verfasser schreibt weiter zum Inhalt seiner Studie:

„Diese Untersuchung möchte Fragen generieren und keine Hypothesen mittels einer Methode überprüfen. Sie ist eine reflektierende und deskriptive Bestandsaufnahme der Notfallseelsorge in Hessen und Nassau und Kurhessen-Waldeck. Das ist ein legitimes sozialwissenschaftliches Vorgehen für einen Forschungsbereich wie die Notfallseelsorge, für den es kaum gesicherte empirische Erkenntnisse gibt. Damit ist die Arbeit keine klassische empirische Untersuchung, sondern eine Abhandlung auf der Grundlage einer empirischen Untersuchung. Die Untersuchung, die einen Istzustand der Notfallseelsorge (auch) auf der Folie geführter Experteninterviews beschreibt, ist breit gefächert. Sie lässt sich von den gebildeten Auswertungskategorien der Interviews leiten, geht aber darüber hinaus, indem weitere konzeptionelle und theologische Überlegungen, Berichte von Notfallseelsorgenden, Synoden- und Archivunterlagen und Literaturhinweise in die Auswertung und Diskussion integriert werden. Auch diese Vorgehensweise ist für ein wissenschaftliches Vorgehen legitim, denn Materialien aus unterschiedlichen Quellen lassen sich gut im Konzept der Triangulation miteinander kombinieren. Der Ansatz dieser Untersuchung ist auf diesem forschungstheoretischen Hintergrund zu interpretieren.“(17)

Unterwegs in den Wirklichkeiten der Polizei. I Polizeiseelsorge und Berufsethik der Polizei (ISBN 8471-0468-1) sowie  II Berufsethische Konkretionen in einem fraktalen Lernraum (ISBN 8471-0727-9) lauten die beiden von Wilhelm Schwendemann, Bernhard Goetz und Kerstin Lammer im Verlag Vandenhoeck & Ruprecht unipress herausgegebenen umfangreichen Bände über die Bedeutung der Polizeiseelsorge und den Berufsethikunterricht an der Polizeifachschule. In seinem Vorwort schreibt Schwendemann zur leitenden Fragestellung und dem methodischen Design der Untersuchung:

„Die vorliegende Studie umfasst zwei empirische Forschungsprojekte, die zwischen 2011-2014 im Auftrag der Evangelischen Hochschule in Freiburg an der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg, Institut für Ausbildung und Training, Institutsbereich Ausbildung Lahr, durchgeführt wurden. Insgesamt wurden 8 wissenschaftliche Teilstudien in diesen Forschungsprojekten erarbeitet. Das erste Projekt untersuchte die Bedeutung der Polizeiseelsorge am Beispiel des Cop-Art-Projektes (Unterwegs in den Wirklichkeiten der Polizei); das zweite Projekt untersuchte den Berufsethikunterricht (Erkundungen zum Berufsethikunterricht) am Institut für Ausbildung in Lahr/Schw. Beide Projekte waren empirisch-qualitative Projekte, die zum Ziel hatten, subjektive Perspektiven von Polizeibeamten und Polizeibeamtinnen auf ihren beruflichen Alltag und ihr jeweiliges Selbstverständnis in den Blick zu nehmen. Beide Projekte hatten je auch einen Schwerpunkt in der Polizeiseelsorgearbeit; zudem ging es im zweiten Projekt um Bewältigungsstrategien und Themen im Berufsethikunterricht, der regulär von Polizeiseelsorger_innen unterrichtet wird. Auch diesem Projekt liegt wieder eine empirische Erhebung zugrunde, die Ende Mai 2014 in Lahr vor Beginn eines dreimonatigen Praktikums der Polizeischüler_innen durchgeführt wurde; nach Abschluss des Praktikums erfolgte die zweite Befragung am 8./ 9. September 2014 in Lahr, sodass eine klassische Vorher-Nachher-Situation erzeugt wurde. In den empirischen Teilstudien wurden die Zusammenhänge der Inhalte des Ethikunterrichts mit dem Selbstverständnis der Polizeibeamtinnen, -beamten in deren Alltagshandeln rekonstruiert, um einerseits Erkenntnisse zum Selbstverständnis der Polizeiarbeit gewinnen zu können, und andererseits, um Dimensionierungen des Curriculums des Ethikunterrichts in den Blick zu bekommen. Befragt wurden im ersten Projekt annähernd 40 Personen und im zweiten Projekt insgesamt 25 Personen am Ende der Theoriephase 1 der Ausbildung zum mittleren Dienst und nach der ersten Praxisphase. Methodisch wurden beide Forschungsprojekte im Bereich der empirisch-qualitativen Sozialforschung durchgeführt. Der in beiden Projekten grundlegende (pastoral­psychologisch-kommunikative) Seelsorgebegriff wurde auf den Bereich der Polizeiseelsorge hin fokussiert. Hierbei spielten die Geschichte und die Aufgaben der Polizeiseelsorge, die definitorisch von der Notfallseelsorge zu trennen ist, eine wesentliche Rolle. In den Blick kam dabei auch die theologische Grundlegung der Polizeiseelsorge, die für das Selbstverständnis und auch die Beschreibung der Aufgabenfelder der Seelsorge in der Polizei wesentlich ist. Zu unterscheiden sind seelsorgliche Gespräche im Berufsalltag von der Seelsorge nach belastenden Ereignissen und Erlebnissen; beide Formen der Seelsorge dienen der seelischen Gesunderhaltung der Polizeibeamtinnen und -beamten, auch wenn sie nicht darin aufgehen. Zur Polizeiseelsorge gehören darüber hinaus spirituelle Angebote, Gottesdienste, Teilnahme und Gestaltung von Feiern u. a.m. Im Forschungsprojekt I ‚Unterwegs in den Wirklichkeiten der Polizei’ wurden das sog. Cop-Art-Projekt in seiner Wirkung auf Polizeibeamtinnen und -beamte untersucht und Schlussfolgerungen für die Bedeutung und Wichtigkeit der Polizeiseelsorge gezogen. Im Kapitel Berufsethik ging es zuerst einmal um begriffliche Unterscheidungen von Moral und Ethik, wobei der Ethik eher der reflexive Part zukommt; die Professionsethik der Polizei wurde unter dem Stichwort des ethischen Handelns in der Polizei thematisiert und die Daseinsberechtigung des Berufsethikunterrichts untersucht. Das Forschungsdesign wurde ganz klar als empirisch-qualitatives Projekt charakterisiert, und das spezielle Design lässt sich als leitfadengestütztes, semistrukturelles und fokussierendes Interviewverfahren einordnen. Die allgemeinen Forschungsfragen im zweiten Projekt waren folgende: Wo im Curriculum der Polizeiausbildung werden die Polizeibeamt_innen dazu befähigt, professionell über existenzielle Problemlagen zu sprechen? Wo im Curriculum wird den Polizeibeamt_innen Raum dafür gegeben? Ist der Ethikunterricht der geeignete Ort, um sich über existenzielle Problemlagen zu verständigen? Die speziellen Forschungsfragen waren: Welche Themen werden im Ethikunterricht rezipiert? Was ist nach dem Besuch des Ethikunterrichts an Ressourcen und Möglichkeiten der ethischen Urteilsbildung vorhanden? Werden diese Ziele qualitativ erreicht? Wie verhält sich die curriculare Struktur des Ethikunterrichts zu den Wahrnehmungen der Polizeibeamtinnen und welche Inhalte sind notwendig und ergänzungsbedürftig?“ (18f.)

 

Kerstin Lammer und Wilhelm Schwendemann sind auch die Autoren der ebenfalls bei V&R unipress (ISBN 8471-0738-5) erschienenen Studie Dass sie dann auch weiterkommen. Anspruch und Wirklichkeit Aufsuchender Weiterbildungsberatung. In Ihrem Vorwort „Entwicklung stärken – Partizipation ermöglichen“ erklären die beiden: „Weiterbildungsberatung, erst recht ‚aufsuchende’ Weiterbildungsberatung, braucht, um nicht irre zu gehen, eine geklärte Vorstellung davon, was Bildung sein soll und wohin sie sich sinnvoller Weise entwickeln könnte. Ohne eine derartige Begriffs- und Perspektivenklärung besteht zumindest die Gefahr, dass Weiterbildungsberatung zum bloßen Instrument der Arbeitsmarktpassung oder zum Ort beliebigen Redens wird. Für beides gibt es andere Orte. Gleichzeitig trägt ein geklärter Bildungsbegriff dazu bei, Weiterbildungsberatung von anderen Beratungsformen – wie etwa Lebensberatung, Sozialberatung, Berufs-/Karriere-Beratung – abzugrenzen und das eigene Feld genauer zu definieren. Dass dabei dann auch Schnittmengen zu anderen Beratungsformen entstehen können, hat sich im Verlauf des Projektes gezeigt. Weiterbildung im hier angesprochenen Sinne richtet sich an den einzelnen Menschen als Subjekt. Sie geht davon aus, dass eine reflektierte Subjektivität Menschen sowohl zu kommunikativen Interaktionen wie auch zur Partizipation in gesellschaftlichen, politischen, kulturellen und beruflichen Feldern befähigt. Weiterbildung im hier gemeinten Sinn geht ferner davon aus, dass Menschen Entwicklungspotentiale in sich tragen, die sie entfalten wollen, dass sie lebenslang diese Entwicklung weitertreiben können und dass damit ein Wachstumsprozess in Sachen Menschsein verbunden ist. Weiterbildung in diesem Sinne funktionalisiert deswegen Menschen nicht auf Ziele hin, sondern fragt nach den Bedürfnissen und Wünschen der Beteiligten. Sie entwickelt Methoden zur Begleitung von Erwachsenen auf dem Weg ihrer eigenen Entwicklung. Und sie muss – das ist teilweise noch Desiderat – Veranstaltungsformate gestalten, die den Fähigkeiten und Bedürfnissen der Angesprochenen oder Bildung Suchenden gemäß sind. Träger des Gesamtprojektes war die Kirchliche Landesarbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung (KiLAG), der ökumenische Zusammenschluss der kirchlichen Weiterbildungsträger in Baden-Württemberg. Als kirchliche Einrichtungen stehen sie für eine positionierte Form der Weiterbildung, die ihre Wertkontexte offenzulegen hat und von der die Menschen, die sie in Anspruch nehmen, erwarten, dass sie eine entsprechende Wertebindung aufweist. Dass bedeutet allerdings nicht, dass alle Teilnehmende diese Werte teilen. Die Werte kirchlich getragener Erwachsenenbildung sind am ehesten an den Zielen dieser Weiterbildung zu erkennen. Und diese Ziele sind in erster Linie eine Art Selbstverpflichtung der beteiligten Träger: ‚Entwicklung stärken – Partizipation ermöglichen’, dieser Titel zeigt die inhaltliche Ausrichtung. Und die Zielgruppe des Projektes macht zugleich deutlich, an wen sich kirchlich getragene Weiterbildung verstärkt richten will. Aus christlicher Perspektive geht es nicht zuerst darum, irgendwelche Inhalte zu vermitteln, sondern es geht in erster Linie darum, Menschen anzusprechen, die auf dem Bildungsweg unterwegs sind, und jene zu ermutigen, die sich (noch) nicht trauen, Bildung als einen für sie spannenden und hilfreichen Weg wahr­zunehmen. Die Zuwendung zu den Menschen, die gewöhnlich als ‚Randgruppen’ oder im Blick auf Bildung als ‚Bildungsferne’ bezeichnet werden, gehört substantiell zu den Aufgaben und Zielen kirchlich getragener Erwachsenenbildung, will sie nicht ihre eigene Herkunft verraten.“(13f.)

4. Interreligiöse Bildung

Dem Unendlichen begegnen. Gelebter Glaube in den Religionen der Welt lautet der Titel des im Patmos Verlag (ISBN 8436-0942-5) veröffentlichten Buches von Hermann-Josef Frisch. Im Kapitel „Das Welthaus der Religionen“ schreibt der Verfasser:

„Man kann die Grundaussagen der großen Religionen vergleichend gegenüberstellen, auf ihre sehr unterschiedlichen Botschaften und Lehren in einem Überblick eingehen. Dies kann – wie meist – dadurch geschehen, dass jede Religion einzeln dargestellt wird. Man kann auch in Querschnitten zu bestimmten Themen der großen Religionen (etwa Gottesbild oder Jenseitsvorstellungen) deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausstellen. Dann geht es um die Inhalte der Verkündigung – eine durchaus bunte Vielfalt von menschlichen Erfahrungen mit dem Absoluten, mit dem Unendlichen. In diesem Band erfolgt ein anderer Ansatz. Nun geht es mehr um die Weise, wie die Menschen ihre Erfahrung mit dem Unendlichen in konkrete Handlungsweisen, Rituale, Symbole und Ausdrucksweisen umsetzen, in Bauten und Baukunst gestalten. Es geht auch um einen Vergleich der heiligen Orte und Personen und darum, wie die einzelnen Religionen die Lebenswenden und ihre Feste gestalten. Es geht damit um gelebte Religion eher unabhängig von den konkreten Glaubensinhalten, Dogmen und inhaltlichen Traditionen. Um es mit einem Bildwort auszudrücken: Im Welthaus der Religionen gibt es viele Zimmer – das sind die einzelnen Religionen. Jeder Mensch ist – sofern er religiös gebunden ist – in der Regel in seinem Zimmer ‚geborgen’, in der Religion nämlich, in der er aufgewachsen ist. Er kann aber von einem Zimmer zum nächsten gehen, andere Religionen kennenlernen und vielleicht bereichert in sein Zimmer zurückkehren – der Dialog der Religionen versucht diesen Weg. Wenn die Weltreligionen durch den Blick auf ihre Lehre dargestellt werden, wie sie sich in den unterschiedlichen Traditionen zeigt, beschreibt man gleichsam die einzelnen Zimmer dieser Glaubensrichtungen. Doch in diesem Band geht es darum, die ‚Einrichtungsgegenstände’ in den Zimmern der einzelnen Religionen kennenzulernen, das bedeutet die von den Anhängern der jeweiligen Glaubensrichtung praktizierte Religion. Dabei ist festzustellen, dass – bei aller unterschiedlichen Tradition, bei unterschiedlichen Lehrgebäuden, bei aller Fremdheit der Ausdrucksweisen und religiösen Sprache – viele ‚Einrichtungsgegenstände’ in den Zimmern des Welthauses der Religionen sich ähneln oder sogar gleich sind. Solche Gemeinsamkeit gilt natürlich in besonderer Weise für die Ursymbole menschlichen Lebens (etwa Licht, Wasser …), die in allen Religionen verwandt werden. Es gilt aber auch für viele andere Dinge, für die Gebetshaltungen etwa, für Gottesdienstformen, für religiöse Architektur (Türme als Verbindung von Himmel und Erde). Schauen wir uns um in den Zimmern des Welthauses der Religionen. Es gibt viel überraschendes zu entdecken: Gemeinsamkeiten über alle Kulturen und Religionen hinweg, aber auch Unterschiedliches, das nicht als trennend oder gar bedrohlich erfahren werden muss, sondern als eine Bereicherung der eigenen Sicht verstanden werden darf. Insofern verstehe ich diesen Band auch als einen bescheidenen Beitrag zum Dialog der Religionen. Denn jeder interreligiöse Dialog, der angesichts der Globalisierung und heute vielfältigen Vernetzung unserer Welt dringender denn je ist, bedarf zuerst einmal der sachgemäßen und angemessenen Information. Durch seine Bilder und Texte möchte dieser Band zu einer die Religionen übergreifenden Sicht des Religiösen in der Menschheit beitragen.“(10f.)

Eine gelungene Einladung zu einer faszinierenden Reise! Diese Einschätzung trifft auch auf das in der Verlagsgemeinschaft topos plus (ISBN 8367-0010-8) erschienene Buch Keine Religion ist eine Insel. Vordenker des interreligiösen Dialogs von Karl-Josef Kuschel zu. Zu Recht schreibt der Autor in seiner Einführung:

„Angesichts der heutigen Weltsituation ist der Dialog der Religionen ein dringendes Erfordernis, religionstheologisch, aber auch gesellschafts- und bildungspolitisch. Das ist mittlerweile von vielen begriffen worden. Dialogführen aber setzt Dialogkompetenz voraus. Das zeigen gerade die vier Pioniergestalten und Vordenker, deren Geschichte ich in diesem Buch erzähle: Martin Buber, Abraham Joshua Heschel, Louis Massignon und Hans Küng. Sie spiegeln die Welt von Judentum, Christentum und Islam und stehen für kühne Konzeptionen einer Theologie des Anderen, die sie oft gegen heftige Widerstände von innen und außen haben entwickeln und verteidigen müssen. ‚Dialog’ als Lebensform und Auftrag. Nichts war selbstverständlich. Im Gegenteil: Die Geschichte der drei monotheistisch-prophetischen Religionen wurde lange Zeit im Ungeist wechselseitiger Ausgrenzung, Verwerfung oder Überbietung geschrieben. Das Judentum? Von Christentum und Islam wurde es jahrhundertelang als ‚beerbt’ betrachtet, seinerseits oft nur auf sich selbst konzentriert, in die eigene Orthopraxie verschlossen. Das Christentum? Das Judentum als vorchristliche Offenbarungsreligion meinte man durch die Kirche ‚ersetzt’ und ‚überboten’ zu haben, den Islam als nachchristliche als häretisch verurteilen zu können. Der Islam? Judentum und Christentum sind zwar vom Koran her als legitime Buchreligionen anerkannt, aber, weil defizitär, durch den Islam als definitive, letztgültige Offenbarung Gottes abgelöst. Dieser Geschichte haben die vier Vordenker sich gestellt und Neues zu denken gewagt. Nicht aus Zeitgeistreiterei oder einem vagen Toleranzgefühl heraus, sondern durch eine Neubewertung ihrer eigenen Heiligen Schriften, aus der Mitte ihrer großen Ur­Kunden  nd Überlieferungen heraus. Nicht also aus falsch verstandenem ‚Liberalismus’, sondern aus Gottesleidenschaft.“(10).

Eine solche Gottesleidenschaft zeichnet auch Johannes Lähnemann aus, der im Vandenhoeck & Ruprecht Verlag (ISBN 525-70242-0) einen lesenswerten Rückblick und Ausblick unternimmt mit dem Titel Lernen in der Begegnung. Ein Leben auf dem Weg zur Interreligiosität. In seinem Vorwort bekennt der Verfasser:

„‘Interreligiöse Lernwege – eine Entdeckungsreise’: So habe ich die Entwicklung in den vergangenen 50 Jahren empfunden, seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil, dem ersten Dialogprogramm des Ökumenischen Rates der Kirchen, dem wachsenden Gespräch zwischen den Religionen und in der Bewegung Religions for Peace, aber auch in den Feldern von Religion und Politik, Wissenschaft und Bildung. Wie ich selbst auf diesen Lernweg gekommen bin und an der Entdeckungsreise teilgenommen habe, erstaunt mich immer wieder. Es brachte mich auf die Idee, dem Weg erzählend noch einmal nachzugehen, einem Weg, der mit vielen Erlebnissen, Erfahrungen, Überraschungen und Entgrenzungen verknüpft ist. (…) So habe ich mich auf den Weg gemacht, zurück bis in mein Geburtsjahr 1941, mitten im Krieg, und habe von dort aus jedem der folgenden Jahrzehnte ins Gesicht geschaut, persönlich geprägt, aber gleichzeitig offen für das, was sich ereignet und entfaltet hat: den Zusammenbruch 1945, die Nachkriegsjahre, der eher restaurative Wiederaufbau in Deutschland, der ökumenische Aufbruch, die 1968er-Umbrüche, der Kalte Krieg und der 1989er-Wandel, das Neu-Aufleben von national-ethnischen und religiösen Spannungen und schließlich das Entstehen neuer interreligiöser Koalitionen gegen Fanatismus und Populismus.“(7)

 

Jochen Flebbe und Görge K. Hasselhoff haben im Verlag V&R unipress (ISBN 8471-0672-2) den Sammelband Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert zu Aspekten des Verhältnisses von Religion und Gewalt herausgegeben. In seinen einleitenden Reflexionen zum Band und zu den zwölf Beiträgen namhafter Autor_innen schreibt Flebbe:

„Zieht man zusammen, zeigt sich eine ungeheure Vielfältigkeit der Aspekte, die auch das Thema ‚Religion und Gewalt’ zu einer schwer zu überschauenden, komplexen Frage macht, die mindestens nicht einfach zu beantworten ist. Gleichwohl lassen sich am Ende doch einige Linien bestimmen. Die erste Sektion ‚Heilige Texte’ deutet als Antwortversuch auf die entscheidende Größe eines hermeneutisch reflektierten Umgangs mit heiligen Texten hin, die vermeintlich oder tatsächlich zu Gewalt auffordern. In der zweiten und dritten Sektion tritt die teils subtile und auf den ersten Blick gar nicht zu erkennende Allgegenwart von Gewalt, von ideologisch verankerter, mit letzten Überzeugungen verbundener Gewalt zu Tage – bis hin zu Stünkels Beobachtung der Gewalt als ein Indikator für eine (formal-)religiöse Dimension. Gewalt lässt sich also in keiner Weise aus dem Phänomen ‚Religion’ und ‚letzte Überzeugung’ ausklammern, solange Religion nicht als eskapistische, von der Welt vollkommen getrennte Größe verstanden werden will. Zugleich wird deutlich, dass die Frage nach Gewalt, nach Religion und Gewalt nicht nur die Frage nach ihrem genetischen Zusammenhang, sondern auch die Frage des rezeptiven Umgangs und der Auseinandersetzung mit ihr ist – wobei diese Auseinandersetzung mit der Frage gleichsam selbst wieder in einen Zusammenhang von Gewalt, von Religion und Gewalt, führt bzw. führen kann. Bemerkenswerterweise rechnet eine erstaunliche Vielzahl der in sich vollkommen unterschiedlichen und divergierenden Beiträge mit der Religion, mit dem Christentum – was in dieser Perspektivierung natürlich auch der Auswahl der Beitragenden geschuldet ist – als einem oder dem einzigen Element der Alternative und des Kontrastes zur Gewalt. Wenn auch dieses Element der Religion als Alternative und Kontrast zur Gewalt in den einzelnen Beiträgen wieder vollkommen verschieden und unterschiedlich gefasst wird, stellt es aber doch eine erhebliche, grundsätzliche Gemeinsamkeit dar. Das ist ein Ergebnis, das vielleicht überrascht, vielleicht aber auch selbstverständlich erscheinen kann, in jedem Falle ist es aber ein Zeugnis für eine aktuelle Relevanz und die bleibende Notwendigkeit von Religion und den Impulsen ihrer hermeneutischen Reflexion.“(19f.)

Kindertora – Kinderbibel – Kinderkoran. Neue Chancen für (inter-)religiöses Lernen lautet der Titel des von Georg Langenhorst und Elisabeth Naurath im Herder Verlag (ISBN 451-37660-3) herausgegebenen innovativen Bandes. In ihrem Ausblick

„Auf dem Weg zu einer Didaktik der ‚Heiligen Texte’ in diskursiver und ästhetischer Verschiedenheit“ schreiben die beiden: „Die Beiträge dieses Bandes zeigen es eindeutig: Die im Kern religionspädagogisch motivierten Gattungen von Kinderbibel, Kindertora und Kinderkoran sind vielfach ineinander verwoben. Einerseits wirkte und wirkt das ältere und immens fruchtbare Genre der christlichen Kinderbibeln produktiv für die Ausformung vergleichbarer Traditionen in Judentum und Islam. Andererseits zielen jüdische Kinderbibeln oder kindgemäße Ausgaben der Tora (‚Kindertorot’) genauso wie muslimische Kinderkorane auf ganz andere Lernorte, Lernarten, Lernsituationen und Lernziele. Ganz konsequent wählen sie bei aller Anknüpfung an die ältere Gattung eigene Formen von Aufbau, Ästhetik und Lernangebot. Aus christlicher Sicht liegt es nahe, angesichts von vielerlei vergleichbaren Strukturen ähnliche Zugänge zu suchen, die Bücher nebeneinander zu legen, im Vergleich Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu entdecken und zu erklären. Die Beiträge weisen nachdrücklich darauf hin, dass derartige Verfahren theologisch wie religionspädagogisch sinnvoll sein können. Vor allem ein verstehens-zentrierter Zugang auf die Inhalte und die Form der angezielten Vermittlung kann so durchaus erschlossen werden. Und in der Tat: Derartige trialogische Möglichkeiten sollten mehr und mehr unsere Lehr- und Lernprozesse mitbestimmen. Es geht hier ganz konkret darum, die beiden Geschwisterreligionen Judentum und Islam anhand ihrer identitätsstiftenden Texte bekannter zu machen und sie auch in ihrem religiösen Sozialisationsinteresse in das christliche Bewusstsein zu heben. Diese vergleichenden Chancen von Kindertora, Kinderbibel und Kinderkoran als einzigartige Zugänge zu interreligiösen Lernprozessen sind noch nicht einmal im Ansatz erschlossen. Das mag mit daran liegen, dass die betrachteten Werke allesamt nicht primär für den konfessionsüberschreitenden und dialogischen oder trialogischen Gebrauch konzipiert sind.“(289f.)

Susanne Lechner-Masseruntersucht in ihrer im Verlag Ferdinand Schöningh (ISBN 506-78468-1) veröffentlichten Wiener Dissertation Biblische Gestalten im Jüdischen Religionsunterricht Bilderbücher und Konzepte zur religiösen Erziehung. In ihrer Einleitung heißt es:

„Der Blick in jüdische Bilderbücher und Lehrbücher für Kinder ist für christliche Leserlnnen spannend. Gelebte jüdische und christliche Religion haben sich aus dem gemeinsamen Erbe der Antike zu dem entwickelt, was sie heute sind und teilen viel miteinander. Wir lesen über weite Strecken aus der gleichen Heiligen Schrift: Noah, Abraham und Sarah, Isaak und Rebekka, Jakob und Esau, Mose, David oder Jona sind bekannte Gestalten in christlichen und jüdischen Bilderbüchern und Religionsbüchern. Aber erzählen wir dasselbe? Christliche und jüdische Kinder hören von der Schöpfung Gottes, von der großen Flut, vom Auszug aus Ägypten, vom Bund Gottes und von den Geboten, aber bedeuten sie im jeweiligen Kontext Unterschiedliches? Christliche Kinder lernen zu Ostern vom Passafest Jesu, aber wissen sie auch, wie es als heutiges jüdisches Fest gedeutet wird und mit welchen Voraussetzungen gefeiert? Diese analytische Betrachtung fragt nach gelebter jüdischer Religion und lädt ein, diese anders zu verstehen als nur nach ihrer äußeren Struktur. Hinter jeder Religion stehen Lehrinhalte, aber wirkmächtig werden diese Inhalte in der Komplexität des gelebten Lebens. Hier wird Religion bedeutsam und prägt das Selbstverständnis der Menschen innerhalb ihres Rahmens. Dieses umfasst alle Lebensbereiche: Beziehung zu Gott und den Mitmenschen, Umgang mit Konflikten, Versagen und Verzeihen, Verhalten im Alltag, Hingabe in Gebet und Gottesdienst, Umgang mit Heiligem und Profanem. Die Frage nach religiösem Selbstverständnis wird daher zur Frage, wie sich Religion in Grundhaltungen, im Denken, im Fühlen und Handeln ausdrückt. Weil persönliche Anteilnahme an Religion und Übernahme ihrer wesentlichen Eckpunkte oft im Kindesalter geprägt wird, wird versucht, der gestellten Frage durch betrachtende Analyse von Bilderbüchern und Unterrichtsprogrammen für jüdische Kinder nachzugehen. Hier werden ihre komplexen Inhalte auf die einfache Ebene von Kindern gebracht, ohne ihren Kern aufzugeben. Die Frage nach dem religiösem Selbstverständnis wird dabei zur Frage nach Erziehung: Welche Haltungen zu sich selbst und zu ihren Mitmenschen soll in den Kindern hervorgerufen werden? Welches Verhalten wird von ihnen erwartet? Welches grundlegende Verhältnis zu Gott wird ihnen vermittelt? Der Blick in jüdische Bilderbücher und Unterrichtsprogramme zeigt außerdem, dass biblischen Texte, die in christlichem Kontext kaum eine Rolle spielen, in jüdischen Büchern lebendig umgesetzt werden. Gemeinsam verwendete biblische Texte werden mit ganz anderen Schwerpunkten versehen. Es ist daher spannend zu fragen: Wie werden bekannte biblische Figuren im jüdischen Kontext dargestellt? Woher kommen Beschreibungen, die in christlichen Interpretationen nicht zu finden sind und was machen diese mit den Figuren und mit den Kindern, die sich mit ihnen identifizieren sollen? Was für ein grundsätzlicher Zugang zu biblischem Text kann dabei beobachtet werden und wie wird dieser für die Rezeption dieses Textes fruchtbar gemacht? Wie sieht konkrete jüdische Lebensweise aus, die den Kindern vermittelt wird? Was macht sie jüdisch? (…) Die Auswahl der Bücher sollte die Betrachtung aus christlicher, hier evangelischer Perspektive sowohl in inhaltlicher als auch praktischer Hinsicht ermöglichen. Rezeption biblischer Texte und biblischer Gestalten, oder Gestaltung religiösen Lebens sollten beobachtbar sein und von ihrer Entstehung her nachvollziehbar, wobei auf verschiedene Ausprägungen jüdischer Lebensweise Rücksicht genommen werden sollte. Kein Kriterium war zunächst Sprache, da der jüdische Buchmarkt mehrsprachig und international ist, und Bücher auch unabhängig der Sprache des Landes, in dem die Kinder leben, verwendet werden. Englischkenntnisse werden vorausgesetzt, Hebräisch wird allerdings von christlichen Leserinnen nur sehr selten verstanden. Die hebräische Sprachwelt wurde deshalb nur mit einem kurzen Einblick in Bilderbücher und Unterrichtsprogramme mit unterschiedlichem Anteil hebräischer Inhalte berücksichtigt.“(11f.)

Beiträge aus evangelischer, katholischer und islamischer Perspektive enthält der von Rainer Möller, Clauß Peter Sajak und Mouhanad Khorchide im Comenius-Institut Münster (ISBN 943410-24-2) herausgegebene ausgezeichnete Band Kooperation im Religionsunterricht: Chancen und Grenzen interreligiösen Lernens. In der Einführung heißt es:

„Fragen des interreligiösen Lernens und der Kooperation zwischen den unterschiedlichen Religionsgemeinschaften in der Schule sind gegenwärtig zentrale Herausforderungen der Religionspädagogik. In diesem Band geht es um Grundlagen und Modelle der interreligiösen Kooperation. Als Autoren kommen katholische, evangelische und islamische Religionspädagoginnen und Religionspädagogen zu Wort, die die Kooperation zwischen Konfessionen und Religionen theologisch und pädagogisch grundsätzlich für angezeigt und sinnvoll erachten. Dabei dürfen allerdings auch die Schwierigkeiten, Stolpersteine und Grenzen, die sich bei Realisierungsversuchen interreligiöser Kooperation zeigen, nicht unerwähnt und unbearbeitet bleiben, will man nicht in die Fallen geraten, die sich bei solchen komplexen Prozessen geradezu zwangsläufig stellen. Da interreligiöse Kooperation in den Schulen noch ein relativ neues Feld religionspädagogischer Aufmerksamkeit ist, sind grundlegende hermeneutische und didaktische Fragen noch längst nicht einvernehmlich geklärt, sondern werden kontrovers diskutiert, zumal die Traditionshintergründe, vor denen argumentiert wird, in der christlichen und islamischen Religionspädagogik durchaus heterogen sind. Aus unterschiedlichen religiösen und konfessionellen Perspektiven werden darum in diesem Band die Chancen und Grenzen interreligiösen Lernens und Zusammenarbeitens aufgezeigt.“(6)

Das empfehlenswerte Buch gliedert sich in die vier Kapitel: 1. Hermeneutische Fragen interreligiöser Bildung 2. Konfessionalität in interrelgiösen Bildungskontexten 3. Modelle interreligiöser Kooperation: Blick in die Praxis 4. Chancen und Grenzen interreligiösen Lernens. Dialog und Begegnung. Impulse für das Gespräch zwischen Christentum und Islam lautet der Titel des von Dirk Chr. Siedler im Vandenhoeck & Ruprecht Verlag (ISBN 7887-3151-9) herausgegebene Buch über den christlich-islamischen Dialog. In der Einleitung schreibt der Herausgeber:

„Die Kirchen in Deutschland beteiligen sich seit einem halben Jahrhundert am Gespräch zwischen Christen und Muslimen. Er hat bisher mehrere Phasen durchlaufen, und ganz unterschiedliche Akteure haben in dieser Zeit daran teilgenommen: Kirchengemeinden, Moschee-Vereine, muslimische Dachverbände, Lehrerinnen und Lehrer, Schulen, Islam-Foren, Theologische Fakultäten, Islamwissenschaftler und seit bald zehn Jahren auch die ersten in Deutschland ausgebildeten islamischen Theologinnen und Theologen … Christlich-islamischer Dialog ist vielgestaltig. Das zeigt schon diese Aufzählung einiger Akteure. Diese Liste könnte noch erweitert werden: Landeskirchen, Synoden, die Evangelische Kirche in Deutschland, die katholische Kirche mit ihren Bistümern, Islam­Beauftragte usw. Dialog geschieht nicht nur in Deutschland, sondern steht in einem globalen Kontext, sodass auch Stellungnahmen muslimisch geprägter Länder zu berücksichtigen wären. Von daher muss sich dieser Band auf ‚Impulse zum Dialog’ beschränken. Trotz aller Fragmentarität beschreiben die hier zusammengeführten Aufsätze dennoch eine große Bandbreite von Aspekten, die für den Dialog wichtig sind.“(9)

Die Beiträge spiegeln die Vielgestaltigkeit der Debatte und Projekte des interreligiösen Gespräches wider:

„Manchmal hat man den Eindruck, als ob ein konstruktiver Dialog heute gar nicht mehr möglich wäre, als ob die Zeichen nur noch auf Abgrenzung stünden und unsere Gesellschaft von einem breiten Graben des Unverständnisses gespalten würde. Das scheint mir auch eine mediale Suggestion zu sein. An vielen Orten gibt es ein lebendiges Miteinander und gelingende Begegnungen – oft seit Jahrzehnten, in den letzten Jahren vielfach gefördert durch staatliche Integrations- und Anti-Rassismus-Programme. Sie gewinnen nur nicht so leicht öffentliche Aufmerksamkeit wie Konflikte, die es auch gibt, insbesondere ein Erstarken nationalistischer und neonazistischer Auffassungen, deren Propaganda – wie schon oft gezeigt – weniger auf Fakten beruht als vielmehr Gefühle und Vorurteile schürt. Die in diesem Band versammelten Beiträge setzen dagegen Einblicke in die gegenwärtige breite Debatte zum Dialog insbesondere in der evangelischen Kirche, verschiedene – theologische und philosophische – Ansatzpunkte zur Begründung des Dialogs. Andere Beiträge bieten Einsichten in gegenwärtige islamisch-theologische Forschungsarbeiten und schließlich werden Fragen unserer Zeit erörtert und konkrete Projekte vorgestellt.“ (12)

Grundlagen einer interreligiösen Religionspädagogik und –didaktik aus muslimisch-christlicher Perspektive möchte der Eröffnungsband der Reihe „Studien zur Interreligiösen Religionspädagogik“ Mensch werden von Zekirija Sejdini, Martina Kraml und Matthias Scharer im Verlag W. Kohlhammer (ISBN 17-031488-7) erkunden. Es geht den drei Herausgebenden

„um die Grundlagen interreligiöser Religionspädagogik und -didaktik, die wir drei aus der religionspädagogisch-theologischen Innenperspektive miteinander überlegen, bedenken und mit denen wir uns in stetigem Ringen auseinandersetzen. In diesem Prozess war uns immer wichtig, Gott nicht nur bei uns oder in der eigenen Religion bzw. Konfession zu suchen und zu finden, sondern gerade auch bei unseren Nachbarn und Freunden. Da beide Fachbereiche, Religionsdidaktik und Religionspädagogik, eng miteinander verknüpft sind, haben wir uns im Laufe des Schreibprozesses entschieden, im Hinblick auf unser Buch sowohl von Religionspädagogik als auch von Religionsdidaktik zu sprechen. Dabei verstehen wir Religionspädagogik und Religionsdidaktik als theologische Wissenschaften, die – im Fall der Religionspädagogik – auf Bildungsprozesse bzw. – was die Religionsdidaktik betrifft – Lehr-und Lernprozesse in Institutionen ausgerichtet sind. In diesem Band stehen nicht konkrete methodische Anleitungen im Vordergrund. Vielmehr bietet das Buch Grundlagen, Hintergründe und konzeptionelle Überlegungen an. Dabei ist uns wichtig, festzuhalten, dass eine interreligiöse Religionspädagogik und Religionsdidaktik nicht Selbstzweck ist, sondern im Dienste der zu Bildenden und Lernenden steht und damit auf das ‚gute Leben’ für alle ausgerichtet ist. So hoffen wir, dass dieser Band einen Beitrag zur interreligiösen Solidarität leisten kann. Leitend sind dabei das Bewusstsein für die Bedeutung der Biografie eines Menschen, die Aufmerksamkeit für Interaktion und Kommunikation, sowie der Blick für den uns umgebenden Kontext und die Sache, um die es jeweils geht. In diesem Sinne beginnen wir exemplarisch mit unseren eigenen biografischen Erzählungen. Wir setzen die Gedankenführung in Kapitel 2 mit einem Blick auf den aktuellen, uns bedingenden Kontext fort. Im Kapitel 3 gehen wir auf die anthropologischen, theologischen und bildungstheoretischen Grundlagen einer interreligiösen Religionspädagogik und Religionsdidaktik ein, die sich am Beispiel von Christentum und Islam orientiert. Kapitel 4 macht die Grundlagen bisheriger Innsbrucker Religionspädagogik und Religionsdidaktik aus christlicher und muslimischer Perspektive deutlich. Diese sollen im Kontext des empirisch ausgerichteten Bandes 2 ‚Interreligiöse Bildungsprozesse. Empirische Einblicke in Schul-und Hochschulkontexten’ dieser Reihe weiterentwickelt werden. In Kapitel 5 legen wir die Basis für ein möglichkeitssinniges und kontingenzsensibles Verständnis interreligiöser Religionspädagogik und Religionsdidaktik. Kapitel 6 soll – nur vorläufig abschließend – Leitlinien und Grundzüge einer solchen Religionspädagogik und Religionsdidaktik entwickeln.“(12f.)

Passend zu diesem Buch eignet sich die Lektüre der hervorragenden Paderborner Dissertation Menschsein im Angesicht des Absoluten von Darius Asghar-Zadeh, der im Verlag Ferdinand Schöningh (ISBN 506-78708-8) eine beeindruckende theologische Anthropologie in der Perspektive christlich-muslimischer Komparativer Theologie veröffentlicht. Das Hauptaugenmerk der vorliegenden Arbeit

„gilt der Ortung und Konzeption einer zeitgemäßen innovativen Grundlegung, und zwar in Form einer christlich-islamischen komparativen bzw. interreligiösen Theologie, die sich zum einen aus einem neuen Bewusstsein der Prägerolle islamischer Einflüsse innerhalb der geistesgeschichtlichen Entwicklung des Abendlandes und aus einem neuen Bewusstsein der Entdeckung spezifisch islamischer theologisch­anthropologischer Züge insbesondere im ibn-sinischen/ibn-sinistischen bzw. im iranischen Islam, zum anderen aus der diskursiv-dialogischen Verflechtung derselben mit den Vorgaben christlich-theologischer Anthropologien zu ergeben hat. Bei diesem Weg eines Bogenschlags von der ideenhistorischen zur gegenwartsdiskursiven Betrachtung zwecks einer grundsätzlichen Perspektivenpräzisierung soll die Modernitäts- und Rationalitätsfähigkeit beider Religionen nicht bloß erkundet werden, was bislang zur Genüge versucht wurde, sondern in einem interreligiösen Diskurs zum Sprechen, möglichst zum gemeinsamen Sprechen gebracht werden. Es geht dabei nicht um die Erstellung einer ideen­historischen Totalchronologie, sondern um eine Neubewertung zentraler ideen­geschichtlicher Aspekte in ihrer Bedeutung für den (interreligiösen) Zeitdiskurs. Auch zielt die Behandlung zeitgenössischer Autoren nicht auf eine Komplettauswertung ihres Gesamtwerkes ab, sondern auf die Erschließung der für die Fragestellung entscheidenden Gesichtspunkte, vor allem in schöpfungs-­ und subjekttheologischer Hinsicht. Konzise formuliert besteht das formale Anliegen der Forschungsarbeit darin, von der interkulturell-historischen Klärung eines essentiellen philosophisch-theologischen Initialmomentes der neuzeitlich-modernen Stoßrichtung über die interreligiöse Gegenwartsjustierung derselben zum dialogtheologisch-anthropologischen Diskurs und seinen religionstheologischen Konsequenzen zu finden.“(14).

Die spezifische Fragestellung der umfangreichen Studie lautet:

Inwiefern lässt sich christlich-islamische lnterreligiosität in Form einer im Kontext der Herausforderungen des Zeit- und Zeitgeistdiskurses orientierenden theologisch-anthropologischen Dialogagenda profilieren? Und zwar muss es hierbei um eine Dialogagenda gehen, die sich aus dem Dreischritt einer interreligiös geleiteten Neueinordnung des geistesgeschichtlichen Prozesses des christlichen Abendlandes hin zum anthropologischen Paradigma der Selbstbestimmtheit, einer Eruierung von dessen zeitdiskursiven Konsequenzen und einer dialogisierenden Erschließung entsprechen­der gegenwartstheologischer Gott-Mensch-Relationskonzepte sowohl christlichen als auch muslimischen Ursprungs ergibt. Die aktuelle Dringlichkeit dieses Forschungsdesiderats ist der Tatsache geschuldet, dass innerhalb der gegenwärtig durchaus gegebenen und sich rapide vorwärts entwickelnden interreligiös-dialogischen Bemühungen intensive dialogische Verhandlungen explizit theologisch-anthropologischer Zugänge christlicher und islamischer Provenienz zwar mehr und mehr gefordert, aber noch selten durchgeführt werden. Das Denken des Gott-Mensch-Verhältnisses im Horizont theologisch-anthropologischer Entrees eröffnet sich immer wieder aus dem Zusammenhang zwischen der Diskussion um die human-freiheitliche, menschenrechtsassoziierte Idee und der Zentralthematik der Glaube-Vernunft­Relation. Es wird mittlerweile seitens verschiedener Theologen als eine der entscheidendsten Basen der Zukunft von Interreligiosität überhaupt angenommen. Insbesondere die sensible Diskussion um den personalen Autonomiebegriff muss in einem solchen theologisch-anthropologischen Reflexionsfeld eine übergeordnete Rolle spielen.“(15)

Zur Vorgehensweise schreibt der Verfasser dieser grundlegenden Studie:

„Geht man von der dialogtheologischen Distinktion von ‚theology for, in, and after (or consequent upon) dialogue’ aus, befasst sich das erste Kapitel der Arbeit mit der Frage nach einer ‚Theologie für den Dialog’ und die Hauptkapitel II bis V demonstrieren eine ,Theologie im Dialog’. Die konkret intertheologische Relationierung und Dialogisierung im fünften Kapitel leitet bereits die in Kapitel VI konzipierte interreligiös-theologische ‚Theologie nach dem Dialog’ ein. Prinzipiell kommt die Studie um die Korrelationierung hermeneutischer und analytischer Verhandlungen innerhalb der komparativ-theologischen Untersuchungen nicht herum. Zudem sei darauf verwiesen, dass der grundsätzlich komparativ-theologische Zugang angesichts der Impakt-orientierten Thesen ideen­ bzw. rezeptionshistorische Untersuchungen in sich hineinholt, hinsichtlich der Fragen der Gotteslehre und des Menschenverständnisses dogmatische und philosophische Codierungen und in Bezug auf die zeitdiskursiv-rationale Verantwortung einer Rede vom Gott-Mensch-Verhältnis fundamentaltheologische Explikationsausgriffe. Es sind sowohl die Gotteslehre als auch das theologische Menschenverständnis hinsichtlich des Wesens- und Eigenschaftendiskurses, die den hier zu behandelnden Gegenstand bestimmen. (Dies schließt die Integration metaphysisch-ontologischer Klärungen mit ein.) Da die Begriffe ‚Gottesbild’ und ,Menschenbild’ (selbst ,Gott-Mensch-Relation’) gerade in unserem speziellen systematisch-theologischen Zusammenhang etwas banal bzw. unpräzise wirken, müssen exaktere Gegenstandsbegriffe fixiert werden. Im Kontext der Tatsache, dass wir uns – organisationsbegrifflich – im Bereich der Gotteslehre, der theologischen Anthropologie und des Zeitdiskurses bewegen, sind neben dem bereits feststellbaren Arbeits-Topos ‚Gott-Mensch-Relation der Autonomie in Theonomie’ die entsprechend zu prüfenden theologisch normativen Begriffe zu nennen: Im hiesigen Falle werden diese mit den sich bereits von den ideenhistorisch-theologischen Analysen her nahelegenden Kennzeichnungen Freiheit, Wille, Macht und Liebe angeführt. Der Begriff der Vernunft, den man zweifelsohne auch als weitere normative Grundvokabel addieren könnte, wird hier wegen der theologischen Sachgewichtungsintention der Studie als den oben genannten normativen Begriffen subsistent gedacht bzw. als Vermögensexpressive Konnotation der Macht-Vokabel verwendet. Da der o.g. Arbeitstopos einen Personbegriff-orientierten Kontext der Absolutheit/Bedingtheit-Distinktion zum Hintergrund nimmt, sind die festzulegenden normativen Untersuchungsbegriffe bewusst auf die bereits angeführten eingegrenzt worden, und zwar im Verständniszusammenhang ihrer theologisch-anthropologischen Semantik. Der organisierende Begriff der theologischen Anthropologie wird dabei stets in der Ausgewogenheit von Theozentrik und Anthropozentrik, keineswegs aber in einer einseitigen Gewichtung zu denken sein.“(23f.)

Talal Asad ist der Verfasser des im Verlag Konstanz University Press (ISBN 86253-068-7) veröffentlichten Bandes Ordnungen des Säkularen. Christentum, Islam, Moderne, der sich in die drei Kapitel gliedert „Das Säkulare“, „Säkularismus“ und „Säkularisierung“. In der Einleitung „Säkularismus denken“ schreibt der Autor: „Wie ist die Beziehung zwischen dem Säkularen als einer epistemischen Kategorie und dem Säkularismus als einer politischen Doktrin? Können sie beide Gegenstände anthropologischer Untersuchung sein? Wie hätte eine Anthropologie des Säkularismus auszusehen? Das sind die Fragen, mit denen sich dieses Buch auf eine vorbereitende Weise befasst. Wenn gegenwärtig religiöse Bewegungen einen weltweiten Aufschwung verzeichnen, wenn dies zugleich eine Flut wissenschaftlicher und journalistischer Kommentare freisetzt, dann wird offensichtlich, dass in der modernen Welt Religion mitnichten verschwindet. Von Vielen ist das ‚Wiederaufleben von Religion’ begrüßt worden, weil sie damit die Verfügbarkeit einer moralischen Dimension verbinden, die für säkulare Politik und für die Bewältigung ökologischer Probleme unabdingbar sei. Andere haben es mit Besorgnis registriert, als Symptom wachsender Irrationalität und Intoleranz im Alltagsleben. Im Feld wissenschaftlicher Erörterungen ebenso wie in dem lebensweltlicher Auseinandersetzungen nimmt die Frage des Säkularismus inzwischen breiten Raum ein. Wenn es dabei irgendeine Übereinstimmung gibt, dann die, dass eine Erzählung, die von einem geradlinigen Fortschritt vom Religiösen zum Säkularen spricht, nicht länger akzeptabel ist. Folgt daraus jedoch bereits, dass der Säkularismus keine universelle Geltung beanspruchen kann?“ (7) Der Verfasser bezeichnet es als

„eine Grundannahme dieser Studie, dass in konzeptueller Hinsicht das Säkulare vorgängig ist gegenüber der politischen Doktrin des Säkularismus, dass im Laufe der Zeit vielfältige Vorstellungen, Praktiken und Empfindungen zusammengekommen sind, um das Säkulare zu formieren. In den folgenden Kapiteln setze ich deshalb mit Auszügen aus der Genealogie dieses Konzepts ein, ein Bemühen, das darauf zielt, die vermeintliche Selbstevidenz dieses Konzepts zu hinterfragen, gleichzeitig jedoch geltend zu machen, dass es etwas Reales charakterisiert. Mein Rückgriff auf Genealogie leitet sich dabei natürlich von den Formen ihrer Verwendung bei Foucault und Nietzsche her, obgleich damit nicht behauptet sein soll, dass er ihnen in jedem seiner Züge folgt. Genealogie soll hier nicht als ein Ersatz für Sozialgeschichte (oder ,wirkliche Geschichte´ wie Viele sagen würden) verstanden werden, sondern als ein Verfahren, das von unserer Gegenwart aus zu den Kontingenzen zurückschreitet, die zusammenkamen, um uns unsere Gewissheiten zu geben. Aber genau deshalb, d. h. weil das Säkulare so sehr Teil unseres modernen Lebens ist, ist es nicht einfach, es direkt zu erfassen. Am besten, denke ich, kann es gewissermaßen über seine Schatten aufgespürt werden. Deshalb gilt meine besondere Aufmerksamkeit im 1. Kapitel der für die moderne Rede von ‚Verzauberung’ zentralen Vorstellung vom Mythos in einigen ihrer historischen Erscheinungen. Im 2. und im 3. Kapitel wende ich mich sodann dem Verhältnis zwischen Handlungsvermögen, Schmerz und Grausamkeit zu Körperlichkeit bzw. Verkörperung zu. Von diesen Erkundungen des Säkularen aus gehe ich zu Aspekten des Säkularismus über: zu Auffassungen vom Menschen, welche die Grundlage subjektiver Rechte sind (4. Kapitel), zur europäischen Rede von religiösen Minderheiten (5. Kapitel) und zur Frage, ob Nationalismus wesentlich säkular oder religiös ist (6. Kapitel). Im abschließenden Kapitel behandle ich ausführlicher Umgestaltungen der religiösen Autorität, des religiösen Rechts und der religiösen Moral im kolonialen Ägypten, die Aspekte von Säkularisierung erhellen, die in der Regel nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen.“

Mirjam Schambeck und Sabine Pemsel-Maier fragen in dem von ihnen im Herder Verlag (ISBN 451-38229-1) herausgegebenen empfehlenswerten Buch Welche Werte braucht die Welt? nach Wertebildung in christlicher und muslimischer Perspektive. Das Buch ist in folgende drei Teile gegliedert:

„Der erste Teil unternimmt im Kontext von wachsender Religionspluralität religionssoziologische und religionspädagogische Erkundungen: Michael N. Ebertz stellt aus religionssoziologischer Perspektive Befunde vor zur Wahrnehmung und Akzeptanz religiöser Vielfalt in Deutschland, die von der Konfessionslosigkeit bis zur Multireligiosität reicht, und beleuchtet den Umgang mit unterschiedlichen Wertpräferenzen sowie den Wandel von essentialistischen zu relationistischen Werten. Ulrich Riegel bietet auf der Grundlage des Religionsmonitors von 2013 und weiterer empirischer Studien eine Übersicht zu den gegenwärtigen Einstellungen zum Religionspluralismus sowie zu Religion als Faktor in den Wertorientierungen der Menschen von heute; von diesen empirischen Vergewisserungen her eröffnet er religionspädagogische Konsequenzen. Josef Freise fragt nach der Rolle von Religion und von religiöser Werteentwicklung für Migrationsprozesse und Integration; sein Fokus liegt dabei auf ihrer Bedeutung für Heimat und Beheimatung. Der zweite Teil des Buches ist religionspädagogisch motiviert und thematisiert Fragen der christlichen Wertebildung angesichts religiöser Pluralität: Rudolf Englert hinterfragt kritisch die vielfach als selbstverständlich vorausgesetzte Bedeutung von Religion für die Entwicklung des Wertebewusstseins und das Potenzial religiöser Bildung für die Wertevermittlung, um auf der Basis einer aretaischen, evaluativen und normativen Ethik den möglichen Beitrag des Religionsunterrichts zur Wertebildung zu ventilieren. Im Anschluss an eine Konturierung des Wertebegriffs macht sich Konstantin Lindner für eine religiös grundierte Wertebildung stark und benennt Zielperspektiven der Thematisierung von Werten in religiösen Lern- und Bildungsprozessen. Mirjam Schambeck sf lotet aus, welche Faktoren muslimischen Jugendlichen mit Migrations- und Fluchthintergrund die Integration erleichtern. Sie stellt die Bedeutung von Religion in diesem Zusammenhang heraus und entwickelt von dort Dimensionen einer Wertebildung, die in Integrationsprozessen eine wichtige Rolle spielen kann. Thorsten Knauth macht geltend, dass dialogisch-interreligiöses Lernen in besonderer Weise dem Charakter und der Pluralität von Werten entspricht, weil sich Wertebildung zwischen partikularen Traditionen und individuellen Perspektiven als dialogisches Lernen vollzieht. Sabine Pemsel-Maier zeichnet das Ringen der christlichen Tradition auf ihrem langen Weg zur Geschlechtergerechtigkeit nach: Weil diese seinerzeit vor ähnlichen Herausforderungen stand wie die gegenwärtige islamische Theologie, hält die christliche Tradition ein Lernpotenzial für sie bereit. Der dritte Teil des Bandes versammelt muslimische Stimmen, die den Beitrag des Islam zur Wertedebatte und zur Wertebildung in Deutschland und darüber hinaus in Europa beleuchten: Um den Umgang mit den Wertefragen im Rahmen des islamischen Religionsunterrichts in Österreich zu eruieren, nimmt Zekirija Sejdini eine Analyse der Lehrpläne und Schulbücher für den islamischen Religionsunterricht in Österreich vor; dabei stehen Menschenwürde und Menschenrechte sowie Meinungs- und Religionsfreiheit im Fokus seiner Aufmerksamkeit. Ausgehend von der Notwendigkeit einer Koranhermeneutik und der Unterscheidung zwischen ethischem und politischem Koran begründet Abdel-Hakim Ourghi den islamischen Freiheitsbegriff und entfaltet islamische Freiheitsrechte als Voraussetzung für einen reformierten europäischen Islam. Muhammad Sameer Murtaza widmet sich der Frage nach der Gewalt im Islam und macht dessen Friedenspotenzial geltend, besonders im Blick auf die umma als Gemeinschaft der Muslime. Mirjam Schambeck sf schließlich macht im Zuge ihrer Bilanzierung auf die Notwendigkeit von Aushandlungsprozessen angesichts pluraler Wertekosmen aufmerksam und öffnet diskursethische und kommunitaristische Positionen für die in Integrationsprozessen anstehenden Fragen. Sie ventiliert die Frage, wie unhintergehbare Grundwerte im Horizont des Grundgesetzes in veränderten kulturellen Kontexten realisiert werden können und welche Kriterien dafür geltend zu machen sind.“(10ff.)

Dem Thema Islamismus in der Schule widmet sich das Jan-Friederich Bruckermann und Karsten Jung im Verlag V&R (ISBN 525-70226-0) herausgegebene Buch mit Handlungsoptionen für Pädagoginnen und Pädagogen. Im Vorwort heißt es dazu:

„Aber woran erkennt man Islamisten unter den Schülerinnen und Schülern? Wo ist die Trennlinie zwischen konservativem Islam und Islamismus? Und was kann man tun, um dem Islamismus zu begegnen? Das waren die Ausgangsfragen, die uns, einen Juristen und einen Religionspädagogen, bewogen haben, uns dem Thema zu widmen. Schnell wurde klar, dass es in dem Umfeld eine Fülle von Erscheinungen, Lösungswegen, aber auch offenen Fragen gibt, sodass nur in Frage kam, Fachleute und Praktiker mit mehreren Perspektiven einzubinden. Das Ergebnis liegt in diesem Buch vor: Eine Vielzahl von Blickwinkeln schärfen das Bild vom Islamismus an der Schule. Der Umstand, dass – je nach Profession – der Blickwinkel im Detail unterschiedlich ausfallen kann, trägt unserer Ansicht nach gerade auch zu dieser Schärfung bei. Dieses Buch trifft auf eine aufgeheizte gesellschaftliche Debatte, in der viele Begriffe durcheinandergehen und in der Emotionen hochschlagen. Wir möchten einen Beitrag zur Versachlichung und zur Differenzierung leisten. Dabei sollen Probleme weder geleugnet, noch herbeigeredet werden. Bei der Konzeption des Buchs haben wir uns von mehreren Prämissen leiten lassen: Die erste Prämisse ist, dass die Bekämpfung von Islamismus an Schulen ein Phänomen ist, bei dem viele Kräfte zusammenarbeiten müssen. Als Lehrer wünscht man sich oft, dass pädagogische Lösungen ausreichen, um ein Problem zu beseitigen. Beim Islamismus ist das weitgehend nicht der Fall: Fast immer ist die enge Zusammenarbeit mit Schulsozialarbeitern notwendig. Mitunter aber auch wird das Strafrecht berührt und der Kontakt mit der Polizei ist gefragt. Was früher einmal galt – nämlich, dass pädagogische Lösungen perdu sind, wenn man die Polizei erst einmal in der Schule hat, ist heute nicht mehr so. In vielen Bundesländern sind durch Innen- und Kultusministerien gemeinsame Stabsstellen eingerichtet, die pädagogische und polizeilich-juristische Kompetenz verbinden. Dieses Buch soll eine Ermutigung sein, die Perspektiven aller Beteiligten (Schulsozialarbeit, Lehrkräfte, Polizei) kennenzulernen und das Problem gemeinsam anzugehen. Die zweite Prämisse ist, dass unserer Auffassung nach Islamismus nicht allein ein soziales Problem darstellt. Zwar ist richtig, dass prekäre Verhältnisse und Ausgrenzungserfahrungen Radikalisierungsprozesse begünstigen können, aber das ist nicht alles: Islamisten berufen sich bei ihrem Handeln explizit auf eine Religion bzw. besser: auf ein bestimmtes Verständnis einer Religion. Die Debatte, ob dieses Verständnis sachgerecht ist, ist zwar theologisch interessant, löst aber das konkrete Problem an den Schulen nicht. Wenn es aber so ist, dass das Problem religiöse Komponenten hat, ist religionspädagogische Kompetenz notwendig, um zur Deradikalisierung beizutragen. Die dritte und letzte Prämisse ist das Bekenntnis zum freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat. Es muss möglich sein, das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Religionen unter den Regeln, die der Rechtsstaat vorsieht, zu organisieren. Danach ist jeder, egal ob Muslim, Christ, Atheist, Träger von Rechten und Pflichten. Rechte wie Religionsfreiheit, Gleichheit und Partizipation sind untrennbar verbunden mit Pflichten wie der Verpflichtung zu Pluralismus und Toleranz. Ob wir das bewährte und durch das Grundgesetz fein austarierte Verhältnis zwischen Rechten und Pflichten durch die Herausforderung des Islamismus angreifen lassen, hängt ganz maßgeblich von uns selbst und unserem Umgang mit dem Phänomen ab.“(7f.)

In eine ganz andere Religion führt das im Gütersloher Verlagshaus (ISBN 579-08532-6) erstmals aus dem Englischen übersetzte hochgerühmte Buch Buddhismus verstehen. Geschichte und Ideenwelt einer ungewöhnlichen Religion von Perry Schmidt-Leukel ein. In seinem Vorwort zur deutschen Ausgabe schreibt der Verfasser:

 „Buddhismus verstehen, das heißt unter anderem: nachvollziehbar machen, warum der Buddhismus für so viele Menschen in Asien und inzwischen auch im Westen attraktiv ist. Meines Erachtens ist dies primär auf die Stärken der buddhistischen Interpretation des Lebens und den Reichtum an praktischer Erfahrung zurückzuführen und nicht etwa auf irgendwelche Faktoren, die mit dem Buddhismus selber nichts zu tun haben. Verstehen heißt aber auch, einen Sinn für die eher problematischen Aspekte zu wecken, die – wie so oft – auch im Fall des Buddhismus eng mit seinen Stärken zusammenhängen und quasi deren Kehrseite bilden. Beiden Aspekten versucht diese Einführung Rechnung zu tragen.“(10)

Und in der Einführung heißt es mit einem Zitat von Wilfred Cantwell Smith:

„‘[...] will man den Glauben der Buddhisten verstehen, so darf man nicht auf das blicken, was »Buddhismus« genannt wird. Vielmehr sollte man, soweit wie möglich, auf die Welt blicken, und zwar mit buddhistischen Augen. Um das zu können, muss man die Einzelheiten dessen kennen, was ich die buddhistische Tradition genannt habe [...] Diese Behauptung beruht auf zwei sehr wichtigen Prämissen. Zum einen müssen wir uns die buddhistische Tradition ansehen, um durch sie hindurch sehen zu können. Wir müssen verstehen, wie diese Tradition Buddhisten quasi als jene Brille diente, durch die sie ihr Leben und ihre Welt betrachteten. Zum anderen, wie Smith an anderer Stelle sagte, sind irgendwelche Wahrheiten, die sich dabei vielleicht finden lassen, streng genommen, keine buddhistischen, sondern kosmische Wahrheiten, keine Wahrheiten im Buddhismus, sondern Wahrheiten im Universum, wie Buddhisten sie gesehen haben. Von diesen beiden Prämissen lasse ich mich in den folgenden Kapiteln leiten. Das heißt, zum einen konzentriere ich mich auf grundlegende buddhistische Einblicke in das Leben, in seine existenziellen Herausforderungen, seine Hoffnungen und seine Verheißungen, weil ich an den Wahrheiten interessiert bin, die Buddhisten hier möglicherweise entdeckt haben. Zum anderen befasse ich mich mit den historischen Kontexten und Entwicklungen buddhistischer Ansichten. Ich zeige auf, wie die buddhistischen Ideen miteinander vernetzt sind und welche innere Logik meines Erachtens hinter ihrer geschichtlichen Weiterentwicklung steht. Ich gehe dabei freilich recht selektiv vor. Angesichts des hohen Alters dieser Tradition und der überaus vielfältigen Formen, die der Buddhismus innerhalb der unterschiedlichen Kulturen angenommen hat, in denen er sich ausbreitete, ist dies unvermeidlich. So konzentriere ich mich mehr auf die formative Periode und nicht so sehr auf die späteren Entwicklungen. Denn was später kam, lässt sich dann am besten verstehen, wenn man weiß, wie es vorher war. Und ich befasse mich mehr mit buddhistischen Ideen als mit praktischen oder soziologischen Aspekten. Das ist ein eher konservativer Ansatz, der heute oft als antiquiert, wenn nicht sogar als überholt abgelehnt wird. Aber ich habe mich dennoch für diesen Ansatz entschieden, weil ich davon überzeugt bin, dass unsere Praxis ganz erheblich von unseren Ideen bestimmt wird. Außerdem ist es in jedem Fall einfacher, eine Praxis mit Hilfe der ihr zugrunde liegenden Ideen zu verstehen als umgekehrt. Ich lehne das marxistische Dogma ab, dem sich heute so viele Soziologen verschrieben haben, wonach Religionen lediglich das Produkt und Epiphänomen ihrer sozialen Umgebung und der ökonomischen Bedingungen seien. Zweifellos sind Religionen in nicht unerheblichem Maße auch durch ihren sozio-ökonomischen Kontext bedingt, aber das Gegenteil ist nicht weniger wahr: Religionen haben ihrerseits Gesellschaften geprägt und verändert. In jedem Fall liefern soziologische Deutungen keine erschöpfende Erklärung für unser religiöses Leben.“(17)

Und weiter schreibt der Autor:

„Jeder Versuch, den Buddhismus zu verstehen, wird sich auch kritisch mit dem auseinanderzusetzen haben, was sich dabei als Missverständnis des Buddhismus darstellt. Historisch gesehen ist die westliche Kenntnis des Buddhismus noch ziemlich jung. Erst in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts begann im Westen das wissenschaftliche und philosophische Studium des Buddhismus. Die ideologischen Konflikte der damaligen Zeit haben die abendländische Wahrnehmung des Buddhismus erheblich beeinflusst, und das führte zu einer Reihe von Missverständnissen, die bis heute in hohem Maße auf das Bild des Buddhismus einwirken. So verstand beziehungsweise missverstand man den Buddhismus als Materialismus, Nihilismus, Pessimismus, Eskapismus usw. Bisweilen waren westliche Interpreten des Buddhismus äußerst zögerlich, wenn es darum ging, ihre einmal gefassten Ansichten zu korrigieren, selbst wenn eine verbesserte Kenntnis der buddhistischen Tradition dies notwendig machte.“(19).

Eine sorgfältige und empfehlenswerte Einführung in den Buddhismus!

5. Religion in Musik, Film, Comics und Literatur

In ihrer Dissertation an der Universität Halle-Wittenberg widmet sich Teresa Tenbergen unter dem Titel Can a Song save your Life? dem Singen im Religionsunterricht im Spiegel seiner Perspektiven. In ihrer Einleitung zu dem in der Evangelischen Verlagsanstalt Leipzig (ISBN 374-04753-6) erschienenen Buch äußerst sich die Verfasserin zur Struktur der Untersuchung wie folgt:

„»Can a song save your life?« Diese Frage ist der Titel eines Kinofilms aus dem Jahr 2013. Und sie fordert in Bezug auf das Singen im Religionsunterricht dazu heraus, nach seinem didaktischen Mehrwert auf die Suche zu gehen. Es wird ersichtlich werden, dass der Kontext schulischen Unterrichts dabei ein Spezifikum abbildet. Zwar lassen sich viele Aspekte des Singens mit Kindern und Jugendlichen auch allgemein religions- oder gemeindepädagogisch bzw. im Zusammenhang kirchenmusikalischer Arbeit fruchtbar machen, seine Perspektiven für den Religionsunterricht sind aber kontextuell gebunden und dezidiert auf ein didaktisches Spektrum fokussiert. Die vorliegende Arbeit erschließt in diesem Sinn elementare religionspädagogisch-theologische Implikationen von Singen und Gesang im Religionsunterricht und untersucht ihre didaktischen Bedingungen und Möglichkeiten. Die Arbeit bedient sich dabei eines methodischen Instrumentariums, das einen denkbar weiten Horizont beschreitet. Ausgehend von anatomisch-anthropologischen Grundlagen des Singens (II. 1.) entfaltet sie dessen theologische Prämissen und Grundlagen (II. 2.). Diese werden in einem weiteren Schritt auf das in dieser Arbeit im Fokus stehende Bedingungsfeld expliziert: Musikpädagogische und musikdidaktische Einsichten (II. 3.) bilden die Möglichkeit einer exemplarischen Wahrnehmung des Singens im Raum der Schule. Im Rahmen dieser Ausführungen wird ferner auf religionspädagogische Probleme des Singens (II. 4.) einzugehen sein. Die so gezeichneten Einsichten verstehen sich als Grundlage weiterführender Überlegungen, indem sie auf fachdidaktische Fragestellungen bezogen werden. Dabei bedient sich die vorliegende Arbeit sowohl historisch-deskriptiver Methoden (HI. 1.) als auch der Analyse empirischer Studien in diesem Kontext (III. 2.2.4.). Um das Thema weiter auszuziehen und eine Verortung innerhalb gegenwärtiger didaktischer Diskurse zu ermöglichen, werden ausgewählte religionspädagogische Konzeptionen auf ihre Anschlussfähigkeit für das Singen hin untersucht (III. 2.2.2.). Ergänzt wird dieser Blick durch den Bereich, in dem das Singen innerhalb der Religionspädagogik dezidiert Aufnahme findet: den der Methodik (III. 2.2.3.). Zweifelsohne ist eine umfassende Bestandsaufnahme innerhalb dieser Arbeit nicht möglich. Jedoch stellen die exemplarischen Einsichten einen Ermöglichungsgrund für den letzten Teil dieser Arbeit dar. Dieser widmet sich fachdidaktischen Perspektiven des Singens, die als Grundlage gegenwärtiger und zukunftsorientierter Religionsdidaktik verstanden werden können (III. 3.). Das vermag sie aufgrund der vorangegangenen theoretischen Überlegungen leisten zu können, überführt aber zugleich diese Überlegungen in praktische Impulse und Anregungen. Insofern beansprucht diese Arbeit gleichermaßen Relevanz für die wissenschaftlich-religionspädagogische Theoriebildung als auch für das Feld schulischer Praxis.“(16f.)

In ihrem Ausblick schreibt die Autorin nachvollziehbar:

„Das Singen ist eine elementare Form religiöser und christlicher Praxis. Viele der sich in ihm verbindenden Faktoren und Parameter gelten also für die Beziehung zwischen religiöser Praxis und Religionsunterricht im Allgemeinen. Allerdings nimmt das Singen in diesem Zusammenhang auch immer eine Sonderrolle ein, weil es als einzige religiöse Praxisform als solches per se nicht unmittelbar mit Religion in Verbindung steht und damit für Schülerinnen und Schüler unter Umständen einen niedrigschwelligen Zugang zu ihr anbietet. Auf dieser Schwelle zwischen Kontextorientierung, Traditionsorientierung, Lebensweltorientierung und Erfahrungsorientierung kann das Singen im Spiegel seiner religionsdidaktischen Perspektiven Ausdruck eines zeitenübergreifenden religiösen Selbstbewusstseins sein, das ganz wörtlich aber auch im Weber’schen Sinn ‚religiöse Musikalität’ beschreibt: ‚Yes. This song can save your life.’”(265f.)

Ebenfalls mit einem Zitat hat Renardo Schlegelmilchsein im Echter Verlag (ISBN 429-04372-8) veröffentlichtes Buch If you believe… Religion in Rock- und Popmusik überschrieben. In seiner Einleitung „I still believe in Rock n Roll“ bemerkt der Autor:

„In der Geschichte des Christentums spielt die Musik auch eine große Rolle. Luther hat sie nach der Theologie zum zweitwichtigsten Aspekt des Glaubens erhoben. Angefangen mit den gregorianischen Chorälen der Klöster des Mittelalters bis hin zum Neuen Geistlichen Liedgut oder Sacro­Pop ist die Musik eines der wichtigsten Gestaltungselemente des Gottesdienstes und des Gemeindelebens. Ohne Musik fehlt einfach etwas. Eine Möglichkeit, das was man empfindet, auch auszudrücken, mit mehr als nur simplen Worten. Ob es um den Lobpreis im Halleluja geht, um die Bitte um Gottes Erbarmen im Kyrie, die Musik schafft eine Dimension im Gottesdienst, die dem Ausdruck der religiösen Gefühle ein neues Mittel geben kann. Das beginnt vielleicht im Gottesdienst, aber es hört dort nicht auf. ‚Hallelujah’ ist auch ein Song von Leonard Cohen, ‚Kyrie’ ist ein 80er-Jahre-Hit der schottischen Band ‚Danny Wilson’. Im 20. Jahrhundert haben sich schier endlose Variationen der modernen Popmusik entwickelt. Rock, Pop, Hip-Hop oder Jazz können ganz genau so eine religiöse Dimension haben. Das kann ganz offensichtlich sein. Joan Osborne fragt in ‚One of us’ von 1995: Was wäre, wenn Gott einer von uns wäre? Nur ein Fremder im Bus, der genau so wie wir versucht nach Feierabend nach Hause zu kommen. Keiner wird ihn anrufen heute Abend, nur vielleicht der Papst in Rom. – Die Art-Rock Band Barclay James Harvest spricht auch ganz offen über ihren Glauben, im Lied ‚Hymn’ (kann man auch mit ‚Hymnus’ übersetzen), geht es um das Leben Jesu Christi, seine Leiden und die Auferstehung: ‚Für seine Werke haben wir ihn ans Kreuz genagelt. Er ist wieder auferstanden, als ob er uns fragen will: warum?’ Es kann aber auch ganz anders gehen. Popmusik kann religiöse Dimensionen entwickeln, ohne dass der Künstler es überhaupt beabsichtigt. Wenn Queen im Konzert ‚We Will Rock You’ anstimmen, weiß jeder im Publikum was zu tun ist: Stampf-Stampf-Klatsch! Stampf-Stampf-Klatsch! Auch hier wird ein Gefühl von Einheit beschworen, das über den Einzelnen hinausgeht. US-Rockstar Bruce Springsteen hat dieses Gefühl mal so beschrieben: ‚Wir kommen in eine Halle, und da ist nichts. Wir kommen zusammen mit den Menschen, die unsere Musik hören wollen. Und gemeinsam mit ihnen erschaffen wir etwas reales, etwas greifbares. Da liegt etwas in der Luft, das man nicht in Worte fassen kann.’ Die Popmusik bedient sich dabei auch sehr gerne der Symbolik des Christentums und der anderen Weltreligionen. Ohne die biblischen Texte über Verdammnis und Hölle würde es kein ‚Highway to Hell’ von AC/DC und kein ‚Sympathy for the Devil’ von den Rolling Stones geben.“(8f.)

Eine überraschend erhellende Spurensuche nach offenen oder versteckten religiösen Elementen in der Pop- und Rockmusik!

 

Die im LIT Verlag (ISBN 643-13372-4) veröffentlichte Dortmunder Dissertation von Ute Oskampzur narrativen Funktion von Bild-Text-Gefügen im Religionsunterricht trägt den Titel Bibliotherapeutische Arbeit mit Comics. Die Verfasserin erklärt zu ihrem Grundanliegen:

„Es drängt sich die Frage auf, wie ein aus der populären Unterhaltungsindustrie entwickeltes Medium, das Bild-Text-Gefüge Comic, in einem Unterricht eingesetzt werden kann, dessen Ziel es ist, die Lebenswirklichkeit der Schülerinnen und Schüler mit der biblisch-christlichen Orientierung in Beziehung zu bringen. So stellt sich diese Arbeit der Aufgabe, den Wechselbezug zwischen theoretischer Fundierung und schulpraktischer Erprobung darzustellen, ergänzt mit einer qualitativen Auswertung von schriftlichen Schülerbeiträgen. Daraus werden weitergehende Folgerungen für den Religionsunterricht abgeleitet.“(15)

 Nach den Kapiteln „Zur narrativen Funktion von Bild und Text“, „Bibliotherapie: Von den Anfängen bis zur gegenwärtigen Nutzung“, „Eckpunkte der Comic-Entwicklung unter Berücksichtigung früher Comics für Kinder“ sowie „Comics und Religion“ stehen im Mittelpunkt des praxisbezogenen Teils der Arbeit drei Lerneinheiten unter dem Titel ‚Freundschaft und Verantwortung’:

„In ihnen soll die unterrichtliche Umsetzung des bibliotherapeutisch akzentuierten Religionsunterrichts mit Bild-Text-Gefügen (Comics) dargelegt werden. Novum ist, sequentielle Bild-Text-Gefüge mit bibliotherapeutischen Methoden zu deuten und aus ihnen evangelisch-christliche Wertmaßstäbe als Impulse für ein verantwortungsbewusstes ethisches Handeln zu entnehmen.“(17f.)

Dem Film als Beitrag zur inklusiven Religionspädagogik widmen sich Herbert Stettberger und Carlo Avventi in ihrem ebenfalls im LIT Verlag (ISBN 643-11985-8) erschienenen Buch Experimentelles Filmen – Filmen als Experiment. In der Einleitung schreiben die Autoren:

„Experimentelle Filmarbeit eignet sich wegen ihrer Offenheit und Vielfältigkeit für inklusive Lerndidaktiken. An experimentellen Filmprojekten können grundsätzlich alle interessierten Schüler einer Gruppe partizipieren. Jeder hat die Möglichkeit, eine Aufgabe im Filmteam zu übernehmen und seinen ganz individuellen Beitrag zur Fertigstellung des Films zu leisten. Gerade vor dem Hintergrund von 1 Kor 12,4-11 ist dies von Bedeutung für die religionspädagogische Arbeit. Im experimentellen Filmteam erleben Teilnehmer, wie sich eine Gemeinschaft selbst gestalten kann und erfahren, dass jeder Mensch wertvoll für diese Gemeinschaft ist. Mit unserem Buch möchten wir deshalb zugleich für eine experimentelle Filmarbeit im Religionsunterricht und in der Gemeindearbeit werben. Unsere Leser sollen außerdem über konkrete inklusions- und religionspädagogische Potenziale informiert werden. Grundlegend ist hierbei eine Auseinandersetzung mit dem Genre Experimentalfilm.“(4f.)

 Das Buch ist wie folgt aufgebaut:

„Das erste Kapitel beinhaltet eine Annäherung an das Phänomen ‚Experimentalfilm’ als inzwischen lexikalisierte Kunstform des experimentellen Filmens. Dabei wird auch die pädagogische Relevanz des Experimentalfilms für den Unterricht ausgeleuchtet. Im zweiten Kapitel findet eine kritische Auseinandersetzung mit dem Begriff Inklusion statt. So wird der Frage nachgegangen, inwieweit eine inklusive Didaktik überhaupt realisierbar ist. Eine mögliche Antwort auf die Umsetzbarkeit inklusiver Ansätze im Unterricht liefert Kapitel 3: Die experimentelle Filmarbeit bietet für Schüler ein Maximum an Teilhabe bei der gemeinsamen Produktion eines Films. Im vierten Kapitel werden Beispiele experimenteller Filmarbeit für die Praxis aufgezeigt. Allerdings sucht man hier nach Anleitungen für einzelne Unterrichtsbausteine in Bezug auf bestimmte Jahrgangsstufen des einen oder anderen Schultyps vergebens. Denn exakt reglementierte didaktische ‚Rezepturen’ und experimentelle Filmarbeit schließen einander aus. Stattdessen werden zur Anregung Streiflichter auf verschiedene experimentelle Filmprojekte geworfen.“(5f.)

 

Rainer Oberthür und Andreas Obieglo bieten in ihrem im Kösel-Verlag (ISBN466-37195-2) veröffentlichten Band Was glaubst du? eine Schatzkiste wertvoller Briefe und einfühlsamer Lieder zwischen Himmel und Erde samt einer CD mit 16 Liedern von Carolin No zum Buch. In der Einführung zu den „Briefen für alle im Haus“ schreibt Rainer Oberthür:

„WAS GLAUBST du? Ein Leben lang stehen wir vor dieser Frage. Wir fragen andere danach und werden selbst gefragt. Wir erwarten und geben Antworten. Dabei wissen wir, dass Antworten unsere Fragen und unser Fragen nicht ruhig­stellen können. Denn gerade in Fragen des Glaubens kann oft die Ant­wort gar nicht so groß sein wie die Frage. In diesem Buch geht es in je 20 Frage- und Antwortbriefen um die großen Fragen unseres Lebens zwischen Himmel und Erde: nach Anfang und Ende, nach dem Ich und den anderen, nach Mensch und Welt, nach Angst und Vertrauen, nach Gut und Böse, nach Leben und Tod, nach Leid und Glück, nach Kindsein und Erwachsenwerden, nach Sprache und Musik, nach Glauben und Wissen, nach Hoffnung und Liebe – und in all diesen Fragen um die Frage nach Gott. Es geht um Fragen, die Menschen bereits als Kinder und Jugendliche stellen und sie bis zum Ende ihres Lebens nicht loslassen. Deshalb ist es ein Buch für Menschen ab ungefähr neun Jahren, für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die große Fragen stellen, Antworten suchen und finden und dann weiterfragen. Die Briefe der Neun- bis Dreizehnjährigen an mich habe ich selbst geschrieben, doch sie bringen tatsächlich echte Fragen zur Sprache, die mir seit rund 30 Jahren in Gesprächen, Briefen und Mails gestellt werden. In meinen Antwortbriefen geht es sowohl um das WAS, also um den Inhalt der Frage, als auch um meine Meinung und Haltung dazu, also um das GLAUBEN. Jeder Frage- und Antwortbrief steht für sich, in der Abfolge und Vernetzung untereinander ergeben die Briefe jedoch ein Ganzes, das mehr ist als die Summe der Teile. Ich antworte auf die Fragen immer als Mensch, der selber fragt, sucht und zweifelt, der aber im Fragen, Suchen und Zweifeln an das Geheimnis glaubt, das Menschen Gott nennen. Doch mit meinen Antworten will ich anderen nicht einfach sagen, was sie glauben sollen. Ich hoffe, meine Antworten helfen, selber weiterzudenken, nach eigenen Antworten zu suchen und eigene Glaubensüberzeugungen zu finden. Am besten geschieht dieses Weiterfragen und -suchen mit anderen zusammen. Glücklich wäre ich, wenn meine Antwortbriefe zu neuen Briefen mit eigenen Antworten führen. Schön wäre es, wenn mithilfe dieses Buches wir alle immer neu vor der Frage stehen: Was glaubst DU?“(10f.)

Genesis. Die biblische Schöpfungsgeschichte in Zeichen zum Wundern ist das im Patmos Verlag (ISBN 8436-0963-0) erschienene wirklich besondere Buch von Jule Gudehus überschrieben, das eine gelungene Rundumerneuerung des Prototypen vor 25 Jahren darstellt. Im zugehörigen Klappentext heißt es einladend:

„Die biblische Schöpfungsgeschichte – übersetzt in eine zeitgenössische Adaption der ägyptischen Hieroglyphenschrift, bestehend aus Piktogrammen, Symbolen, Logos und vielen anderen Zeichen unserer Zeit. Nanu? Sagt Gott nicht: ‚Du sollst dir kein Bild machen’? So ganz konsequent scheint er es jedoch selbst nicht damit zu halten, denn er erschafft den Menschen als ein ‚Bild, das uns (?!) gleich sei’. Spricht Gott hier im Pluralis Majestatis, ist er ein Vieles oder antizipiert er hier bereits die Dreieinigkeit? Rätselhaft bleibt in der Bibel überhaupt so vieles. Und es wird offenbar, dass Gott unerwartet viel Interpretationsspielraum gewährt. Den schöpft Juli Gudehus voll aus und setzt Zeichen auf ungewöhnliche und amüsante Art.“

Eine wunderbare Relecture! 21 literarische Texte von namhaften Schriftsteller_innen zu 10 Geboten enthält der im Herder Verlag (ISBN 451-37786-0) von Ludger Hagedorn und Mariola Lewandoska mit Zeichnungen von Martin Assig herausgegebene Band Dekalog heute. Im Vorwort erklären die Herausgebenden:

„Einundzwanzig renommierte Autoren unserer Tage schreiben über Gebote, deren Ursprünge weit in das erste vorchristliche Jahrtausend zurückgehen. Dies war das Grundanliegen des Vorhabens ‚DEKALOG heute’. Entstanden sind dabei: 21 literarische Erkundungen zu den Zehn Geboten, 21 Rückfragen an einige wenige biblische Verse, die mit zu den bedeutsamsten Zeilen der Weltgeschichte gehören, 21 Versuche, sich im je eigenen Erfahrungshorizont zu vergegenwärtigen, was doch zeitlos gültig zu sein beansprucht. In diesem Band sind alle Beiträge des Projektes versammelt. Unterschiedlich fallen dabei nicht nur die Herangehensweisen und literarischen Sujets aus. Unterschiedlich sind auch die religiösen und ethischen Grundierungen: So wie die biblischen Zehn Gebote ausdrücklich zu einem Individuum sprechen, so sind auch die Antworten der Schriftstellerinnen und Schriftsteller in diesem Band angesiedelt in jenem weiten Echoraum, den der menschheitsbegleitende Gesetzeskanon ebenso wie zeittypische Wertsetzungen bilden. ‚DEKALOG heute’ - das sind einundzwanzig Anstöße für die Aktualität der Zehn Gebote im 21. Jahrhundert, teils persönlich, teils polemisch, manchmal amüsant, in ganz verschiedenen Genres, anspruchsvoll und überraschend.“(9)

Eine wahre Schatztruhe von aktuellen Wegweisern! Im Zwischenraum von Literatur und Religion bewegen sich auch die von Jan-Heiner Tück und Tobias Mayer ebenfalls im Herder Verlag (ISBN 451-37886-7) herausgegebenen Wiener Poetikvorlesungen Nah – und schwer zu fassen:

„Sibylle Lewitscharoff, Thomas Hürlimann, Nora Gomringer, Alois Brandstetter, Christian Lehnert und Felicitas Hoppe haben sich auf das Wagnis eingelassen und aus ihrer je eigenen Perspektive über Literatur und Religion gesprochen. Stimme, Mimik und Gestik der Vortragenden konnten im Medium der Schrift nicht festgehalten werden, wohl aber die Reflexionen, die vorgetragen wurden. Der Titel Nah und schwer zu fassen spielt auf Hölderlins Patmos-Hymne an und verweist auf die Schwierigkeit, Transzendenzerfahrungen zur Sprache zu bringen. Das Staunen über das Nahekommen des Heiligen kann die Sprache verschlagen – und doch verlangt gerade das Widerfahrnis des Unaussprechlichen nach sprachlichem Ausdruck. Schon in der Theologie gilt die Warnung, nicht allzu direkt mit Begriffen auf das Mysterium zuzugreifen; zu groß ist die Gefahr, sich an der göttlichen Unbegreiflichkeit zu vergreifen. Si comprehendis, non est Deus, mahnt der hl. Augustinus. Auch wenn christliche Theologie daran erinnern wird, dass der Unbegreifliche sich selbst begreiflich machen wollte und durch die Menschwerdung seines Wortes dem Menschen nahegekommen ist, dass also negative Theologie aus offenbarungstheologischen Gründen nicht das letzte Wort behalten kann, bleibt doch der Vorbehalt der Unverfügbarkeit. Und dieser Vorbehalt gilt wohl auch für die Literatur. Jedenfalls scheint sie gut beraten, wenn sie Phänomene der Transzendenz oder das Nahekommen des Heiligen nicht direkt zur Darstellung bringt. Sie könnte natürlich auch schweigen und ganz darauf verzichten, sich dem Unaussprechlichen zu nähern. Aber: ‚Es entkräftet die ganze Sprache, wenn es keine Worte mehr gibt, die um des Unaussprechlichen willen gesprochen werden.’ (Bodo Strauss) Im Modus der Anspielung, als tastende Andeutung, als diskrete Umkreisung kann Literatur die Epiphanie des ganz Andern ermöglichen. Manchmal reicht schon die poetische Markierung einer Leerstelle, die Anzeige eines Fehls, der Verweis auf das Nichts, um in der Sprache einen Ort freizuhalten, an dem die Fülle aufscheinen könnte - wie in den Windzügen von Christian Lehnert: Der Gott, den es nicht gibt, in mir ein dunkler Riß, ist meiner Seele nah, sooft ich ihn vermiß.“(23f.)

Ein Lektürewagnis, das zum nachhaltigen Erlebnis wird!

6. Weitere theologische Disziplinen

Hilfreiche Wege zur selbstständigen Auslegung der Bibel zeigt Horst Klaus Berg mit seinem in Kooperation der Verlage Calwer (ISBN 7668-4424-8) und Matthias Grünewald (ISBN 7867-3125-2) erschienenen Buch Gottes Wort braucht keinen Vormund auf. In seiner Einleitung „Die Bibel in unserer Zeit“ schreibt der Verfasser ausführlich zur Absicht des Werkes:

„Wo der Leser, die Hörerin nicht mehr als passive Adressaten, sondern als aktive Subjekte des Verstehens wahrgenommen und ernstgenommen werden, brauchen sie Angebote der Unterstützung für diese neue Arbeit. Damit war die leitende Fragestellung für meine weitere Arbeit an und mit der Bibel gefunden: Eigenständige erfahrungsbezogene Auslegung, die nach Impulsen für einen wachen Glauben und ein gelingendes Leben sucht. Ich will mein Wissen, meine Gedankengänge und meine Fragen mit den Lesern teilen. Ich sehe vier Bereiche, die zu klären sind, wenn sich Leserinnen und Hörer auf den Weg zum eigensinnigen Verständnis machen: 1. Informationen, die zum sachgemäßen Verständnis der biblischen Überlieferung gehören (z.B. Geschichte Israels und des Urchristentums). Dies werde ich indirekt tun, indem ich vorliegende Angebote vorstelle. Manche Bibeln enthalten kurze Einführungen, Sacherklärungen usw. – Es werden allgemeinverständliche Kommentare zur Bibel angeboten, die Nicht-Experten bei einer eigenständigen Lektüre behilflich sind. – Dazu kommen Veröffentlichungen, die zu einer Reihe biblischer Texte Interpretationen anbieten. Ich werde entsprechende Vorschläge mit kurzen Erläuterungen vorstellen. 2. Es liegt auf der Hand, dass es nicht damit getan ist, den Leserinnen und Lesern Ergebnisse von Bibelinterpretationen vorzulegen. Dann wären sie wieder nur ‚Adressaten’ vorgegebener Informationen. Ich will Leben fördernde Wege zur Bibel so beschreiben, dass andere sie mit eigenen, selbst gewählten Schritten gehen können. Das bedeutet praktisch: Ich beschreibe unterschiedliche Interpretationswege, ihre Ausgangspunkte, Ziele und Methoden. Diese Wege, ihre Voraussetzungen, Methoden und Ergebnisse lassen sich unter dem Fachbegriff ‚Hermeneutik’ zusammenfassen (‚Hermeneutik’ bedeutet im Wortsinn ‚Lehre vom Verstehen’. Sie wird schon seit der Antike in Philosophie und Kunstwissenschaft, in Literaturwissenschaft und Theologie lebhaft diskutiert). Im Interesse der Anschaulichkeit und Überprüfbarkeit will ich die unterschiedlichen Auslegungskonzepte exemplarisch als Wege zu einem Text aus dem Ersten Testament darstellen. Ich wähle eine Erzählung, die wie kaum eine andere überlagert, ja verschüttet ist von widerstreitenden dogmatischen Überhö­hungen, ideologischen Interessen und anderem ‚Schrott’: Die so genannte Erzählung vom »Sündenfall« (Gen 3). 3. Ich hatte darauf hingewiesen, dass zur erfahrungsbezogenen Interpretation biblischer Texte auch die Auslegung der eigenen Situation gehört (Intensive Selbstwahrnehmung). Hier wird besonders einleuchtend, dass der so genannte Laie – also der Bibelleser ohne professionelle Ausbildung und ohne Amt – ins Zentrum zu rücken und als Subjekt der Auslegung zu begreifen ist. Das Expertenwissen wird damit keineswegs überflüssig. Es wird zu überlegen sein, in welcher Beziehung künftig ‚Laie’ und ‚Experte’ zu sehen sind, damit es zu einer fruchtbaren Arbeit kommt. 4. In meiner Arbeit mit dem Ravensburger ‚Biblischen Gesprächskreis’ ist mir noch eine weitere Perspektive aufgegangen: Die Bedeutung der Kommunikation. Wer an eigenen Sichtweisen und Erkenntnissen arbeitet, sollte bereit sein, sie aufs Spiel zu setzen, sie befragen zu lassen, zu bezweifeln, zu klären, sie zu bestärken ... Das kann gut in der Gruppe gelingen. Das muss nicht bedeuten, dass es zu einem stabilen Gruppenkonsens im Blick auf einen Bibeltext kommen muss – das wäre sogar problematisch. Aber ein respektvolles Gespräch gegenseitiger Befragung ist wichtig. Ich erfahre: a) Meine Sicht ist gefragt und wird ernst genommen. b) Ich muss und ich kann sie klären und stützen im Diskurs. c) Sie kann neben anderen bestehen, nicht als die, die sich allein im Gespräch durchsetzt, sondern als eine sinnvolle Sichtweise. An dieser Stelle zeigt sich ein schwer wiegendes Problem: Die Gefahr, dass das Verständnis willkürlich wird und biblische Texte für bestimmte Absichten in Anspruch genommen werden. – Beispiele dafür gibt es genug! Auch dies wird noch näher zu klären sein. Das alles sind Versuche, die Leserinnen und Leser bei der eigenen ‚Wegarbeit’ zu unterstützen. Meine Vision ist: Das Buch könnte ein wenig dazu beitragen, dass aus der vorherrschenden ‚Theologie für die Gemeinde’ eine ‚Theologie der Gemeinde’ wird, selbst verantwortet, vielgestaltig, bunt – wie die heute am Verstehen Interessierten und nicht zuletzt die biblische Überlieferung selbst.“(14f.)

Ein hervorragendes Gesprächsangebot! Kreative Impulse für Lehrende möchten Markus Lau und Nils Neumann mit ihrem im Verlag V&R als UTB erschienenen Buch Das biblische Methodenseminar vermitteln. Die beiden schreiben zu ihrem Anliegen und Ziel:

„Neue Methodenbücher zur biblischen Exegese bedürfen angesichts des Überangebots von entsprechenden Publikationen auf dem Buchmarkt eigentlich einer Rechtfertigung. Nicht so bei diesem Buch. Denn sein inhaltliches Profil und sein Anliegen sind neu. Es richtet sich nicht primär an Studierende der Theologie oder Religionswissenschaft, sondern an Lehrende, die Methodenseminare zur alt-und neutestamentlichen Exegese anbieten. Anliegen und Ziel des Buches ist es, didaktisch reflektierte, kreative und in der Praxis erprobte Anregungen für die konkrete Gestaltung von biblischen Methodenseminaren zu liefern. Das Buch spricht dabei Lehrende beider Teile der Bibel an und liefert stets Modelle für Methodenseminare im Bereich der alttestamentlichen wie der neutestamentlichen Exegese. Dazu werden jeweils die exegetischen Methoden und hermeneutischen Perspektiven kurz skizziert und in exemplarische didaktische ‚Bausteine’ für den Seminarbetrieb eingebettet. Das Ganze geschieht stets in Rückbindung an die Definition von Lernzielen, die kompetenzorientiert formuliert sind. Das Buch versteht sich insofern als verlässlicher Wegbegleiter für den Bereich des biblischen Methodenseminars.“(5)

Und zum Aufbau heißt es:

„Unser Buch soll den beschriebenen Grundeinsichten Rechnung tragen und sie für den Bereich des biblischen Methodenseminars durchbuchstabieren. Für viele Studierende stellt das biblische Methodenseminar die erste Begegnung mit der Bibelwissenschaft dar. Hier werden – im Sinne des aufbauenden Lernens, wie es für durch Module und die BA/ MA-Struktur phasierte Studiengänge üblich ist – wesentliche Grundlagen gelegt. Diesen Erstkontakt wollen wir motivierend gestalten. Der Aufbau des Buches entspricht insgesamt dem möglichen Verlauf eines Semesters. Zwischen der Einstiegsphase/-sitzung und der Abschlussphase/-sitzung der Lehrveranstaltung findet sich ein umfangreicher Hauptteil, der eine Vielzahl methodischer Zugänge zu den biblischen Texten behandelt. Hier folgen auf die Methoden, die im Rahmen der Textkonstitution Anwendung finden, zunächst klassisch synchrone Zugänge, dann klassisch diachrone Zugänge und schließlich eher rezeptionsorientierte Zugänge, die ihrerseits primär nicht eine Methode darstellen, sondern einer hermeneutischen Perspektive gleichen, die sich verschiedener konkreter Methoden bedienen kann.“(15).

Die Welt der Hebräischen Bibel. Umfeld – Inhalte – Grundthemen lautet der Titel der von Walter Dietrich im Verlag W. Kohlhammer (ISBN 17-030297-6) herausgegebenen umfassenden, zuverlässigen und wissenschaftlich aktuellen Einführung, die zweifellos ausgezeichnet die Welt der Hebräischen Bibel in ihrem Reichtum erschließen hilft. Die empfehlenswerte Basisliteratur ist in sechs Kapitel mit insgesamt 32 Paragraphen übersichtlich gegliedert: Kapitel 1 „Umfeld“ (Bibel und Orient; Bibel und Archäologie; Bibel und Geschichte; Bibel, Judentum, Christentum; Bibel, Sprache, Schrift), Kapitel 2 „Literatur“ (Biblische Literaturgeschichte; Kanonbildung; Tora; Geschichtsbücher und Geschichtsschreibung; Prophetie; Poesie und Weisheit), Kapitel 3 „Gesellschaft“ (Individuum und Gemeinschaft; Familie, Sippe, Stamm; Königtum und Staat; Wirtschaft, Stadt und Land; Krieg und Frieden), Kapitel 4 „Religionsausübung“ (Orte der Heiligkeit; Gottesdienst; Opfer und Sühne; Gebet und Gesang), Kapitel 5 „Menschenbilder“ (Grundlinien hebräischer Anthropologie; Verhältnis der Geschlechter; Richtiges Leben, Tun und Ergehen; Gewalt und Gewaltüberwindung; Schuld und Versöhnung; Leiden und Tod), Kapitel 6 „Gottesglaube“ (Gottes Einzigkeit; Gottes Offenbarung; Gottes Schöpfung; Gottes Liebe und Zorn; Gottes Allmacht und Ohnmacht; Gottes Zukunft). Eine Tabelle zur Geschichte des biblischen Israel, eine Karte zu Regionen und Landschaften Palästinas/Israels sowie ein umfangreiches Register runden das hervorragende Werk ab.

Dem Neuen Testament widmen sich die drei folgenden Neuerscheinungen: In der von ihm herausgegebenen Reihe „Basiswissen Theologie und Religionswissenschaft“ hat Lukas Bormann im Verlag V&R als UTB (ISBN 8252-4838-3) den Band Theologie des Neuen Testaments. Grundlinien und wichtigste Ergebnisse der internationalen Forschung veröffentlicht. Zur Einführung schreibt der Autor:

„Diese Theologie des Neuen Testaments stellt die Gedankenwelt der neutestamentlichen Schriften und ihrer Autoren dar. Sie konzentriert sich dabei auf die Aussagen, die theologisch relevant sind. Für die Bestimmung dieser Relevanz wird als Analysekategorie ein offenes Verständnis von Theologie zugrunde gelegt, nach dem Theologie das Verhältnis von Gott, Welt und Mensch reflektiert. Zugleich werden die Herausforderungen angenommen, die sich einem solchen Projekt innerhalb der selbstreflexiv gewordenen Moderne stellen. An die Wissenschaften werden grundlegende Fragen nach ihrer Legitimität gestellt: Was ist Wissen überhaupt? Welche Funktionen erfüllt dieses Wissen? Welches Versprechen gibt es den Wissbegierigen? Diese hermeneutische Situation hat dazu geführt, dass die aktuellsten Theologien des Neuen Testaments (Schnelle, Wright) nicht nur informieren, sondern mit den Konzepten der story und der Meistererzählung die identitätsbildenden Funktionen einer Theologie des Neuen Testaments als Erzählung aufnehmen. Diese Erzählungen geben ihren Lesern und Zuhörern ein Versprechen. Wright sieht das Ziel in einer Kirche, die er als ‚single, multi-ethnic family promised by God’ bezeichnet. Schnelle hingegen konzentriert sich auf die Liebe als das ‚Grundprinzip allen Seins’. Beide Aussagen, die eher soziologische bzw. ekklesiologische Wrights und die eher begriffliche bzw. dogmatische Schnelles, treffen eine Auswahl, die vieles, was die neutestamentlichen Autoren theologisch bewegt, unberücksichtigt lässt, z.B. die Fragen nach Gerechtigkeit, Schuld, Strafe und Vergeltung. Der vorliegende Entwurf hat sich deswegen entschieden, einen Vorstellungszusammenhang in den Mittelpunkt zu rücken, der sowohl die neutestamentlichen Texte enger zueinander in Beziehung setzt als auch der Tatsache Rechnung trägt, dass die neutestamentlichen Autoren selbst die ‚Schrift’, die das Christentum das Alte Testament nennt, als autoritativen und normativen Text sowie als grundlegende Erzählung (primary history) voraussetzen. Aus diesem dem Neuen Testament vorgegebenen Reflexionshorizont der ‚Schrift’ ragen die Aussagen über die Eigenschaften Gottes in Ex 34,6 bzw. Ps 145,8 u. ö. hervor. Sie werden innerhalb des Alten Testaments immer wieder aufgegriffen, im antiken Judentum reflektiert und von der alttestamentlichen Wissenschaft als ‚Wesensdefinition Gottes’ (Jeremias, Spieckermann) bezeichnet. Der Diskurs um die Eigenschaften Gottes, der sich vor allem in der Spannung zwischen Gerechtigkeit und Barmherzigkeit bzw. zwischen Recht und Liebe bewegt, ist demnach zugleich der Ausgangspunkt wie auch der Zielpunkt, d. h. das Versprechen, dieser Theologie des Neuen Testaments. Im Rahmen dieses Diskurses verwenden die verschiedenen neutestamentlichen Schriften Sprachformen und Ausdrucksweisen, die für sie jeweils charakteristisch sind. Die gewählte sprachliche Form und der sprachliche Ausdruck bestimmen und begrenzen die Textaussagen, ihren Bezug zur textexternen Wirklichkeit und ihren Beitrag zur Kommunikation um die theologischen Anliegen. Jesus bevorzugt den Spruch und das Gleichnis, während Paulus dem Argumentationsstil der stoisch-kynischen Diatribe folgt. Das Markusevangelium reflektiert sein theologisches Anliegen als biographisches Narrativ. Matthäus und Lukas greifen das auf, setzen aber mit der Aufnahme jüdischer Diskursformen bzw. der Orientierung an der hellenistischen Fachprosa eigene Akzente. Das Johannesevangelium schlägt wiederum einen ganz anderen Weg ein, indem es die äußere Simplizität seines Sprachgebrauchs bewusst dafür einsetzt, den Leser von der komplexen theologischen These des christologischen Monotheismus zu überzeugen. Die Johannesoffenbarung schließlich entscheidet sich für eine visuelle Kommunikation in Bildern und Vorstellungen, die ganz eigene Möglichkeiten eröffnet, aber auch bestimmte Grenzen setzt. Der offene Begriff von Theologie, die Reflexion der Darstellungsform einer Theologie, die Orientierung an den Eigenschaften Gottes und die Analyse der gewählten Sprach- und Ausdrucksformen stellen die vier übergreifenden Perspektiven dar, die dieser Entwurf verfolgt. Der Aufbau und die Gliederung der einzelnen Kapitel folgen der sachlichen Ordnung des gedanklichen Zusammenhangs, der durch die behandelten Themen und neutestamentlichen Schriften gegeben ist.“(11f.)

Ein beeindruckendes Gesamtbild des Neuen Testaments und seiner theologischen Aussagen!

Das von Jens Schröter und Christine Jacobi unter Mitarbeit von Lena Nogossek im Verlag Mohr Siebeck (ISBN 16-153853-7) herausgegebene internationale Jesus Handbuch steht in der langen Tradition von Deutungen des Weges, Wirkens und Geschicks Jesu von Nazaret in der Christentumsgeschichte:

„Es weiß sich den dabei entwickelten vielfältigen Zugängen verpflichtet, mit denen sich dem Faszinosum der Person Jesu genähert und in ihr das Zentrum der Wirklichkeitsdeutung aus der Perspektive des christlichen Glaubens gesehen wurde. Das Handbuch befasst sich mit der Person Jesu auf der Grundlage historisch-kritischer Theologie auf dem gegenwärtigen internationalen Forschungsstand. Dabei kommen verschiedene Perspektiven zur Geltung, die sich nicht notwendig zu einem einheitlichen Bild von Jesus verbinden, sondern unterschiedliche Sichtweisen und Akzente zu erkennen geben. Darin entspricht das Jesus Handbuch in Anlage und Durchführung der hermeneutischen Einsicht, dass es nicht den einen ‚richtigen’ Zugang zu Jesus gibt, sondern verschiedene Interpretationen seiner Person und ihrer Bedeutung nebeneinanderstehen können. Das Handbuch ist in fünf Hauptteile gegliedert. Einer grundlegenden Einführung in seinen Gegenstand (Teil A.) folgen vier Teile, deren mittlere (Teile C. und D.) das historische Material als Grundlage einer heutigen Beschäftigung mit Jesus präsentieren und darauf aufbauend Weg und Wirken Jesu unter verschiedenen Gesichtspunkten beleuchten. Diese Teile werden gerahmt von einer Darstellung der Geschichte der Jesusforschung (Teil B.) und Streiflichtern zur frühen Wirkungsgeschichte Jesu (Teil E.). Dieser Aufbau macht bereits deutlich, dass der historisch-kritische Zugang zu Jesus in diesem Handbuch in einen hermeneutischen Horizont gestellt wird, der die lange und unter unterschiedlichen Verstehensvoraussetzungen erfolgte Beschäftigung mit Jesus in der Christentumsgeschichte und darüber hinaus bedenkt und zumindest ansatzweise erkennen lässt, dass die Wirkungen, die von seiner Person ausgegangen sind, in eine solche Betrachtung einzubeziehen sind. Auf diese Weise sollen nicht zuletzt ältere Forschungsparadigmen mit gegenwärtig wieder verstärkt beachteten rezeptionsorientierten Zugängen in Beziehung gesetzt werden. Das so umrissene Konzept wird in der Haupteinleitung sowie in den Einführungen zu den einzelnen Teilen im Blick auf deren jeweiligen Schwerpunkt dargelegt. Diese Einführungen können deshalb als ‚roter Faden’ durch das Buch gelesen werden, die, ohne dabei den Ausführungen der Einzelbeiträge vorzugreifen, die Lektüre des Handbuchs unter einer übergreifenden hermeneutischen Perspektive ermöglichen. Das Jesus Handbuch kann und soll aber natürlich auch zur Information über einzelne Fragestellungen und Inhalte der Jesusforschung, über historische Hintergründe, archäologische Details und vieles mehr herangezogen werden. Es ist deshalb so angelegt, dass alle Einzelbeiträge für sich gelesen werden können, um die jeweiligen Themen auf dem gegenwärtigen Forschungsstand zur Kenntnis zu nehmen. Insgesamt bietet das Jesus Handbuch damit einen Einblick in die aktuellen Entwicklungen und Ergebnisse der Jesusforschung und ordnet diese zugleich in ein geschichtshermeneutisch reflektiertes Paradigma der Beschäftigung mit der Person Jesu ein.“(V.).

Ein wahrhaft gewichtiges Theologen-Handbuch!

Fenster zum Himmel. Gleichnisse im Neuen Testament lautet der Titel des im Verlag V&R (ISBN 7887-3240-0) veröffentlichen Buches von Kurt Erlemann in der bewährten Reihe seiner thematischen Einführungen ins Neue Testament. Zu den Gleichnissen schreibt der Verfasser:

„Gleichnisse gelten als ‚Urgestein’ der Jesusüberlieferung und zählen zu den populärsten Texten der Bibel. Gleichnisse sind poetische Sprachschöpfungen, die den Erfolg einer Rede oder Argumentation unterstützen. Sie sprechen nicht in erster Linie den Verstand, sondern das Herz an. Ihre Emotionalität dient der Urteilsbildung der Leser und provoziert Zustimmung oder Distanzierung. Gleichnisse bieten als fiktionale, aber realistisch wirkende Erzählungen eine neue Sicht auf die Alltagswelt, lassen sie aus der Perspektive Gottes neu wahrnehmen und laden zu einer heilsamen Korrektur von Werthaltungen und Verhaltensweisen ein. Das vorliegende Buch führt in Gleichnistheorie und Auslegungsfragen ein, legt zahlreiche biblische und außerbiblische Gleichnisse aus und entfaltet systematisch ihre theologische Bedeutung, die ‚Sache’. Da die ‚Sache’ der Gleichnisse mit Gott zu tun hat, ist das Buch zugleich eine Einführung in das biblische Gottesbild. Aber auch christologische, ethische und andere theologische Themen kommen in den Blick.“(V)

Systematisch-theologische Themen stehen im Mittelpunkt der folgenden fünf Veröffentlichungen: Doris Nauer versucht in ihrem im Verlag W. Kohlhammer (ISBN 17-030936-4) erschienenen Buch Gott – Woran glauben Christen? für Neugierige das Faszinierende des Christentums zu erläutern. Ihr Ziel ist es,

„komplexe theologische Inhalte in möglichst verständlicher Sprache und komprimierter Form wiederzugeben. Auf eine theologische Fach- und Geheimsprache wird daher weitgehend verzichtet. Die von Erik Flügge im Jahr 2016 vorgetragene These, dass v.a. die Katholische Kirche ‚an ihrer Sprache verreckt’, verdankt sich in ihrer drastischen Formulierung sicherlich seiner beruflichen Funktion als erfolgreicher Werbestratege. Trotz der provokativen Übertreibung hat Flügge m.E. jedoch einen Nerv getroffen, denn zwischen der Sprache heutiger Menschen und der Sprache, in der der christliche Glaube vermittelt wird, klafft oftmals mehr als nur eine kleine Lücke. Hubertus Halbfas geht sogar so weit, ‚Sprachstörungen in der Rede von Gott’ zu diagnostizieren. Diese sollen im Folgenden so weit als möglich vermieden bzw. ‚therapiert’ werden.“(10f.) Zurecht hält die Verfasserin fest: „Angesichts der unaufhaltsamen virtuellen und realen Globalisierung, dem unverzichtbaren Zusammenwachsen der Kulturen, den kulturell und religiös bedingten Un- und Missverständnissen scheint es dringend geboten, sich nicht nur über weltweit erstarkende Religionen wie den Islam zu informieren, sondern auch über das, was den Kern der christlichen Religion und damit den Kern des christlich geprägten Abendlandes ausmacht.“(12)

Das Buch lässt erahnen, dass das Christentum eine faszinierende und glaubwürdige, weil lebensrelevante Religion für heutige Menschen sein kann! Systematisches Orientierungswissen Anthropologie liefert das im Verlag W. Kohlhammer (ISBN 17-029668-8) von Anita Müller-Friese in der bewährten Reihe „Theologie elementar“ verantwortete Buch Gott und Mensch. Entsprechend der Konzeption der Reihe

„wird Gott als das ‚Hauptwort der Theologie’ in diesem Band unter der Perspektive der Beziehung Gottes zu dem/den Menschen thematisiert. Die Frage des Menschen nach sich selbst ist so alt wie die Menschheit. Sie wird bis heute auf verschiedenen Ebenen und in vielen wissenschaftlichen Disziplinen gestellt und unterschiedlich beantwortet. Trotz aller Antworten kommt sie aber nie wirklich zu einem Ende: Es gehört zum Wesen des Menschen nach sich selbst zu fragen. Der Schwerpunkt dieses Buches liegt auf der theologischen Frage: In welchem Verhältnis sind Gott und Mensch zu denken? Was bedeutet es für das Verständnis des Menschen von sich selbst, wenn er sich in Beziehung zu Gott sieht? Das theologische Nachdenken ist natürlich nicht der einzige Weg, die Frage des Menschen nach sich selbst zu stellen. Gerade in der heutigen Zeit gibt es viele Stimmen, die Anspruch auf eigene Antworten erheben. Einige dieser Stimmen sollen auch in diesem Buch aufgenommen werden. Sie bilden den Kontext, in dem eine theologische Anthropologie ihren Beitrag beschreiben kann und muss. Dabei geht es weniger um Konkurrenz, als um Dialog, gegenseitige Anregung und auch kritisches Infragestellen. (…) Es ist das Anliegen dieses Buches, den Beitrag christlich-theologischer Anthropologie zu formulieren und damit ein Orientierungsangebot zu machen. Darauf zielen nicht zuletzt die religionspädagogischen Anregungen in den einzelnen Kapiteln.“(9)

Nachfolge Christi leben. Schritte des Vertrauens wagen lautet der Titel des ebenfalls im Verlag W. Kohlhammer (ISBN 17-032603-3) veröffentlichten Buches von Bernd Oberdörfer, der in der Einleitung skizziert: „Der Bedarf der Klärung ist bei der akademischen Theologie nicht geringer als bei den Menschen in den Kirchengemeinden insgesamt. Der Versuch solch einer Klärung soll mit den hier zusammengefassten Gedanken vorgenommen werden. Das ist das Hauptziel des vorliegenden Buches. In die Reihe großer Namen, die sich mit dem Thema Nachfolge befasst haben, gehören neben Dietrich Bonhoeffer vor allem Karl Barth, Albrecht Schönherr, Wolfgang Huber oder Frère Roger. Ihre Beiträge zum Thema sind besonders wertvoll. Deswegen wird auf sie und ein paar weitere Denker immer wieder in den folgenden Darstellungen Bezug genommen. In der Diskussion mit ihnen kann leichter die nötige Klärung herbeigeführt und ein eigenes Verständnis von Nachfolge entwickelt werden. Die Positionen von Dietrich Bonhoeffer und Frère Roger werden sogar im ersten Kapitel gesondert, zumindest in gewissen Grundlinien, erläutert. Das Buch verfolgt aber noch ein weiteres Ziel: In der Literatur zum Thema wird kaum einmal nachvollziehbar erläutert, warum das Nachfolge-Verständnis des jeweiligen Autors so und nicht anders ist. In der Regel fehlt eine Begründung oder eine Herleitung. Das jeweilige Verständnis wird einfach in den Raum gestellt und behauptet. Das soll in diesem Buch anders sein. Es ist geradezu ein Anliegen dieser Arbeit, das Verständnis von Nachfolge so zu begründen, dass man weiß, warum gerade so und nicht anders von Nachfolge geredet wird. Es soll deutlich werden, welche Aspekte zum Nachfolge-Gedanken dazugehören. Zudem sollen Fragende wissen, womit man rechnen darf und muss, wenn man Nachfolge leben möchte. In dem Teil ‚Nachfolge als gelebter Glaube’ geht es ganz praktisch um diese Fragen. Beide Teile, das theologische Nachdenken und die Beschreibung eines Lebens in der Nachfolge, sind eng aufeinander bezogen.“(8) Ein ausgezeichnetes Jugendbuch legt der renommierte Biograph Alois Prinz im Gabriel Verlag (ISBN 522-30455-9) mit Bonhoeffer – Wege zur Freiheit vor. In seinem differenzierten Porträt dieses großen Vorbilds schreibt der Autor im Epilog „Wer hält stand?“ unter anderem:

„War auch Dietrich Bonhoeffers Leben unerfüllt? Ohne Zweifel hätte er gerne weitergelebt. Er wäre eine prägende Persönlichkeit im Nachkriegsdeutschland geworden. Andererseits ist es ebenso zweifelsfrei, dass er in seinen Tod eingewilligt hat. Sicher dachte er an sich selbst, als er in einem Brief aus dem Gefängnis den Gedanken äußerte, dass jedes Leben ein Fragment bleibe und es nur darauf ankomme, ob man ihm ansehe, ‚wie das Ganze eigentlich angelegt und gedacht war’. Rückblickend auf sein Leben hat er keine großen Brüche feststellen können. Und man darf davon ausgehen, dass er, wenn er länger gelebt hätte, seinen Grundsätzen treu geblieben wäre. Einer sentimentalen Verklärung seiner Person hätte er sich bestimmt widersetzt. Und er wäre vermutlich auch nicht damit einverstanden gewesen, ihn als Vorbild zu nehmen. Zu sehr hätte das seiner Überzeugung widersprochen, dass man immer nur allein, ohne den Halt von Vorschriften, Befehlen, einer Gruppe oder fester Normen, seine Entscheidungen fällen muss, und jede Zeit andere Antworten verlangt. Die Zeichen einer Zeit zu erkennen, dazu hat er allerdings viele Hinweise gegeben. Etwa in seiner Ethik, wo er vor jenen Politikern warnt, die sich gern als Vertreter des Volkswillens sehen: ‚Den tyrannischen Menschenverächtern gilt Popularität als Zeichen höchster Menschenliebe, sein heimliches, tiefes Misstrauen gegen alle Men­schen versteckt er hinter den gestohlenen Worten wahrer Gemeinschaft. Während er sich vor der Menge als einer der ihren bekennt, rühmt er sich selbst in widerwärtigster Eitelkeit und verachtet das Recht jedes Einzelnen. Er hält die Menschen für dumm und sie werden dumm, er hält sie für schwach und sie werden schwach [ ... ].’ Lieben bedeutet für Bonhoeffer, von sich absehen, sich hingeben zu können. Nur wer das kann, kann auch verstehen, dass Wahrheit etwas ist, das außerhalb von uns lebendig ist – für Bonhoeffer sind das die Worte Gottes, die Taten und Reden des Jesus von Nazaret. Diese Wahrheit kann auch von den anderen Menschen erfasst werden, und darum zwingt sie uns, auf andere zu hören. Das Hören auf Gott und das Hören auf Menschen gehört untrennbar zusammen. Es ist eine der erschütterndsten Erfahrungen Bonhoeffers, dass Menschen diese Fähigkeit, auf andere zu hören, abhandenkommen kann. Diese Unfähigkeit nennt er ‚Dummheit’. Sie hat nichts mit Intelligenz oder Wissen zu tun. Wer dumm ist, ist restlos mit sich selbst zufrieden. Kein Argument, und sei es noch so über­zeugend, kann ihn von den einmal gefassten Meinungen abbringen. Tatsachen, die seinen Vorurteilen widersprechen, glaubt er einfach nicht oder tut sie als belanglose Einzelfälle ab. Gegen Dummheit, so Bonhoeffer, ist man wehrlos, gerade weil in einem solchen Fall jede ‚innere Selbstständigkeit’ verloren gegangen ist. ‚Man spürt es geradezu im Gespräch mit ihm’, so Bonhoeffer, ‚dass man es gar nicht mit ihm selbst, mit ihm persönlich, sondern mit über ihn mächtig gewordenen Schlagworten, Parolen etc. zu tun hat. Er ist in einem Banne, er ist verblendet, er ist in seinem eigenen Wesen missbraucht, misshandelt. So zu einem willenlosen Instrument geworden, wird der Dumme auch zu allem Bösen fähig sein und zugleich unfähig, dies als Böses zu erkennen.’ Bonhoeffer schrieb diese Zeilen zu Weihnachten 1942, nicht lange bevor er verhaftet wurde. Er war umgeben von einer Welt, in der viele Menschen nur noch Parolen, Schlagwörtern und Befehlen folgten und die in Barbarei und Chaos versank. Angesichts der nahenden Katastrophe fragte er sich, wie es so weit hatte kommen können und welche Menschen es braucht, die in dem allgemeinen Wahn nicht mitgerissen werden: Wer hält stand?“(245ff.)

Historische und systematische Erwägungen zum Thema Theologie und Naturwissenschaften stehen im Mittelpunkt des im Verlag Königshausen&Neumann (ISBN 8260-6213-1) erschienenen Buches von Matthias Heesch. Der Verfasser schreibt in seiner Vorbemerkung über Absicht und Grenzen des Vorhabens:

„Ziel nachfolgender Überlegungen ist die Darstellung einiger wesentlicher Probleme zwischen Theologie und Naturwissenschaften, vor allem der Physik. Die Diskussion dieser Fragen soll auch mit Vorschlägen für Lösungsmöglichkeiten verbunden werden. Dieses Vorhaben ist nicht gleichzusetzen mit einer erschöpfenden Behandlung der Problematik zwischen Theologie einerseits und moderner Wissenschaft (oder auch nur Naturwissenschaft) andererseits. Die naturwissenschaftlichen Gedankenkreise, an die die vorliegenden Überlegungen vor allem anschließen, entstammen der antiken, mittelalterlich­frühneuzeitlichen und modernen Physik bzw. deren jeweiligen philosophischen und wissenschaftstheoretischen Vorfragen. Daneben sollen auch Aspekte des geschichtlichen Wandels unseres Wirklichkeitsverstehens behandelt werden, da diese den Rahmen darstellen für den Wandel des Naturverständnisses und damit auch für den Wandel in den Konzeptionen von Naturwissenschaft. Ein mit dieser Perspektive verbundenes Thema ist die Frage nach den Grenzen spezifisch physikalischen Herangehens. In gewisser Weise markiert diese Frage ein besonderes Argumentationsanliegen nachfolgender Überlegungen: Physikalische Phänomene weisen über sich hinaus, etwa auf biologische und psychische Phänomene. Wie verhalten diese sich zu den physikalisch beschreibbaren Aspekten ihres Daseins? Es zeigt sich, dass bestimmte, mehr beschreibende als erklärende, Verfahrensweisen, die – wie darzulegen sein wird – für vormoderne Wissenschaftsauffassungen insgesamt kennzeichnend sind, hier ihre Bedeutung behalten: Sie haben eine indirekte Wichtigkeit auch für den Gegenstandsbereich der (modernen) Physik, gerade weil Leben, schon im biologischen, erst recht im psychologischen Sinne, sich in seinem Bedeutungskern nur diesen spezifisch außerphysikalischen Beschreibungskategorien fügt. Hinsichtlich seiner Qualität als Lebensphänomen lässt sich ein Phänomen nicht aus den physikalischen Zusammenhängen ableiten, auf deren Grundlage es existieren mag. Aber diese physikalischen Zusammenhänge, einschließlich ihrer über die Physik hinausgehenden Konsequenzen, sind dennoch gegeben, biologische und psychische Phänomene existieren in einem physikalisch geformten Rahmen. Andererseits würde dieser Rahmen ohne die Zusammenhänge mit biologischen und psychologischen Phänomenzusammenhängen nicht zureichend verstehbar sein.“(9)

Die folgenden vier Neuerscheinungen widmen sich kirchengeschichtlichen Themen: Irene Dingel hat im V&R Verlag (ISBN 7887-3203-5) in der bewährten Reihe „Theologische Bibliothek“ eine bemerkenswerte Geschichte der Reformation veröffentlicht. Die Verfasserin skizziert ihr Vorhaben wie folgt:

„Diese Darstellung versucht die Prozesse der Etablierung und Entfaltung der Reformation im Spannungsfeld der politischen Entwicklungen in Europa nachzuzeichnen. Nicht nur Wittenberg und die von dort ausgehende Reformation kommen zur Sprache, sondern mit Zürich, Straßburg und Genf weitere reformatorische Zentren in Zentraleuropa und ihre herausragenden Akteure, deren Ausstrahlung den Westen ebenso wie den Osten Europas erreichte. Die Perspektive ist eine theologie- und ideengeschichtliche, die Kontroversen, reformatorischen Dissens, Reichspolitik, Ringen um Konsens, Krieg und Frieden von den Fragen her betrachtet, welche Impulse von der reformatorischen Lehre ausgingen, welche Wirkungen und Rückwirkungen sich im Kontext von Politik und Gesellschaft ergaben bzw. welche Transformationen reformatorische Positionen in Gang setzten bzw. selbst erfuhren. Die Abfolge der Kapitel orientiert sich weitestgehend an chronologischen Faktoren und ermöglicht zugleich einen auf Schwerpunkte konzentrierten Durchgang durch die Reformationsgeschichte. Er endet mit der durch den Augsburger Religionsfrieden von 1555 gesetzten Zäsur, der den ‚Augsburger Konfessionsverwandten’ reichsrechtliche Duldung garantierte, ohne hier jedoch eine strikte Grenze ziehen zu können.“(14f.)

Reinhold Rieger ist der Autor des im Verlag Mohr Siebeck als UTB (ISBN 16-155371-4) erschienenen Buches Martin Luthers theologische Grundbegriffe. Von „Abendmahl“ bis „Zweifel“:

„Die Theologie Luthers soll am Leitfaden ihrer Grundbegriffe und in seinen eigenen Aussagen dargestellt werden. Grundbegriffe sind hier nicht notwendigerweise streng definierte Systembausteine, sondern tragende Begriffe einer Theologie, die selbst Verkündigung des Evangeliums sein will. Sie hatten meist schon vor Luther eine Geschichte und erfuhren oft von ihm eine Umprägung, Neubestimmung, Zuspitzung, die sie zu spezifischen Begriffen seiner und der an ihn anknüpfenden Theologie werden ließen. Die alphabetische Folge der Stichwörter benennt theologische Grundbegriffe Luthers, die allerdings ein unterschiedliches Gewicht haben. Sie sind in seinen Texten sprachlich oft durch verschiedene Wörter zum Ausdruck gebracht, einerseits schon wegen des Nebeneinanders seiner lateinischen und deutschen Texte, andererseits durch Synonyme, bedeutungsverwandte Wörter, Antonyme, aber auch durch verschiedene Wortarten wie Substantive, Adjektive, Verben, in denen ein Begriff erscheinen kann. Deshalb enthalten die Belege manchmal nicht das Artikelstichwort selbst, obwohl die mit ihm gemeinte Sache in anderen Ausdrücken zur Sprache kommt. Die gebotenen Belegtexte aus den Schriften Luthers sind oft weniger Übersetzungen aus dem Lateinischen oder Frühneuhochdeutschen als eher Paraphrasen, in denen allerdings Luthers Syntax und Wortschatz noch durchschimmern.“(1)

Einen faszinierenden Bilderzyklus von Hermann Buß zu den 95 Thesen Martin Luthers haben der Künstler selbst, Lothar Teckemeyer und Silke Leonhardmit dem Titel Gnade und Barmherzigkeit im Religionspädagogischen Institut Loccum (ISBN 936420-55-5) herausgegeben. In der Hinführung heißt es:

„Um historische Aussagen auf ihre Gegenwartsrelevanz hin zu erschließen, bietet sich die Methode der Schlüsselworttechnik an. Wir lesen oder hören einen Text und fragen: ‚Welche Aussagen oder einzelne Wörter des Textes sind für unsere aktuelle Lebenswelt wichtig, ja not-wendig?’. Vergangenes und Gegenwärtiges werden so assoziativ, emotional und reflektierend zugleich zusammengebracht. Hermann Buß hat im Rahmen der Publikation ‚95 Thesen JETZT - EIN BILDUNGSBUCH’ den Auftrag erhalten, nach solchen Schlüsselwörtern in den vor 500 Jahren formulierten 95 Thesen Martin Luthers zu suchen und dazu Bilder zu gestalten. ‚Gnade’ und ‚Barmherzigkeit’ sind seine Wortentdeckungen. Gnadenlose Zeit, in denen sich nur Reiche und Vielbesitzende ein gutes Leben leisten können, gibt es heute genauso wie vor 500 Jahren. Damals war es die Ökonomisierung des Seelenheils, der Ablasshandel, der ein lukratives Geschäft war und von Martin Luther angeprangert wurde; heute sind es global agierende Kapitalmärkte mit ihren Zins- und Geldgeschäften, die über menschliche Schicksale entscheiden. Für Martin Luther war es in seinen 95 Thesen wichtig, vom Gnadenhandeln Gottes zu sprechen. Wir Menschen leben vom Zuspruch Gottes. Dieser Erkenntnis schließt sich Hermann Buß an. In einer vom Kapital bestimmten transnationalen und vernetzten Welt, in der Machbarkeitswahn, Gier und Hass allzu oft menschliches Miteinander bestimmen, sind für Hermann Buß die Schlüsselbegriffe ‚Barmherzigkeit’ und ‚Gnade’ wichtig, geradezu schützenswerte Wörter. In gnadenlosen Zeiten sind wir auf das Liebesgeschenk Gottes an uns Menschen angewiesen – verstanden auch als Aufforderung, ebenso zu handeln. Wie lassen sich Gnade und Barmherzigkeit heute darstellen, ohne in die Falle des Klischees und der trivialen Illustration zu tappen? Schnell hat der emphatische Zeitzeuge bei diesem Begriffspaar die gegenwärtigen Flüchtlingstragödien im Mittelmeer vor Augen. Die Leiden der Flüchtenden und das Engagement der nimmermüden Retter werden uns in Film und Fotografie fast täglich präsentiert. Hermann Buß setzt dieser Bilderflut von immer neuen Katastrophen- und Opferszenarien, aber auch heroischen Rettungstaten Grundsätzliches entgegen. Flucht, Notsituationen, Ablehnung und Verfolgung sind menschliche Erfahrungen, die es immer wieder gibt, auch – Gott sei Dank – vereinzelt immer wieder auch Hilfe, ein Hoffnungselement in einer heillosen Zeit. Dafür stehen Poller und Persenning. (…) Poller und Persenning spiegeln für ihn am ehesten wider, was Gnade und Barmherzigkeit heute bedeuten können. Die Persenning (Barmherzigkeit) steht für Schutz, Vorläufigkeit, Bedürftigkeit, für Unterwegssein, der Poller (Gnade) für festen Halt und Verlässlichkeit in unsicheren Zeiten.“

In neuer erweiterter Auflage ist im Verlag V&R (ISBN 525-55286-5) das Buch Frauen der Reformationszeit – Gelehrt, mutig, glaubensfest erschienen. Die Verfasserin schreibt in ihrem Vorwort:

„Mit dem vorliegenden Buch sollen exemplarisch die Protagonistinnen dieser Aufbruchszeit ins Licht gerückt werden. Neben die bereits in der ersten Auflage vorgestellten Lebensgeschichten treten neue hinzu. So die Erlebnisse der ehemaligen Nonne Florentina von Oberweimar, die ihre Gewalterfahrungen im Kloster überlieferte. Aber nicht minder bedeutsam sind die beiden Zeugnisse der bewusst an ihrem katholischen Glauben festhaltenden Klosterfrauen Caritas Pirckheimer, die als Äbtissin ihr Kloster durch die Wirren der Nürnberger Reformationsjahre führte, sowie der Chronistin Jeanne de Jussie. Sie dokumentierte die Ereignisse der Vertreibung ihres Klarissen-Konventes aus Genf, die spannend und lesenswert sind. Die Äußerungen Luthers zum weiblichen Geschlecht ergänzen nun eine Schrift aus der Feder des einflussreichsten und bekanntesten Humanisten der Zeit, Erasmus von Rotterdam, sowie eine Einordnung seiner Sicht der Frau.“(11f.)

Starke Glaubenszeugnisse von mutigen Frauen!

 

Peter Zimmerling hat im Vandenhoeck & Ruprecht Verlag (ISBN 525-56720-3) das umfangreiche Handbuch Evangelische Spiritualität Band 2: Theologie herausgegeben. Er schreibt dazu in seiner Einführung:

„Die Aufgabe, Kriterien für eine lebensförderliche Spiritualität zu entwickeln, wird die Theologie nur interdisziplinar, d.h. zusammen mit anderen Wissenschaften erfüllen können. Sonst droht angesichts der Rückkehr der Religion in die Öffentlichkeit eine zunehmende Kommerzialisierung und Verwilderung der Spiritualität. Bereits heute existiert eine Reihe von unterschiedlichen wissen­schaftlichen Zugangsweisen zur Spiritualität. Humanwissenschaftliche, histori­sche und theologische Methoden stehen dabei im Vordergrund. Sie alle sind in der Lage, nur jeweils eine Dimension der Spiritualität zu erfassen. Darum kann sich die Erforschung der Spiritualität nicht auf eine einzige Methode beschränken. Mit Hilfe der Psychologie lässt sich genauer untersuchen, welche Wirkungen unterschiedliche Formen der Spiritualität auf das gesundheitliche Befinden eines Menschen haben. Die Religionssoziologie hat empirische Untersuchungsmethoden entwickelt, mit deren Hilfe sich zumindest annäherungsweise erforschen lässt, was Menschen innerhalb und außerhalb der Kirche wirklich glauben. Historische Forschungsansätze erlauben, die unterschiedlichen Erscheinungsformen evangelischer Spiritualität im Lauf der Geschichte zu untersuchen. Von Anfang an gab es evangelische Spiritualität nur im Plural. Zudem hat die Vielzahl evangelischer Spiritualitäten im Lauf der Zeit tiefgreifende Entwicklungs- bzw. Wandlungsprozesse durchgemacht. Im Hinblick auf die Erneuerung der evan­gelischen Spiritualität ist die Erforschung ihrer Geschichte unerlässlich: Er­neuerung wird es nur in Aufnahme, Kritik und Weiterentwicklung der spirituellen Traditionen geben. Einerseits ist die Besinnung auf die reformatorischen Wurzeln evangelischer Spiritualität notwendig. Andererseits tut evangelische Spiritualität gut daran, bei den vorreformatorischen Konfessionen in die Schule zu gehen, um spirituelle Erkenntnisse und Formen zu reintegrieren, die diese bewahrt haben – ein Prozess, der sich seit einigen Jahren in vollem Gang befindet. Man denke nur an das evangelische Pilgern, an evangelische Exerzitien, an geistliche Begleitung und das Aufstellen von Lichterbäumen in evangelischen Kirchen. Darüber hinaus ist zu fragen, wo evangelische Spiritualität von den spirituellen Traditionen anderer Religionen lernen kann. Geschichte und Gegenwart zeigen, dass den verschiedenen Erscheinungsformen evangelischer Spiritualität unterschiedliche theologische Ansätze zugrunde liegen. Dabei werden schöpfungstheologische, christologische, pneumatologische und trinitätstheologische Ansätze erkennbar. Reformatorische Spiritualität ist von Haus aus christologisch geprägt, während die Spiritualität der unter­schiedlichen charismatischen Bewegungen der Gegenwart sich durch einen pneumatologischen Ansatz auszeichnet. Ich plädiere dafür, die evangelische Spiritualität in Zukunft mit Hilfe eines trinitätstheologischen Ansatzes weiterzuentwickeln, um z.B. neben der Natur die unterschiedlichen Aspekte des Menschseins unter Einschluss von Sinnlichkeit und Emotionalität in der Spiritualität stärker als bisher berücksichtigen zu können.“(21f.)

7. Didaktische Materialien und Medien

Die Erzählschiene. Das Figurentheater zum Mitmachen lautet der Titel eines im Don Bosco Verlag (EAN 426017951-456-2) erschienenen neuen Arbeitsmittels von Gabi Scherzer. Die Entwicklerin der „Erzählschienen-Theater-Werkstatt“ schreibt dazu: Die Echtholzschiene mit drei Führungsrillen

„ist ein Arbeitsmaterial, das sprachliches, bildnerisches und szenisches Gestalten ermöglicht. Durch das Gestalten einfacher Papierfiguren werden die Kinder in ihrer gestalterischen Kompetenz, Kreativität und Phantasie gefördert. Im freien Spiel erproben sich die Kinder im mündlichen Sprachgebrauch und üben sich in ihrer Ausdrucksfähigkeit. Das Entwickeln und Vorführen von Szenen führt sie direkt in die Welt des Theaters, in das szenische Gestalten. Anregungen für die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der Erzählschiene werden auf den folgenden Seiten vorgestellt. Darüber hinaus enthält dieses Heft eine kleine Starter-Geschichte (‚Lori auf See’), die beispielhaft für die Möglichkeiten des Erzählens mit der Erzählschiene stehen soll. Alle benötigten Figuren befinden sich auf den beiliegenden Ausschneidebögen. Je nach verfügbarer Zeit können Sie die farbigen Figuren ausschneiden und gleich mit dem Spiel beginnen oder Sie gestalten aus den Blanko-Schablonen mit den Kindern zunächst selbst ein Figurenset. Mit der angebotenen Gestaltungstechnik gelingt dies ganz einfach. Zusätzliche Figuren zum Ausdrucken gibt es über die kostenlose Downloadmöglichkeit. Diese bildnerische ‚Vor-dem-Spiel-Erfahrung’ wird fließend in eine ‚Nach-dem-Spiel-Kreativität’ übergehen, um die dargebotene Ge­schichte individuell zu vertiefen und zu erweitern. So entsteht eine Vielfalt an Figuren, die alle aufgrund der gleichen Technik untereinander kompatibel sind. Ein Theaterritual und einige Spieltipps machen die Geschichte zu einer richtigen Theatervorführung.“(3)

Für die Erzählschiene sind von Gabi Scherzer zwei biblische Geschichtensets erschienen: zum einen zum Psalm 23 Der Herr ist mein Hirte (ISBN 7698-23330-1) und zum anderen zur Weihnachtsgeschichte Jesus wird geboren (ISBN 7698-2329-5). Ebenfalls im Don Bosco Verlag sind in Kooperation mit dem Verlag Junge Gemeinde drei neue Bildkartensets mit vollständiger Textvorlage und Illustrationen von Petra Lefin für das Kamishibai Erzähltheater entwickelt worden: Jakob und Esau von Gabi Scherzer (EAN 426017951-439-5), Mose und der brennende Dornbusch von Klaus-Uwe Nommensen (EAN 426017951-406-7) und Die Geschichte von Petrus ebenfalls von Klaus-Uwe Nommensen (EAN 426017951-440-1). Martin Polster hat im Gabriel Verlag (ISBN 522-30482-5) mit Illustrationen von Carmen Hochmann Meine erste Wimmelbibel für Kinder ab zwei Jahren in Form eines großformatigen sechszehnseitigen Pappbilderbuchs mit Ausklappseiten veröffentlicht, das einlädt, in wimmligen Bildern die bekanntesten Bibelgeschichten zu entdecken. Ergänzend dazu ist in der Verlagsgruppe Beltz (ISBN 407-82202-4) für Kinder ab fünf Jahren Das Wimmelbuch der Weltreligionen von Anna Wils mit Illustrationen von Nora Tomm erschienen samt beiliegendem Booklet mit anschaulichen, leicht verständlich erklärten Sach- und Hintergrundinformationen zu den vierzig wichtigsten Szenen eines jeden Bildes.

Die folgenden fünf Kinderbücher stellen empfehlenswerte Neuerscheinungen dar: Sophia und das große Spiel heißt eine poetische Schöpfungsgeschichte der etwas anderen Art von Gudrun Rathke nach einer Idee von Alfred Vaupel mit durchgehend farbigen Illustrationen von Isolde Christandl für Kinder ab vier Jahren, die in der Verlagsanstalt Tyrolia (ISBN 7022-3642-7) erschienen ist. Lotta Olsson hat im Gabriel Verlag (ISBN 522-30477-1) ebenfalls für Kinder ab vier Jahren die magische Schöpfungsgeschichte Vom Wunder auf der Welt zu sein mit Illustrationen von Olof Landström und mit deutschen Versen von Ebi Naumann veröffentlicht. Das Gänseblümchen, die Katze & der Zaun heißt eine in der Verlagsanstalt Tyrolia (ISBN 7022-3437-9) für Kinder ab fünf Jahren erschienene feinfühlig-poetische Geschichte von Thomas Rosenlöcher mit durchgehend farbigen Illustrationen von Verena Hochleitner über Achtsamkeit und Respekt sowie über Vorurteil und Intoleranz. Opa, welche Farbe hat der Tod? ist das im Patmos Verlag (ISBN 8436-0953-1) veröffentlichte Buch von Annett Stütze und Britta Vorbach mit durchgehend vierfarbigen Illustrationen von Mascha Greune für Kinder ab fünf Jahren überschrieben. Im Hanser Verlag (ISBN 466-25481-7) veröffentlichte Navid Kermani Ayda, Bär und Hase, eine liebevolle Geschichte über Freundschaft, die Überwindung von Vorurteilen und ein friedliches Miteinander unterschiedlicher Kulturen für Kinder ab sechs Jahren mit S/W-Illustrationen von Karsten Teich.

Meine Kinder-Bibel für Sonnenschein und Regentage haben Albert Biesinger und Sarah im Patmos Verlag (ISBN 8436-0954-8) geschrieben. In der Einladung an die Lesenden heißt es:

„Sarah ist meine Enkelin. Sie geht in die dritte Klasse. Neulich kam sie aus der Schule nach Hause und hat gesagt: ‚Opa? Wir haben heute die Geschichte von Jesus gelesen, als er die Händler aus dem Tempel vertrieben hat. Mann, war der wütend! Da hab ich gedacht: Das kenne ich! Manchmal bin ich auch so wütend, dass ich am liebsten die Sachen durch die Gegend werfen würde! Und da ist mir zum ersten Mal aufgefallen: Jesus war ja ein >richtiger< Mensch, einer, der gelacht und geweint und auch mal getobt hat. So hatte ich die Bibel noch gar nie verstanden.’ ‚Das ist ja spannend’, habe ich ihr geantwortet. ‚Und es ist tatsächlich nicht die einzige Geschichte, in der Jesus Dinge erlebt und sagt, die uns heute noch genauso passieren. Das, was er den Menschen sagen wollte über Gott, was er selbst mit den Menschen erlebt hat, hat auch was mit deinem Leben zu tun, mit jedem Tag, an dem du morgens aufstehst.’ Das kannst du dir nicht vorstellen? Deshalb haben Sarah und ich dieses Buch geschrieben. Wir beide haben oft darüber gesprochen, welche Geschichten aus der Bibel für Kinder besonders wichtig und interessant sind. In diesem Buch wollen wir mit dir darüber nachdenken, wie die großen biblischen Geschichten dir in deinem alltäglichen Leben helfen können. Es sind Geschichten über Gott, die Jesus als Kind schon selbst gehört hat. Und es sind Geschichten über Gott, die Jesus als Erwachsener erzählt hat.“(6)

Reinhard Horn und Ulrich Walter haben für Kinder im Alter von vier bis elf Jahren in Kooperation mit dem Kontakte Musikverlag (ISBN 89617-296-9) und dem Verlag Junge Gemeinde (ISBN 7797-2112-3) das Buch Martin Luther mit dem Friedenskreuz erzählt und die gleichnamige Lieder-CD (ISBN 89617-297-6 bzw. ISBN 7797-2113-0) veröffentlicht. In ihrem Vorwort schreiben die Verfasser:

„Mit den Kindern machen wir uns auf eine Entdeckungsreise zu Martin Luther. Dabei begleiten uns die Elemente des Friedenskreuzes, viele Lieder und Geschichten, die uns zeigen, was Martin Luthers Erkenntnisse bis in die heutige Zeit für uns alle bedeuten. Es geht um Reformation – also um die spannende Rückbesinnung auf die Gute Botschaft von Jesus Christus. Was uns überliefert ist, in Worte gefasst und in Büchern gebunden, wartet auf die Entdeckung in der Kraft des Geistes, der uns jeden Tag neu Gottes Liebe schenkt, auf den Weg bringt und das Leben gestalten lässt. Was verbinden Kinder im Kindergarten und in der Grundschule mit dem Wort ‚Reformation’? Wie werden sie Zugänge zu Martin Luther und seiner großen Entdeckung finden, die ja eigentlich eine Wiederentdeckung ist? Sie bauen ihr Verstehen auf, indem sie vom Bekannten zum Unbekannten gehen. Dabei brauchen sie Ankerpunkte, an denen ihr Erleben mit ihrem Fragen und Suchen in Verbindung tritt und Bedeutung gewinnt. Dieses Buch möchte einen Weg gehen, der den bleibenden Schatz Martin Luthers für alle Christenmenschen Station für Station erschließt; schließlich hat Martin Luther als einer der Reformatoren in der Bibel Grundaussagen der Botschaft Jesu Christi (wieder)entdeckt, die bis heute unseren Glauben prägen. Darum gilt es, von unserem Glauben, auch von seiner langen Wirkungsgeschichte zu erzählen.“(5)

Den Reigen von sechs Neuerscheinungen von Materialien für die Grundschule eröffnen Damaris Knapp, Simone Graser und Ulrike Schölch mit ihren im Calwer Verlag (ISBN 7668-4427-9) erarbeiteten, von Uwe Hauser und Stefan Hermann herausgegebenen Anregungen für den Evangelischen Religionsunterricht RU kompakt Grundschule Klassen 1 / 2 Heft 1. Es enthält die drei Lernsequenzen „Und was bekommst du an Weihnachten? Gott kommt den Menschen nahe – Vom Beschenkt-Werden und Schenken“; „Das ist aber lieb! Sehen, was andere brauchen“ und „Wer bist du, Gott? Gott ist für mich wie …“ Lernstationen Religion: Mose haben Melanie Behrendt und Kirstin Jebautzke ihr im Persen Verlag (ISBN 403-20099-4) erschienenes umfangreiches Material zur schülergerechten Aufbereitung der Mose-Geschichte in der ersten bis vierten Klasse genannt. Gunther vom Stein ist der Autor des differenzierten Materials für Klasse 1 – 4 im Verlag V&R RU für morgen 2 mit den Themenfeldern Gott – Schöpfung (ISBN 525-70233-8) und RU für morgen 3 mit den Themenfeldern Kirche – Religionen – Bibel (ISBN 525-70234-5). In der Einleitung schreibt der Autor: „RU für morgen bietet themenorientierte differenzierte Arbeitsmaterialien, die sich für den Einsatz in heterogenen Religionsgruppen eignen. Durch differenzierte Aufgabenstellungen kann ein Thema oder eine Fragestellung mit Schülerinnen und Schülern unterschiedlicher Jahrgänge, Entwicklungs- und Leistungsstufen erarbeitet werden. Zu einem Material gibt es jeweils mehrere Arbeitsangebote mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Schwierigkeitsgraden. Dabei orientieren sich die verschiedenen Niveaus der Aufgabenstellungen sowohl an den Inhalten und Zielen des Lehrplans für den jeweiligen Jahrgang als auch an den Anforderungsbereichen I bis III. Der Lehrende wählt aus diesem Angebot die passenden Aufgabenstellungen und Methoden für seine Lerngruppe aus. Mit diesen differenzierten Aufgabenstellungen werden Methoden und Inszenierungen zugunsten der Lernenden in den Vordergrund gestellt. Damit wendet sich der Unterricht ab von einer traditionellen Belehrungsdidaktik zu einer Ermöglichungsdidaktik: Er bietet an, lässt unterschiedliche Perspektiven zu, allgemein gültige Wahrheitsansprüche werden relativiert.“(5) Die von Damaris Knapp, Siegfried Haas und Karin Hank im Calwer Verlag (ISBN 7668-4440-8) erarbeiteten Unterrichtseinheiten RU kompakt Grundschule  Klassen 3 / 4 Heft 1 bieten theologisch-didaktische Überlegungen und Unterrichtsbausteine zu „Gottes Reich ist wie … Gleichnissen auf der Spur“, „Weihnachten ist, wenn … Über die Bedeutung von Weihnachten nachdenken“ und „Fremdsein ist wie … Vom Umgang mit Fremden und Fremdem“. Arbeitsmaterialien für die 3. bis 9. Jahrgangsstufe enthält das von Richard Egger und Josef Schwaller im Deutschen Katechetenverein München (ISBN 88207-456-7) erarbeitete praxiserprobte Heft Ethisches Lernen im Religionsunterricht, das wie folgt aufgebaut ist:

„Das erste Kapitel soll die Leserinnen und Leser dazu anregen, diesem Buch vor dem Hintergrund ihrer eigenen Überzeugungen und Praxiserfahrungen zu begegnen und sich hierüber mit Kolleginnen und Kollegen fachlich auszutauschen. Das zweite Kapitel fasst den Beitrag des Religionsunterrichts im Rahmen ethischen Lernens zu einer Lernlandschaft (Aspekte, die im RU eine Rolle spielen) zusammen und zeigt hierbei reale Möglichkeiten wie auch Grenzen auf. Die Kapitel 3 bis 11 beziehen sich auf Kompetenzen und Inhalte, die sowohl für den Katholischen Religionsunterricht als auch für den Evangelischen Religionsunterricht repräsentativ sind und zentrale Lehrplanthemen in der Primarstufe und Sekundarstufe I darstellen. Jedes Kapitel wird mit einer griffigen Zusammenfassung relevanten theologischen bzw. religionspädagogischen Hintergrundwissens eröffnet. Diese Zusammenstellung ist nach fachwissenschaftlichen Gesichtspunkten nicht vollständig, sie bietet Lehrkräften jedoch einen praktikablen Überblick, um den Religionsunterricht zum jeweiligen Thema fachlich reflektiert planen und durchführen zu können. Zu jedem Kapitel werden mögliche Kontexte aufgeführt, in denen das jeweilige Thema zum Gegenstand der unterrichtlichen Auseinandersetzung werden kann. Daraus können Lehrkräfte hilfreiche Anregungen erhalten, um gezielt an Vorwissen anzuknüpfen, fachlich stimmige Querverbindungen herzustellen und nach dem Grundprinzip aufbauenden Lernens zu sinnvoll konzipierten Sequenzen bzw. Jahresplanungen kommen.“(4)

Für die Sekundarstufe I sind folgende Neuerscheinungen anzuzeigen: Zum einen die von Ingrid Käss, Heinz-Günter Kübler und Gerhard Ziener im Calwer Verlag (ISBN 7668-4428-6) erarbeiteten Anregungen und Materialien für den Religionsunterricht RU kompakt Sekundarstufe I Klassen 5 / 6 Heft 1 mit den Unterrichtseinheiten „Wie Menschen ihren Glauben leben: Christen, Muslime und Juden“ sowie „Gott vielfältig und geheimnisvoll – nach Gott fragen und Gott begegnen. In Kooperation der Verlage Calwer und Diesterweg ist das von Heidrun Dierk, Petra Freudenberger-Lötz, Jürgen Heuschele, Ulrich Kämmerer, Michael Landgraf, Stefan Meißner, Hartmut Rupp und Andreas Wittmann erarbeitete Arbeitsbuch für den Religionsunterricht im 9. / 10. Schuljahr Das Kursbuch Religion 3 (ISBN 7668-4328-9 und ISBN 425-07827-4) erschienen samt zugehörigen Lehrermaterialien Das Kursbuch Religion 3 (ISBN 7668-4329-6 und ISBN 425-09867-8). Es enthält die Kapitel „Nach Mensch und Welt fragen“, „Über Gott nachdenken“, „Jesus Christus begegnen“, „Der Bibel begegnen“, „Kirche in der Welt entdecken“, „Verantwortlich handeln“, „Religionen begegnen“ sowie „Grundfähigkeiten entwickeln“.

 

Unterrichtsmaterial für berufsbildende Schulen beinhaltet der von Wilhelm Schwendemann, Alisa Quast, Maria Robertus und Bernhard Goetz im Verlag V&R (ISBN 525-70231-4) in der bewährten Reihe „RU praktisch – Berufliche Schulen“ erarbeitete Band Gewalt und Aggression. Im didaktischen Kommentar des Teams heißt es:

„Aggression, Gewalt, Stress und Frustration sind hinlänglich bekannte Alltagsphänomene und bestimmen den Lebensalltag vieler Menschen, sodass es sinnvoll ist, sich auch im beruflichen Schulkontext damit zu beschäftigen. Es ist ein besonderes Anliegen der Autorinnen und Autoren (insbesondere von Landespolizeipfarrer Bernhard Goetz), dass diese Unterrichtsentwürfe auch in der beruflichen Ethik-Ausbildung eingebracht werden. Im beruflichen Alltag – z.B. dem von Polizisten und Polizistinnen – sind die Begegnungen mit diesen erarbeiteten Themen immer gegenwärtig und deshalb in der Ausbildung in der klaren Aufarbeitung wichtig und notwendig. Die angehenden Berufstätigen anderer Berufszwei­ge sollen aber ebenso auf diese Problematiken vorbereitet werden, um mit den Phänomenen umgehen zu können. So werden sie im Beruf besondere Konfliktsituationen schon im Vorfeld erkennen und für sich selbst gesundheitlich Vorsorge betreiben können. Eine gelingende unterrichtliche Vorbereitung zu Aggression, Gewalt, Stress und Frustration kann die Berufszufriedenheit unterstützen und fördern. Auch sollen die Auswirkungen in den Blick genommen werden, die auf die angehenden Arbeitnehmer*innen zukommen könnten, wenn diese zum Beispiel von sexualisierter Gewalt am Arbeitsplatz oder stressigen beruflichen Situationen bedroht sind. Wesentlich ist, dass die Berufsschüler*innen bereits in ihrer Ausbildung, mit den genannten Themen unterrichtlich konfrontiert werden, Bewältigungsstrategien kennenlernen und entwickeln können. Die vorliegenden Unterrichtskonzeptionen sind so gestaltet, dass die Schüler*innen thematisch auf den Berufsalltag vorbereitet werden. Zentrale Fragen sind z.B.: Was macht Gewalt in Form von sexualisierter und häuslicher Gewalt mit Lehrenden und Lernenden? In welchen beruflichen Situationen kann Stress entstehen? Welche Folgen können aus unbewältigten Belastungen resultieren? Wie kann man mit diesen Belastungen im beruflichen Alltag umgehen?“(4)

Gelungene Unterrichtsentwürfe und zahlreiche praxiserprobte Materialien für Schülerinnen und Schüler der Klassen 10 bis 12 (13) umfasst der im Calwer Verlag (ISBN 7668-4422-4) in der bewährten Reihe „calwer materialien. Anregungen und Kopiervorlagen“ erschienene Band Sterbehilfe und medizinisch-assistierter Suizid von Wilhelm Schwendemann, Katrin Hagen und Detlev G. Theobald.

 

Mehr als du denkst. Frische Entwürfe für spirituelle Religionsstunden lautet der Titel des von Karsten Jung, Elisabeth König und Lisa Malitte in der Neukirchener Verlagsgesellschaft (ISBN 7615-6464-6) herausgegebenen Buches, das drei Kurzentwürfe (45 Minuten), drei Jugendkulturentwürfe (90 Minuten) und drei Musikentwürfe (90 Minuten) zu den Themenfeldern „Du – Persönlich mehr, als du denkst“; „Du und ich – Gemeinsam mehr, als du denkst“ sowie „Klassiker und Kirchenjahr“ umfasst. Ruhe finden – Gott begegnen – Gemeinschaft erfahren. Meditative Gebetstreffen für ein ganzes Jahr ist das im Schwabenverlag (ISBN 7966-1741-6) von Andrea Kurnoth und Susanne Scheidt veröffentlichte Buch überschrieben. Die Verfasserinnen schreiben zum Aufbau:

„Das Buch eignet sich als Hilfe, um rasch und ohne große Vorbereitung eine Meditation gestalten zu können. Dabei lassen sich die ausgearbeiteten Entwürfe für Gebetstreffen als fertige Vorlage verwenden. Die beschriebenen Elemente lassen sich aber auch als einzelne Module frei verwenden. So können diese Ruhepunkte auf verschiedene Gegebenheiten und Personenkreise angepasst werden. Im ersten Teil des Buches findet man eine Einführung mit Informationen zum Aufbau der einzelnen Meditationen und zu den Rahmenbedin­gungen. Die verwendeten Elemente werden anschaulich vorgestellt. Eine Auflistung von Medien und Methoden erleichtert die praktische Umsetzung ebenso wie die Anregung zur Bewerbung des Angebots. Der zweite Teil des Buches enthält eine Sammlung fertig ausgearbeiteter Meditationen zu den Hochfesten und den Monaten im Jahreskreis.“(11)

Himmlisches Licht. Meditative Momente mit berühmten Kirchenfenstern lautet die letzte in diesem Überblick vorzustellende Neuerscheinung, die von Peter Kropmanns im Kösel Verlag (ISBN 466-37203-4) veröffentlicht wurde. In seiner Einführung „Faszination durch Licht und Farbe“ schreibt der Verfasser:

„Mancher wird sich an eine Reise nach Frankreich zu den Kathedralen – Hochburgen der Glasmalerei – erinnern. Anderen fällt der Besuch der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche in Berlin ein, wo das Leuchten der Fenster bleibenden Eindruck hinterlässt. Selbst wer nur an die dekorative Gestaltung einer Fensterfront im städtischen Schwimmbad um die Ecke denkt: Wo auch immer jemand lebt, welche Reiseziele er hat und wie viel er über Glasmalerei weiß – fast je­der kennt aus dem Alltag und aus seiner eigenen Umgebung die Wirkung farbiger Glasfenster auf einen Raum und seine Atmosphäre, ob es sich um eine Kapelle, Kirche oder Kathedrale, eine Synagoge, eine Moschee, ein Rathaus, eine Schule, ein Krankenhaus oder um ein pri­vates Treppenhaus handelt. Die Glasmalerei hat eine über tausend Jahre zurückreichende Geschichte und gehört zu den großen kulturellen Zeugnissen Europas, denen man an vielen Orten begegnet, besonders in Deutschland und Frankreich, aber auch in Großbritannien, Italien, Österreich und der Schweiz. Wie man durch rare Überbleibsel und Scherbenfunde weiß, wurde die Glasmalerei bereits im Orient und in der Antike entwickelt. Dabei hat sie sowohl profanen als auch sakralen Charakter. Besonders im späten Mittelalter und durch das Aufstreben des Bürgertums ent­standen für Rathäuser und Bürgerhäuser zahlreiche profane Darstellungen. Wir konzentrieren uns im vorliegenden Buch auf Glasmalerei für sakrale Bauten und damit religiöse Inhalte, auf Darstellungen von Heiligen und Szenen, die Stoff aus der Bibel illustrieren, und darüber hinaus auf moderne Interpretationen, die sich dabei von allzu enger Bindung an die Bibeltexte lösen. In gleicher Weise beschränken wir uns auf 24 Beispiele, die Einblick in die Geschichte der Glasmalerei, aber auch in ihre höchst lebendige Fortführung bis zur Gegenwart geben. Die Beispiele stehen stellvertretend für vieles, was hier interessant sein könnte, aber nicht berücksichtigt werden kann.“(7)

Ein wahrhaft kathedraler Genuss!