1. Religionspädagogik und Religionsdidaktik

  2. Praktische Theologie

  3. Biblische Theologie und bibeldidaktische Materialien

  4. Interreligiöse Bildung

  5. Andere theologische Disziplinen

  6. Bilderbücher mit religiös-ethischen Inhalten

  7. Unterrichtsmaterialien

1 Religionspädagogik und Religionsdidaktik

Die unangefochtene Pole-Position in dem diesmaligen Überblick über religionspädagogisch interessante und relevante Neuerscheinungen nimmt das von Bernhard Grümme und Manfred Pirner im Verlag W. Kohlhammer (17-043404-2) herausgegebene, unbedingt anschaffenswerte Arbeitsbuch Religionsunterricht weiterdenken. Innovative Ansätze für eine zukunftsfähige Religionsdidaktik ein, das als 55. Band in der renommierten Reihe „Religionspädagogik innovativ“ nach dem ersten Band „Religionsunterricht neu denken“ vor zehn Jahren erschienen ist. In ihrer Einführung skizzieren die beiden Herausgeber die Entwicklungen der Pädagogik und Didaktik des Religionsunterrichts unter gewandelten und sich weiter wandelnden Vorzeichen und unternehmen eine eindrucksvolle Bilanz der letzten zehn Jahre: „„Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“, so könnte man eine Fußballweisheit auch auf dem Feld religionspädagogischer Diskurse formulieren. Nachdem der Band „Religionsunterricht neu denken“ ausverkauft war und sich in Universitätskontexten, in Lehramtsseminaren und Lehrerzimmern offensichtlich größter Beliebtheit erfreute, haben wir uns entschlossen, dem erfolgreichen Band keine Neuauflage folgen zu lassen. Vielmehr soll das Muster beibehalten und doch zugleich der Referenzbereich erweitert werden. Es sollen in dem vorliegenden Band Religionsunterricht weiterdenken einige bewährte und weitergeführte, aber vor allem etliche neuere innovative Ansätze und Perspektiven der Religionsdidaktik präsentiert werden. Allerdings ist es nicht nur so, dass es ein neues Spiel gibt. Im Vergleich zu dem 2012 erschienen Band haben sich auch die Rahmungen, die Kontexte und Selbstverständnisse der Spielerinnen und Spieler wie der Zuschauerinnen und Zuschauer verändert. Religionspädagogisches Denken und religionspädagogische Praxis vollziehen sich bereits seit geraumer Zeit unter den Vorzeichen von religiöser Pluralisierung und Individualisierung und im Horizont weitreichender gesellschaftlicher wie globaler Herausforderungen. Aktuell stellt sich allerdings die besonders virulente Frage, ob diese Prozesse noch zureichend als „Entwicklung“ beschrieben können oder ob nicht vielmehr der Begriff der „Disruption“ oder der „Fragmentierung“ angemessen ist. Jedenfalls finden Religionsdidaktik und Religionspädagogik unter dramatisch gewandelten Vorzeichen statt: - Der Relevanzverlust der christlichen Großkirchen wird an den anhaltend hohen Austrittszahlen und entsprechenden Prognosen für die Zukunft sichtbar. Hier scheint sich nicht nur eine Absetzungsbewegung von einer religiösen Institution mit Wahrheitsanspruch in einer weitgehend säkularisierten Gesellschaft zu zeigen, sondern gleichsam eine massive systemische Anfrage: „Wer sind die, dass sie so massiv Geltung beanspruchen?“ Dieser Frage muss sich religiöse Bildung in der öffentlichen Schule systemisch und systematisch-konzeptionell stellen. - Die weitgehende Entkonfessionalisierung betrifft nicht nur die christlichen Kirchen, sondern auch andere Glaubens- und Religionsgemeinschaften und Religionen. Sie betrifft damit ganz unmittelbar Fragen und Formen des religiösen und interreligiösen Lernens: Was sind die Voraussetzungen und vor allem die Zielperspektiven des Religionsunterrichts unter der Voraussetzung der wechselseitigen „Anerkennung“ der verschiedenen Religionsgemeinschaften und unter Voraussetzung eines mindestens impliziten „für alle“ wie sie in pädagogischen und religionspädagogischen Diskursen begegnen? - Unter den Bedingungen von Heterogenität stellen sich folglich nicht nur adressat:innenbezogene „personale, subjektorientierte“ Fragen, sondern auch lehr- und inhaltsbezogene „fundamentaltheologische“ Fragen: Wie gehen Religionspädagogik und Religionsdidaktik mit Geltungsansprüchen im Blick auf Lehrdifferenzen, Orthodoxie und Orthopraxie um? Was zeigt sich diesbezüglich und auch unter den Bedingungen eskalierender gesellschaftlicher und ökonomischer Segregationen an „Linien“ und „Ausschlüssen“ und „blinden Flecken“ im RU? - Den als immer drängender wahrgenommenen Bezugspunkt für schulische Bildung im Lernbereich Ethik-Weltanschauung-Religion stellt die als zunehmend zerrissen und fragmentiert wahrgenommene (Welt-)Gesellschaft dar, deren Zusammenhalt angesichts von sozialer Spaltung, Hassbotschaften, digitalen Echokammern, Corona-Leugnern und Verschwörungstheoretikern in Frage steht. Angesichts dieser Gefährdungen werden die Stimmen zahlreicher und lauter, die in der Schule die ‚Vermittlung von gemeinsamen Werten' und demokratischem Bewusstsein sowie ein gemeinsames Lernen aller Schülerinnen und Schüler fordern und deshalb für einen Ethikunterricht für alle statt partikularen’ Religionsunterrichten plädieren. Wie lässt sich unter diesen Rahmenbedingungen die Sinnhaftigkeit und der unverzichtbare Bildungsbeitrag des Religionsunterrichts plausibilisieren? - Über die Frage des gesellschaftlichen Zusammenhalts hinaus werden die globalen, menschheitlichen Herausforderungen immer drängender. Sie haben sich in jüngster Zeit kristallisiert in drei global dimensionierten Krisen: der Klima-Krise, der Corona-Krise und der Ukraine-Krise (letztere war allerdings bei Planung des vorliegenden Bandes noch nicht absehbar). Alle drei Krisen haben lang gepflegte Selbstverständlichkeiten und Sicherheiten erschüttert, rissig werden und abbröckeln lassen. Und sie haben subkutan schwelende Langzeitkrisen wie globale Ungerechtigkeiten, soziale Ungleichheiten und das schwindende Vertrauen in die Integrität und Handlungsfähigkeit der Politik deutlicher werden lassen. Die Frage, was die Religionen zur Bewältigung von derartigen Krisen beitragen können und welche Beiträge ihnen zugetraut werden, hängt unmittelbar zusammen mit der Relevanz, die dem Religionsunterricht beigemessen wird.“ (10f.) Zurecht führen die Herausgeber weiter aus: „Man könnte weitere Fragen ergänzen und den Blick auf andere Felder legen. Wichtig aber ist die Grundfrage: Haben die derart wirksamen demographischen, säkulargesellschaftlichen, kirchen- und religionspolitischen Abbrüche und gesellschaftlichen wie globalen Herausforderungen Auswirkungen auf aktuelle religionspädagogische Denkfiguren und Praxisansätze? Zeigen sich konkrete Niederschläge in Entwürfen und Konzepten? Wenn Theologie und Religionspädagogik ihre Überzeugungskraft nur kontextuell und im Lichte der „Zeichen der Zeit“ erweisen können, dann macht dies eine kontextuelle Formatierung des jeweiligen Ansatzes erforderlich. Vor diesem Hintergrund haben wir Kolleginnen und Kollegen gebeten, ihre in jüngster Zeit (weiter-)entwickelten Ansätze und Perspektiven für den Religionsunterricht zu skizzieren. Wie schon im Vorgängerband haben wir die Auswahl der angefragten Autorinnen im Herausgeberteam der Buchreihe „Religionspädagogik innovativ“ diskutiert und somit versucht, ein möglichst breites Spektrum religionspädagogischer Konzepte abzudecken. Dabei ist eine solche Auswahl unausweichlich auch subjektiv gefärbt; und wir haben uns auch als Herausgeber und Reihenherausgeber:innen bewusst in den Band mit eingebracht. In den angelegten Auswahlkriterien sind wir unseren Überlegungen aus Band 1 treu geblieben: Wir sprechen auch hier nicht von Konzepten oder gar Konzeptionen, sondern, bescheidener und offener, von Ansätzen für die Weiterentwicklung des Religionsunterrichts. Das heißt, es handelt sich bei den Kapiteln dieses Bandes um grundlegende, die zentralen Dimensionen des Religionsunterrichts (Begründung, Ziele, Inhalte, Methoden, Verständnis der Lehrkräfte und der Schülerinnen) einbeziehende Überlegungen, wie der Religionsunterricht erneuert und den oben skizzierten Herausforderungen gerecht werden kann. Dabei wollen wir in einer Dreiteilung des Bandes erstens einen Raum für Weiterführungen ausgewählter, weil weiterhin wirksamer Ansätze eröffnen, zweitens einen Raum für Neuorientierungen bieten, der generelle neue Ansätze präsentiert, und schließlich drittens einen Raum für solche Ansätze schaffen, die sich dezidiert neuen Herausforderungen in Gesellschaft, Schule und Kirche stellen. Unsere Zuordnungen orientieren sich dabei an Schwerpunkten, die wir in den Ansätzen sehen; natürlich greifen die Aspekte unter zweitens und drittens auch ineinander.“ (11f.) Diese wertvolle Bestandsaufnahme zeitgemäßer Ansätze für eine zukunftsfähige Religionsdidaktik gehört in jede religionspädagogische Handbibliothek!

Gotthard Fermor, Thorsten Knauth, Rainer Möller, Andreas Obermann haben im Waxmann Verlag (8309-4336-5) in der Reihe „Glaube – Wertebildung – Interreligiosität. Berufsorientierte Religionspädagogik“ den eindrucksvollen Band Dialog und Transformation. Pluralistische Religionspädagogik im Diskurs herausgegeben, der den vorläufigen Abschluss eines längeren Arbeits- und Diskussionsprozesses markiert. Aus einer ergebnisoffenen Projektidee – die interreligiöse Verständigung über theologische und religionspädagogische Grundlagen einer von mehreren Religionsgemeinschaften verantworteten Religionspädagogik – entwickelte sich über fünf Jahre ein vielseitig wahrgenommener und rezipierter religionspädagogischer Diskussionsbeitrag für einen Religionsunterricht der Zukunft: „Die Herausgeber haben namhafte Kolleg*innen aus Religionspädagogik, Theologie und den Erziehungswissenschaften gebeten, ihre Sicht auf die im Diskussionspapier skizzierte pluralistische Religionspädagogik darzulegen, kritische Einwände zu formulieren und die Möglichkeiten einer konstruktiven Weiterentwicklung des Ansatzes zu reflektieren. Daneben beteiligen sich in diesem Band auch Autor*innen, die von Anfang an in der Projektgruppe mitgearbeitet haben, in ihren Beiträgen mit weiterführenden Perspektiven. Die kritische Auseinandersetzung mit der pluralistischen Religionspädagogik erfährt in den Beiträgen des vorliegenden Bandes damit eine Vertiefung und Präzisierung, womit das Projekt einer Pluralistischen Religionspädagogik weiter an Konturen gewinnt. Der in diesem Band dokumentierte Diskurs ist durch Beiträge von Vertreter*innen nicht abrahamitischer Religionen und nicht religiöser Weltanschauungen sowie durch internationale Diskursteilnehmer* innen deutlich geweitet. Nach einer detaillierten Einführung in den bisherigen Diskussionsprozess und der Dokumentation des Diskussionspapiers selbst (Kap. 1) steht im zweiten Hauptteil des Buches das Diskussionspapier in religionstheologischer Perspektive im Fokus der Beiträge (Kap. 2), während der dritte Hauptteil das Diskussionspapier in religionspädagogischer Hinsicht behandelt (Kap. 3). Das vierte Kapitel widmet sich dann Fragen nach möglichen Organisationsformen eines Pluralistischen Religionsunterrichts (Kap.4). Dieses Thema wird im anschließenden Kapitel im Blick auf Gestaltungskontexte und anstehende Aufgaben zur Entwicklung eines pluralistischen Religionsunterrichts entfaltet (Kap. 5). Das abschließende Kapitel bündelt die Beiträge und entwirft Perspektiven für den weiteren Diskurs (Kap. 6).“ (9f.) Der konzeptionelle Schwerpunkt der pluralistischen Religionspädagogik wird folgendermaßen skizziert: „Religiöse Bildung im öffentlichen Raum, die in der forcierten religiösen und weltanschaulichen Pluralität einer postmigrantischen Gesellschaft pluralitätsfähig und zugleich reflektiert-positionell sein will, braucht religionspädagogische Grundlagenarbeit in einer Verschränkung von theologischen und didaktischen Überlegungen. Dafür ist zu reflektieren, welche „semantischen Potenziale“ (im Sinne von Jürgen Habermas), also welche narrativen, symbolischen, ethischen Gehalte von Religionen für junge Menschen, die in einer radikal pluralisierten Welt aufwachsen, zur Geltung gebracht werden können. Und es ist zu reflektieren, auf welche Weise Bildungsprozesse so angelegt werden können, dass mit der Aneignung dieser Gehalte zugleich die Fähigkeit erworben werden kann, sich kompetent in dieser Vielfalt zu orientieren. Die in Dialog und Transformation grundgelegte Pluralistische Religionspädagogik ist sich der doppelten Herausforderung von religiöser Pluralität und pluraler Säkularität gleichermaßen bewusst. Die Wahrnehmung und das Ernstnehmen pluraler Säkularität erfordert die von Religionen und religiösen Traditionen her verstandenen klassischen Ansätze interreligiösen Lernens auf die Voraussetzung einer existenziellen Diversität (shared existentialism) zu erweitern. Angesichts der mit wenigen Ausnahmen kaum vorhandenen Ansätze einer interreligiös verantworteten Religionspädagogik widmet sich Dialog und Transformation vorrangig dem Thema religionsbezogener Vielfalt und geht diese Aufgabe mit der doppelten These einer Gleichwertigkeit von Religionen und ihres jeweiligen Bildungspotenzials an: 1) Es wird davon ausgegangen, dass in allen Religionen unverlierbare Antworten auf existenzielle Fragen und unschätzbare Möglichkeiten der Sinnvergewisserung, der ethischen Orientierung und des verantwortungsbewussten Handelns liegen. Diese Deutungsangebote mögen in unterschiedlicher Weise und Form ihren je religionsspezifischen Ausdruck finden, beziehen sich aber auf allgemeine kategorial-anthropologische Grundfragen und begründen von daher keine Hierarchie der Antworten, die nach Religionen sortiert und bewertet werden können. 2) Es wird von einem gleichberechtigten und gleichwertigen Zugang der Religionen zu Wahrheit und Heil in der ungeteilten Weltwirklichkeit ausgegangen. Keine Religion hat einen privilegierten Zugang zur Wahrheit oder erfasst die Wirklichkeit umfassender als andere Religionen (und Weltanschauungen). Dies ermöglicht eine von Gleichheit und Anerkennung getragene Begegnung der Religionen auf Augenhöhe. In der Verbindung dieser beiden Thesen liegt der konzeptionelle Schwerpunkt der pluralistischen Religionspädagogik. Sie geht grundlegend von einer Bestimmung des Verhältnisses zwischen den Religionen und Konfessionen aus, das nicht auf Abgrenzung und Herausstellung von Differenzen zielt, ondern auf Dialog und Konvivenz. Im Interesse der Herausarbeitung gemeinsamer Perspektiven nehmen die beteiligten Dialogpartner* innen institutionelle Eigeninteressen zurück zugunsten der im Dialog zu eruierenden verbindenden Anliegen und Fragestellungen.“ (16f.) Im Schlusskapitel werden zentrale Gesichtspunkte der Weiterentwicklung der pluralistischen Religionspädagogik und Perspektiven sowie Anfragen erörtert: „Das Projekt der pluralistischen Religionspädagogik versteht sich als offener Prozess, der von Menschen vorangetrieben wird, die sich der Bearbeitung religionspädagogischer und theologischer Fragen im Interesse einer zukunftsfähigen Bildung junger Menschen widmen. Das Projekt entwirft Konturen einer Religionspädagogik, die sich mit der stets in Bewegung bleibenden, niemals fixierbaren Vielfalt religiöser und weltanschaulicher Vorstellungen und Deutungsmuster auseinandersetzt, um sie für Bildungsprozesse fruchtbar zu machen. Sie kann so gesehen nicht an ihr Ende kommen, sondern verändert sich permanent in Aufnahme kritischer Anfragen und neuer, bereichernder Perspektiven. So war der Prozess von Beginn an ergebnisoffen angelegt. Als die Projektgruppe sich erstmals traf, gab es weder einen Masterplan noch eine Veröffentlichungsabsicht. Diese kristallisierte sich erst im Laufe der Gespräche heraus, als konzeptionelle Konvergenzen sichtbar wurden, die es verdienten, verschriftlicht zu werden. Dennoch war auch in dieser Phase die Arbeit vom Bewusstsein getragen, kein systematisch geschlossenes Konzept vorlegen zu wollen, sondern einen Entwurf, der in seiner fragmentarischen Unvollkommenheit und positionellen Pointierung Diskussion und Kritik auf breiter Basis evozieren sollte. Bewusst setzten wir das Diskussionspapier einer kritischen Betrachtung aus unterschiedlichen Perspektiven aus - darunter auch solchen, die anderen theologischen, religionspädagogischen oder bildungspolitischen Prioritäten folgen. Das Ergebnis dieses ersten Diskussionsprozesses liegt in diesem Sammelband vor. Ein wichtiger Schritt ist dies auch deshalb, weil dieser mehrperspektivisch angelegte Band an sich bereits ein Statement enthält – nämlich, dass die Zukunft religionsbezogener und weltanschaulicher Bildung zentral von Kooperation bestimmt sein wird. Aus den unterschiedlichen Beiträgen lassen sich Perspektiven wie auch kritische Anfragen rekonstruieren, die dazu beitragen, die pluralistische Religionspädagogik weiterzuentwickeln.“ (511) Dazu zählen beispielsweise die Aspekte Differenz- vs. Dialoghermeneutik, Erweiterung der religionsbezogenen Perspektiven auch auf nicht abrahamische Religionen, Einbezug säkularer Perspektiven, Berücksichtigung politisch-gesellschaftlicher Kontexte sowie Kapitalismus als zentraler gesellschaftlich-ökonomischer Kontext. (512ff.)

Wie Religion für Krisen taugt. Zum Beitrag religiöser Bildung in Krisenzeiten lautet der Titel des von Mirjam Schambeck und Winfried Verburg im Verlag  Vandenhoeck & Ruprecht Verlag (525-70329-8) herausgegebenen Buches, das die Frage stellt, ob und was Religionsunterricht bei der Thematisierung von Krisen und Bedrohungen beitragen kann: „Diese Frage schärft sich zu für den katholischen Religionsunterricht, weil dessen Inhalte von einer Kirche verantwortet werden, die selbst durch ihren Umgang mit sexualisierter Gewalt, der im krassen Widerspruch zur verkündigten Botschaft steht, zusätzliche Verletzung vor allem junger Menschen in Kauf genommen hat, um Schaden von Institution und Täter:innen abzuwenden. Wie kann katholischer Religionsunterricht ein taugliches Unterrichtsfach sein, um vulnerablen Schüler:innen Begegnung zu ermöglichen, Raum für ihre Fragen zu geben und Deutungsmöglichkeiten anzubieten, um über Widerfahrenes und Bedrohliches nachzudenken? Was und wie kann Religionsunterricht, in dessen Inhaltlichkeit die Bibel – vom Brudermord des Kain im ersten Buch bis zu den vier apokalyptischen Reitern Krieg, Pandemie, Teuerung und Tod im letzten Buch – und in deren Ritualen Vulnerabilität im Mittelpunkt stehen, dazu beitragen, um Schülerinnen mit und trotz ihren Verwundungen und ihrer Verwundbarkeit Mut zur Zukunft zu geben? Was Religion und Theologie zu bieten haben und was auch nicht, was ein (Religions-)Unterricht in Distanz leisten kann und was nicht und was dabei zu beachten ist, wie Religionsunterricht Krisen schüler:innenorientiert und theologisch herausfordernd thematisieren kann, das sind die zentralen Fragen dieses Bandes. Auf diese Fragen geben die Beiträge dieses Buches aus der Perspektive verschiedener Wissenschaften und Praxisfelder Antworten, die sich als Anregungen für eine weitere Auseinandersetzung mit den Fragen in Theorie und Praxis verstehen.“ (7f.) In ihrem lesenswerten Schlusskapitel „Warum der Religionsunterricht gerade in Krisenzeiten unverzichtbar ist“ führt Mirjam Schambeck erhellend aus: „Dass Krisen religionsproduktive Orte sein können, liegt in ihrer Natur. Krisen bringen bisherige Selbstverständlichkeiten ins Wanken und verstellen den Zugriff auf vertraute Sicherheiten. Damit rufen sie Fragen wach nach dem, was auch in ausweglosen Situationen hält und trägt, nach Sinn, nach Zukunft und nach Wegen, die aus den erfahrenen Ohnmachtssituationen heraushelfen. Dass im gegenwärtigen Dauermodus Krise religiöse Deutungen trotzdem kaum öffentlich zum Tragen kommen, Religionsvertreter:innen nicht als selbstverständliche Expert:innen in Krisengesprächen zu Rate gezogen werden, zeigt, wie sehr Theologie und Kirchen in die Belanglosigkeit abzurutschen drohen. Nun ist der Religionsunterricht nicht die Lösung all dieser Probleme. Als nach wie vor wichtiger Lernort kann er aber gerade in Krisenzeiten zum gesuchten und in der Schule unverzichtbaren Fach werden, Schülerinnen zu stärken und ihnen Möglichkeiten an die Hand zu geben, mit Krisen umgehen zu lernen. M. E. kann der Religionsunterricht sein Potenzial dann besonders gut zur Geltung bringen und sich als unverzichtbar in Krisenzeiten erweisen, … 1. ..., wenn er sich als Ort des Denkens erweist. Krisen haben immer auch etwas Überwältigendes an sich. Die normalen Handlungs- und Denkmuster reichen nicht mehr aus, um die neue, als kritisch empfundene Situation zu meistern. Hier tut Nachdenken not. Wo der Religionsunterricht zu einem solchen Nachdenkort in der Schule wird, kann er Schülerinnen Wichtiges an die Hand geben. Er kann durch den Verweis auf Analyseinstrumente aus der philosophischen und theologischen Tradition Denkangebote machen, kritische Situationen zu erfassen, ihre desaströsen Momente zu entlarven und sie allein dadurch besser auf Distanz zu rücken. Eine solche Distanz aber ist ein erster Schritt, um aus der erfahrenen Ohnmachtssituation wieder in die Position des aktiv Handelnden zu kommen. 2. ..., wenn er sich als Ort erweist, miteinander in Kontakt zu kommen und voneinander zu wissen.

Kinder und Jugendliche erlebten gerade die Vereinzelung, die bestimmte Corona-Maßnahmen verursachten, als außerordentlich herausfordernd, ja in nicht wenigen Fällen als krankmachend. Wo es dem Religionsunterricht zusammen mit anderen Fächer gelingt, Unterrichtszeit als Raum zu gestalten, in dem sich die Schüler:innen begegnen können und miteinander in Kontakt kommen, trägt er dazu bei, das so wichtige Grundbedürfnis der Verbundenheit (connectedness) zu stärken und Kinder und Jugendliche wieder sicherer zu machen. 3. .., wenn er sich als Ort erweist, den großen Fragen nachzugehen. Insofern Krisen charakterisiert, dass Bisheriges und Selbstverständliches nicht mehr wie üblich zur Verfügung stehen, begleiten sie fast automatisch die großen Fragen: Warum ist das so? Was bedeutet das? Kommen wir hier ungeschoren raus? Der Religionsunterricht kann zum stärkenden Ort werden, wenn Schüler:innen erfahren, dass es wichtig ist, sich diesen großen Fragen zu stellen, wenn sie erleben, dass ihre eigenen Sorgen und Fragen ernst genommen werden, Erwachsene diese Unentscheidbarkeit der großen Fragen mit ihnen aushalten und Schüler:innen so erfahren, dass sie trotz der krisenhaften Situationen nicht alleine gelassen werden. 4.., wenn der Religionsunterricht religiöse Deutungen zur Verfügung stellt, die Schüler:innen ahnen lassen, dass das Eigentliche und Wichtige des Lebens geschenkt wird. Hochmoderne Gesellschaften wie die unsere zeichnet es aus, durch effektive wirtschaftliche, politische und technische Strategien, Probleme schnell in den Griff zu bekommen und Krisen effektiv zu meistern. Die Corona-Krise hat dieses Verständnis des homo faber auf eine für alle sichtbare und spürbare Weise angekratzt. Nicht als Vertröstung, sondern als nachdenkenswerter Impuls können religiöse Deutungen eine Ahnung davon geben, dass Leben nicht in Machbarkeiten aufgeht, sondern vieles, ja Eigentliches und Wichtiges etwas Verdanktes ist. Wo es im Religionsunterricht gelingt, religiöse Deutungen so ins Spiel zu bringen, dass Schüler:innen deren Relevanz für ihre eigenen Überlegungen erkennen und in ihnen ein Angebot entdecken, bei ihren Fragen weiterzukommen, hat der Religionsunterricht etwas vom Tiefsten seines Faches und damit der Gottesfrage gezeigt. In den unterschiedlichen Beiträgen dieses Bandes wurden sowohl Analysen angeboten, die momentanen Krisen zu deuten und einzuordnen, als auch konkrete Überlegungen getätigt, den Religionsunterricht als Lernort zu modellieren, der seinen Beitrag dazu leistet, Kinder und Jugendliche zu stärken, um Krisen nicht nur ohnmächtig ausgeliefert zu sein. Dass damit keine Garantien formuliert sind, mit Krisen zukünftig besser umzugehen, ist klar. Zugleich haben die Erfahrungen gerade der letzten beiden Jahre gezeigt, dass allein in dieser kurzen Zeit bei (Religions-)Lehrer:innen und Schüler:innen ein großes Maß an Bewusstsein dafür gewachsen ist, was es in Krisen braucht, welche Grenzen es zu achten gilt, was geht und was auch nicht möglich ist. Hierzu Stärkendes und Ermutigendes wie auch sehr konkret Unterrichtspraktisches und Religionsdidaktisches zu bedenken zu geben, war ein Ziel dieses Buches.“ (262ff.) Zweifellos ist dies gut gelungen!

Eine Metastudie zu komplexen Diskursfeldern in der Erziehungswissenschaft und der Religionspädagogik legt Sungsoo Hong in der Evangelischen Verlagsanstalt Leipzig (374-07354-2) mit seiner Jenenser Dissertation Heterogenität und Inklusion vor. Der Autor schreibt zum Ziel und methodischen Vorgehen seiner Arbeit: „In der vorliegenden Arbeit wird versucht, eine systematische Untersuchung zu den erziehungswissenschaftlichen und religionspädagogischen Diskursen um Heterogenität und Inklusion voranzutreiben. Dies soll schlussendlich dem heuristischen Zweck dienen, verschiedene Aussagen und Ansätze über Heterogenität und Inklusion in den laufenden wissenschaftlichen Diskursen systematisch zu sichten und zu ordnen. Anzustreben ist somit, Bedeutungen, Impulse und Schwerpunkte der jeweiligen Stränge sowie deren Probleme und Grenzen

sichtbar zu machen. Zur Systematisierung der komplexen Diskursfelder ist die Aufstellung von Kriterien entscheidend. Zum wesentlichen Analyseraster komplexer Diskursstränge gehören Fragen der Heterogenitäts- und Inklusionsverständnisse, auf deren Grundlage jeweils unterschiedliche Argumentationen, Referenztheorien und Schwerpunktsetzungen zu rekonstruieren sind. a) Zum ersten Raster für die Einordnungen von Diskursfeldern gehört die Frage: Was versteht man darunter, wenn von Heterogenität von Schüler* innen gesprochen wird? Die Antworten lassen sich grundsätzlich in zwei Aspekte differenzieren: Einerseits wird Heterogenität als Unterschiedlichkeit im horizontalen Sinne begriffen. Heterogenität bedeutet hier diejenigen Merkmale, die prinzipiell pädagogisch bedeutsam sind und eigentlich keine Unter- und Überordnung sowie Benachteiligung für die jeweiligen Schüler*innen zur Folge haben sollen. Andererseits wird Heterogenität als Ungleichheit im vertikalen Sinne verstanden. Dabei bezieht sich Heterogenität auf diskriminierungsrelevante Merkmale, die durch gesellschaftliche Ungleichheits- und Machtverhältnisse bedingt sind und wiederum den Bildungsbereich beeinflussen und faktisch zusätzliche Benachteiligung herbeiführen. b) Ein anderes Raster lässt sich mit Blick auf das Inklusionsverständnis erstellen: Was versteht man unter Inklusion? Welche Maßnahmen sind für die Umsetzung inklusiver Bildung am ehesten gefordert? Je nach Auffassungen lassen sich die Diskursfelder wiederum in zwei Stränge einordnen: Der erste Strang legt seinen Fokus darauf, dass jede einzelne Person, so wie sie ist, als gleichberechtigt anerkannt werden solle. Hinterfragt werden gesellschaftliche Normalitätsvorstellungen, die die Andersheit abwerten. Im Zentrum steht also das Recht auf Sosein, das als eine fundamentale Grundlage der Inklusion angenommen wird. Der andere Strang vertritt die Argumentationen, dass für die Verwirklichung der Inklusion aktive Interventionen notwendig sind. Dabei hat der Anspruch auf Veränderung eine Priorität. Solche bildungspolitischen oder pädagogischen Maßnahmen verstehen sich als ein Mittel bzw. ein Weg zur Inklusion, aber sie können teilweise mit der Grundidee der Inklusion unvereinbar sein. Die beiden Analyseraster und die Einordnung der Diskursfelder lassen sich als eine Vier-Felder-Matrix darstellen, anhand derer das vielfältige Gewirr an Theorien und Konzepten zu bündeln und zu kanalisieren ist. Die komplexen Diskursfelder ließen sich anhand dieser beiden Achsen in vier übergeordnete Diskurslinien einordnen, an denen sich jeweils unterschiedliche Erkenntnisinteressen und Ausrichtungen nachzeichnen lassen. Hierbei soll jede Diskurslinie so bezeichnet werden, um die verbindenden Grundzüge der verschiedenen Einzelaspekten gebündelt erschließen zu können: a) In der vielfaltsbewussten Diskurslinie (AX) wird Heterogenität grundsätzlich als Unterschiedlichkeiten von Schüler*innen aufgefasst, die wesentlich pädagogisch relevant sind und keine Benachteiligung zur Folge haben sollen. Kerngedanke der Inklusion besteht in der Haltung, die Heterogenität der Schüler*innen wertzuschätzen und sie als gleichberechtigte Gesprächspartner*innen anzuerkennen. Diese Diskurslinie bringt somit eine menschenrechtlich sowie anerkennungstheoretisch begründete, normative Orientierung für Inklusion ein. Menschenrechtliche Aspekte, Anerkennungstheorien sowie Diversitätskonzepte beeinflussen auch sie. b) Die sozialkritische Diskurslinie (BY) bezieht Heterogenität auf soziale Ungleichheit und dadurch bedingte Benachteiligung im Bildungsbereich. Für die Verwirklichung der Inklusion kann es als grundlegend verstanden werden, Benachteiligung und Exklusion im Bildungsbereich zu identifizieren und dahinterliegende Mechanismen und Strukturen zu analysieren. Dazu werden bildungspolitisch und pädagogisch stärkere Kompensationsmaß-nahmen und Intervention gefordert. Diese Diskurslinie schließt sich an die Erkenntnisgewinne soziologischer Ungleichheitsforschungen sowie neuerer Debatten über Bildungsgerechtigkeit an und hat grundsätzlich einen analytischen Charakter. c) Die machtkritische Diskursline (BX) begreift Heterogenität als sozial konstruierte Differenz. Für die Umsetzung der Inklusion sei es deshalb geboten, gesellschaftliche Normalitätsvorstellungen und dahinterliegende Machtverhältnisse kritisch zu hinterfragen. Sie bedient sich auch postkolonialer Theorien, poststrukturalistischer Diskurstheorien, den Gender- und Disability Studies sowie der kritischen Migrationsforschung als Referenzen und weist eine grundsätzlich machtkritische und emanzipatorische Ausrichtung auf. d) Bei der förderungsorientierten Diskurslinie (AY) bedeutet Heterogenität hauptsächlich unterschiedliche Potenziale und Ressourcen von dem*der einzelnen Schüler* in. Die Bildungsaufgabe für Inklusion liegt darin, jedes einzelne Individuum mit Bezug auf seine jeweils verschiedenen Eigenschaften, Bedingungen und Potenziale optimal zu fördern und zu unterstützen. Sie weist eine pragmatische und kompetenzorientierte Ausrichtung auf. Zu ihren Referenztheorien zählen Ansätze des Empowerments, Resilienzforschungen sowie solchen aus der Psychotherapie und Sozialpädagogik. Es bleibt darüber hinaus noch ein weiteres essenzielles methodisches Prinzip zu erwähnen: Innerhalb der Erziehungswissenschaft und der Religionspädagogik sind eine Vielzahl von Theorien und Konzeptionen zu den Themen Heterogenität und Inklusion im Gebrauch. Sofern diese Arbeit auf die Systematisierung der Diskursfelder abzielt, muss die Frage des Textkorpus geklärt werden, um intersubjektiv zu überzeugen, dass es nicht nach Beliebigkeit, sondern nach seiner disziplinären Relevanz systematisiert und ausgewählt wurde. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sollen jene Ansätze exemplarisch berücksichtigt werden, die die Charakterzüge der jeweiligen Diskurslinie am deutlichsten aufweisen und andere ähnliche Ansätze abdecken können. Gemäß diesem Prinzip der Exemplarität wird der Textkorpus bestimmt. Dasselbe Prinzip gilt auch für die Auswahl der Heterogenitätsdimensionen. Der Diskurs enthält auch vielfältige Heterogenitätsdimensionen wie Dis/Ability, Geschlechter, Kultur, Religion, Weltanschauung, sozialer Hintergrund etc. Mit der Absicht, vielfältige Heterogenitätsdimensionen möglichst umfassend zu beschreiben, wird hierbei versucht, verschiedene Beispiele abwechslungsreich darzustellen. Die in der Arbeit behandelten Heterogenitätsdimensionen sind anhand ihres exemplarischen Charakters auch auf die anderen Dimensionen übertragbar.“ (20ff.) Die Arbeit ist wie folgt aufgebaut: Nach der Einleitung (Kap. I) wendet sich das Kapitel II zunächst den vier Diskurslinien zu, wobei die jeweilige Diskurslinie im Einzelnen ausführlich ausgearbeitet werden soll. Der Aufbau dieses Hauptteils gliedert sich dementsprechend in vier inhaltliche Unterteile (I.1-4), die jeweils den Hintergrund, die theoretischen Bezüge sowie pädagogische und professionelle Konsequenzen der einzelnen Diskurslinie darstellen. Die Erkenntnisse der genaueren Ausführungen in Summe fließen in das Kapitel III, in dem eine systematische Zusammenschau der vier Diskurslinien aus einer Metaperspektive vorgenommen wird. Bestimmte Schwerpunktsetzungen und zugleich Bruchstellen der jeweiligen Diskurslinien sollen geklärt werden (III.1), um Widersprüche und Antinomien transparent zu machen (III.2). Im Anschluss daran wird die Reflexivität als ein Metaprinzip im wissenschaftlichen und professionellen Kontext vorgeschlagen (III.3). Der Schlussteil widmet sich dem Rück- und Ausblick (IV). Hierbei werden bisherige Entwicklungen und Ergebnisse zwischenbilanziert und kritisch diskutiert, um nach der Weiterentwicklung des Diskurses zu fragen.“ (24) Die lange und komplexe Diskussion mündet in eine kritische Würdigung der Diskurse um Heterogenität und Inklusion und in einen konstruktiven Ausblick für die weitere Entwicklung. (281ff.)

In ihrer im Verlag W. Kohlhammer Verlag (17-043408-0) erschienenen Bonner Habilitationsschrift Hinter dem Horizont. Zum spirituell-religiösen Selbstverständnis von Religionslehrkräften widmet sichMaike Maria Domsel folgender Zielsetzung: „Ziel der Habilitationsschrift ist eine tiefgehende Auseinandersetzung mit relevanten Themengebieten und Fragestellungen rund um die Etablierung und Pflege religiöser Identität bei (angehenden) Religionslehrkräften vor dem Hintergrund zeitgenössisch pluraler Lebenswelten. Bei dieser Untersuchung steht die Frage zentral, wie Religionslehrkräfte neben sach-, sozial- und didaktischen Kompetenzen, vor allem solche spiritueller Art aufbauen bzw. diese erweitern können, um vor dem Hintergrund der Etablierung eines religionspädagogischen Habitus zu selbstbewussten, religiös sprach- und pluralitätsfähigen, reflektierten wie zur religiösen Positionierung fähigen Lehrer/innen-Persönlichkeiten werden zu können, die in der Lage sind, ihre Schüler/innen bei der eigenen spirituell-religiösen Identitätssuche zu unterstützen und sich am Lernort Schule mit ihrer fachlichen Expertise einzubringen.

Angesichts dieser Zielperspektive werden folgende Fragen virulent: Wie können Religionslehrer/innen ihre Schüler/innen für die spirituell-religiöse Dimension von Wirklichkeit sensibilisieren? Wie genau kann der christliche Glaube Religionslehrkräfte angesichts dieser schwierigen Anforderung unterstützen bzw. wo können sie mit Blick auf ihre verantwortungsvolle und herausfordernde Aufgabe Kraft und Inspiration finden? Kann ein mystagogisches Modell entworfen werden, welches dazu dient, Erfahrungslernen zu evozieren und zu unterstützen und so an zukünftige Generationen von Lehrer/innen und Schüler/innen weitergegeben werden kann? Falls ja, wie könnte dieses aussehen? Auf welche Ressourcen können Religionslehrende zurückgreifen, um so motiviert und begeistert zu sein, dass diese Begeisterung nach außen transportiert werden und auf ihre Umwelt wirken bzw. sie möglicherweise gar zum Positiven verändern kann? Wie kann die grundsätzliche Freude am Beruf erhalten werden?“ (71) Zur Erreichung der Zielsetzung bzw. zur Beantwortung der oben gestellten Fragen wird folgendermaßen vorgegangen: „Der erste Teil der Studie stellt eine Grundlagenreflexion dar, in der das besondere Spannungsfeld untersucht werden soll, in dem sich Religionslehrer/innen gegenwärtig befinden: Einerseits sind sie Ansprechpartner/innen und Expert/innen für religiöse Fragen, andererseits – wie ihre Schüler/innen – Teil einer pluralen und säkularen Lebenswelt, mit deren Einflüssen es konstruktiv umzugehen gilt. Zunächst sollen daher die Zeichen der Zeit und deren Wahrnehmung näher ergründet werden. Dies geschieht, weil erst durch deren Verstehen und Deutung eine zeitgemäße und vor allem realitätsorientierte Ausbildung von (angehenden) Religionslehrkräften möglich ist. In dem darauffolgenden Kapitel „Offenheit für spirituelle und mystagogische Erfahrungen" soll reflektiert werden, welche Zugänge in einer pluralen wie säkularen Gegenwartsgesellschaft zu dem spezifischen Erfahrungsbereich des Spirituell-Religiösen existieren. Anschließend erfolgt eine intensive Befassung mit dem identitätsstiftenden Potential des Christlichen. Diese soll als (systematisch)-theologische Grundlage für weiterführende religionspädagogische Betrachtungen dienen. In einem zweiten Teil werden religionspädagogische Konkretionen vorgenommen, indem zunächst die spirituelle und mystagogische Dimension des Religionslehrer/innen-Berufes beleuchtet wird. Da hierzu auch der Umgang mit spiritueller Heterogenität im schulischen Kontext gehört, soll dieser Thematik besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. An dieser Stelle soll aufgrund ihrer dialogischen und empathischen Vorgehensweise die Komparative Theologie als Weg vorgestellt werden, um einer spirituell-religiösen Heterogenität angemessen begegnen zu können. Im Anschluss erfolgt eine Auseinandersetzung mit dem religionspädagogischen Habitus einschließlich einer Reflexion der für die adäquate Ausübung des Berufes notwendigen (spirituellen) Kompetenzen und Basisfähigkeiten. Auch hier soll ein Bezug zur Komparativen Theologie hergestellt werden, in dem diese als ein Wegweiser betrachtet wird, hin zu verstärkter und empathischer Selbstreflexion und Möglichkeit zur Persönlichkeitsbildung. Am Ende der Arbeit bzw. in einem dritten Teil wird Neuland betreten, indem eine spirituelle Reflexion der eigenen Person in Form einer autoethnografischen Selbstreflexion vorgenommen wird. Diese soll die Grundlage für die Konzeptionierung eines „Spiritualitätsmoduls" bilden, welches Perspektiven dahingehend eröffnen soll, Religionslehrkräfte bei ihrer spirituellen Wanderschaft möglichst gut zu begleiten sowie ihre persönliche und berufliche Identität zu stärken und auch für andere sichtbar zu machen.“ (71f.) Die interessante Arbeit mündet in ein Fazit mit diskussionswürdigen Schlusspostulaten: „In der vorliegenden Studie wurde immer wieder das emanzipative Potential des Christlichen herausgestellt und betont, dass dieses gerade auch im schulischen Bereich genutzt werden und insbesondere im Religionsunterricht zum Tragen kommen sollte. Letztlich ging es auch um eine Sichtbar-Machung von Kompetenzen, die insbesondere Religionslehrer/innen mit Blick auf den Bereich des schulischen Leadership besitzen. Schließlich sind sie Expert/innen für den Bereich des Existentiell-Numinosen, sie können Orientierung und Inspiration geben bei der Suche nach Möglichkeiten der Gestaltung einer positiven Zukunft für alle Geschöpfe wie für den gesamten Planeten Erde. Diesbezügliche Kompetenzen erweisen sich gerade in krisenhaften Zeiten als besonders wertvoll. In diesem Sinne könnten gerade von Religionslehrenden Überlegungen ausgehen, wie eine Bildung der Zukunft angemessen gestaltet werden kann, bei der Kompetenzen im Umgang mit Krisen und dem Existentiell-Bedrohlichen, mit Unsicherheiten und einem permanenten Vielleicht mit großer Wahrscheinlichkeit dominieren werden. Meine in dieser Arbeit zu Tage kommende, zum Teil sicherlich harsche Kritik am – meines Eindrucks nach – nicht mehr zeitgemäßem, absolut hierarchischem, teils inhumanem bzw. kaum Innovation zulassendem System Schule sollte jedoch keinesfalls im „Klagemodus" verharren, sondern vielmehr als ein Aufmerksam-Machen auf bestehende bildungsmäßige Missstände interpretiert werden, welches wünschenswerterweise zumindest einen kleinen Schritt in Richtung nachhaltiger Veränderung setzen kann. Diesbezüglich ist zu wünschen, dass die reflexiven Vorstöße nicht nur möglichen Wandel den Religionsunterricht und somit die Religionslehrer/innen-Bildung betreffend mit-einschließen, sondern auch wichtige Denkimpulse hinsichtlich von schulischem Leadership an sich setzen können. Dieser wird dann idealerweise von Prinzipien eines Servant Leadership geprägt, zu denen Egalität, ein verantwortungsvolles Miteinander und der Einsatz für flache Hierarchien wie selbstverständlich gehören. Insgesamt bewegten sich die Analysen der vorliegenden Studie in einem Spannungsfeld von notwendiger Realitätsorientierung und einem ebenso notwendigen Willen zur Transformation. Ersteres ist wichtig, weil der Beruf des/der Religionslehrer/in sicherlich bereits an sich einen äußerst hohen Anspruch beschreibt, der nicht noch höhergeschraubt werden sollte. So standen nicht ohne Grund in einigen Kapiteln der vorliegenden Arbeit Ausführungen  zum Themenbereich „Selbstsorge“ und „Resilienzbildung" im Vordergrund. Doch gerade mit Blick auf Aspekte, die das Wohlergehen von Religionslehrkräften betreffen, sollte es darum gehen, diese so zu stärken, dass sie zu selbstbewussten und verantwortungsvollen Persönlichkeiten heranzureifen können, die zu spirituellen Vorbildern für ihre Schüler/innen werden können. Solch charismatische Menschen trauen sich etwas zu, sie bringen sich ein, aber sagen auch einmal „nein", sie scheuen nicht den (notwendigen) Konflikt. Manchmal irritieren sie (bewusst), sie wecken auf und ecken an. Nicht umsonst wurde die Tätigkeit von Religionslehrer/innen mit den Grundsätzen prophetischer Kritik in Verbindung gebracht. Visionen von einer besseren Welt und Gedanken das Utopische betreffend können durchaus nicht nur persönliche, sondern langfristig auch systemische Veränderungen bewirken. Eine solche Sichtweise ist nicht nur als kritische Interrelation zu verstehen, sondern korreliert zudem mit dem Theologumenon des eschatologischen Vorbehalts: Einerseits ist das Reich Gottes bereits angebrochen, andererseits noch keinesfalls vollständig realisiert. Ähnlich könnte mit Blick auf emanzipatives bzw. prophetisches Potential auch die Rolle von Religionslehrkräften betrachtet werden. So ist das Spannungsfeld zwischen einer „nüchternen" und pragmatischen Sicht des Berufes, welche vor Überforderung und Burnout schützt, und einer utopischen, notwendige Veränderungen in Gang setzenden Sichtweise, nicht auflösbar, Folglich ist es notwendig, diese Kontroverse sowohl innerhalb einer Solidargemeinschaft zu bearbeiten, in der vor allem gute Arbeitsbedingungen für Religionslehrende vorherrschen bzw. geschaffen werden sollten, als auch individuell und situationsgerecht anzugehen. Sicherlich kann die Etablierung von Fähigkeiten zur spirituellen Selbstreflexion einen positiven Beitrag hierzu leisten und dabei unterstützen, eigene Horizonte zu weiten, so dass der Blick frei werden kann für das Neue, das Hoffnungsvolle und die Horizonte der anderen. Letztlich geht es hierbei um die Befähigung, in den Grenzgebieten von Immanenz und Transzendenz, auf dieser so besonderen Horizontlinie gut unterwegs sein zu können. Erst dann ist es möglich, den sehnsuchtsvollen Raum zwischen den Welten zu erkunden und anderen von ihm zu erzählen.“ (372f.)

Im ersten Band der neuen Reihe „Qualität und Qualitätsentwicklung im Religionsunterricht (QUIRU)“ haben Friedrich Schweitzer und Mirjam Rutkowski im Waxmann Verlag (8309-4529-1) den Band Fortbildung für den Religionsunterricht. Theoretische Analysen und empirische Befunde zum evangelischen RU herausgegeben, dessen empirische Untersuchung ihren Ausgangspunkt beim Stand der Forschung zur Fortbildung für den Religionsunterricht sowie bei neueren Entwicklungen in der bildungswissenschaftlichen Diskussion nimmt: „Dabei treten zwei Fragen in den Vordergrund, die bislang im Blick auf die Fortbildung für den Religionsunterricht kaum untersucht worden sind: die Frage nach dem Fortbildungsbedarf und die Frage nach der Wirksamkeit von Fortbildungen. Auch wenn sich die Untersuchung nicht auf diese beiden Fragen beschränkt, wird ihnen doch ein besonderer Stellenwert eingeräumt. Während bei allgemeinen Umfragen etwa unter der Religionslehrerschaft mitunter Themenwünsche für die Fortbildung erfragt wurden, wird der Fokus bei der vorliegenden Untersuchung etwas schärfer gestellt. Gefragt wird deshalb nicht einfach nur nach Wünschen, sondern auch nach der Vertrautheit vor allem mit neueren Entwicklungen in der wissenschaftlichen Theologie, in der Fachdidaktik sowie in der empirischen Forschung zum Religionsunterricht.

Darin folgt die Studie der heute in der Bildungswissenschaft weithin geteilten Überzeugung, dass ein enger Zusammenhang zwischen Qualitätsentwicklung im Unterricht und diesen drei Bezugsgrößen besteht. Anders ausgedrückt, wird angestrebt, dass auch die Qualitätsentwicklung im Religionsunterricht empiriebasiert geschieht. Ähnliches gilt im Blick auf die Frage nach der Wirksamkeit von Fortbildungen, die in der neueren bildungswissenschaftlichen Diskussion ebenfalls eine zentrale Rolle spielt. Die Wirksamkeit wird bei der vorliegenden Untersuchung aus den subjektiven Wahrnehmungen der befragten Religionslehrkräfte rekonstruiert. Mit anderen Worten: Es wird nach Erfahrungen mit Fortbildungen gefragt, nach deren Einschätzung durch die Religionslehrkräfte sowie nach den Auswirkungen auf den eigenen Unterricht. Dabei versteht sich von selbst, dass dies nur ein Einstieg für zukünftige weiterreichende Untersuchungen sein kann, bei denen auch – etwa mithilfe von Unterrichtsbeobachtung und Erhebungen zu Lernfortschritten oder Kompetenzzuwächsen bei den Schülerinnen – die Wirksamkeit von Fortbildungen auch aus einer Außenperspektive („objektiv") erfasst wird, so wie dies derzeit in der Bildungswissenschaft erprobt wird. Gerade beim Religionsunterricht kommt allerdings den subjektiven Wahrnehmungen der Religionslehrkräfte schon aufgrund der ausgeprägten Personbezogenheit dieses Unterrichts eine eigenständige Bedeutung zu. Fortbildung ist bei alldem ein sehr weiter Begriff, unter dem sehr unterschiedliche Programme, Angebote und Arbeitsformen verstanden werden. Für die im vorliegenden Band dargestellte empirische Untersuchung wurde besonderer Wert darauf gelegt, ein differenziertes Bild zu erstellen und dabei, also auch im Blick auf die wahrgenommene oder nicht wahrgenommene Wirksamkeit, zwischen verschiedenen Formen der Fortbildung zu unterscheiden. Teilweise werden auch Weiterbildungsangebote angesprochen, aber die Weiterbildung für den Religionsunterricht im engeren Sinne, also beispielsweise für Lehrkräfte, die das Fach nicht grundständig studiert haben, wäre ein eigenes Thema. Die beiden Fragen nach Fortbildungsbedarf und Wirksamkeit lassen sich natürlich nicht isoliert untersuchen. Bei der vorliegenden Untersuchung kommt dies dadurch zum Ausdruck, dass auch ganz allgemein das Teilnahmeverhalten im Blick auf Fortbildungen als bedeutsamer Kontext erfasst und dabei nach unterschiedlichen kirchlichen oder staatlichen, universitären, regionalen oder überregionalen Angeboten und Trägern differenziert wird. Da die Untersuchung in vier Bundesländern (Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen, Schleswig-Holstein) durchgeführt wurde und sich die Strukturen und Institutionalisierungsformen der Fortbildungsangebote zwischen den Bundesländern und Landeskirchen unterscheiden, lassen sich auch in dieser Hinsicht interessante Unterschiede beobachten. Um dem regionalen Charakter von Fortbildungsangeboten für den Religionsunterricht in den Bundesländern und Landeskirchen zumindest ein Stück weit gerecht zu werden, wurden auch Beiträge aus den am Projekt QUIRU beteiligten Kirchen in diesem Band aufgenommen. Sie bieten Einblicke in die jeweilige Fortbildungslandschaft sowie Kommentare zu den Befunden der Fortbildungsstudie.

Weitere Fragen der Fortbildungsstudie betreffen schulartspezifische Unter-schiede. Die Untersuchung bezog sich bewusst auf alle Religionslehrkräfte im Bereich der genannten Bundesländer bzw. der entsprechenden Landeskirchen und damit auch auf alle Schulstufen und Schularten. Dies schließt ausdrücklich auch den Religionsunterricht an beruflichen Schulen ein, der in der religions-pädagogischen Diskussion noch immer häufig übergangen wird.“ (11ff.) Der innovative Band ist wie folgt aufgebaut: „Teil 1 führt ein in theoretische Hintergründe, insbesondere die religionspädagogisch-wissenschaftliche Diskussion zur Fortbildung für den Religionsunterricht, aber auch in die aktuelle bildungswissenschaftliche Forschung. Daraus ergeben sich deutliche Desiderate, die mit der vorliegenden Studie zwar nicht allesamt eingeholt werden können, die aber bei künftigen Untersuchungen beachtet werden sollten. Teil 2 dient der Darstellung der empirischen Untersuchung zur Fortbildung für den Religionsunterricht, die im Rahmen des Projekts QUIRU (Qualität und Qualitätsentwicklung im Religionsunterricht) durchgeführt wurde. Hier finden sich auch die zahlreichen Einzelbefunde, auf die in dieser Einleitung nur verwiesen werden konnte. Teil 3 enthält Berichte und Kommentare aus den Bundesländern bzw. Landeskirchen, von denen das Projekt QUIRU getragen wird. Diese Berichte sind als Darstellungen der unterschiedlichen Fortbildungslandschaften aufschlussreich und insofern von eigenem Wert. Darüber hinaus bieten sie Einordnungs- und Deutungsmöglichkeiten zu den Befunden aus der Fortbildungsstudie. Teil 4 bietet einen Ausblick zum Thema Fortbildung für den Religionsunterricht in internationaler Perspektive. Dabei zeigt sich nicht zuletzt, dass dem Thema Fortbildung in Zukunft auch hier verstärkt Aufmerksamkeit gewidmet werden sollte.

Im Anhang wird der Fragebogen der Fortbildungsstudie dokumentiert.“ (25)

Die Bedeutung von Gläubigen für die Theologie lautet der von Johannes Grössl und Ulrich Riegel im W.Kohlhammer Verlag (17-042594-1) herausgegebene Sammelband über die Bedeutung des Glaubenssinns der Gläubigen, in dessen Vorwort es heißt: „Laien bewegen die Theologie. Spätestens seit der so genannten „anthropologischen Wende" innerhalb der Theologie wird diese wissenschaftliche Disziplin nicht mehr ausschließlich als Rezeption und Reflexion von überlieferten Glaubenssätzen betrieben, sondern auch in Auseinandersetzung mit den Erfahrungen und den Vollzügen gläubiger Menschen. Die Rolle, die dem Nachdenken über Gott und die Welt von Laien im theologischen Geschäft zukommt, wirft dabei viele Fragen auf. Wie verhalten sich ein kirchlich-lehramtlich institutionalisiertes Glaubensgebäude und die Lebenswirklichkeit von Laien zueinander? Wie lässt sich die Funktion des „Glaubenssinns der Gläubigen“ (LG 12) mit Bezug auf Erfahrung als Erkenntnisweise der Theologie beschreiben? In welcher wechselseitigen Beziehung stehen akademische Theologie und die „gelebte Theologie“ der Menschen?

Alle diese Fragen speisen sich aus der Differenz zwischen einer wissenschaftlichen Standards folgenden Theologie und der Eigenlogik gelebten Glaubens bzw. der Reflexion desselben. Vielfach wird letztere als grundlegend narrativ verfasst wahrgenommen, was die Narrativität als Modus theologischer Erkenntnis in den Mittelpunkt des Interesses rückt. In welches Verhältnis lassen sich Narrativität und Theologie setzen? Auf welche Weisen lassen sich „große Erzählungen" und Narrative kritisieren und wie geschieht dies in der Praxis des Erzählens? Welche Vermittlungsmöglichkeiten bestehen zwischen einer narrativ verfassten Laientheologie und einer wissenschaftlich verfassten Theologie?

Schließlich ist bereits der Begriff ‚Laie' im römisch-katholischen Diskurs umstritten, weil er nicht nur als Gegenüber von Menschen mit spezifischer Expertise verstanden werden kann, sondern auch als defizitärer Status in der römisch-katholischen Klerushierarchie. Alternativ wurde deshalb jüngst vorgeschlagen, den Begriff der ‚Laientheologie' durch denjenigen der ‚Leutetheologie‘ zu ersetzen. Die Einführung neuer Begriffe ist jedoch stets begründungsbedürftig. Welche neue Perspektive eröffnet der Wechsel von Laientheologie zu Leutetheologie? Welchen epistemischen Vorteil bringt der neue Begriff? Und welche neuen Erkenntnisse lassen sich durch ihn generieren, die unter der Perspektive einer Laientheologie so nicht oder nicht so klar herausgearbeitet werden konnten?“ (7) Der Band ist wie folgt aufgebaut: „Johannes Grössl und Ulrich Riegel führen knapp in die Thematik ein. Christian Bauer und Monika Kling-Witzenhausen begründen die Einführung des Begriffs der „Leutetheologie", während Winnie-Lotta Weghaus und Ulrich Riegel vorliegende laientheologische Studien nach Basisstrukturen dieser Theologie auswerten. Mirjam Schambeck schließlich fragt nach den theologischen Potentialen der an Laien ausgerichteten Theologien wie der Leutetheologie oder der Kinder- und Jugendtheologie. Den Abschluss des Bandes bilden drei Beiträge aus systematisch-theologischer Perspektive, die die Brücke vom Nachdenken von Laien über Gott und die Welt in die akademische Theologie hineinschlagen. Johannes Grössl bestimmt dazu die Funktion einer praktizierten Glaubensreflexion als Erkenntnisort der Theologie. Johannes Kronau fragt, ausgehend von der Annahme einer „narrativen Tiefenstruktur" des christlichen Glaubensinhalts, nach dem Verhältnis von Analytischer Theologie und Laientheologie im Medium der Narrativität. Abschließend skizziert Andreas Mauz das hermeneutische Programm einer Erzählkritik, welches auf der Beobachtung basiert, dass die Praxis des Erzählens stets von einer Kritik ebendieser Praxis begleitet wird.“ (8)

Nadine Hamilton, Stephen James Hamilton und Martin Hailer zeichnen als Herausgebende verantwortlich für den in der Evangelischen Verlagsanstalt Leipzig (374-07405-1) herausgegebenen Band Glauben lehren, einer Gesamtbetrachtung zu wichtigen Themen der Dogmatik, die entsprechend der Loci-Methode klassisch angeordnet sind. Gerade an den Rückspiegelungen zu vermeintlich „nur“ dogmatischen Themen aus der Religionspädagogik, der Praktischen Theologie (Homiletik), aus Exegese und in der Systematischen Theologie aus allen ihren Teildiziplinen war den Herausgebenden gelegen. Der Reigen reicht unter anderem von einem Essay über evangelisches Glaubensverständnis als Provokation aktueller Debatten über Identität (Peter Dabrock) und einem Beitrag zur Theologischen Interpretation der Bibel (Martin Hailer) über eine kleine Hin- und Wegführung zur Theodizeefrage (Marco Hofheinz) und Überlegungen zu einer Theologie des Menschseins (Stephan Mikusch) bis zu einer neuerlichen Erinnerung an die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre von 1999 (Walter Sparn) sowie Gedanken zu Eschatologie und Hoffnung (Simon Layer).

In ihrer Züricher Habilitationsschrift „Es muss ja nicht alles Sinn machen“. Jugendliche deuten die Auferstehung im W.Kohlhammer Verlag (17-042062-5) wirft Nadja Boeck einen genaueren Blick darauf, wie Jugendliche die Bibel lesen, rezipieren und deuten: „Der Fokus liegt auf den Diskursprozessen der Jugendlichen beim Deuten der Bibel. Das Hauptinteresse besteht in dem besseren Verständnis dafür, wie sich Jugendliche auf die Bibel einlassen.

Die vorliegende Untersuchung geht diesen Fragen durch eine empirische Untersuchung nach, die hauptsächlich qualitative Methoden verwendet, aber auch quantitative Ergebnisse einbezieht, wodurch sie in den Bereich der Mixed Methods eingeordnet werden kann. Im Kapitel 1 werden die Voraussetzungen und Begriffe geklärt sowie der Forschungsstand beschrieben. Wenn von Jugendtheologie gesprochen wird, muss festgehalten werden, was darunter zu verstehen ist, Der Diskurs über den Theologiebegriff der Jugendtheologie wird nachgezeichnet. Danach wird der aktuelle Stand der empirischen Forschung zur Bibelrezeption und zum Bibelverständnis Jugendlicher dargestellt, um diese Arbeit in einen Gesamtkontext zu stellen. Dabei zeigt sich deutlich, dass mit dem Fokus auf die Auferstehungserzählung und auf den Prozess der Rezeption bisher keine Arbeiten vorliegen. Danach wird gefragt, wie Jugendliche überhaupt lesen. Die Lesefähigkeit von Konfirmand:innen hat Einfluss auf ihr Lesen der Bibel. Ebenso muss ein Blick auf die Debatte um die religiöse Sprachfähigkeit Jugendlicher geworfen werden. Davon hängt ab, ob sie mehr oder minder fähig sind, sich zu Bibeltexten zu äußern. Das Kapitel 1 wird mit entwicklungspsychologischen Betrachtungen zum Entwicklungsstand der Jugendlichen und zu ihrer religiösen Entwicklung im Konfirmationsalter beschlossen, denn der entwicklungspsychologische Stand verdeutlicht, was an Fähigkeiten vorausgesetzt werden kann. Das Kapitel 2 behandelt ausführlich das methodische Vorgehen. Es legt den Schwerpunkt auf die Darstellung der dokumentarischen Methode, denn erst durch die Nachvollziehbarkeit der einzelnen methodischen Schritte wird das Vorgehen in dieser Studie vergleichbar, begründbar und intersubjektiv nachvollziehbar. Ebenso werden im Methodenkapitel die Untersuchungsgruppen vorgestellt, die Ergebnisse der quantitativen Umfrage eingebracht und die Textauswahl (Joh 20,1-18) begründet. Kapitel 3 stellt die Ergebnisse der Analyse des immanenten Sinngehalts der Diskurse dar, konkret die Deutungen der Auferstehung. Im Vordergrund steht die Frage, was die Jugendlichen deuten. Diese Ergebnisse sind nicht der Hauptgegenstand dieser Arbeit, doch stellen sie einen wichtigen Bestandteil des Analyseprozesses der dokumentarischen Methode dar. Die Arbeit trägt also auch zur inhaltlichen Bestimmung der Deutung von Auferstehung durch Jugendliche bei. Der Exkurs 1 im Anschluss an das Kapitel 3 ergänzt die inhaltlichen Betrachtungen mit den Aussagen darüber, was Jugendliche über den Glauben sagen. Das setzt ihre Deutungen der Auferstehung in einen größeren Zusammenhang mit ihrem Glaubensverständnis. Die Kapitel 4 bis 6 bilden den Hauptteil dieses Buches. In Kapitel 4 finden sich die empirischen Beschreibungen zu den Deutungsprozessen der Jugendlichen. Es geht um die Frage, wie die Jugendlichen deuten. Ebenso werden die Prozesse analysiert, die zu Deutungsschwierigkeiten führen. Das Kapitel mündet in einer Zusammenfassung der Ergebnisse zur Deutungskompetenz Jugendlicher. Der Exkurs zu Kapitel 4 ergänzt die Untersuchung mit Überlegungen zum interreligiösen Theologisieren. Die Ergebnisse aus der Vergleichsgruppe, die interreligiös zusammengesetzt war, werden vorgestellt. Sie werfen wichtige Fragen und Desiderate für das interreligiöse Theologisieren auf. Kapitel 5 und 6 stellen weitere Ergebnisse der reflektierenden Interpretation des Materials vor. In den Diskursen zeigt sich der große Einfluss der Gruppendynamik auf die Deutungsprozesse der Jugendlichen. Deshalb werden die Kommunikationsprozesse mit Fokus auf die Gruppendynamik ausführlich in Kapitel 5 dargestellt. Kapitel 6 widmet sich der Ironie in den Diskursprozessen. Die im Kapitel 6 wiedergegebenen Ergebnisse der Analysen zeigen, dass Ironie eine große Rolle in den Diskursprozessen der Jugendlichen spielt. Die Gründe und der Zweck der Ironie werden in Kapitel 6 ausführlich diskutiert.

Kapitel 7 bietet die bibeldidaktische Reflexion der Ergebnisse aus den Kapiteln 4 bis 6. Die genauen Beobachtungen zur Diskursorganisation Jugendlicher im Umgang mit dem Bibeltext ermöglichen generalisierbare Aussagen über ihre Herangehensweise an die Bibel. Damit können Voraussetzungen und Bedingungen für das Theologisieren Jugendlicher aus der Perspektive der Ergebnisse formuliert und diskutiert werden. Kapitel 8 enthält den Transfer der Ergebnisse in die Praxis. Anregungen zur Reflexion von Unterrichtsplanung und -durchführung werden gegeben, damit die Aneignung biblischer Texte als dynamischer Bildungsvorgang praktisch umgesetzt werden kann. Kapitel 9 fasst abschließend in Thesenform das Fazit dieser Untersuchung zusammen.“ (17ff.) Wesentliche Erkenntnisse der Untersuchung werden im Schlussfazit in zwölf Thesen festgehalten: 1. Jugendliche haben Deutungs-kompetenzen für biblische Texte. 2. Deutungsprozesse im Orientierungsrahmen „Logik“ sind am häufigsten. 3. Religiöse Sozialisation oder die Zentralität von Religiosität haben keinen Einfluss auf die Deutungskompetenz Jugendlicher.  4. Jugendliche benutzen Ironie als kreativen Zugang zum Text. 5. Die Jugendlichen inszenieren selbst einen spielerischen Lernzugang zum Deuten. 6. Jugendliche erfahren biblische Texte als relevant, wenn ihnen Deutungshoheit zugesprochen wird. 7. Der Begriff „Glaube“ ist für Jugendliche negativ konnotiert. Positiv ist alles, was beweisbar und überprüfbar ist. 8. Misslungene Zugänge zu Bibeltexten liegen hauptsächlich am Setting. 9. Machtkommunikation verhindert Diskursprozesse. 10. Die Rolle der Lehrpersonen ist sehr wichtig. 11. Die Jugendlichen deuten die Auferstehung vielfältig. 12. Interreligiöses Theologisieren braucht andere Voraus-setzungen.“ (387-396) Ein wichtiger Beitrag zur Wahrnehmung jugendlicher Rezeptionsprozesse und Deutungskompetenzen beim Bibellesen! Zur Vertiefung der theologischen Deutung der Auferstehung eignet sich die Neuerscheinung Auferweckung. Plädoyer für ein anderes Paradigma der Christologie von Ingolf U. Dalferth aus der Evangelischen Verlagsanstalt Leipzig (374-07360-3), in der der Autor eine ältere Debatte aufgreift und das Auferweckungs-Paradigma profiliert: „Die Unterscheidung zwischen extra nos und pro me lässt sich nicht auf Inkarnation und Auferstehung verteilen, sondern ist sowohl im Paradigma der Inkarnation als auch in dem der Auferweckung zur Geltung zu bringen: Nicht allein die Inkarnation, sondern auch die Auferweckung sind Gottes Heilswirken extra nos, das solo deo geschieht, und nicht allein die Auferweckung, sondern auch die Inkarnation sind Heilsgeschehen pro nobis und theologisch auch so zu entfalten. Gott handelt nicht zuerst für sich selbst (Inkarnation) und erst dann auch für uns (Auferstehung), sondern an jedem Punkt und in jeder Hinsicht ist er der, der sich aus selbstloser Liebe auf seine Schöpfung bezieht und für seine Geschöpfe öffnet, um auch für die da zu sein, die ihn missachten. Und die Unterscheidung zwischen ordo cognoscendi und ordo essendi unterschätzt, dass Inkarnation und Auferweckung keine unabhängig voneinander zugänglichen Sachverhalte sind, sondern die Rede von der Inkarnation eine hermeneutische Rückprojektion von der Auferweckung des Gekreuzigten her ist, die nicht ohne weiteres durch einen Umkehrschluss zum ontologischen Ausgangspunkt der Menschwerdung des Logos und seiner Rückkehr in die Sphäre des Göttlichen gemacht werden kann. Das Resultat eines Verstehens- und Denkprozesses zum realistischen Ausgangspunkt und zur ontologischen Voraussetzung dessen zu machen, was man zu verstehen und zu denken sucht, erzeugt zwangsläufig Verwirrungen und Irrwege des Denkens. Diese lassen sich kaum reparieren, solange man im gleichen Denkrahmen bleibt. Man muss anders ansetzen.

Deshalb fasse ich in diesem Essay noch einmal den Kernpunkt der Debatte konzentriert ins Auge und vergleiche das Paradigma der Inkarnation und das der Auferweckung miteinander. Sie sind nicht die einzigen Paradigmen der Christologie. Aber die meisten anderen lassen sich rekonstruieren als kritische Reaktionen auf Probleme, die diese beiden Paradigmen aufwerfen. Die entscheidenden Weichenstellungen der Christologie der Vormoderne (den Entwürfen der chalcedonensischen Tradition in der Spannung zwischen antiochenischen und alexandrinischen Akzentsetzungen) und den modernen Christologien seit dem 17. Jahrhundert (der kritischen Abwendung von der chalcedonensischen Tradition und ihren Voraussetzungen und Problemen) statt, sondern schon in der Antike in der Privilegierung von Inkarnation und Präexistenz gegenüber der Auferweckung als Ausgangspunkt christologischen Denkens. Wäre das Umgekehrte der Fall gewesen, hätte die Geschichte christologischer Reflexion im Christentum einen anderen Verlauf genommen. Angesichts der Abirrungen und Sackgassen, in die das christologische Denken auf dem Hintergrund des Inkarnations-Paradigmas in der Moderne geraten ist, lohnt es sich, das Auferweckungs-Paradigma genauer ins Auge zu fassen.

Besser als die gegenwärtig populären Ansätze (neu)chalcedonensischer Christo-logien oder die Versuche einer kenotischen Korrektur Chalcedons ist es, die der dogmatischen Festlegung vorausliegenden Entscheidungen kritisch zum Ausgangspunkt heutigen christologischen Denkens zu machen. Ich meine nicht nur die Differenzen zwischen der alexandrinischen und der antiochenischen Denkschule, die der Dyophysitismus des christologischen Dogmas zu vermitteln suchte. Jesus Christus, so heißt es, sei „wahrhaft Gott“ und „wahrhaft Mensch“, aber so, dass seine göttliche und menschliche Natur in ihm „unvermischt“, „unverwandelt“, „ungetrennt“ und „unzerteilt“ vereint seien. Das ist eine theologische Kompromissformel, die mit der Ablehnung von Arianismus, Monophysitismus und Nestorianismus auf theologische Auseinandersetzungen reagiert. Doch theologische Kontroversen sind nie das Erste, sondern immer das Zweite, Sie setzen Überzeugungen voraus, die sie denkend entfalten und sind damit selbst schon Schritte auf einem theologischen Denkweg, der vieles ausblendet und im Unklaren lässt und auch anders hätte verlaufen können. Doch vor den Argumenten des Denkens stehen die Überzeugungen des Glaubens, und Unklares durch Unklares zu verbessern oder Fehler durch Fehler zu korrigieren, führt selten weiter. Besser ist es, noch einmal mit dem Anfang anzufangen. Das war im Christentum Ostern, nicht Weihnachten, und Ostern kommt elementar zur Sprache im Bekenntnis zur Auferweckung des Gekreuzigten durch Gott in das unvergängliche Leben der schöpferischen Liebe Gottes.“ (5ff.) Ein eindrucksvolles Plädoyer für das Menschlichwerden des Menschen!

Im Waxmann Verlag sind in der Reihe „Glaube – Wertebildung – Interreligiosität. Berufsorientierte Religionspädagogik“ vier neue interessante Bände erschienen: Erstens die Tübinger Habilitationsschrift Religiöse Kompetenz als entschiedene Indifferenz. Eine Kritik am Beispiel des Religionsunterrichts an berufsbildenden Schulen von Matthias Gronover(8309-4444-7), die religiöse Indifferenz als Katalysator bildungstheoretischer Forschung auffasst: „Sie ist theologisch verortet und exploriert den religionspädagogischen Diskurs in engem Kontakt mit praktischen, alltäglichen Erfahrungen aus dem Religionsunterricht. Indifferenz wird dabei als notwendige Bedingung für Lern- und Erkenntnisprozesse gefasst, das Augenmerk also von einem pejorativen auf ein produktives Verständnis von Indifferenz hin verschoben.

Religiöse Indifferenz wird in der Regel als ein Status der Unentschiedenheit begriffen, den es durch Bildung in Klarheit und Distinktionskraft zu übersetzen gilt. Dabei spielen Zielperspektiven von Bildung eine entscheidende Rolle, die weniger an der Unschärfe des Bildungsideals selbst festzumachen sind, als an der Überprüfbarkeit von erworbenen Kompetenzen. In empirischen Untersuchungen wird Indifferenz als Zeichen von Gleichgültigkeit gesehen. Gerade der Aspekt der Gleichgültigkeit ist in der Diskussion wichtig, weil aus dem englischen Sprachraum moralische Indifferenz als Ursache von menschlichen Katastrophen beschrieben und diskutiert wurde. Und es ist auch plausibel und leicht nachvollziehbar, dass eine moralische Unentschiedenheit gerade angesichts schreiender Ungerechtigkeiten nicht anders oder negativ zu verstehen ist. Diese Tatsache will die folgende Arbeit nicht leugnen. Sie will aber das Augenmerk auf die produktive Kraft von Indifferenz richten, die in der christlichen Tradition zum einen für die Offenheit des Menschen gegenüber allen Dimensionen der Wirklichkeit steht; und in der christlichen Spiritualität als ruhender Pol in der Unstetigkeit des Lebens. Ignatius von Loyola hat beispielsweise in seinen Geistlichen Übungen gefordert, gegenüber allem „indifferent“ zu werden, damit die den gläubigen Menschen umgebende Wirklichkeit als Gottes Schöpfung erkennbar wird.

In religionspädagogischer Hinsicht ist dies hoch relevant, weil sie im Zuge der empirischen Wende Forschung vor allem als Rekonstruktion von Wirklichkeit versteht. Plausibel und letztlich wissenschaftlich erweisbar ist in dieser Hermeneutik dann nur, was zum einen datenbasiert ausgesagt werden kann und zum anderen (methodisch kontrolliert) plausibel als Wirklichkeit rekonstruiert wurde. Die Sprache der epistemischen Dinge, die die Religionspädagogik erforscht, wird dadurch aber ihres Eigenlebens beraubt. Der Sinn, der sich aus Beobachtungen ergibt, speist sich vor allem aus der Eigenlogik der Forschung. Auf dieser Ebene will diese Arbeit die Indifferenz der Beobachtungen selbst in die Hermeneutik der Forschung hereinholen. Für religiöse Bildungsprozesse scheint dies unentbehrlich zu sein.“ (9) Die Überlegungen des Verfassers münden in das Ergebnis: „Entschiedene Indifferenz ist kein religionspädagogisches Desiderat. Die Frage nach dem Umgang mit Agnostikern und religiös Gleichgültigen ist alt. Mir scheint es aber so zu sein, dass deren Möglichkeiten, den Religionsunterricht im Sinne seiner Bekenntnisgebundenheit zu profilieren, noch nicht angedacht sind. (…)  Indifferenz ist also keineswegs eine fatale Diagnose, sondern die andere Seite religiöser Kompetenz im oben genannten Sinne. Religiöse Indifferenz ist auch keine Entscheidung, weil die gesellschaftliche und religiöse Pluralität derart unüberschaubar ist, dass ein „Verlust des Interesses an letztgültigen Antworten“ eine quasi gesetzmäßige Folge davon wäre“. Es wäre vielmehr fatal, hermeneutisch davon auszugehen, dass Indifferenz ein Produkt subjektiver Entscheidungen sei, als seien religiös indifferente Menschen entweder zu gleichgültig beziehungsweise apathisch oder entschieden gegen Gott als Antwort auf die Sinnfrage, die das Leben stellt. Religionslehrerinnen und -lehrer haben es mit einer religionsproduktiven Indifferenz auf der Ebene erster Ordnung zu tun, die sie religionsdidaktisch nutzen können. Diese Indifferenz ist existenziell, weil sie subjektimmanent verortet ist und zugleich religiöse Entschiedenheit fordert. In diesem Sinne ist der Religionsunterricht ein Ort entschiedener Indifferenz als religiöser Kompetenz, indem er immer wieder das aufweist, was im Gesagten fehlt, was zu kurz gekommen ist und gerade deswegen den Menschen unbedingt angeht.

Folgende Thesen leite ich daraus ab: 1. Religiöses Lernen ist eine Komponente religiöser Kompetenz. 2. Religiöse Indifferenz stärkt eine unterscheidungsstarke religiöse Bildung und Kompetenzorientierung genauso, wie sie diese erforderlich macht. 3. Religiöse Indifferenz verlangt nach einer unterscheidungsstarken Vorstellung vom Subjekt. 4. Unterscheidungsstarke religiöse Bildung im Religionsunterricht entsteht im Horizont der pluralitätsfähigen Schule. 5. Der konfessionelle Religionsunterricht der Zukunft wird sich durch seine

hohe Qualität bewähren (müssen). 6. Der konfessionelle Religionsunterricht wird sich als safe space der Begegnung der Religionen und Kulturen profilieren, in dem religiöser Indifferenz entschieden begegnet wird, ohne diese abzuwerten. 7. nterscheidungsstarke religiöse Bildung entsteht nicht aus einer unterscheidungs-schwachen Fachdidaktik. Diese muss weiterentwickelt werden.“ (239f.)

Zweitens die kombinierte Lehrer:innen-Schüler:innen-Umfrage Wünsche, Ziele und Atmosphäre im Religionsunterricht an berufsbildenden Schulen, die Sebastian Kleinert, Michael Meyer-Blanck und Andreas Obermann herausgegeben haben (8309-4522-2) und die folgendermaßen aufgebaut ist: „Im ersten Teil des Bandes werden nach einer Einführung in das Setting und die Grunddaten der beiden Umfragen im ersten Beitrag das Design und ausführliche statistische Analysen aus psychologischer Sicht analysiert und dargelegt. Im zweiten Beitrag werden die Ergebnisse der zwei Umfragen unter den Gesichtspunkten der Atmosphäre und des Dialogs dahingehend untersucht, inwieweit die intendierten Anliegen der Lehrenden bezüglich ihres BRUs von den Schüler:innen auch wahrgenommen werden. Der Frage nach der intendierten und erlebten Atmosphäre und dem Wohlbefinden im BRU samt der Zufriedenheit mit dem BRU widmet sich der folgende Beitrag. Der letzte Beitrag untersucht, inwieweit sich die professionshabituelle Selbstwahrnehmung von Pfarrer:innen und staatlichen Lehrer:innen als BRU-Lehrkräften unterscheiden und wie dies mit der entsprechenden Wahrnehmung durch ihre Schüler: innen korrespondiert. Die beiden folgenden Teile des Bandes geben erste Diskussionen der Ergebnisse der beiden Umfragen wieder: Der zweite Teil dokumentiert und interpretiert eine Gruppendiskussion, für die wir die Ergebnisse der beiden Umfragen (unterbreitet in Form der im ersten Hauptteil dokumentierten Ergebnisse) ausgewählten BRU-Lehrkräften als Expert:innen der BRU-Schulpraxis zur kritischen Prüfung und Diskussion stellten. Der dritte Teil enthält schließlich eigenständige Stellungnahmen zu den Ergebnissen der beiden Umfragen (wieder unterbreitet in Form der unter 1 dokumentierten Ergebnisse) durch Expertinnen aus der Forschung, den Kirchen, der Fort- und Weiterbildung sowie aus der Schulpraxis. Im Anhang werden zur transparenten Kenntnisnahme die beiden Fragebögen zu den Umfragen dokumentiert.“ (7f.) Michaela Veit-Engelmann fasst zusammen, was diese verdienstvolle Studie leistet: „An der Studie haben 62 Lehrkräfte, die meisten aus Nordrhein-Westfalen bzw. aus der Evangelischen Kirche im Rheinland, sowie 747 Schüler:innen teilgenommen – Letztere in religiöser Zugehörigkeit, Altersstruktur und sonstiger Lebenssituation so heterogen, wie ich es auch aus meinem eigenen Berufsschulreligionsunterricht kenne. So sind von den Befragten, die doch immerhin die Teilnahme am evangelischen Religionsunterricht eint, nur 187 selbst evangelischen Bekenntnisses, die anderen verteilen sich auf andere Religionszugehörigkeiten; die meisten sind katholisch oder muslimisch, aber auch jüdische und yezidische Jugendliche finden sich in diesen Lerngruppen, außerdem Angehörige anderer christlicher Konfessionen oder sich selbst als atheistisch verstehende junge Menschen. Mag die Umfrage aufgrund der Anzahl der befragten Personen auch nicht repräsentativ sein, so spiegelt sie doch die Situation ziemlich gut wider, wie sie sich in den Klassenräumen darstellt, in denen evangelischer Religionsunterricht erteilt wird. Andreas Obermann erkennt ganz richtig, dass diese „sehr hohe Ausdifferenzierung der Religionszugehörigkeit“ eine „Aufgabe und Herausforderung für eine Didaktik des BRU“ ist. Bloß: Wie stellen sich die Lehrkräfte dieser Herausforderung und wie kann sie bewältigt werden? Die Umfrage des bibor zielt auf die Wünsche und Ziele sowie die Atmosphäre des Berufsschulreligionsunterrichts. Die Aussagen, die einerseits den Lehrenden und andererseits den Lernenden zur Beurteilung vorgelegt wurden, korrespondieren dabei miteinander, so dass zwei Perspektiven auf den gleichen Unterricht eingefangen werden konnten. Sie lassen sich in der Auswertung insgesamt fünf Themenkomplexen zuordnen – Atmosphäre; interkulturelle, interreligiöse Verarbeitung; Praxis, Handlung und Religion; Nachdenken über religiöse Traditionen, Symbole; hermeneutische Zugänge, Textverständnis – und auf diese Weise auswerten. Dass dabei die grundsätzliche Zustimmung zum Religionsunterricht bei den Lehrkräften höher ist als bei den Schüler:innen, stellt aus meiner Sicht keine Überraschung dar. Für die einen ist es ihr Fach, für die anderen eben ein Fach unter vielen.“ (149f.)

Drittens der von Rebecca Mattes und Friedrich Schweitzer herausgegebene Beitrag zur religionsbezogenen Jugendforschung Tot- und dann? Vorstellungen vom Leben nach dem Tod bei jungen Menschen und als Thema im BRU (8309-4546-8), in dessen Einleitung es zu dem Thema heißt: „Die Frage, was nach dem Tod kommt, gehört zu den großen Fragen in der Menschheitsgeschichte. Zu fast allen Zeiten und an fast allen Orten der Welt haben Menschen dazu Antworten und Vorstellungen ausgebildet. Viele Religionen, darunter auch das Christentum, kennen ausgeprägte Bilder und Darstellungen zum Leben nach dem Tod – von Auferstehung und Endgericht, vom ewigen Leben und vom Paradies, aber auch vom endlos strafenden Leiden in der Hölle. Solche Bilder finden sich in Kirchen oder auch Museen und Galerien, angefangen beim Sensenmeister Tod bis hin zum Totentanz. Darüber hinaus prägen sie wohl das kulturelle Gedächtnis bis heute. Auch junge Menschen befassen sich vielfach mit dem Leben nach dem Tod. Um ihre Vorstellungen und Fragen, ihre Ungewissheiten und ihre Hoffnungen soll es in diesem Band gehen. Denn Untersuchungen belegen immer wieder, dass gerade das Leben nach dem Tod eine Faszination auch auf solche Jugendliche und junge Erwachsene ausübt, die mit der Kirche und vielleicht auch mit dem Christentum oder einer anderen Religion sonst nur wenig anfangen. Manchmal wird deshalb vermutet, dass es für junge Menschen beim Leben nach dem Tod genauer betrachtet vielleicht gar nicht um eine religiöse Frage gehe, sondern eben „nur" um das menschliche Leben und um dessen Endlichkeit. Doch ist tatsächlich nur wenig darüber bekannt, was die Frage nach dem Danach für junge Menschen heute wirklich bedeutet. Genau dazu will die vorliegende Studie zumindest weiterreichende Einblicke bieten. Für viele junge Menschen, das kann vorab festgehalten werden, handelt es sich dabei tatsächlich um eine religiöse Thematik von großer persönlicher Relevanz, nicht nur im Blick auf ein Jenseits, sondern gerade auch für die alltägliche Lebensgestaltung. Die Untersuchung, die im Zentrum des vorliegenden Bandes steht, stellt so gesehen einen Beitrag zur religionsbezogenen Jugendforschung dar. Sie vertieft Fragen und Aspekte von Religion im Jugendalter, die noch immer zu wenig ausgeleuchtet sind. Dies geschieht nach den Regeln qualitativ-sozialwissenschaftlicher Forschung und darüber hinaus in der Absicht, die jungen Menschen selbst zu Wort kommen zu lassen und ihren Äußerungen möglichst sorgfältig nachzuspüren. Wer die im vorliegenden Band dokumentierten Texte auf sich wirken lässt, wird rasch spüren, wie wichtig dieses Thema für die jungen Menschen ist und welche sehr weitreichenden Fragen dabei aufbrechen. Die Lektüre dieser Texte lässt wohl niemand unberührt, weil dabei in selten unmittelbarer Weise tiefe Sehnsüchte, aber auch Enttäuschungen, Schmerz und Trauer begegnen. Zugleich handelt es sich aber auch um eine religionspädagogische Studie, die sich zu der von der Wissenschaft geforderten Sorgfalt in der Wahrnehmung von Religion im Jugendalter gerade durch ein religionspädagogisch-praktisches Interesse motivieren lässt, ohne dass deshalb Abstriche in der Sorgfalt der Wahrnehmung gemacht werden durften. Vielmehr gilt umgekehrt, dass die Wahrnehmung junger Menschen nicht nur aus wissenschaftlichen Gründen verlässlich sein muss, sondern auch aus praktischen Überlegungen und Motiven heraus. Denn für gelingenden Religionsunterricht kommt alles darauf an, dass er die Interessen junger Menschen tatsächlich aufzunehmen vermag.“ (9f.) Die wertvolle Untersuchung ist wie folgt aufgebaut: „Den größten Teil des Bandes macht die von Rebecca Mattes in Zusammenarbeit mit Jonathan Krauter und mit nterstützung studentischer Mitarbeiter:innen durchgeführte empirische Studie zu Vorstellungen junger Menschen zum Leben nach dem Tod aus. Im Mittelpunkt stehen hier die mündlichen und schriftlichen Äußerungen der jungen Menschen selbst, die dann in Paraphrase und sorgfältiger Interpretation sowie zusammenfassenden Abschnitten dargestellt werden. Wie bereits gesagt, sollen die jungen Menschen hier aber vor allem selbst zu Wort kommen. Obwohl sich die Vielfalt der Äußerungen zumindest nicht im engeren Sinne auf knappem Raum zusammenfassen lassen, wird am Ende des ersten Teils des Bandes ein kurzer Überblick zu Schwerpunkten in diesen Äußerungen versucht, Dieser Überblick sei gerade auch den Leser:innen empfohlen, die nicht die Zeit finden, die inhaltlich und formal nicht immer leicht zu lesenden Originaläußerungen durchzuarbeiten. Zugleich bildet dieser Abschnitt eine Brücke zum zweiten Teil des Bandes, indem schon hier ein vorsichtiger Perspektivenwechsel hin zu religionspädagogischen Fragen vollzogen wird. Die dabei dargestellten Schwerpunkte sind so ausgewählt, dass sie einerseits möglichst genau die von den Befragten selbst zum Ausdruck gebrachten Akzentuierungen widerspiegeln, dass sie andererseits aber auch für religionspädagogische Perspektiven anschlussfähig sind oder jedenfalls religionspädagogisch aufgenommen werden können. Im zweiten Teil des Bandes stehen dann religionspädagogische Fragen im Blick auf das Thema Leben nach dem Tod im Religionsunterricht im Vordergrund. Zunächst wird von einem Tübinger Autor:innenteam die nicht leicht zu beantwortende Frage erörtert, ob und gegebenenfalls in welcher Weise mit dem Thema Leben nach dem Tod im Religionsunterricht umgegangen werden soll. Hier werden sowohl Gründe dafür als auch Gründe dagegen gesammelt und diskutiert, immer im engen Gespräch mit den Äußerungen der Jugendlichen und jungen Erwachsenen im BRU, aber auch vor dem Hintergrund eigener Unterrichtserfahrungen. Am Ende werden darüber hinaus Vorschläge dafür formuliert, wie das Thema im Unterricht aufgenommen werden sollte. Dabei wird durchweg beachtet, dass sich das komplexe und mitunter von starker persönlicher Betroffenheit geprägte Thema nicht einfach naiv für alle Situationen im Unterricht empfehlen lässt.

Ein weiterer Beitrag, aus der Feder des in der Hohenheimer Ausbildung für den BRU tätigen Benjamin Bauer beschreibt eigene Unterrichtserfahrungen, die das zuvor stärker theoretisch Dargestellte illustrieren und vertiefen. Dieser Beitrag kann nicht zuletzt zu eigenen Versuchen im Unterricht motivieren und bietet dafür hilfreiche Anregungen. Noch einen Schritt weiter in Richtung der Praxis des Religionsunterrichts geht der dritte Teil des Bandes. Hier werden erneut Äußerungen aus der in diesem Band dokumentierten Befragung geboten, anders als im ersten Teil des Buches aber nicht im Sinne einer weiteren Interpretation, sondern in einer Auswahl und Anordnung, die aus unterrichtlichen Zwecken erwächst.“ (22f.)

Viertens die Studie Christologie unterrichten als Hermeneutik der Jesusgeschichte. Didaktische Überlegungen zum Religionsunterricht an berufsbildenden Schulen von Andreas Obermann(8309-4620-5), die sich vor dem Hintergrund einer historischen Einordnung Jesu in sein soziales, familiäres und berufliches Umfeld der Beantwortung folgender Fragen widmet: „Wie muss eine berufsorientierte Christologie entfaltet und für den Berufsschulreligionsunterricht (BRU) konzipiert sein, damit sie eine spezifische Relevanz für berufliche Handlungsfelder und Tätigkeiten bekommt? Welche berufsorientierten Aspekte des Themenfeldes „Jesus von Nazareth“ müssen im BRU gelehrt werden, damit dieser einen Beitrag zur umfassenden beruflichen Handlungsfähigkeit leisten kann? Welche Inhalte zur Christologie muss der BRU vermitteln, damit er für die Auszubildenden eine Ergänzung zum Religionsunterricht an allgemeinbildenden Schulen wird – und sich ihnen so auch neue Zugänge zur Religion und zu Jesus von Nazareth erschließen? Und, was nicht in der Frage aus dem Markusevangelium anklingt: Was denken diejenigen Menschen über Jesus, die nicht dem Christentum angehören, sondern dem Judentum und dem Islam? Alternativvorschlag: Wie soll angesichts der religiösen und weltanschaulichen Pluralität der Schüler:innen im BRU über Jesus von Nazareth gesprochen werden?“ (9) Der Autor intendiert folgendes Ziel: „Gott nach-denken im Licht der überlieferten Gedanken des Jesus aus Nazareth, der als der Christus erinnert wurde und in dessen „Schatten*' sich jede christliche Religionspädagogik verorten muss, die Jesus von Nazareth und die Christologie zum Thema haben wollen – in dieser Perspektive geht es in den folgenden Überlegungen um eine exegetische Rückbindung des Religionsunterrichts an berufsbildenden Schulen (BRU) an die Gedankenwelt Jesu, wie sie in den Evangelien erinnernd-deutend überliefert ist und in einer interreligiös angelegten Schau der Wirkungsgeschichte rezipiert wurde. Obgleich der Fokus der folgenden Überlegungen und Ausführungen auf die konkreten unterrichtlichen Umsetzungen auf den Religionsunterricht an berufsbildenden Schulen gelegt wird, haben sie in gleicher Weise für den Religionsunterricht anderer Schulformen eine Relevanz. In diesem Sinne sollen programmatisch grundlegende Überlegungen zu einem „Religionsunterricht als Hermeneutik der Jesusgeschichte" skizziert werden, um so auf gegenwärtige Probleme bei Lehr-Lern-Prozessen zum Thema Jesus Christus nicht nur an beruflichen Schulen angemessen reagieren zu können. Die im Folgenden entfalteten inhaltlichen Fokussierungen und hermeneutischen Perspektiven sollen dabei neue Zugänge zum Thema „Jesus von Nazareth" in den Diskurs einbringen.“ (11) Dies ist zweifellos sehr gut gelungen!

In der Evangelischen Verlagsanstalt Leipzig (374-07134-0) ist die Heidelberger Dis-sertation von Christian Jäcklin mit dem Titel Was nottut. Die religionspädagogische Relevanz des Begriffs der Verantwortung bei Georg Picht erschienen, deren Anliegen es ist, mithilfe der Lebens- und Leitmotive Pichts „über eine biographische oder historiographische Auseinandersetzung hinauszugehen und den Ertrag seiner Philosophie der Verantwortung in der religionspädagogischen Praxis zu nutzen, indem grundlegende theologische Aspekte seines Ansatzes hervorgehoben und besprochen werden. Daher soll in der Darstellung der bildungstheoretischen Fragestellung bei Picht versucht werden, eine kritische Darstellung der bildungstheoretischen Fragestellung Pichts vorzunehmen – ausgehend von seiner Schrift »Deutsche Jugend 1946« bis hin zu seinem erfolgreichen Unterfangen, den von ihm als Schulleiter geleiteten Birklehof als Teil eines Netzwerkes wieder gegründeter Landerziehungsheime zu etablieren. Bereits im ersten Text »Deutsche Jugend 1946« soll durch eine Kontrastierung mit Barths Schriften zum Kriegsende herausgearbeitet werden, welche grundsätzlichen Annahmen im Hinblick auf die Kulturkrise und den Zivilisationsbruch angesichts des Kriegsendes 1945 allgemeiner Art sind, welche aber auch die besonderen Merkmale der Analyse Pichts hervortreten lassen. Im Anschluss hieran soll der Versuch unternommen werden, die Erfahrungen Pichts während seiner Schulleitertätigkeit am Birklehof von 1946-1956 als Anliegen zur Schaffung der Rahmenbedingungen dessen zu verstehen, was Sitte, Wissen und Ordnung aus dem Nichts in der Praxis ermöglichen kann. Im Unterschied zu Barth, dem er 1945 ein Konzept für ein Netzwerk evangelischer Schulen zukommen lassen wollte, bezieht Picht in seine Überlegungen zur Neugründung des Birklehofes neben zentralen Gedanken, die mit Barths Schrift »Evangelium und Bildung« korrespondieren, grundlegende Fragen der platonischen Politeia nach der Wahrheit und nach der Verantwortung des Denkens maßgeblich mit ein. Im Zusammenhang mit Pichts Platon-Rezeption, in der auch eine Verknüpfung der philosophischen mit einer protestantisch geprägten Tugendlehre zu Tage tritt, soll außerdem auf dessen Interpretation der Idee des Philosophenkönigtums eingegangen werden. Dies insbesondere deshalb, um sich mit dem Vorwurf des Elitarismus auseinanderzusetzen, der beispielsweise von Oelkers in Bezug auf die Institution der Landerziehungsheime geäußert wurde. Der Fokus des dritten Teils der Arbeit richtet sich auf die Entfaltung und Erörterung des Begriffs der Verantwortung bei Georg Picht. Zunächst werden wesentliche Aspekte aus dem ersten Teil so zusammengefasst, dass die Gesamtheit der Leitmotive als Vollzug christlicher Verantwortung wahrnehmbar wird. Dieses Kapitel soll in erster Linie einer Systematisierung einer von der unmittelbaren Praxis geprägten Rede der Verantwortung dienen, da im Zusammenhang mit den Leitmotiven weitere für deren Vollzug wesentliche Kriterien hervortreten. Hierzu zählen die Begriffe der Elengxis, der Methexis und der Entelechie, die Picht sowohl philosophisch als auch in protestantischem Verständnis als nicht weniger wesentliche Kriterien seiner Rede von der Verantwortung gebraucht. Das Kriterium der Elengxis, der Rechenschaftslegung vor sich selbst erwähnt Picht im Zusammenhang mit seiner Schulleitertätigkeit, die Methexis angesichts der zu schaffenden Gemeinschaft von Lehrenden und Lernenden am Birklehof und die Entelechie als Grundverständnis der Unverfügbarkeit und der Unplanbarkeit dessen, was angesichts christlicher Verantwortung nottut. Nicht nur die Leitmotive, sondern auch diese Kriterien sind es, die Pichts spätere Aufsätze zum Begriff der Verantwortung in deutlicher Weise prägen. Daher sollen im darauffolgenden Kapitel Pichts Aufsätze zum Begriff der Verantwortung (1967 und 1978), die er während seiner Zeit als Ordinarius für Religionsphilosophie an der Universität Heidelberg verfasste, mit Hilfe der drei Leitmotive und der genannten Kriterien besprochen werden. In seinem maßgeblich im Rahmen seines Wirkens an der FEST vollzogenen

Engagement gegen die Bedrohung atomarer Waffengewalt wird insbesondere das dritte Leitmotiv seiner Rede von der Verantwortung deutlich. Der Weltfrieden angesichts atomarer Bedrohung ist für Picht wie auch für von Weizsäcker, für die Verfasser des Tübinger Memorandums und der Heidelberger Thesen das, was angesichts der »hereingebrochenen eschatologischen Wirklichkeit« nottut und damit als Axiom einer von Picht maßgeblich mitverantworteten »Friedensforschung« an der FEST verstanden wird. Diese hebt auch den Zusammenhang von Verantwortungsträger und Verantwortungsbereich hervor, der auch den Verantwortungsbegriff der erzieherischen Praxis in entscheidendem Maße prägte. Im abschließenden Kapitel des dritten Teils wird die von Picht gehaltene Laudatio auf von Weizsäcker anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels in der Frankfurter Paulskirche mithilfe der Leitmotive und den Kriterien einer Kontrastierung mit dem bisher herausgearbeiteten Verantwortungsbegriff unterzogen und auf zusätzliche Gesichtspunkte hin untersucht. Der abschließende vierte Teil nimmt zunächst die grundlegenden Merkmale der Rede von der Verantwortung aus den vorangegangenen Teilen auf und kontrastiert diese mit Hammelsbecks zeitgenössischem religionspädagogischen Ansatz einer »Evangelische(n] Lehre der Erziehung« (1958), dessen theologische Grundannahmen in wesentlichen Punkten an Barth und dessen Verständnis von »Evangelium und Bildung« (1938) anknüpfen. Einig in der Ablehnung der Grundsätze liberaler Theologie, der Metaphysik und dem idealistischen Menschenbild des Humanismus erkennen neben Picht auch Barth und Hammelsbeck darin die Möglichkeit, die in der Theologie und der Philosophie wahrgenommene Kulturkrise zu überwinden. Die Verantwortung vor Gott und für die Menschen kann, so Picht, nur zu vernünftigem Handeln führen, wenn dies aus dem Glauben heraus geschehe.

Dem Verständnis, dass der Glaube und die Wahrnehmung von Verantwortung auf der Hinwendung zu Gottes Offenbarung fußen und sich demgemäß einer Plan- und Verfügbarkeit entziehen, folgt in vielfältiger Hinsicht der Ansatz der diskursiven Religionspädagogik. Sie ermöglicht somit eine Anbahnung von Pichts Rede von der Verantwortung unter den Rahmenbedingungen der Postmoderne.

Im abschließenden Kapitel des vierten Teils werden ganz im Sinne des praktischen Vollzugs der Verantwortung drei Unterrichtsentwürfe vorgestellt, die sich dezidiert mit der Wahrnehmung von Verantwortung im Vollzug auseinandersetzen. Die Leitmotive Tradition, Sinn für das Zukünftige und Was nottut werden hierbei als Auswahlkriterien des Unterrichtsthemas und als Instrumentarium der Sachanalyse wie auch der konkreten praktischen Umsetzung im Unterricht angewendet.“ (16ff.) Eine sehr gelungene Einordnung, Darstellung und Kontrastierung der Gedanken und Konzepte Georg Pichts zu Erziehung und Verantwortung in christlicher Perspektive!

In ihrer im W. Kohlhammer Verlag (17-043136-2) veröffentlichten Augsburger Habilitationsschrift Perspektiven einer körpersensiblen Religionspädagogik des Jugendalters intendiert Caroline Teschmer einen religionspädagogischen Beitrag zur Körperlichkeit: „Es geht um die Entdeckung des Körpers als religionspädagogischer Parameter der Selbstwahrnehmung und -reflexion im Bestreben um eine Wiederaufnahme und Weiterentwicklung der Körperthematik in der Theologie - und im Besonderen in der Religionspädagogik. Dabei handelt es sich nicht nur um eine einlinig sachliche Reorientierung auf den Körper. Vielmehr versteht sich das Vorhaben als eine ‚körpersensible Religionspädagogik‘, die die angesprochene Mehrdimensionalität der Körperthematik, wie sie gerade im Alter der Adoleszenz Ausdruck findet, in den Blick nehmend integriert. Im Fokus steht die Dimension des Körperlichen als wesentliches Merkmal sozialen Geschehens und als konstitutives Moment des Religionsunterrichts. Jugendliche haben nicht nur einen Körper, sondern lernen in der Phase der Adoleszenz auf eine spezifische Art und Weise Körper zu sein. Der adoleszente Körper kann explizit zum Agens des Unterrichtsgeschehens werden, welcher als wissender und Wissen kommunizierender Körper in Erscheinung tritt, aber auch zum Ort subtilen Widerstands gegenüber sensiblen Themen (z. B. Sexualität, Geschlecht, Körper), herrschenden unterrichtlichen Ordnungen oder Methoden werden kann. Religionspädagogische Perspektiven zur Sensibilisierung des Körpers bauen darauf auf, welcher Zugang und Umgang mit der Thematik gefunden wird, sodass eine realitätsnahe Sichtung mit Begründung angestrebt wird.“ (16f.) Die Arbeit ist wie folgt aufgebaut: „So liegt im ersten Kapitel der Fokus auf der Körperlichkeit als vergessene Dimension einer subjektorientierten Religionspädagogik. Dabei wird die Subjektorientierung als religionspädagogisches Paradigma eigeordnet und Körperlichkeit als relevantes Phänomen jugendlicher Identitätssuche beschrieben. Nach der Betrachtung des körperlichen Subjekts wird eine religionspädagogische Anthropologie des Jugendalters skizziert, in der juvenil körperliche Erfahrungswelten zu stehen kommen und die Thematisierung des Körpers religionspädagogisch exponiert wird. Die zusammenfassende Darstellung empirischer Ergebnisse renommierter Jugendstudien klärt die Bedeutsamkeit des Körpers im Jugendalter. Ein besonderes Augenmerk kommt hier dem Parameter Geschlecht zu. Denn die Genese des juvenilen Körpers kann nicht ohne die Genderthematik gefasst werden. Im für die Arbeit zentralen zweiten Kapitel wird der Körper im Jugendalter als Thema theologischer Anthropologie untersucht. Körperlichkeit wird zunächst zwischen Verdrängung und Aufwertung entfaltet. Sodann erfolgt eine theologische Grundlegung in Ambivalenz einer tendenziellen Leibfeindlichkeit einerseits sowie eines Körperbooms andererseits. Anknüpfend an biblische Überlieferungen wird von einer Einheit von Leib und Seele ausgegangen und Leiblichkeit somit untrennbar mit dem Menschsein verbunden. Herangezogen wird Friedrich Schleiermacher, der eine ganzheitliche Sicht auf den Menschen anlegt und sich gegen eine leibfeindliche Tradition in Philosophie und Theologie stellt. Die vorliegende Arbeit lässt sich insofern von den Überlegungen Schleiermachers inspirieren, als dass dieser eine Wiedergewinnung der Leiblichkeit bzw. Körperlichkeit exemplarisch vorführt. Somit werden seine anthropologischen Überlegungen zum Ausgangspunkt einer körpersensiblen Religionspädagogik. Insbesondere die Dialektik von Körper-Haben und Leib-Sein differenziert die eigenleiblichen Erfahrungen, wobei das Körper-Haben das Leib-Sein prägt. Folglich wird eine bezugswissenschaftliche Systematisierung vorgenommen, bei der Körperbilder im interdisziplinären Diskurs beschrieben werden. Dabei wird der Körper in seiner Vielfalt analysiert. Nach der Analyse der in sich disparaten Körperbilder richtet sich der Fokus auf Scham als emotionale Annäherung an eine Theologie der Leiblichkeit. Scham kann als prominente Emotion des Jugendalters bezeichnet werden. In der Scham erlebt sich der Mensch in seiner Leiblichkeit und wird sich zugleich der Körperlichkeit bewusst. So werden die disparaten Wirkungszusammenhänge von Körperlichkeit anthropologisch gebündelt und auf den biblisch ausgeprägten Zusammenhang von Gottesebenbildlichkeit und Rechtfertigung bezogen. Im Anschluss daran werden Konturen einer theologischen Anthropologie der Anerkennung aufgezeigt. An die Skizzierung des Phänomens Körper und die Einordnung in die Lebensphase Jugend anschließend wird im dritten Kapitel der Körper in der Religionspädagogik thematisiert. Zunächst wird eine religionspädagogische Kontextualisierung vorgenommen. Im Bildungsplan für das Gymnasium in Bayern lässt sich das Thema der Körperlichkeit finden, sodass erste Hinweise zur möglichen religionsdidaktischen Umsetzung anklingen, womit eine Gestaltung körperorientierter Bildungsprozesse in der Religionsdidaktik aufgezeigt werden kann. Damit ist eingeräumt, dass in der Religionspädagogik und -didaktik bereits eine Vielzahl an körperorientierten Ansätzen vorhanden ist. Den Ausgangspunkt aller praxisbezogenen Überlegungen bildet ein weites Verständnis von Religionspädagogik. Jedoch lassen sich Desiderate darlegen und Folgerungen für die Religionspädagogik und ihre Didaktik formulieren. Die Einordnung des Körpers in religionspädagogische und -didaktische Kontexte erlaubt es schließlich im vierten Kapitel, Perspektiven für eine körpersensible Religionspädagogik zu erarbeiten. Es wird der Frage nachgegangen, wie Körper-Bildung konkret im Religionsunterricht aussehen kann und inwieweit der Ansatz einer körpersensiblen Religionspädagogik eine Weiterentwicklung der bereits bestehenden Ansätze darstellt. In diesem Zusammenhang wird erneut das ganzheitliche Menschenbild Schleiermachers aufgegriffen und Identität als reflektierende Einordnung des Ich beschrieben. Anschließend wird an den theoriegeleiteten Diskurs sowie an eine die körperlichen Dimensionen integrierende ästhetische Bildung als Brücke zwischen ethischer, emotionaler und körperorientierter Bildung angeschlossen, sodass der Körper als ästhetisches Ausdrucksmittel im Religionsunterricht fungiert. Abschließend werden Konturen einer körpersensiblen Religionspädagogik skizziert. Der Religionsunterricht wird zum Erfahrungsraum und Experimentierfeld von Körperlichkeit. In diesem Sinne soll Körperlichkeit für den religionspädagogischen Diskurs reflektiert und fruchtbar gemacht werden.“ (19f.)

2 Praktische Theologie

In der Reihe „Kompendien Praktische Theologie“ hat Frank Albrecht Uhlhorn im W. Kohlhammer Verlag (17-034078-7) den Band Kybernetik veröffentlicht, in dem er den Forschungsansatz einer Beobachtung zweiter Ordnung in einem ersten Schritt auf das soziale System Evangelische Kirche in Deutschland und seine historischen Wurzeln anwendet: „Diese liegen ihrem Anspruch nach in der Verkündigung Jesu Christi, die sich zudem auf die jüdische Tradition bezieht. Uns interessiert jedoch die soziale Dimension der Systembildung, deshalb ist der Einsatzpunkt der Untersuchung im Corpus Paulinum gewählt (Kap. 2). Im Durchgang durch die paulinischen Briefe zeigt sich, dass schon die Urgemeinden Fragen der Leitung und Steuerung reflektieren und durch Organisation das sind, was sie sind. In den Zeiten der »Alten Kirche« expandiert das soziale System. Untersucht werden soll, was den Erfolg ausgelöst hat (Kap. 3). In der traditionellen Forschung werden mehrere mögliche Faktoren genannt: der Widerstand gegen das Imperium, das Bedürfnis des Reiches nach einer universellen Religion, die Person des Paulus, die soziale Haltung der Solidarität und die der Kirche gesellschaftlich zugewachsene wirtschaftliche und politische Macht. Eine kybernetische Perspektive ergibt ein anderes Ergebnis: das Erfolgsprinzip bestand in der justizförmigen Regelung der internen Operationen. Diese Art der Ausdifferenzierung war weder geplant noch vorgesehen und enthält ein Problem, das in der Kirchengeschichte noch  Wirkungen erzeugt: Es führt dazu, dass die Organisation sich nicht um eine Entscheidung ihrer Mitglieder bemühen muss. Die Kirche des Mittelalters zeichnet sich daraufhin durch ihre die gesamte Gesellschaft prägende Macht aus. In Kap. 4 wird der Grund dafür herausgearbeitet. Er liegt in der Korrelation von Strukturen und der Semantik des vorherrschenden gesellschaftlichen Differenzierungs-prinzips. Theologie und Kirche waren in der Lage, Sinnzusammenhänge zu prägen, mit denen sich die stratifikatorische Ordnung begründen konnte. Doch auch in dieser historischen Epoche reproduziert sich der »blinde Fleck« dadurch, dass das soziale System sich unabhängig von den Entscheidungen der Mitglieder aufstellen kann. In der Reformation, die in Kap. 5 in einer kybernetischen Perspektive untersucht wird, treten die Komponenten Semantik und gesellschaftliche Struktur wieder auseinander. Die Kategorie Öffentlichkeit entsteht und etabliert die funktionale Differenzierung der Gesellschaft und eine gesellschaftsweite Beobachtung zweiter Ordnung. Anschlussfähige Kommunikation benötigt nun Medien. Der Glaube wird zu einem dieser symbolisch generalisierten Medien. Die Einstellung zur Kirche wird wieder eine Sache der Entscheidung. Doch die Organisation der evangelischen Kirche in Deutschland gerät in ein theologisches Abseits, weil sie in die Hände der Obrigkeit (sog. landesherrliches Kirchenregiment) abgegeben wird. Den Übergang in die Moderne prägt Friedrich Schleiermacher (Kap. 6). Für die Sicherung der Dynamik zwischen den Hervorragenden und der Masse, die für die Zirkulation der freien Geistesmacht entscheidend ist, setzt Schleiermacher nicht auf eine Festlegung von Ämtern oder Hierarchien, die das System steuern könnten, sondern er räumt für diese Funktion der Kirchen-verfassung einen hohen Stellenwert ein. Schleiermacher setzt dadurch bereits auf eine Selbststeuerung des Systems. Das ist ein Meilenstein in der Kirchentheorie. Die verwendeten Unterscheidungen streben jedoch einen Gleichgewichtszustand an. Die Kirche als offenes soziales System zu verstehen, bleibt Kirchentheorien des 19. und 20. Jahrhunderts vorbehalten, die in Auswahl in Kap. 7 aufgeführt werden. Zwei elaborierte Kirchentheorien der Gegenwart werden in Kap. 8 vorgestellt. Jan Hermelink benutzt für seinen Entwurf dezidiert kybernetische Begriffe wie Selbstbeobachtung, Selbstbeschreibung, Selbststeuerung und Entscheidung. Dass er das soziale System als Gegenüber von sichtbaren Instanzen der Leitung und einem Jenseits von Interaktionen des Glaubens versteht, könnte man in das in der Systemtheorie prominent verwendete Spencer-Brownsche Formkalkül eintragen. Die Conclusio, dass eine Leitungsperson das System schließt und seine Einheit erzeugt, ist jedoch nur subjekt- und handlungstheoretisch nachzuvollziehen. Hauschild und Pohl-Patalong wollen ein »Denkmodell Hybrid« etablieren, doch auch hier steht die »Kategorie Subjekt« im Zentrum des Entwurfs. Darum erhebt sich zum Abschluss dieses Kapitels die Forderung nach einer kybernetischen Wende. In gängigen Kirchentheorien laufen die normativen Perspektiven auf eine Rationalität des Richtigen hinaus. Wer konzeptionell neue Freiheiten für die Entwicklung der Organisation entdecken will, muss nicht die Ekklesiologie durch Kybernetik ersetzen und nicht in einen »Reformstress« geraten, aber es kann auch nicht im Vorfindlichen verharrt werden. Stattdessen ist mit dem Unkalkulierbaren zu rechnen und das Nicht-Organisierbare nach eigenen Regeln geschehen zu lassen. Wie das geschehen könnte, soll in einer praktisch-kybernetischen Versuchsanordnung (Kap. 9) gezeigt werden. Das System Kirche wird als black box angesehen und deren Input gemessen. Zu beobachten ist, dass als Output eine religiöse Kultur produziert wird, die dem Milieu des Bildungsbürgertums der 1960er bis 1980er Jahre entspricht. Dieses Produkt erzeugt jedoch nur noch eingeschränkte Anschlusskommunikation. Deshalb wird gemäß der kybernetischen Theorie damit gespielt, die im Inneren der black box wirkenden Mechanismen testweise zu bestimmen. Sie sollen erstens als nicht-kontingente Verknüpfung zweier kontingenter Sachverhalte, zweitens als Entscheidung und drittens als Funktion der Religion ausprobiert werden. Wird die black box nun mit den funktionalen Werten als Rekursionen gefüttert, die in den historischen Kapiteln erarbeitet worden sind, so zeigt sich ein überraschendes Ergebnis: sowohl in der Antike wie im Mittelalter ist der Mechanismus Verknüpfung zweier kontingenter Sachverhalte tätig. Dem System gelang auch ohne Organisationsprogramm ein In-Beziehung-setzen von externen und internen Faktoren. Deshalb konnten die von der Umwelt des Systems ausgehenden Irritationen in Informationen verwandelt werden. Dies versetzte die Kirche in die Lage, sich der gesellschaftlichen Evolution anzupassen. In der modern ausdifferenzierten Gesellschaft sind die aufgeführten funktionale Werte jedoch nicht mehr vorhanden. Im Effekt gelingt es dem System immer weniger, sich auf verändernde Bedingungen einzustellen, Es differenziert sich nur in sich selbst aus. Es gelingt daher nicht mehr, eine gesellschaftsweit plausible religiöse Semantik zu erzeugen. Wie ist mit diesem Ergebnis umzugehen, wie könnte das Defizit ausgeglichen werden? Die neueren Kirchentheorien verweisen auf die Interaktion als Basis jeder religiösen Kommunikation. Daran soll hier angeschlossen werden, jedoch mit einer entscheidenden Transformation. Die gesellschaftliche Funktionsweise von Interaktion wird geklärt, sie wird dann im Versuchsaufbau als Umschalt-ebene zwischen Gesellschaft und Organisation in Anwendung gebracht (Kap. 10). Vor diesem Hintergrund soll als Ausblick ein Organisationsprogramm konzipiert werden, das die Freiheit schafft, die eigene Struktur des Systems in eine zweiseitige kontingente Relation zur Umwelt zu setzen. Dafür müssen Entscheidungsprämissen für die Steuerung des sozialen Systems bestimmt werden. Definiert wird eine dezidiert religiöse Prämisse, die das Verhalten plausibel selegiert und festlegt, was als systemeigener Erfolg und was als Misserfolg zu bewerten ist, so dass dann nicht mehr beliebig gehandelt werden kann. Dieses Vorgehen soll die Basisentscheidung eines Mitglieds respezifizieren, ohne in einen vormodernen autoritären Einschluss/Ausschluss-Dualismus zurückzufallen. Um diesen abstrakten kybernetischen Ansatz für das System in seinen alltäglichen Operationen fruchtbar und anschaulich zu machen, wird der Ordnungsgedanke einer Stelle zur Anwendung gebracht. Die Entscheidungsprogramme Theologie der Kontingenz, Inklusion und Governance werden hier implementiert. Dieses Kalkül beherzigt die kybernetische Warnung, dass ein soziales System nicht in seiner Totalität reformiert werden kann. Aber wenn für ein Teil des Systems Kirche (die Stellen der bezahlten Kräfte) die identifizierten Mechanismen wie Entscheidung, Funktion und Verknüpfung von Kontingenzen wieder eingesetzt werden kann, dann wird dieses Vorgehen Effekte für die Personalpolitik und die Organisation von Kommunikationswegen zeigen. Die Hoffnung besteht darin, dass die Kommunikationen der Kirche in Deutschland dann wieder anschlussfähiger werden können. Aber wie immer bei Versuchen können auch Nebenwirkungen, Gefahren und neue Probleme nicht ausgeschlossen werden. Ein Hinweis am Schluss dieser Publikation soll das Missverständnis vermeiden, als würde der kybernetische Ansatz nur unter anderen Vorzeichen wieder eine Rationalität des Richtigen etablieren wollen.“ (13ff.) Ein wichtiger Beitrag zur kybernetischen Leitfrage: Wie kann eine Organisation Kirche zeitgemäß aufgestellt werden und vor allem: wie funktioniert ihr Funktionieren?!

Thomas Martin Schneider fragt in seinem in der Evangelischen Verlagsanstalt Leipzig (374-07318-4) erschienenen Buch Kirche ohne Mitte? Perspektiven in Zeiten des Traditionsbruchs, ob die evangelische Kirche in Deutschland aktuell ihre Mitte verliere. Der Autor gliedert sein Buch in vier Kapitel: „Ein kurzer Abriss der evangelischen Kirchengeschichte im 20. Jahrhundert soll die Vorgeschichte von Heute beleuchten (Kapitel 1). Im anschließenden eigentlichen Hauptteil (Kapitel II) sollen vor diesem Hintergrund exemplarisch und ohne Anspruch auf Vollständigkeit einige mir relevant erscheinende aktuelle Entwicklungen aufgezeigt und kritisch diskutiert werden. Sodann soll noch einmal systematisch auf das Ausgangsproblem „Wo fehlt die Mitte?“ eingegangen werden (Kapitel III). Schließlich möchte ich konstruktiv aufzuzeigen versuchen, worin aus meiner Sicht die bleibende Relevanz des reformatorischen Christentums besteht (Kapitel IV).“ (13) Diskussionswürdig sind insbesondere die zehn Thesen des Verfassers in dessen Fazit: „Die Zukunftsfähigkeit des Protestantismus erweist sich meiner Überzeugung nach daran, ob es ihm gelingt sich weiterhin an wesentlichen Elementen der von Luther ausgegangenen Reformation zu orientieren bzw. sich wieder von Neuem darauf zu besinnen. Als solche wesentlichen Elemente stellte ich heraus: 1. das pessimistische oder, besser gesagt, realistische Menschenbild: der Mensch, getrennt von Gott, wie das trotzige „Hänschen klein“, das alles schon allein machen will, sich dabei aber nur lächerlich macht und letztlich ins Verderben rennt; 2. den grundlos gnädigen und barmherzigen Gott, der sich des trotzigen kleinen Hänschens annimmt, hinter ihm herläuft und sich liebevoll darum kümmert, obwohl dieses sich wehrt und schreit: Geh weg, ich brauch' dich nicht, ich kann das alles alleine; 3. den Gott, der in Jesus Christus selbst ein Kind wurde, um mit uns trotzigen Kindern auf Augenhöhe zu sein; den Gott, der Mensch wurde, weil wir nicht Gott werden konnten, obwohl wir schon meinten, es zu sein; 4. die Selbsterkenntnis – dass der Mensch erkennt, wer er in Wirklichkeit ist: nicht der tolle Held, sondern eben das trotzige und sich lächerlich machende, durchaus auch zum Bösen fähige Kind, das ins eigene Verderben rennt; 5. den Menschen, er der Hilfe und Zuwendung Gottes vertraut und an die Erlösung durch Jesus Christus, den gekreuzigten und auferstandenen Sohn Gottes, glaubt und das als eine enorme Befreiung erfährt – das alles nicht aus eigener Kraft und Entscheidung, sondern mit Hilfe des Heiligen Geistes; 6. die Heilige Schrift als das alleinige Fundament, das man immer wieder neu hören, auslegen und weitersagen muss; dies darf aber nicht in unhistorischer Weise, weder in fundamentalistischer noch in politisch-ideologischer, geschehen; 7. die Kirche als die Gemeinschaft der Glaubenden, in der Gottesdienst gefeiert, das Evangelium verkündet und die Sakramente schriftgemäß gereicht werden und die erkennt, dass demgegenüber alles andere vielleicht auch wichtig, aber nachrangig ist; 8. die reformatorische Kirche nicht als „Luther-Sekte", sondern als die nach Gottes Wort reformierte Kirche, die treu zu ihrem Bekenntnis bzw. ihren Bekenntnisschriften steht, die freilich auch stets auslegungsbedürftig sind und bleiben; 9. die Ethik nicht als Voraussetzung, sondern vielmehr als Konsequenz der freimachenden Gnade Gottes, der Rechtfertigung, nach dem Motto: „Ein guter Baum trägt gute Früchte“ – insofern gibt es allen Grund zum Optimismus: Die reformatorische Ethik bedarf keiner allgemeingültigen, festen Regeln und trägt dem Umstand Rechnung, dass der Mensch stets zugleich auch sündig ist und bleibt und also auf Gottes Gnade angewiesen; eine solche Ethik bleibt im Blick auf die sittlichen Möglichkeiten des Menschen, im Blick auf politische Theorien und Rezepte vorsichtshalber und realistischerweise skeptisch; 10. die rechte Unterscheidung zwischen geistlichem und weltlichem Regiment und die Warnung vor einer vorschnellen Vermischung beider; die richtige Mitte zwischen politischer Blindheit einerseits und theologischer Verbrämung politisch-ideologischer Überzeugungen andererseits.“ (194f.)

Ebenfalls in der Evangelischen Verlagsanstalt Leipzig (374-07073-2) hat Wolfgang Ratzmann in der Reihe „gemeinsam gottesdienst gestalten“ den Band Andacht verstehen und gestalten veröffentlicht, der eine praktisch-theologische Einführung in diese häufige geistliche Form in den Gemeinden beabsichtigt: „In einem ersten Teil soll zunächst grundsätzlich gefragt werden, was »Andacht« heißt. Dazu sollen, neben begrifflichen Fragen, historische Überlegungen dienen. Wir können unser Profil des gemeinsamen geistlichen Lebens wohl nur dann verantwortlich finden, wenn wir uns ein wenig in der Geschichte der Frömmigkeit mit ihren spirituellen Vollzügen auskennen. Wir sind ja nicht die ersten, die Andachten zu gestalten versuchen. Wir begeben uns vielmehr hinein in eine lange Kette spirituelle Intentionen und Strukturen. Wir sollten wissen, woran wir anknüpfen können, was wir aufnehmen und was wir ändern möchten. Aber es ist auch nötig auf die Herausforderungen unserer Zeit zu reagieren. Deshalb möchte ich dann systematisch nach den heutigen Bedingungen für Frömmigkeit und Andachtspraxis fragen. Dabei konzentriere ich mich auf den Raum der evangelischen Kirchen in Deutschland mit ihrer spezifischen Tradition geistlicher Praxis, Diese Eingrenzung ist nicht im Sinne konfessioneller antiökumenischer Abgrenzung zu verstehen. Wir können aus den Erfahrungen der spirituellen Praxis anderer Länder, denken wir z. B. an den anglikanischen Raum, und anderer Konfessionen, vor allem von der römisch-katholischen Kirche, für unsere Andachtspraxis viel lernen. Es sind praktische Gründe, die mich zur Konzentration zwingen: Ein weit überkonfessioneller Blick hätte mich als Autor überfordert, und er hätte den Rahmen dieser Studie gesprengt. In einem zweiten Teil werden die wesentlichen praktischen Fragen angesprochen, die bei der Gestaltung von Andachtsformen zu bedenken sind. Unterschiedliche Modelle werden kritisch reflektiert und mit Hilfe von knappen Hinweisen für die eigene Praxis erschlossen. Am Ende stehen drei Andachtsformate, die in einer konkreten Situation, nämlich der Corona-Pandemie der Jahre 2020/21, entstanden sind. Sie sind Beispiele für die vielfältigen Versuche, in dieser Situation der kommunikativen Einschränkungen und angesichts der Leiden dieser schwierigen Zeit spirituelle Besinnungen zu gestalten. Das vorliegende Buch wendet sich zunächst an Theologinnen und Theologen und andere ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im kirchlichen Verkündigungsdienst. Es will aber ebenso interessierten »Laien« helfen, die Frage nach dem Wesen der Andacht zu beantworten, und es will ihnen Hilfestellung zur sachgemäßen Gestaltung geben. Ich denke dabei nicht zuletzt an die Gemeindemitglieder, die ehrenamtlich in den Gemeinden tätig sind. Ohne sie ist der künftige kirchliche Dienst kaum mehr denkbar. Gerade sie brauchen Anleitungen zum Handeln. Die Zielrichtung des Buches ist letztlich eine praktische. Es kann und will eine gründliche wissenschaftliche Geschichtsschreibung zur Historie evangelischer Frömmigkeit zwar nicht ersetzen. Aber es will die Andachtsgestaltung nicht nur praktizistisch als eine rein methodische Frage betrachten, sondern will auch auf einige grundsätzliche Fragen eingehen, um zu verstehen, was »Andacht« bedeutet, wie sie historisch verstanden wurde und welches Profil sie heute im Kontext unserer Zeit haben sollte.“ (9ff.)

3 Biblische Theologie und bibeldidaktische Materialien

Bernd Janowski bietet mit seiner im Mohr Siebeck Verlag (16-162319-6) erschienenen Gesamtdarstellung Biblischer Schöpfungsglaube. Religionsgeschichte – Theologie – Ethik eine eindrucksvolle Aufklärung über die Schönheit und Zerbrechlichkeit der Welt in den biblischen Schöpfungstexten und in den antiken Kosmologien. Das umfangreiche Werk ist wie folgt aufgebaut: I Was heißt „Schöpfung“? – Einführung II Die Welt des Anfangs – Grundlegung III Die Welt als Schöpfung – Themenfelder 1. Aspekte der natürlichen Lebenswelt 2. Aspekte der geschichtlich-sozialen Welt 3. Aspekte des religiösen Symbolsystems IV Der Schöpfer des Himmels und der Erde – Resümee. Drei wertvolle Anhänge enthalten zentrale Schöpfungstexte des Alten Testaments, Quellen zur Kosmologie und Schöpfungstheologie der Antike sowie Texte zur Tier- und Umweltethik von Montaigne bis zur Gegenwart. Ein detailliertes Literaturverzeichnis und ein Stellen- sowie Sachenregister beschließen das opus magnum. In seinem Ausblick zur Ethik der Mitgeschöpflichkeit behandelt der Verfasser die beiden höchst aktuellen Fragen „Welche Folgerungen ergeben sich aus unseren Überlegungen für die Frage nach der Relevanz des biblischen Schöpfungsglaubens für uns heute?“ „Und welcher Stellenwert kommt speziell dem Slogan „Bewahrung der Schöpfung“ zu?“ Er führt aus: „Im Blick auf die Berechtigung und Sinnhaftigkeit der Rede von der „Bewahrung der Schöpfung“, die seit der 6. Vollversammlung des ÖRK in Vancouver im Jahr 1983 in Kirche und Theologie en vogue ist, ist zunächst nüchtern festzuhalten, dass es dafür keinen biblischen Anhalt gibt, auch wenn immer wieder auf den nichtpriesterlichen Beleg Gen 2,15 hingewiesen wird, der den Passus Gen 2,8 f(.10-14: Paradiesgeographie). 15 abschließt (…) Bewahrt werden soll danach nicht die gesamte Schöpfung, sondern allein der Garten Eden. Im Übrigen sind auch die Tiere noch nicht im Blick, weil diese erst später geschaffen werden (vgl. Gen 2,19 f). Wenn jemand die Schöpfung bewahrt bzw. bewahren kann, dann ist es allein der, der sie in Dasein gerufen hat, nämlich Gott (vgl. Jer 5,24). Das ist auch die Aussageintention der nicht-priesterlichen Urgeschichte, denn deren Epilog markiert nichts weniger als eine Epochenwende von der Vernichtung zur Bewahrung der Schöpfung. (…)  Wenn, wie die biblischen Schöpfungstexte zeigen, nur Gott die Schöpfung bewahren kann (vgl. Gen 8,20 ff; Jer 5,24; Ps 104,27 ff u. a.), stellt sich die Frage nach der Rolle des Menschen im Ganzen der Schöpfungswelt. Im Blick auf diese Frage sind Kurzschlüsse und Überfrachtungen, wie sie der Slogan von der „Bewahrung der Schöpfung“ darstellt, zu vermeiden. Stattdessen kommt es auf eine Ethik der Mitgeschöpflichkeit an, die nicht nur die geschöpflichen Grenzen achtet, sondern die auch den anderen Lebewesen das Recht auf Leben einräumt und die sich von ihrem Leiden affizieren lässt. (…) Für das Lebensrecht der Tiere kann noch einmal auf Ps 104,10ff; Hi 38,39 ff u. a., aber auch auf die oben zusammengestellten tierethischen Texte wie Ex 20,10;

23,12; Spr 12,10 u. a. hingewiesen werden. Was schließlich das Thema „Leiden der Mitgeschöpfe“ angeht, so leistet ein Text wie Röm 8,18 ff einen bedeutsamen Beitrag zur „Sensiblisierung für Verwüstung und Leiden von ökologischen Lebensgemeinschaften, die auf menschliches Fehlverhalten zurückgehen“. Von einer Sehnsucht der Geschöpfe nach dem Schöpfer, wie sie in Röm 8,18 artikuliert wird, ist auch in Jo 1,20; Ps 104,27 f und Ps 145,15 f die Rede. Noch einmal: Nach dem Alten Testament sind Menschen und Tiere Geschöpfe Gottes (vgl. Gen 1,20-30) – das gilt selbst für die Schlange von Gen 3,1 oder für die monströsen Tiere Behemot und Leviatan (Hi 40,15 ff.25 ff). Als Gefährten und Feinde des Menschen leben die Tiere mit dem Menschen „in einer Schöpfungsgemeinschaft zusammen und (teilen) gemeinsam dieselbe Geschichte ..., die auf eine Erlösung aller Kreatur zuläuft (Röm 8,18-22)“. Man mag das für einen „religiösen Überschuss“ halten und entsprechend abtun. Weiterführend ist das aber nicht. Denn das biblische Verständnis der Geschöpflichkeit aller Kreatur erweitert den allgemeinen Tierethikdiskurs um den Aspekt der Mitgeschöpflichkeit des Mensch/Tier-Verhältnisses unverzichtbar ist. Es ist keine Frage, dass sich den biblischen Schöpfungstexten in der Regel keine direkten Handlungsanweisungen für die vor uns liegenden Aufgaben entnehmen lassen. Dafür sind die Strukturen und Erfordernisse der heutigen Lebenswelt(en) im Vergleich zu denen der Vergangenheit zu unterschiedlich. Die Impulse der biblischen Texte liegen vielmehr in einer bestimmten Perspektive, die jenseits zeit- und kulturgeschichtlich bedingter Eigenheiten eine Grundorientierung für den Umgang mit der Natur und allem Lebendigen geben können. Diese Perspektive lässt sich etwa an einem Text wie SapSal 11,24 f festmachen, in dem die Schöpfung (V. 24) und die Erhaltung des Geschaffenen (V. 25) als Manifestationen des göttlichen Willens erscheinen. (…) Dieser Text gibt eine Antwort auf die Frage nach dem Geheimnis der Schöpfung, also darauf, was die Welt im Innersten zusammenhält. Die Welt, so lautet diese Antwort, „ist aus und in göttlicher Liebe geschaffen; dass sie immer noch voll Lebenskraft ist und diese entfalten kann, gründet in Gottes (mütterlicher) Liebe“. Wenn wir zu einer Haltung finden, die die Welt in diesem Sinn als Schöpfung Gottes und nicht einfach als Verfügungsraum selbstgewählter Zwecke versteht, und wenn wir uns im Verhältnis zu den anderen Lebewesen von einer Ethik leiten lassen, die den Gedanken der Gemeinschaft des Lebendigen in den Vordergrund rückt, wäre das ein erster, wichtiger Schritt, dem weitere Schritte folgen müssten. Welche das im Einzelnen sind, ist natürlich zu konkretisieren. Es sollte aber zu denken geben, dass eine Kultur wie das alte Israel zu Einsichten gefunden hat, die ein Text wie SapSal 11,24 f unübertroffen zum Ausdruck bringt und die auch uns etwas zu sagen haben. Wir müssen nur den Mut oder besser: die Weisheit haben, uns diese Einsichten auch zu eigen zu machen. Das setzt allerdings eine Haltung voraus, die ihren Grund im Staunenüber das Wunder der Schöpfung hat, und die in Ps 104,24 einen biblischen Leittext besitzt: „Wie zahlreich sind deine Werke, JHWH, sie alle hast du mit Weisheit gemacht, voll ist die Erde von deinem Eigentum!“ Dieses Staunen lässt sich nicht verordnen. Es lässt sich aber erlernen durch das Achten auf den Gabecharakter des Lebens und das Bewusstsein der Gemeinschaft des Lebendigen. Im Staunen über die Schöpfung lernen wir, „die Unverfügbarkeit der Natur mit den Augen Gottes und im Vertrauen auf ihn als seine gute Schöpfung wahrzunehmen“ und diese Wahrnehmung auch zu verinnerlichen. Diese Sensibilität wird sich nicht von heute auf morgen und vor allem nicht von allein einstellen. Sie ist aber die Voraussetzung für ein verändertes Selbst- und Weltverhältnis. Hellsichtig hat das auf seine Weise bereits der römische Historiker Plinius der Ältere (23-79 n. Chr.) in seiner Naturalis historia 2,43 artikuliert. (…) In derselben Epoche hat Paulus in Röm 8,18-30 vom „Seufzen der Kreatur“ gesprochen und die Sehnsucht der ganzen Schöpfung nach der Offenbarung der Herrlichkeit Gottes beschworen. (…) Es ist Zeit, dass Texte wie dieser in Theologie und Kirche endlich mehr Beachtung finden.

Dem Mensch-Tier-Verhältnis widmet sich auch Bernd Kappes in seinem im Patmos Verlag (8436-1413-9) erschienenen Buch Mit-Geschöpfe. Vom Umgang mit Tieren aus christlicher Sicht, in dessen Einführung der Verfasser schreibt: „Ist nur der Mensch mit Vernunft begabt? Können Tiere leiden? Und welche ethische Bedeutung hat das? Welche Unterschiede und welche Gemeinsamkeiten gibt es zwischen Mensch und Tier? Ist der Mensch zur Herrschaft über die Tiere bestimmt? Sind Unterdrückung und Befreiung der Tiere mit anderen Formen von Unterdrückung und Befreiung vergleichbar, etwa mit der »Sclaverei«? Reicht der Anspruch des Tierschutzes, das »meist kurze und mühevolle« Leben der Tiere »erträglich« und ihren Tod »so kurz und so leicht wie möglich« zu machen, heute noch aus? Oder darf es ein bisschen mehr sein? Haben Tiere vielleicht weitergehende Rechte? Ist es überhaupt möglich, Tieren unter den Bedingungen der industriellen Tierhaltung ein erträgliches Leben zu ermöglichen? Wird durch die »unbesonnene Mißhandlung eines seiner Geschöpfe« Gott selbst »beleidigt«? Welche ethischen, aber auch welche theologischen Fragen stellen sich also im Umgang des Menschen mit den Tieren? Haben die Tiere »Antheil« am biblisch verheißenen Reich des Friedens und an der neuen Schöpfung? Was bedeutet es, von Mitgeschöpflichkeit bzw. von den Tieren als unseren Mitgeschöpfen zu sprechen? Und schließlich: Wie können Standards für ein gutes Leben der Tiere garantiert werden? Welche Rolle spielen dabei Organisationen der Zivilgesellschaft? Und welchen Ordnungsrahmen muss der Staat setzen? Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigt sich das vorliegende Buch. Dabei kommen biblisch-theologische, philosophische, naturwissenschaftliche, ethische und politische Perspektiven miteinander ins Gespräch, um die Felder des Mensch-Tier-Verhältnisses zu bearbeiten, die auch 200 Jahre nach Danns »Bitte der armen Thiere« relevant und zum Teil weiterhin umstritten sind.“ (29f.)

Eine hilfreiche Einführung in die wichtigsten Methoden und Hilfsmittel gibt Ursula Ulrike Kaiser in ihrem im Verlag bei Mohr Siebeck (8252-5984-6) erschienenen Buch Neutestamentliche Exegese kompakt. Die Autorin erklärt dazu in ihrer Einführung: „Dieses Buch will Ihnen helfen, die gängigen Methodenschritte, die Sie für die Auslegung neutestamentlicher Texte brauchen, zu verstehen und einzuüben. Sie brauchen für die Lektüre keine besonderen Voraussetzungen. Eine gewisse Vertrautheit mit biblischen Texten ist allerdings von Nutzen. Auf jeden Fall aber ist eine möglichst unvoreingenommene Neugier hilfreich, denn mit den verschiedenen Methoden lässt sich vieles in den Texten entdecken und manches von unseren Vorannahmen auch hinterfragen. Dieses Buch ist vor allem praktisch orientiert. Es will Sie nicht nur umfassend über die zentralen Exegeseschritte informieren, sondern soll Ihnen vor allem auch erklären, wie Sie diese Methodenschritte im Einzelnen anwenden und welche Informationen und Einsichten Sie dadurch über den zu untersuchenden Text gewinnen. Da sich das am besten an den Texten selbst zeigen lässt, werden Sie immer wieder Beispiele finden. Diese können Sie, wenn Sie wollen, zum Teil auch als Übungen nutzen, wenn Sie die Aufgabenstellung zuerst selbst bearbeiten, bevor Sie dann weiterlesen und Ihr eigenes Ergebnis mit dem Text im Buch vergleichen. Außerdem bekommen Sie schrittweise die wichtigsten und gängigsten Hilfsmittel für die exegetische Arbeit vorgestellt. Dabei ist es mir wichtig, auch all jene Studierenden im Blick zu behalten, die vor oder im Studium kein Griechisch gelernt haben und daher bei manchen der verbreiteten wissenschaftlichen Nachschlagewerke auf Probleme stoßen. Hier gibt es nicht immer die ideale Lösung, denn die Arbeit am Quellentext in seiner Ursprungssprache kann man nie vollständig ersetzen, aber es gibt doch einige Möglichkeiten und vor allem eine zunehmende Zahl an elektronischen Res-sourcen, die sich als hilfreich erweisen. Insgesamt geht es mir darum, den Weg zum Verständnis der biblischen Texte so zu erschließen, dass Sie mit diesen Texten in je verschiedenen Kontexten textgerecht und sinnerschließend weiterarbeiten können. Denn während im Studium die exegetische Hausarbeit erst einmal die zentrale Anwendung der erlernten exegetischen Fähigkeiten zu sein scheint, soll sie doch vor allem die Voraussetzungen schaffen für jeglichen weiteren, wissenschaftlich und theologisch verantworteten Umgang mit den biblischen Texten - sei es erst einmal während des Studiums auch in den anderen theologischen Fächern oder später dann in der Gemeinde oder im Religionsunterricht an der Schule oder in noch anderen Kontexten.“ (1f.) Eine geeignete Einübung in exegetisches Handwerkszeug sowie eine brauchbare Anleitung für die exegetische Hausarbeit!

Muss man die Bibel wörtlich nehmen? Bibelverständnis und Bibelauslegung lautet der Titel der im Calwer Verlag Stuttgart (7668-4593-1) veröffentlichten Einführung von Kurt Erlemann. Das Büchlein enthält folgenden Inhalt: „Es fragt zuerst nach dem Begriff der Inspiration, dann nach dem Wahrheitsanspruch, der sich aus den Texten selbst ergibt, und weiter nach ihrer Verbindlichkeit. Diese grundsätzlichen Überlegungen werden im Rest des Buches an Fallbeispielen verdeutlicht. Fallbeispiele sind Prosa- und prophetische Texte, Psalmen und hymnische Texte, mythische und legendarische Texte, Wunder- und gleichnishafte Texte sowie ethische und apokalyptische Texte. (…) Folgende zwölf Thesen werden im weiteren Verlauf sukzessive entfaltet: These 1: Die Bibel ist ein authentisches Glaubenszeugnis inspirierter Menschen und daher auch heute noch die wichtigste Offenbarungsquelle der Christenheit. These 2: Inspiration ist die geistliche Befähigung, das rechte Wort zur rechten Zeit zu sprechen und dadurch heilvoll zu wirken. These 3: Die Texte der Bibel verstehen sich nicht als nachprüfbare Tatsachenberichte, sondern als authentische Glaubenszeugnisse. These 4: Die „Wahrheit" biblischer Texte erschließt sich nicht aus ihrem Buchstaben, sondern aus ihrer heilschaffenden Wirkung hier und heute. These 5: Die alttestamentlichen Geschichtsbücher bezeugen den Glauben an den treuen Gott Israels, der mit allen Mitteln zu seinen Verheißungen steht. These 6: Prophetische Texte erinnern an Gottes Willen und deuten die Ausrichtung an ihm als einzigen Weg zum künftigen Heil. These 7: Psalmen und Hymnen laden mit ihrer überschwänglichen Sprache zum Lobpreis Gottes bzw. Christi ein. These 8: Mythen sind unverzichtbar, denn sie legen die transzendente Dimension der Wirklichkeit offen und arbeiten menschlichen Urängsten entgegen. These 9: Wundertexte transportieren die Hoffnung, dass Gott mit seiner Schöpfermacht alles Leid und die Vergänglichkeit beenden wird. These 10: Gleichnisse und Metaphern sind die Sprachform der Wahl, um von Gott zu sprechen, und daher unverzichtbare „Fenster zum Himmel". These 11: Ethische Weisungen der Bibel sind für die christliche Ethik heute insofern relevant, als sie das Wohl des Menschen und weltweiten shalóm fördern. These 12: Apokalyptische Texte spenden tiefen Trost, denn sie weisen auf Gott hin, der alle vorstellbaren Katastrophen überwinden und die Welt erneuern wird.“ (7ff.)

Zwei Neuerscheinungen widmen sich biblischen Frauenfiguren: Zum einen das Buch Zeigt euch! 21 Porträts namenloser Frauen der Bibel von Barbara Janz-Späth, Hildegard König und Claudia Sticher aus dem Patmos Verlag (8436-1442). Die Autorinnen rufen darin in ihrem Vorwort namenlose biblische Frauen, Texte, Autorinnen sowie Leserinnen und Leser auf sich zu zeigen: „Die im Schatten werden leicht übersehen. Wer erinnert sich an sie? Zeigt euch: Texte. Die Bibel – eine Bibliothek prall gefüllt mit unterschiedlichsten Textstücken: Listen, Chronologien, Erzählungen, Märchen, Bildworte, Gesänge und Gedichte, Prophetien, Gleichnisse, Reden und Briefe ... alles vielschichtig miteinander verwoben und immer aus dem Drang erwachsen, im Weltgeschehen und im Menschenmiteinander jenes Unsagbare zu begreifen, das hoffentlich alles zusammenhält. Die Schreiber und Poeten leben in einer Welt, die aus ihrer Sicht eine Männerwelt ist. Dass auch Frauen als Autorinnen an der Bibel mitgeschrieben haben, lässt sich nur vermuten. Dass Frauen Akteurinnen in den Geschichten sind, ist unbestreitbar. Es gibt die mit den berühmten Namen, Sara und andere Ahnfrauen, oder Heldinnen wie Judit und Ester, Prophetinnen wie Mirjam, Maria von Nazaret und die Apostelin Maria von Magdala. Und es gibt die, deren Namen nicht bekannt sind, die Frau, die Tochter, die Schwester, die Magd oder die Mutter eines Mannes. Leicht zu überlesen, wenn sie im Schatten großer Personen oder Ereignisse stehen. Und doch haben diese namenlosen Frauen in der Bibel ihr eigenes Gewicht, das über ihre lesbaren Konturen hinausgeht, wenn sie symbolisch als Personifikation für eine kollektive Größe, für Stadt oder Volk stehen. Namenlosigkeit bewirkt nicht Bedeutungslosigkeit, sondern schafft Identifikationsmöglichkeit. Zeigt euch: Autorinnen. Uns drei Autorinnen vereint die Begeisterung für biblische Texte. Als Exegetinnen, Poetinnen und Erzählerinnen fahnden wir nach den beiläufig erwähnten Frauen der Bibel, indem wir den gelegten Spuren nachgehen. Neugierig und zugleich skeptisch, jedoch stets vorsichtig lesen wir die Fährten, die wir in den Texten und zwischen den Zeilen entdecken. Und wir setzen unsere Werkzeuge ein, die exegetische Expertise, Wissen über die Geschichte des Alten Orients und der hellenistischen Welt, ihre Kulturen und gesellschaftlichen Strukturen. Dabei sind wir uns bewusst: Wir können nicht aus unserer Haut, wir lesen die Texte einer langen fremden Vergangenheit mit heutigen Augen. Und wir lesen sie in der Absicht, den biblischen Frauen im Schatten Konturen zu geben, sie aus dem Zwielicht ins Licht treten zu lassen. Wir überschreiten Grenzen, wenn wir Texte fortschreiben, Lücken füllen, scheinbar Beiläufiges ins Zentrum rücken und vom Erzählgang abweichen. Unsere Aufmerksamkeit gehört den nicht oder wenig beachteten biblischen Frauen. Aber wir vereinnahmen sie nicht, wir stellen sie nicht bloß. Im Einfühlen in eine Person wissen wir sehr wohl, dass unser Bild von ihr partiell bleibt, und dass auch im kreativen Schreibgeschehen der Text ein heiliger bleibt, insofern Personen und Ereignisse ihre Heiligkeit besitzen, und seien sie auch noch so unbedeutend oder randständig. Kein Raum, der nicht auch Raum Gottes ist, kein unaussprechlicher Seelenschmerz, der nicht beim unaussprechlich Göttlichen Resonanz findet. Zeigt euch: Leserinnen – und Leser. Jedes Lesen, jede Begegnung mit einem Text ist Aneignung. Jede und jeder liest mit eigener Lebenserfahrung, mit eigener Weltanschauung und eigener Fantasie denselben Text anders. Das ist nicht nur in unserer Zeit so, sondern seitdem Menschen lesen. Und weil das so ist, gibt es viele unterschiedliche Übersetzungen. Das Rätselraten um den Sinn und das Spiel mit Mehrdeutigkeit führt zu vielfältigen Lesarten. Davon zeugt bereits die Gründungslegende der Septuaginta, d. h. der Übersetzung der hebräischen Tora ins Griechische, nach der zweiundsiebzig Schriftgelehrte Tage dauernden Übersetzungs- und Entscheidungsprozess einen Text hervorgebracht haben, der als »gut, fromm ... und völlig genau« akzeptiert wurde. Ein Wunder, dass sie zu einem einzigen allgemein anerkannten Text gekommen sind!' Die Kernaussage der Legende: Wenn es nicht Gottes Wille gewesen wäre, dass die Tora übersetzt wird, und nicht göttlicher Geist im Spiel gewesen wäre, dann wäre nie und nimmer ein derartiges Ergebnis zustande gekommen, sondern das Übersetzungsprojekt gescheitert. Die antiken Exegeten waren davon überzeugt, dass der Heilige Geist am Werk ist, wo immer ein Mensch die Bibel als Wort Gottes und als Fundort von Wahrheit liest und zu verstehen sucht: Lesen, Übersetzen, Auslegen, Neuerzählen des Textes darf als Spielzug göttlicher Geistkraft angenommen werden. Und so begegnen Sie, die Leserinnen und Leser, in diesem Buch vielen verschiedenen Versionen des biblischen Textes und vielen unterschiedlichen Gottesnamen. Sie alle sind Annäherungsversuche an jenen verborgenen Sinn, der sich mit Wörtlichkeit umhüllt. Die Geschichte von Gott und den Menschen ist das große Thema der Bibel.“ (7ff.) Zum anderen das Buch „Höre auf ihre Stimme“. Die Bibel als Buch der Frauen von Chaim Noll aus der Evangelischen Verlagsanstalt Leipzig (374-07310-8), in dessen Ausblick der Verfasser eindrucksvoll schreibt: „Zu den unsterblichen Qualitäten der Bibel gehört, dass sie die verschiedenen männlichen Sichtweisen auf das gefürchtete und geliebte, schwierige und faszinierende andere Geschlecht in unsterblichen Erzählungen offen bis in ihre Extreme vorführt. Im Text gehalten wird die Spannung zwischen den Geschlechtern durch Gotteswort sowohl zu Beginn, im Buch Genesis, als auch gegen Ende in inspirierten Äußerungen Jesu, die den höchsten Willen zum Ausdruck bringen, die beiden verschiedenen Formen des Menschen mögen sich über die in 1. Mose 1,28 gebotene Reproduktion hinaus in einem kreativen Miteinander zusammenfinden, kreativ im Sinne der eigentlichen Aufgabe des Menschen, das irdische Schöpfungswerk zu bewahren (1. Mose 2,15). Männer können sich gegenüber Frauen – gerade weil sie in der Regel die körperlich Stärkeren sind – als Beschützer fühlen oder als von ihnen Bedrohte. Eine Frau kann ihnen Inspiration, Rückhalt, Partnerin, Mutter ihrer Kinder sein, aber auch gefährliche Verführerin, Betrügerin und Ursache ihres Verderbens. Vor diesem wilden, widersprüchlichen Plafond zeichnen sich in der Bibel die Grundlinien des bis heute humansten Konzepts eines Miteinander der beiden Geschlechter ab: Nicht in Unterwerfung der körperlich Schwächeren unter die Stärkeren, nicht im Verwischen der Verschiedenheit bis hin zur Verschmelzung in einem »dritten Geschlecht« (oder beliebig vieler), sondern in einem spannungsgeladenen, kreativen Miteinander zweier deutlich verschiedener Versionen des Menschen. In den Texten der Bibel wird überwiegend aus der Perspektive von Männern über das andere Geschlecht reflektiert – im Kontext moderner Gesellschaften muss nun zunehmend die Sicht der Frauen auf die Männer Niederschlag finden. Wo das heute schon geschieht, zeichnet sich wie in der Bibel ein durchaus kontroverses Sittenbild ab. Und es zeigt sich, dass auch Frauen zu Ressentiments und Vorurteilen neigen – die Diskussion ist nicht abgeschlossen und wird es niemals sein. Was macht die Textsammlung, die wir Bibel nennen, immer von Neuem attraktiv für Millionen Leser überall auf der Welt, für Leser aller Völker, aller Hautfarben, Sprachen, jeder sozialen Herkunft, jeden Alters? Es sind vor allem drei Komplexe. Da ist, erstens, die überaus spannende Geschichte eines Mannes und einer Frau, einer Familie, eines Volkes, die sich von der üblichen anthropomorphen Vielgötterei mit ihren rituellen Menschenopfern und Götzendiensten lösen und in der Fokussierung auf einen einzigen, transzendenten, seine Geschöpfe liebenden Gott ungewöhnliche Kräfte und Inspiration finden. Mit deren Hilfe wird zweitens für beide Geschlechter der Ausbruch aus der Sklaverei möglich, eine Befreiung aus der Ausbeutung durch andere Menschen, das mühsame, schrittweise Erringen eines Lebens in Freiheit und Individualität im Rahmen eines möglichst menschenfreundlichen Gesetzes. Und drittens finden wir in der Bibel die aufregendsten Erzählungen über die Beziehungen zwischen Menschen, nicht zuletzt zwischen Männern und Frauen, die je schriftlich festgehalten wurden. Mitsamt einer selbst für heutige Verhältnisse ungewöhnlichen Offenheit in sexuellen Fragen. Christen mögen hier einwenden, für sie sei das Erscheinen des Heilands, des Gottessohnes Jesus das bedeutendste Ereignis der Bibel. Doch wenn man genau hinsieht, findet man auch im Wirken Jesu und seiner Jünger diese drei biblischen Grundmotive: den Glauben an den einen Gott, die Rebellion gegen Unmenschlichkeit und die ewig faszinierenden Beziehungen zwischen verschiedenen Menschen, auch zwischen denen verschiedenen Geschlechts. Je länger man sich mit der Bibel beschäftigt, umso mehr erweist sie sich als modernes Buch. Sie scheut kein Thema, kein Problem, keine Leidenschaft, weder menschliche Verwirrung, Perversion oder Niedertracht, noch Edelmut, Großherzigkeit oder alles überwindende Liebe. Die Extreme des Menschlichen, vom Kannibalismus bis zu einer alle Grenzen sprengenden Selbstlosigkeit, bilden die Pole ihrer Geschichten. »Stark wie der Tod ist die Liebe« ist das einfache, im Hohelied formulierte Credo des Ausgleichs, unserer immerwährenden Erneuerung, des ewigen Nebeneinanders von Tragödie und Neubeginn, von Gut und Böse, Werden und Vergehen. An den Komplikationen im Verhältnis zwischen den Geschlechtern werde sich nichts ändern, gibt die Bibel zu verstehen. Sie geht von der Gegebenheit des Menschen durch die göttliche Schöpfung aus – insofern vertritt sie ein konservatives Konzept. Doch zugleich demonstriert diese einzigartige Chronik über mehrere Jahrtausende, wie sich Gott und Menschen darum bemühen, die in primitiven Gesellschaften für selbstverständlich, sogar für göttlichen Willen gehaltene Unterdrückung der Frauen zu überwinden. Die Unterdrückung der Frauen fungiert dabei als Symbol für jede Unterdrückung, Ausbeutung und menschliche Willkür. Die Texte der Bibel sind ehrlich genug, immer wieder den Rückfall, das Scheitern der Bemühungen mitzuteilen. Dennoch bleibt dieses Bemühen stark und ungebrochen, von den frühesten Texten im Buch Genesis bis zum jeweiligen Schlussakkord: für Juden die Apotheose einer sanften Heldenfrau im Buch Ester, für Christen die exzeptionelle Frauenfreundlichkeit Jesu im Neuen Testament. Kulturhistorisch gesehen war es die Bibel, die das Bemühen um die Befreiung der Frau – symbolisch für die Befreiung aller unfreien Menschen – in Bewegung gesetzt hat. Das zeigt sich für immer in ihren Texten. Damit bleibt diese Forderung in der Welt, solange Menschen lesen und denken können.“ (326ff.)

Manfred Tiemann verfolgt mit seinem im Verlag Vandenhoeck & Ruprecht (525-55299-5) veröffentlichten Buch The bible comes from Hollywood. 125 Jahre Bibelfilme: Vom Stummfilm zum Blockbuster folgende drei Ziele: „Einerseits möchte das Buch an Themenfeldern konkrete Hinweise zu Bibelfilmen für unterschiedliche Interpretationsmöglichkeiten anbieten, z. B. Einflüsse von Bibelillustrationen und Bearbeitungen in der Literatur für Bibelfilme aufzeigen, theologische Vorverständnisse erläutern, den Gegensatz Historischer Jesus contra Hollywood-Jesus an Filmbeispielen belegen, Antisemitismus und Antijudaismus in Bibelfilmen herausarbeiten, z. B. PASSION 2.1 (D 2021) und belegen, wie Bibelfilme in Politik, Mission und Evangelisation instrumentalisiert wurden. Sowohl unterschiedliche Gewaltexzesse in Bibelfilmen als auch »fromme« Bibelfilme als moderne »biblia pauperum« (sog. »Kirch-Film-Bibel«) werden vorgeführt. Thesen zur Beurteilung von Bibelfilmen u. a. können Hilfestellungen anbieten. Andererseits möchte das Buch einladen zu einer spannenden Reise durch die Geschichte der Bibelfilme: Die Reise beginnt 1897 in Oberammergau mit ersten Stummfilmsequenzen, führt dann zum Aufschwung des Tonfilms mit der Epoche der Monumentalfilme, geht auf den Pluralismus der 80er Jahre ein, der geprägt ist von Pietät im Evangelisationsfilm bis zu Blasphemievorwürfen im Skandalfilm, und zeigt neue Akzente auf in Musicals und Transfigurationen, im Mystery-Thriller und Mainstreamkino. Jesus- Filme aus den letzten Jahren bieten weitere neue Zugänge und Interpretationsmöglichkeiten zum Leben und Wirken Jesu an, z. B. DAS NEUE EVANGELIUM (D, CH 2020) oder A BLACK JESUS (D 2020). Neben den klassisch-direkten (Monumental-)Bibelfilmen werden indirekte Bibelfilme vorgestellt, die eine Transfiguration biblischer Gestalten oder Inhalte vornehmen. Hier sind die biblischen Figuren nur indirekt, gewissermaßen inkognito dabei als eine anders namige, individuelle Erlöserfigur, z. B. der junge Hacker Thomas »Neo« Anderson (Keanu Reeves) in THE MATRIX I-III (US. 1999/2003), Vianne Rocher (Juliette Binoche) als weiblicher Heiland in CHOCOLAT - EIN KLEINER BISS GENÜGT (CHOCOLAT, US. 2000). In WIE IM HIMMEL (SÀ SOM I HIMMELEN, SE 2004) ist Daniel Daréus (Mikael Nyqvist) ein Musikalischer Messias, ein Christus inkognito, der die Menschen des Dorfes von ihren Ängsten befreit, sie von ihren Zwängen und Qualen erlöst, sie therapiert und heilt. In BREAKING THE WAVES (DK u. a. 1996) will die junge Bess McNeill (Emily Watson) in einer isolierten orthodoxen Gemeinde Schottlands nur das Gute: Sie glaubt an die Liebe und an Gott, erleidet aber als Ausgestoßene wie Jesus eine Passion. Die Idee der Vermittlung erlösender Botschaften im Film ist nicht neu: Die Helden als Befreiungsgestalten siegen im Kampf zwischen Gut und Böse und präsentieren Gerechtigkeit. Auch ein indirekter Bibelfilm kann sinnstiftend sein. Neuere Trickfilme (z. B. Computeranimationen JOSEPH: KING OF DREAMS (US. 2000), MIRACLE MAKER (GB 2000/2003), EPIC STORIES OF THE BIBLE SERIES (US. 2007), der im japanischen Anime- Format gedrehte MY LAST DAY (2012), THE BIBLE - Part 1 (US. 2020) mit Legofiguren oder DIE BIBEL TO GO (D 2020-2021) mit Playmobilfiguren wollen nicht nur Kinder und Jugendliche ansprechen. Drittens: Das Buch möchte zum interreligiösen Dialog anregen: Sowohl alttestamentliche Figuren (z. B. Abraham, Josef, Mose, Salomon u.a.) als auch neutestamentliche Figuren (z. B. Jesus, Maria) sind im Koran aufgenommen und wurden aus islamischer Sicht verfilmt, z. B. AL-MASIH ((MESIH, JESUS THE SPIRIT OF GOD, IR 2007), MUS. (Biopic-TV-Serie über den Propheten Mose, KR 2008), MARYAM AI-MUQADDASAH (SAINT MARY, IR 2010), MOLKE SOLEIMAN (THE KINGDOM Of SOLOMON THE PROPHET, IR 2010), DER FALL JUDAS (HISTOIRE DE JUDAS, F/D 2015) u. a. Ebenso sind Bibelfilme aus jüdischer Sicht in den Dialog mit einzubeziehen, z. B. BAAL HAHALO-MOT (AT: JOSEPH SOLD BY HIS BROTHERS, Il 1962) und ESTHER (IL/F/ GB/A/NL 1985).“ (8ff.) Ein Standardwerk zu Bibel-Jesusfilmen!

Die Grafikdesignerin Cornelia Steinfeld hat im Verlag Schnell + Steiner (7954-3789-3) das außergewöhnliche Buch Die Bibel in Formen und Farben vorgelegt. In ihrer Einleitung zu diesem interessanten Werk schreibt die Autorin: Brudermord, Sintflut und Sündenfall. Rettung, Auferstehung und Nächstenliebe. Die Bibel hält viele bildträchtige und starke Geschichten vor, die seit Jahrhunderten in der Kunst aufgegriffen werden. Zahlreiche Werke der Malerei oder Bildhauerei legen davon Zeugnis ab. Mit diesem Buch trifft nun »Design« auf das Buch der Bücher, die Bibel. Mit einer klaren Farben- und Formensprache, auf das Wesentliche reduziert, nähert sich dieses Buch mehr als 40 ausgewählten Texten der Bibel. So entsteht ein neuer Zugang. Denn »Design« hält neben formal-ästhetischen und symbolischen Funktionen immer auch einen praktischen Nutzen vor. Symbole sind ein Weg zur Reduktion: Sie helfen bei der Orientierung, der Zuordnung und der Wiedererkennung von Szenen und Geschichten. Das Christentum verwendet Symbole schon sehr lange. Es gibt viele Symbole, die jeder Christ kennt: Das Kreuz steht für das Leiden Jesu, der Fisch steht für den Glauben an Christus, die Taube für den Heiligen Geist. Darüber hinaus beschränkt sich die Kirche auf vier liturgische Farbtöne und auch das Kirchenjahr hat mit einer Dreiteilung eine klare Struktur. Strukturen, Zeichen und Zuordnungen helfen, sich Dinge einzuprägen und zu visualisieren. Hier wird die Praxisnähe von Gestaltung, von Design, deutlich. Das Buch »Die Bibel in Formen und Farben« setzt genau an diesem Punkt an. Der Kern der biblischen Texte wird in einer neuen Farben- und Formensprache erfasst. Die Texte, sowohl aus dem Alten als auch aus dem Neuen Testament, stammen aus der Einheitsübersetzung der Katholischen Bibelanstalt in Stuttgart. Auf jeder Doppelseite sind rechts das Bild und links zwei Texte abgedruckt: die Bibelstelle und ein ebenfalls auf eine neue Sichtweise angelegter Impuls einer Autorin oder eines Autors. Deren Beiträge spiegeln die Vielfalt diakonal-kirchlichen Handelns wider. Darunter sind lyrische Texte, religionspädagogische Ansätze, theologische Beiträge oder Gebete. Bei den Darstellungen werden sieben Farben – teils in Abstufungen – verwendet.

Die Farbe Rot beispielsweise steht für große Emotionen, die Farbe Blau wird bei Himmels- oder Wasserdarstellungen genutzt. Als häufigste Form tritt der Kreis in Erscheinung. Der weiße Kreis symbolisiert Gott, Jesus und das Gute. Beim Thema Nächstenliebe kehren sich im Innern eines Kreises zwei Farben um, diese Umkehr ist weiß gerahmt. Die Beschäftigung mit den Bildern löst einen kreativen und vor allen Dingen kommunikativen Prozess aus, in dem es Freiraum für Interpretationen gibt. Es gibt kein Richtig und kein Falsch.“ (3) Ein vielseitig einsetzbares Juwel: als Mediationsgrundlage, für die Arbeit mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, als Impulseinstieg für Workshops oder als Gesprächsstoff in der Familien- und Trauerarbeit!

Fünf Neuerscheinungen widmen sich dem Thema Psalmen: Zunächst die in der Evangelischen Verlagsanstalt Leipzig (374-07344-3) in der Reihe „Arbeiten zur Bibel und ihrer Geschichte“ veröffentlichte Leipziger Dissertation Hoffnung auf Vollendung. Das Verständnis der Seele in der religiösen Innerlichkeit der Psalmen von Christoph Tödter. Der Verfasser führt zum Aufbau und Inhalt seiner umfangreichen Studie zum Seelebegriff aus: „Die Frage nach dem Verständnis der Seele rührt an die anthropologischen Grundfragen, weshalb sie sich auch in der Geschichte der Forschung eng mit ihr verbunden zeigt und die Problemstellung dementsprechend von ihr her zu entwickeln ist. Die Darstellung der Geschichte alttestamentlicher Anthropologie und Psychologie kann dabei nicht streng chronologisch erfolgen, weil dies eine Auftrennung ursprünglich geschlossener Argumentationsgänge bedeuten würde. Mancher Verweis auf einzelne Debattenbeiträge findet sich darum an anderer Stelle im übergeordneten Aufriss des Kapitels. Die sich aus den in der Forschung abzeichnenden Entwicklungslinien ergebenden Fragen begründen einerseits die Interdisziplinarität der Studie wie andererseits die Notwendigkeit eines wenigstens konzisen Umrisses derjenigen metasprachlichen Konzepte, die gemeinhin als die zentralen Nachfolgeparadigmen des Seelebegriffs in der Moderne gelten können. Sie klären den besonderen Anspruch an die Auswahl der Textgrundlage. Erwägungen zur paradigmatischen Bedeutung von Individualpsalmen für die mit dieser Studie bestrebte Darstellung beschließen zusammen mit wenigen allgemein gehaltenen Überlegungen zum Sprachverständnis wie der Besonderheit hebräischer Poesie die hermeneutischen Vorüberlegungen. Der Hauptteil der Studie gliedert sich in drei Teile. Die Grundlage der Entfaltung bildet im ersten Teil die Auslegung exemplarischer Psalmen. Deren Auswahl orientiert sich den in der Einleitung beschriebenen Kriterien für Referenztexte folgend an solchen Gebeten, die besonders markant eine individuelle Perspektive beschreiben. Die Einzelauslegungen zu Psalm 16, 38, 42/43, 51 und 139 selbst sind jeweils entsprechend aufgebaut und geben nach der Übersetzung samt kurzer Textkritik zu relevanten Varianten und dem Aufbau des Psalms einen allgemeinen Überblick zur Motiv- und Traditionsgeschichte. Hieran schließt sich die ausführlichere Betrachtung der jeweiligen Darstellung von Innerlichkeit an, deren Ergebnisse je durch ein weiteres Beispiel aus dem Psalter ergänzt und weiter ausgeführt werden. Die Reihenfolge entspricht dem Ort der genannten Psalmen im masoretischen Psalter. Eine erste Synthese der exegetischen Ergebnisse in einem Zwischenfazit bildet den Ausgangspunkt der späteren Rekonstruktion des alttestamentlichen Seelenbergriffs. Im zweiten Teil wendet sich die Studie Geschichte und Gegenwart des Seelebegriffs zu. Der interdisziplinäre Aufriss des Problems expliziert einerseits im Nachgang der Auslegungen den hermeneutischen Bezugsrahmen und lässt andererseits ein produktives Differenzverhältnis zu Tage treten, das die in Absicht stehende begriffliche Rekonstruktion befördert. Die Arbeit stellt das gegenwärtige Verständnis von »Seele‹ nicht als hermeneutischen Schlüssel der Exegese voran, sondern setzt es den Ergebnissen der Auslegung gegenüber. In seinen Einzelheiten vollzieht sich die Darstellungen dabei wiederum nach chronologisch-inhaltlichen Kriterien. Den Ausgang bildet ein begriffsgeschichtlicher Abriss zentraler Momente altgriechischer Konzeptionen von »Seele« unter besonderer Berücksichtigung ihres Verhältnisses zum Körper. Aufgrund ihrer altorientalischen Einflüsse werden in diesem Zusammenhang einige bisher nur selten angeführte Beispiele frühgriechischer Lyrik eingefügt, die in besonderer Weise einen religionsgeschichtlichen sowie anthropologischen Vergleichspunkt bieten. Der Schwerpunktsetzung der Arbeit ist der Umstand geschuldet, dass hier keine ausführlicheren quellensprachlichen oder systematischen Rekonstruktionen erfolgen können, sondern lediglich übergreifende Sinnlinien anhand einschlägiger Forschungen und Übersetzungen darzustellen sind. An einen kurzen Überblick über das Verständnis der Seele bei Augustin, der exemplarisch aristotelische und biblische Aspekte miteinander ins Gespräch bringt, schließt sich die weitere Entfaltung des Begriffs seit dem 20. Jahrhundert an. Einen Überblick über die Grundlinien theologischer Psychologie gibt der Versuch einer Ontologie seelischen Lebens (Kirsten Huxel) im Anschluss an Friedrich Schleiermacher als einem der einflussreichsten protestantischen Theologen der Aufklärung. Dem folgen eine enzyklopädische Begriffsbestimmung (Konrad Stock) und ein identitätstheoretischer Ansatz (Christoph Gestrich). Wiederum in einem Doppelschritt fügt sich hieran ein emotionspsychologisch geprägter Durchgang der Begriffsbestimmung an (Ulrich Barth; Roderich Barth), den ein hermeneutischer (Dirk Evers) und ein bildtheoretischer Ansatz (Malte Krüger) kontrastieren, deren spezifische Bedeutung noch einmal anhand einer poimenisch orientierten Arbeit vertieft wird (Alexander Dietz). Der Mannigfaltigkeit theologischer und philosophischer Denkansätze zur Seele in Gänze entsprechen zu wollen kann in diesem Rahmen ebenso wenig das Ziel sein, wie eine ausführlichere Diskussion der im Einzelnen dargestellten Beiträge. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht eine konzise Nachbildung des jeweils genuinen Gedankengangs in seinem Ertrag für die vorliegende Fragestellung. Zwar wird an einigen Stellen auf Kritik, gerade auf solche zwischen den hier angeführten Ansätzen, kurz einzugehen sein. Gleichwohl kann eine abschließende Lösung der aufgeworfenen Problemstellungen nicht erfolgen. Der dritte Teil der Arbeit beschreibt deduktiv die Durchführung des gestellten Problems einer kritischen Rekonstruktion des Begriffsverständnisses von »Seele« für den alttestamentlichen Psalter. Bevor einzelne Bedeutungsmomente weiter entfaltet werden und zentrale semantische Unterschiede des Konzepts in dessen lexematischen Varianz herausgestellt werden, wird der avisierte Begriff einleitend konzise skizziert. Damit verbindet sich auch die Frage, an welcher der diskutierten Stellen möglicherweise einzelne Lexeme in Korrelation mit ihrem Kontext auch als »Seele« wiedergegeben werden können.“ (27ff.) Eine insgesamt sehr beeindruckende Leistung! Auf ganz andere Weise nähert sich Arnold Benz in seinem im Theologischen Verlag Zürich (290-18527-5) veröffentlichten Büchlein Unfassbar verschwenderisch. Astronomische Psalmen. Im Kontext einer ganzheitlichen Sicht des Universums schreibt der Autor: „Aristoteles hielt das Staunen für den Ursprung der Wissenschaften und aller großen Fragen. In der wissenschaftlichen Arbeit hat das Staunen keinen Platz. Aber es wäre falsch anzunehmen, dass heutige Wissenschaftler nicht staunten. Als Astrophysiker erstaunt mich das Universum auf vielerlei Weise. In diesen «astronomischen Psalmen» stelle ich vor, was mich selbst am meisten verwundert. Im Staunen nehme ich teil an der kosmischen Aufführung. Auf diese Weise betrachte ich das Universum ein zweites Mal, diesmal aus einer persönlichen Perspektive. Mit diesem Perspektivenwechsel kommen andere, existentielle Erfahrungen in den Blick, bei denen ich mitschwinge, an denen ich teilnehme. Ich ahne das Universum als ein Ganzes und vermute auch ein Darüberhinaus. Die Sprache ändert sich, wird metaphorisch. Während Gott dem naturwissenschaftlichen Blick verborgen bleibt, gehen die biblischen Psalmen von einer göttlichen Grundlegung aus. In der Ich- oder Du Perspektive kann das Gottesbild personal sein, selbst in Anbetracht der unermesslichen kosmischen Dimensionen. In den hier vorgestellten Texten soll die alte literarische Gattung der Psalmen anklingen. Viele äußerliche Merkmale und historisch-kulturelle Umstände unterscheiden meine astronomischen Psalmen von ihren hebräischen Vorgängern. Aber so, wie die alten Psalmen Erinnerungen an die Geschichte Israels mit subjektiven, persönlichen Reaktionen auf diese Geschichte verbinden, so zielen auch meine astronomischen Psalmen darauf ab, die heutige, von der Wissenschaft erzählte Geschichte des Universums zu erweitern um die im Glauben begründete Reaktion eines Zeitgenossen. Der Ausgangspunkt ist die heutige astronomische Wissenschaft. Dieses Wissen ist teilweise noch kontrovers und offen für Veränderungen, aber das tut dem Staunen keinen Abbruch. Mit der Erweiterung unserer wissenschaftlichen Kenntnisse werden vermutlich auch die Gründe für unser Staunen über das Universum und unseren Platz darin entsprechend wachsen. Wer staunt, kann loben und danken.“ (8f.) DU umgibst mich von allen Seiten. Psalmen für Kinder hat Rainer Oberthür sein mit Illustrationen von Marieke Ten Berge im Gabriel Verlag (522-30499-3) erschienenes Buch benannt, in dessen Schlusskapitel „Sich selbst und das Leben in den Psalmen entdecken“ er zurecht ausführt: „Die Sprache der Psalmen ist für Kinder wie auch für Erwachsene zugleich fremd und vertraut. Ihre Faszination ist darin begründet und dadurch geprägt, dass sie in geringer Weise zeitgebunden und in höchstem Maße situationsgebunden sind. Das macht die Psalmworte für uns so ansprechend und aussprechbar, reizvoll und sperrig zugleich. Sie bieten uns unaufdringlich ihre Sprache an, gerade für die Augenblicke im Leben, die sprachlos machen vor Trauer oder vor Glück. Sie schöpfen Kraft aus ihrer Sprachdichte und Bildhaftigkeit. Schon Kinder verstehen sie, entdecken sich selbst in ihnen und wenden sie an, wenn wir sie ihnen anbieten und sie einen Zugang aus eigener Erfahrung finden. So beginnt das Gespräch zwischen der eigenen SEELE und dem DU Gottes. Die Psalmen ermutigen zur Klage und spenden Trost, sie öffnen für das Schwere im Leben und stärken das Vertrauen. Judentum und Christentum leben von und aus der authentischen Spiritualität der Psalmen. Sie werden als „Spiegel der Seele" gesehen (Athanasius), in dem sich der Mensch selbst erkennt. Rainer Maria Rilke nennt die Psalmen, „eins der wenigen Bücher, in denen man sich restlos unterbringt“. Der Alttestamentler Erich Zenger sieht die Psalmen als „verdichtetes Leben", in dem sich jeder Mensch wieder finden kann: im klagenden Nein zu Leid und Gewalt, in der sehnsuchtsvollen Gott-Suche, im beglückten Dank für erfahrene Hilfe und im Loben des (trotz allem) gütigen Gottes. Das alles gilt schon für Kinder, zugleich aber für Menschen in jedem Alter, zu jeder Zeit in der Geschichte der Menschheit wie in der Geschichte des Einzelnen. Das macht die Psalmworte so einzigartig und wertvoll. Dabei gehen sie den Weg von der Klage zum Lob Gottes, von Angst, Leid und Tod zu neuem Leben. Trotz aller Anklage überwiegt das Vertrauen gegenüber Gott. Im Aussprechen von allem, was betrübt und manchmal verzweifeln lässt, geht es wieder aufwärts: Gott ist als Gegenüber und als Hoffnung in der Not immer da, nicht zur sofortigen Problemlösung, sondern als Kraftquelle für einen neuen Anfang, als Garant des Guten und als Grund der Zuversicht, dass es wieder besser und am Ende alles gut sein wird.“ (62f.) Zum Aufbau schreibt der Autor: „Mein Weg in diesem Buch geht vom Kleinen und Verdichteten zum Großen und Ganzen, um die Erfahrungswelt der Psalmen für heute schrittweise zu öffnen. Er beginnt mit 4 gegensätzlichen Psalmwort-Paaren. Danach werden in 15 thematischen Gruppen Psalmworte der Angst und Klage bzw. des Vertrauens und Lobens vertieft. Im dritten Schritt biete ich 9 der 150 Psalmen in leicht gekürzter Fassung an, die nun als Ganzes besser verständlich und leichter auf das eigene Leben zu beziehen sind. Meine Auswahl konzentriert sich auf besonders schöne und eindrucksvolle Psalmen und spiegelt zugleich die Bandbreite der Gefühle in den Psalmen wider, die ich immer bibelnah behutsam ins Heute übertragen habe.“ (63) Catharina Fastenmeier hat in der Reihe „Bibelwissen“ bei Don Bosco Medien (EAN 4260694920527) mit Illustrationen von Petra Lefin die elf farbenfrohen Kamishibai-Bildkarten Gottesbilder mit Psalmen entdecken für den Religionsunterricht in Klasse 1 bis 5 herausgebracht, die behutsam an die Symbolsprache der Psalmen heranführen. Peter Hitzelberger und Annette Härdter stellen ebenfalls bei Don Bosco Medien (EAN 4260694921050) ein Bildkartenset mit 30 kindgerecht-übertragenen Psalmen für Kita und Kinderkirche mit dem Titel Gott ist bei mir vor. Die in vier Teile gegliederten Bildkarten laden zum Mitsingen, Mitsprechen und Mitbeten ein zu den Themen Gott – Schöpfer der Welt; Gott – meine Zuversicht; Gott – verborgen und doch da sowie Gott – Begleiter durch Jahr und Zeit.

Im Verlag Don Bosco Medien (7698-2411-7) hat auch Frank Hartmann das praxisorientierte Buch Schwierige Geschichten in der Bibel veröffentlicht mit den drei Fragen im Untertitel „Was wir wissen müssen“, „Warum sie für Kinder wichtig sind“ und „Wie wir sie erzählen können“. Im Vorwort erklärt er zu seinem Vorhaben: „´Schwierige Geschichten in der Bibel´ will dem biblischen Laien exemplarische Denkanstöße und Hintergrundwissen zur eigenen Auseinandersetzung mit biblischen Geschichten liefern. Manche Impulse und Blickwinkel haben über die jeweils im Fokus stehende Geschichte hinaus Bedeutung und können auch auf andere Geschichten angewendet werden. Damit werden Räume erschlossen, die man im zweiten Schritt mit Kindern erkundet – um dabei vielleicht weitere Entdeckungen gemeinsam zu machen. Die Reflexion eigener Standpunkte und Widerstände, ein produktives „Sich-Reiben" am Text soll Mut machen, individuellen Fragen und Zweifeln nachzugehen, statt sie als persönlichen „Fehler", als „falschen" (oder zu kleinen) Glauben zu verstehen. Das Buch liefert keine gründliche „Einzelfallklärung“ mit dem Anspruch, die Widersprüche einer Geschichte auszuräumen, Unverständliches vollständig aufzulösen oder das Schwierige leicht zu reden, um es mit Kindern „nebenwirkungsfrei" anzuwenden. Es entbindet Sie nicht von der Entscheidung, ob und wie Sie eine Geschichte thematisieren. Es ist keine Arbeitshilfe mit ausformulierten, praktischen Vorschlägen. Es ist ebenfalls nicht ausgeschlossen, dass durch diese Betrachtungen sogar neue Schwierigkeiten entstehen, die Sie bis dato noch nicht sahen. Machen Sie sich frei von dem Anspruch, einen Text einmal für immer „richtig" zu verstehen. Die Texte sind lebendig und treffen uns Lebendige, die wir uns im Laufe des Lebens wandeln, immer wieder neu. Im günstigsten Fall liefert dieses Buch Funken, die das Feuer Ihrer Neugier auf biblische Inhalte schüren. Kinder angemessen, konstruktiv, offen und fruchtbar bei der eigenen Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben zu begleiten, ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Ohne Bezüge zu unserem Leben heute bleiben die Geschichten der Bibel eben nur alte Geschichten, wird nichts Lebendiges weitergegeben. Darum ist es unsere Aufgabe, Verbindungen zu unserem Leben herzustellen. Die poetische, metaphorische, mythologische Bildsprache der Bibel lädt gerade in der Arbeit mit Kindern ein, menschliche Wahrheiten zu entdecken, Fragen an unser Leben zu stellen, sich dem „Unfassbaren" (Gott) anzunähern – bevor es uns wieder entgleitet oder durch neue Erfahrungen revidiert werden muss. Die Auseinandersetzung mit dem Glauben ist eine lebenslange, immer neue Suche.“ (8f.)

Meine Bilder-Bibel lautet der Titel eines Bibel-Bilderbuches aus dem Gabriel Verlag (522-30629-4) von Antonia Woodward, das für Kinder ab drei Jahren zehn beliebte Geschichten aus der Bibel kindgerecht erzählt und reich bebildert, während Christiane Herrlinger mit Illustrationen von Mathias Weber in der Deutschen Bibelgesellschaft (438-04726-7) Die große Kinderbibel für alle, die schon selber lesen veröffentlicht hat, die von „Gott macht die Welt, „Noah und die große Flut“ und „Abraham und Sara“ über „David und die Psalmen“, „Jona und der große Fisch“ und „Jesaja wird Prophet“ bis zu „Mit Jesus auf dem See“, „Die Ostergeschichte“ und „Saulus wird Christ“ 18 biblische Geschichten anschaulich und in leicht lesbarer Schrift nacherzählt. Ebenfalls in der Deutschen Bibelgesellschaft (438-04749-6) hat Hannah Oblau mit Illustrationen von Marijke ten Cate für Kinder ab vier Jahren das Buch Gute Geschichten zur Nacht. 17 Bibelerzählungen, die stärken und ermutigen herausgebracht. Es enthält von „Gott macht wunderbare Menschen“, „Gott gibt Noah ein Versprechen“ und „Mose bekommt eine große Aufgabe“ über „Rahab ist mutig“, „David wird ausgewählt“ und „Daniel glaubt an Gott“ bis „Ein Fremder hilft sofort“, „Ein Sohn kommt nach Hause“ und „Zachäus macht es gut“ orientierende und Halt gebende biblische Geschichten, die von Gottes großem Ja zu jedem Menschen Zeugnis ablegen. Ein einfühlsames Gute-Nacht-Gebet und kurze Erläuterungen und Gesprächsanregungen ergänzen jede Erzählung. Alle Kinder Bibel. Unsere Geschichten mit Gott hat Andrea Karimé ihre im Neukirchener Verlag (7615-6903-0) mit Illustrationen von Anna Lisicki-Hehn veröffentlichte Kinderbibel überschrieben. In ihrem Vorwort an die Leser*innen beschreibt Sarah Vecera als Mitglied der Projektgruppe die Intention dieser innovativen Kinderbibel: „Als meine vierjährige Tochter mir sagte, dass Gott für sie ein alter weißer Mann mit langem Bart sei und Jesus auch weiß war in ihrer Vorstellung, war ich geschockt, denn das hatten wir ihr als Eltern ganz bestimmt nicht vermittelt. Oder vielleicht doch? Durch unsere Sprache, Gottesdienstbesuche und letztendlich auch durch Kinderbibeln. Letzteres weckte in mir den Wunsch nach einer neuen Kinderbibel, in der Jesus nicht mehr länger der weiße Mitteleuropäer war. Ich teilte die Idee im Kollegium und stieß auf viel Begeisterung. Schnell waren wir eine engagierte Arbeitsgruppe mit Expert*innen aus Kirchen, Kitaverbänden und Universitäten. Zwei Jahre arbeiteten wir gemeinsam intensiv am Projekt „Antirassistische Kinderbibel" und hier ist sie nun. Mit Texten von Andrea und Illustrationen von Anna, die wir mehrfach gemeinsam angeschaut und diskutiert haben. Zusätzlich gab es Sensitivity Readings von Menschen mit Behinderung, jüdischem Hintergrund und People of Color. Es wird immer noch nicht alles perfekt sein, aber vieles berührt mich sehr. Wie schön hätte ich es gefunden, wenn ich mich als Kind of Color in einer Kinderbibel repräsentiert gewusst hätte! Wir wollen mit dieser Kinderbibel neue Bilder in Kinderköpfen hervorrufen und damit zu einer rassismuskritischen und vielfaltssensiblen Bildung der nächsten Generation beitragen. Gott wird daher nicht nur männlich dargestellt, der jüdische Ursprung der Heiligen Schrift wird gewürdigt, Eva und Adam haben keine Modelmaße, Noah bekommt seinen ursprünglichen Namen Noach zurück, Jesus ist Person of Color und Jude. Darüber hinaus haben Frauen zentrale Rollen, Menschen mit Behinderung tauchen nicht nur im Heilungskontext auf, Kinder kommen zu Wort, Menschen of Color treten, so wie es historisch korrekt ist, mehrheitlich in Erscheinung und Mehrsprachigkeit wird durch Wort und Bild so deutlich wie es eben in einer pluralen Gesellschaft selbstverständlich sein sollte.“ (6f.) Martina Steinkühler hat mit Bildern von Barbara Nascimbeni im Gabriel Verlag (522-30622-5) für Kinder ab acht Jahren die Erzählbibel Meine große Bibel zur Erstkommunion herausgebracht, die einen anderen Schwerpunkt setzt. In ihrem Nachwort für die Eltern schreibt die Verfasserin zum Charakter dieser Kinderbibel: „Ich habe drei Grundentscheidungen getroffen: 1. Ich erzähle die älteren Glaubenstraditionen zuerst – auch wenn ich in der Bibel eine andere Reihenfolge vorfinde. So sind z.B. die Urgeschichten (Schöpfung, Sintflut, Turmbau) von ihrem Motivbestand her sehr alt. Die Bearbeitung, in der sie in die Bibel aufgenommen wurden, ist jedoch relativ spät entstanden, vermutlich lange nach Israels glanzvoller Königszeit. In der Bibel stehen sie – scheinbar chronologisch – am Anfang. Sie sind aber viel besser zu verstehen, wenn man weiß, was Israel zuvor schon mit seinem Gott erlebt hatte: Begleitung (Erzeltern), Befreiung (Mose), Erwählung (Könige), Wegweisung (Gebote, Propheten). Und so erzähle ich es den Kindern. 2. Ich erzähle subjektiv. Ich bin nicht dabei gewesen, als Gott Abraham oder Mose berief. Ich kann nur erzählen, was die Zeugen berichten. Zum Beispiel Abraham kann bezeugen, Gott habe mit ihm gesprochen. Ich kann es weitersagen – und staunen. Dadurch wird die Glaubwürdigkeit der Geschichte gestärkt: Die Kinder können sich selbst ein Bild machen. 3. Ich erzähle so, dass die Gattung der Erzählung deutlich wird: Geht es darum, ein Ereignis, eine Erfahrung zu deuten? Oder geht es darum, eine Lebensfrage zu beantworten? Eine Frage nach Gott und dem Sinn? Es sind Menschen, die das tun – und ich erzähle es so, dass das deutlich wird. Die Frage nach der Sintflut etwa lautet dann nicht: »Warum hat Gott so gehandelt?«, sondern: »Warum haben die Menschen erzählt, dass Gott so gehandelt hat?«.“ (249) Weiter erklärt die Autorin, dass sie fokussiere auf das, von dem sie annehme, dass es Kinder beschäftigt und betrifft und dass es wichtig für sie sein bzw. werden kann (und sollte): „Aus vielem sei nur zweierlei herausgegriffen: 1. Im Fokus: Biblische Frauengestalten. Die Welt der Bibel ist – das ist nicht zu leugnen – eine Männerwelt. Heute dagegen wachsen Mädchen und Jungen gleichberechtigt heran und haben dasselbe Bedürfnis nach und dasselbe Recht auf Identifikationsgestalten. So habe ich es mir ein Anliegen sein lassen, wo immer es sich vom Stoff her anbietet und glaubwürdig möglich ist, Mädchen- und Frauenperspektiven stark zu machen: Sara, Hagar, Dina, Moses Schwester Mirjam oder Davids Königin Michal geben gute Erzählerinnen ab, ohne das Original zu verfälschen. Und die Frauen, die – nach der Darstellung des Evangelisten Lukas – zum engeren Kreis um Jesus gehören, kommen im zweiten Teil meiner Kinderbibel ebenso zu Wort wie ihre männlichen Kollegen. 2. Das Volk Israel und die Welt. Ein Weiteres, das sich bis in die Textauswahl und Theologie hinein auswirkt, ist wiederum von den Kindern her gedacht: Viele biblische Geschichten haben in Wahrheit einen doppelten Fokus: Einerseits erklären und deuten sie dem Volk Israel, dem jüdischen Volk, seine Geschichte. Und andererseits deuten sie der gesamten Menschheit Leben und Zukunft im Angesicht des einen Gottes. Wie im Alten Testament viel Raum und Zeit darauf verwendet wird, Aufstieg und Fall des Volkes Israel als eine Geschichte von Erwählung, Verfehlung, Strafe und Erbarmen zu deuten, ist das Neue Testament über weite Strecken ein Ringen um die Verortung des Christentums: innerhalb oder außerhalb des Judentums. Diese vielfach wichtige Thematik ist den Kindern hier und heute ziemlich fremd. Zumindest betrifft sie die wenigsten existenziell. Und so habe ich mich entschieden, mich auf den allgemein menschlichen und lebensweltlichen Aspekt der Texte und Theologien zu konzentrieren. Das erspart manch historischen Exkurs und befreit zum anderen davon, Gott als »obersten Scharfrichter« einführen zu müssen, von dem Körper- und Todesstrafen zu erwarten und zu fürchten sind. Eine solche Pädagogik erleben die Kinder (hoffentlich) nicht mehr – da können wir sie mit solch einer Theologie ebenfalls getrost verschonen. Gott der Richter erscheint dann vielmehr als einer, der das Gute im Menschen fördert und ermutigt und der ein klares Nein spricht zu Rücksichtslosigkeit, Gewalt und harten Herzen. Gott liebt das Leben, nicht den Tod.“ (251)

Eine Entdeckungsreise nennt Marc Olson sein mit Illustrationen von Jemima Maybank in der Deutschen Bibelgesellschaft (438-04761-8) erschienenes Buch Die Welt in der Jesus lebte. Es wendet sich vor allem an neugierige Zeitreisende und wissenshungrige Weltenbummler ab acht Jahren. Der Verfasser erklärt in seiner Einführung: „In diesem Buch geht es um Jesus. Irgendwie. Es geht darum, die Welt kennenzulernen, in der er lebte. Und weil diese Welt in der Bibel beschrieben wird, geht es in diesem Buch auch um die Bibel. Vor allem um das sogenannte Neue Testament. Jesus nutzte die Pflanzen, die Leute, das Land, die Politik und das Essen, um den Menschen von Gott zu erzählen. Seinen Zuhörerinnen und Zuhörern war all dies bekannt, so wie du die Farbe deiner Zimmertapete oder den Geschmack deines Lieblingsessens kennst. Deshalb konnten sie Jesus verstehen. Aber wir leben ein paar Jahrhunderte später und viele Kilometer entfernt von der Welt, in der Jesus lebte. Deshalb können wir manches nicht so leicht verstehen. Wie groß war ein Senfkorn? Wie schmeckte das Salz? Wenn du dir solche Fragen auch schon mal gestellt hast, ist dieses Buch genau richtig für dich. In den letzten Jahrhunderten haben Forscher einiges über die Welt, in der Jesus lebte, herausgefunden. So können wir heute diese Welt entdecken und Jesus besser verstehen. Trotzdem gibt es nicht allzu viele Informationen über die damalige Welt. Was wir wissen: Es gibt einige gesicherte Informationen über die Welt, in der Jesus lebte. Sie stammen von Schriftstücken, die die Jahrhunderte überlebt haben, zum Beispiel auch Teile der Bibel. Was wir glauben zu wissen: Diese Informationen von Zeitzeugen ergänzen wir durch sinnvolle Vermutungen, so dass eine bessere Vorstellung von der damaligen Welt entsteht. Was wir wissen, dass wir es nicht wissen: Jede Menge. Was wir nicht wissen, dass wir es nicht wissen: Vermutlich noch mehr. Unsere Vorstellung von der damaligen Welt muss unvollständig bleiben. Dennoch helfen uns die wenigen gesicherten Informationen, Jesus besser zu verstehen. Auch wenn wir nur wenig wissen, kann der Blick in die Welt, in der Jesus lebte, unser Verstehen der biblischen Geschichten verändern.“ (6f.) Peter Hitzelberger hat mit Illustrationen von Petra Lefin bei Don Bosco Medien (EAN 4260179515132) in der Reihe „Bibelgeschichten“ für Kinder im Alter von drei bis acht Jahren die zwölf Kamishibai-Bildkarten Jesus in der Wüste veröffentlicht, die die Geschichte von der Versuchung Jesu in der Wüste entdecken, erzählen und begreifen helfen.

Im Herder Verlag (451-39450-8) haben Wolfgang Zwickel, Renate Egger-Wenzel und Michael Ernst mit kartographischer Gestaltung von Krister Kowalski das herausragende Standardwerk Herders Neuer Bibelatlas in einer überarbeiteten Neuausgabe herausgegeben. Immer noch trifft allerdings das im Vorwort zur Erstauflage Geschriebene zu: „Dieses Werk will mit historisch möglichst exaktem und aussagekräftigem Kartenmaterial die Texte des Alten und Neuen Testaments anschaulich, ja besser verstehbar machen und in der Welt des Alten Orients verorten. Dazu bedarf es allerdings neben der Kenntnis der Bibel und der altorientalischen Literatur selbstverständlich auch die der historischen Geografie, der historischen Topografie sowie die der biblischen bzw. frühchristlichen Archäologie. Ohne letztere wäre diese Aufgabe nicht zu meistern. So gehen im vorliegenden Atlas neueste Erkenntnisse der historisch-kritischen Exegese, der aktuellen topografischen Forschung und der Archäologie Hand in Hand und ergänzen sich gegenseitig bzw. lassen eine Vielzahl biblischer Texte in einem neuen Licht erscheinen. Das bedeutet für die Leserin, den Leser, dass man bei der Lektüre der Bibel diesen Atlas als Referenzwerk parallel liest und so ein wesentlich besseres Verständnis für die historischen und topografischen Gegebenheiten der biblischen Texte erhält. Man kann aber auch so überraschende Entdeckungen machen wie z.B., dass Persien einst als Weltreich ein Territorium vom Indus bis zur Donau umspannte und Modeïn als Herkunftsort der Hasmonäer, der letzten jüdischen Königsdynastie, außerhalb von Judäa gelegen ist. Das topografische Spektrum einzelner Propheten mag die Leserin, den Leser verwundern, zeigt es doch entweder ein eng begrenztes Lokalkolorit oder eine breit gefächerte Internationalität. Ähnliches gilt auch für das Neue Testament, wo die teils geringe Ortskenntnis einzelner Evangelisten doch eher verwundert oder wo die archäologisch nachgewiesenen Ortslagen um den See Gennesaret herum zeigen können, dass es hier – und insbesondere am nordwestlichen Ufer – in römischer Zeit eine starke Intensivierung der Besiedlung gegeben hat. Die kulturgeschichtlichen Karten bieten zudem vielfältige Einblicke in die Lebenswelt der Antike. So bekommt man eine Vorstellung von der Besiedlungsdichte mancher Epochen oder von den Ortslagen des römischen Kaiserkultes in Kleinasien.

Geografisch bewegt sich der Atlas von Londinium in Britannien, dem im heutigen Spanien gelegenen Lusitanien bis an den Indus und dem sagenumwobenen Put oder Seba. Alle in der Bibel erwähnten Regionen bzw. Epochen wie z.B. Ägypten, Mesopotamien, das Perserreich und das nachfolgende Reich Alexanders des Großen und das Römische Reich sowie die jeweiligen kulturellen Entwicklungen werden mittels Landkarten, Plänen, Skizzen und Abbildungen thematisiert und in ihre biblischen sowie historisch-archäologischen Bezige gestellt. Topografische Angaben der Bibel, die bis heute archäologisch nicht sicher verifizierbar sind, wurden außer Acht gelassen. Geografische und klimatische Rahmenbedingungen einst und jetzt, Tier- und Pflanzenwelt, antike Straßennetze, die relevant für Handel, Gewerbe und Kriegsführung waren, Siedlungsdichte sowie antike Bezeichnungen der lokalen Gegebenheiten, die einem Wandel unterlagen und nun mit insgesamt fast 2800 Einträgen im Ortsnamenregister mit in der Gegenwart eruierbarer Namensgebung verknüpft sind, sollen ein Eintauchen in die Welt der biblischen Menschen ermöglichen. Zudem erlauben georeferenzierte Koordinaten für alle Ortslagen im Register sowie der Palestine Grid für die Ortschaften der südlichen Levante ein exaktes Auffinden des Siedlungsplatzes auf allen gängigen Landkarten. Historische Tabellen und Übersichten erleichtern, in Zusammenhang mit einer begleitenden geschichtlichen Darstellung, das Verständnis für die einzelnen Epochen der Bibel in ihrer Umwelt. Als weiteres Angebot zur besseren Orientierung ist die Zeitlinie innerhalb der großen Themenblöcke gedacht.“ (8) Zweifellos ein unverzichtbares nützliches und informatives Hilfsmittel, um die biblischen Erzählungen der Menschen von der Urgeschichte bis in frühnachchristliche Zeit den heutigen Lesenden näher zu bringen!

4 Interreligiöse Bildung

Reinhold Bernhardt hat im Theologischen Verlag Zürich (290-18525-1) in der Reihe „Beiträge zur Theologie der Religionen“ den eindrucksvollen Band Monotheismus und Trinität. Gotteslehre im Kontext der Religionstheologie vorgelegt, dessen Aufbau sich an den im Titel genannten zwei Themenkomplexen orientiert, die man auch als Leitfragen formulieren kann: „Verbindet der Monotheismus die monotheistischen Religionen oder trennt er sie nicht ebenso sehr? Wie verhält sich der Glaube an den einen Gott als Grundüberzeugung von Judentum, Christentum und Islam zum christlichen Verständnis der Dreieinigkeit? Diese Fragen wurden und werden in theologischen Religionsdialogen immer wieder aufgeworfen. Die Verständigung darüber ist aber nicht nur religionstheologisch von Interesse. Es geht dabei auch um die Plausibilität, d. h. um die intellektuelle Glaub- Würdigkeit des christlichen Gottesglaubens und seiner theologischen Durchdringung.“ (13) Die Suche des Autors nach Möglichkeiten und Modellen der theologischen Beziehungsbestimmung zwischen den Religionen mündet in seiner luziden „Bilanz“: „Es geht bei der religionstheologischen Applikation der Trinitätslehre nicht darum, diese als Metatheorie den Religionen überzuordnen, sondern das Selbstverständnis des christlichen Glaubens so zu entfalten, dass die religionsübergreifende Unbedingtheit und Universalität des Heilswillens und -wirkens Gottes zur Sprache kommt. Andere religiöse Traditionen werden ihre eigenen Rahmentheorien ausweisen und den christlichen Glauben von dort aus zu deuten unternehmen. Es wird also keine religionstheologische Vogelperspektive eingenommen, sondern die eigene Innenperspektive auf die Pluralität der Religionen hin ausgelegt. Der hier skizzierten Interpretation zufolge offenbart und vermittelt sich der Heilswille Gottes in der und durch die Person Jesu Christi: in seinem Leben, seiner Verkündigung, seiner Praxis, seinem Leiden und Sterben sowie in seinem Sein und Bleiben in Gott auch über den Tod hinaus. Er ist aber nicht auf das Christusgeschehen und seine Folgewirkungen begrenzt, sondern ereignet sich immer und überall dort, wo Gottes Schöpfer-macht, sein «Wort» und sein «Geist» zur Entfaltung kommen. Die Unterscheidung zwischen Welt- und Heilshandeln Gottes ist damit hinfällig. In einer «Gemeinsamen Erklärung» schreiben Pinchas Lapide und Jürgen Moltmann: «der unendliche Gott des Weltalls [ist] viel zu groß für die Monopolansprüche selbstherrlicher Heils-Chauvinisten.» Mit dieser Überzeugung ist die Bedeutsamkeit Jesu Christi für den Christen in keiner Weise relativiert, sondern das Evangelium, das er gelehrt und gelebt hat, expliziert. Aus den so verstandenen Zentralinhalten des christlichen Glaubens ergibt sich demnach keine theologische Abwertung anderer Religionen oder deren Überbietung durch den christlichen Glauben, aber auch nicht eine pauschale Anerkennung als «Heilswege». Die Heilsgegenwart Gottes kann nicht mit dem Anspruch auf Ausschließlichkeit an eine bestimmte Vermittlung gebunden sein. Wenn es so wäre, würde das unmittelbar in die Theodizeefrage hineinführen, die sich nicht nur angesichts des (unschuldigen) Leids stellt, sondern auch angesichts einer «soteriologischen Chancenungleichheit». Andererseits ergibt sich daraus aber auch nicht die Vorstellung, die Gottesoffenbarung in Christus müsse durch außerchristliche Offenbarungen ergänzt oder angereichert werden. Christinnen und Christen finden in ihm den wahren Weg zu Gott und zum Leben in Gott (in Anlehnung an Joh 14,6). Auf diesem Weg erfahren sie die Unbedingtheit und Universalität des Heilswillens Gottes. Das veranlasst sie zur Hoffnung, dass Gott auch Wege zu den Anhängerinnen und Anhängern anderer Religionen bahnt. In der Israeltheologie ist das Zugeständnis, dass es theologisch vollgültige Gestalten der Selbstvergegenwärtigung Gottes neben der Christusoffenbarung gibt, gemacht worden. Bei aller Notwendigkeit, die Besonderheit der theologischen Beziehung zum Judentum zu würdigen, stellt sich doch die Frage, inwiefern und mit welchem Recht sich das Zugeständnis, dass es uneingeschränkte Gottesgemeinschaft auch ohne den Glauben an Christus geben kann, auf das Judentum beschränken lässt. Die Unbedingtheit und Universalität des Heilswillens Gottes legt es nahe, «Gestalten der Gnade» zu erwarten, die nicht durch Christus vermittelt sind. Doch handelt es sich dabei um eine theologisch zuzugestehende Möglichkeit, nicht aber um eine festzustellende Gegebenheit. Letztlich muss diese Frage – wie im Grunde alle theologischen Fragen – offengehalten werden. Als Einstiegspunkt in eine trinitätstheologische Religionstheologie bietet sich die Pneumatologie an. Die Religionen werden dabei als potenzielle Ereignisräume der wirksamen Geistgegenwart Gottes angesehen. Dabei ist aber immer auch in Rechnung zu stellen, dass sich diese Wirksamkeit auch anderer Äußerungsformen bedienen kann als den aus der christlichen Tradition bekannten. Entscheidender Urteilsmaßstab ist nicht die äußere Vergleichbarkeit, sondern die Konformität mit der Geisteshaltung, von der Jesus erfüllt war. Nicht von einem freischwebenden Geistwirken ohne Anbindung an das in Christus vergeschichtlichte Gotteswort ist also die Rede (die Gefahr des Spiritualismus), sondern von der Wirksamkeit des Geistes, von dem Jesus in seinem Leben und Leiden durchdrungen war und der über seinen Tod hinaus bis in die Gegenwart seine Kraft entfaltet. Mit diesem Gedanken ist auch der Intention des filioque Rechnung getragen: Ohne den Geist an den geschichtlichen Wirkungskreis der Wortverkündigung (d. h. des Christusglaubens) zu binden, kann von einer qualitativen Identität der universalen kreativen und innovativen Energie Gottes mit der partikularen Manifestation dieser Energie in Jesus, dem Christus, gesprochen werden. Dadurch ist das Christusgeschehen zu der für den Christusglauben maßgeblichen Instanz für die Bestimmung des Geistwirkens – und auch für die Unterscheidung der Geister – erhoben. In die theologische Auseinandersetzung mit anderen Religionen und auch in die praktische Begegnung mit ihren Anhängerinnen und Anhängern kann man daher in der Erwartungshaltung gehen, auch dort auf die Präsenz des schöpferischen, heilenden und erleuchtenden Geistes Gottes zu treffen.“ (320ff.)

Die Akademie der Weltreligionen der Universität Hamburg hat im Waxmann Verlag (8309-4517-8) unter dem Titel Interreligiöser Diskurs die Dokumentation einer Veranstaltungsreihe zum interreligiösen Diskurs in Wissenschaft, Praxis und Transfer herausgegeben. Im Vorwort beschreibt Anna Körs die Bedeutung des Projekts: „Während Stadt und Religion lange Zeit als ein Widerspruch erschienen und die Stadt als säkularer Ort schlechthin galt, hat sich inzwischen gezeigt, dass gerade in Städten zwei Prozesse parallel verlaufen: einerseits eine vor allem migrationsbedingte und mit den Fluchtbewegungen seit 2015 verstärkte religiöse Pluralisierung und andererseits eine fortschreitende Säkularisierung als zunehmender Bedeutungsverlust institutionalisierter Religion. Dies gilt auch für die Stadt Hamburg, in der es mit mehr als 110 verschiedenen Religionsgemeinschaften und ihren vielen unterschiedlichen Strömungen eine große religiöse Pluralität gibt und in der gleichzeitig der größte und wachsende Bevölkerungsanteil keiner Religionsgemeinschaft angehört. Wie also gelingt es, dass Menschen in zunehmend multireligiösen säkularen Stadtgesellschaften zusammenleben? Hierzu erscheint der interreligiöse Dialog als besonders vielversprechend und hat sich gerade in den letzten Jahrzehnten über ein theologisches Anliegen hinaus zu einem komplexen Interaktionsfeld von verschiedenen Akteuren auf unterschiedlichen Ebenen entwickelt. Dabei wird der „interreligiöse Dialog" häufig als ein normativer Begriff verwendet, als Metapher für die Intention, zu einem friedlichen Zusammenleben in einer pluralen Gesellschaft beizutragen. Doch was wissen wir über den interreligiösen Dialog? Die empirische interreligiöse Dialogforschung steht noch am Anfang. (…) So ergab etwa eine Hamburger Gemeindestudie, bei der 350 von insgesamt 547 identifizierten Gemeinden aus dem Spektrum Christentum, Judentum, Islam, Alevitentum, Buddhismus, Hindu-ismus, Sikhismus und Bahaitum befragt wurden, dass knapp die Hälfte von ihnen (46%) über interreligiöse Kontakte mit Gemeinden anderer Religionen verfügt, die andere Hälfte (54%) hingegen keine Kontakte zu Gemeinden anderer Religionen hat. Interessant ist, dass als häufigstes Hemmnis für interreligiöse Kontakte weniger religiöse Unterschiede oder gar eine befürchtete Schwächung des eigenen Glaubens angegeben werden, sondern vor allem fehlende Gelegenheitsstrukturen. Dies ist insofern ein wichtiger Befund, als interreligiöse Kontakte damit nicht etwa durch religiöse Einstellungen vorbestimmt, sondern sozial gestaltbar sind. Oder allgemeiner: Das Engagement von Gemeinden in interreligiösen Kontakten ist nicht nur eine Frage der Ressourcen (des Könnens) und der Motivation und Einstellungen (des Wollens), sondern auch eine Frage der Gelegenheiten (des Beteiligtwerdens). Dies bedeutet gleichzeitig aber auch, dass interreligiöse Kontakte auch in hochgradig pluralen Stadtgesellschaften wie Hamburg nicht automatisch stattfinden, sondern dass hierfür entsprechende Gelegenheiten aktiv geschaffen werden müssen. Genau dies war die Intention der Veranstaltungsreihe Interreligiöser Diskurs.“ (7f.)

In der Reihe „Religionspädagogische Gespräche zwischen Juden, Christen und Muslimen“ sind im Frank&Timme Verlag die folgenden beiden Bände erschienen: Zum einen der von Harry Harun Behr, Katja Boehme, Bruno Landthaler und Bernd Schröder herausgegebene Zukunftsfähiger Religionsunterricht zwischen tradierter Lernkultur, jugendlicher Lebenswelt und religiöser Positionalität (7329-0473-0), in dessen Vorwort es heißt: „Mit Religion steht ein volatiler Begriff im Raum. Er umfasst unterschiedliche Phänomene und Dynamiken zwischen sozialen Rahmungen, habituellen Praktiken, spirituellen Situierungen, ästhetischen Erfahrungen, narrativen und geschichtlichen Bezügen, biografischen und lebensweltlichen Deutungshorizonten sowie ethischen und moralischen Führungsstilen. Das betrifft das religiöse Subjekt ebenso wie das religiöse Kollektiv und damit Fragen der Zugehörigkeit und der Zusammengehörigkeit. Religion steht heute darüber hinaus in weiteren spannungsreichen Verhältnisbestimmungen, etwa zwischen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit, zwischen forum externum und forum internum, oder es geht um Religionen im transnationalen und migrationsbezogenen Kontext. Zudem gewinnt Religion als Fokalpunkt des politischen Diskurses an Bedeutung – mithin die Frage nach der religionspolitischen Vision unseres Landes: Wo möchte die Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich ihrer vorfindlichen Religionen in Zukunft (und in diesem Zusammenhang: gesamteuropäisch) stehen? Das wirft auch Fragen nach religionsbezogener Pluralisierung auf, die doppelt gelagert ist: die Pluralisierung zwischen den Religionen in der Gesellschaft und die Pluralisierung in den jeweiligen Religionen. Nicht zu vergessen die neuerlichen Diskursverschärfungen hinsichtlich identitär, völkisch, abwehrnationalistisch oder radikal motivierter Zugriffskulturen auf Religionen gleich welcher Couleur – oder diejenigen gegen Religion, seien sie menschen- und minderheitenfeindlich, seien sie generell glaubensfeindlich und nicht selten getragen von einem rigiden und totalisierenden Verständnis von Säkularität in religionsähnlicher Anmutung. All das hat Auswirkung auf den schulischen Religionsunterricht als eines der Kerngeschäfte von Religionsgemeinschaftlichkeit im Geltungsbereich des deutschen Grundgesetzes: Die religionsbezogenen Lebensweltbezüge von Kindern und Jugendlichen gestalten sich zunehmend diverser aus, vor allem, was intergenerationelle und milieuspezifische Isobaren angeht. Das birgt große Chancen für den schulischen Religionsunterricht, neue Relevanz zu gewinnen: Es zeichnet sich in der diesbezüglichen Forschung ab, dass die Schülerinnen und Schüler heute einen Religionsunterricht wünschen, der diskurs- und ergebnisoffen ist, der sie intellektuell anspricht und der eher durch die Kunst des lebendigen Fragens und weniger durch tradierte Antworten Orientierung ermöglicht, Entscheidend ist hier, dass die unterschiedlichen Akteursebenen von Religionsunterricht zielgerichteter miteinander ins Gespräch finden. Ziel. gerichtet könnte bedeuten: Was haben Menschen aus ihren Religionen heraus der Gesellschaft von heute zu sagen? Wie können sie das reiche Repertoire ihres Erbes in ein allgemeines Verständnis übersetzen? Wo können sie die vorfindlichen politischen, wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Diskurse und Strukturen bereichern und unterstützen, wo können sie sie gestalten und wo müssen sie sich querlegen und widerständig sein? In welcher Form und mit welcher Intensität lassen sie sich in die Bindung nehmen, und wo sollten sie darauf Bedacht legen, dass Religion auch einfach nur Religion ist? Religionsunterricht stellt keine Sondersozialisationsagentur besonderer gesellschaftlicher Gruppen dar, sondern er steht für Religion als Bildungsgut mit Verfassungsrang und – neben Kunst, Presse oder Wissenschaft – als eigeständiges Segment des sozialen Kapitals mit spezifischem Anspruch auf die staatliche Gewährleistung von Freiheit und Ungestörtheit. Im Sinne dieser Rechtsverwirklichung eines Grundrechts darf er allerdings auch gefragt werden, was er für alle abwirft, also nicht nur für diejenigen Schülerinnen und Schüler, die ihn besuchen, sondern auch für diejenigen, die ihn nicht besuchen – beispielsweise indem er einübt, konkurrierende Wahrheitsansprüche zu moderieren, Geschichtsbilder zu entessenzialisieren, die Verhandlung um das menschlich Verfügbare und Unverfügbare zu strukturieren, persönliche Bezugshorizonte zu weiten, differenzierte Kompetenzen der Erkenntnis und des Verstehens zu schulen oder konkrete Motive und Perspektiven guten Handelns zu erschließen. Es geht um Dinge, die die Schülerinnen und Schüler aus dem Religionsunterricht erkennbar in ihre Umwelten (und damit in die Gesellschaft) hinaustragen können.“ (7f.) Zentral ist die Frage: „Wie gelingt der Kraftschluss zwischen religiöser Tradition und Gegenwartsfragen in einem guten Religionsunterricht? Will sagen: Es geht hier um sehr grundsätzliche Fragen und im weitesten Sinne um Lernkulturen und um den Blick auf die Schülerinnen und Schüler. Dabei nehmen einige der Beiträge jeweils Aspekte der religiösen Tradition und der Gegenwart in den Blick, andere Beiträge verschmelzen das. Bruno Landthaler fragt nach jüdischen Lernkulturen und entwirft seine Überlegungen zu einer jüdischen Religionspädagogik mit besonderem Fokus auf Fragen der Textulität; in einem weiteren Beitrag erweitert er das um Aspekte der Identität. Daniel Krochmalnik entwickelt ein Modell des dreidimensionalen Lernens unter besonderer Bezugnahme auf die Sinnbildlichkeit des hebräischen Buchstabens Lamed für das Lernen. Bernd Schröder erörtert Fragen protestantischer Lerngemeinschaft und individueller Bildungsreligion an Hand historischer Entwicklungslinien sowie systematischer, bildungstheoretischer und gesellschaftlicher Bezüge; sein zweiter Beitrag rückt den Blick auf die Zielgruppen des evangelischen Religionsunterrichts sowie religionspädagogische Aspekte in die Mitte der Aufmerksamkeit. Katja Boehme beleuchtet die lebensweltlichen und gegenwartstheologischen Herausforderungen des katholischen Religionsunterrichts mit besonderen Bezügen zum Identitätsbegriff unter anderem in erziehungswissenschaftlicher Perspektive und zu Aspekten der Narrativität. Harry Harun Behr diskutiert Fragen des Lehrens und Lernens vor dem Hintergrund islamischer Traditionsbestände; in seinem zweiten Beitrag verbindet er das mit dem heutigen Islamunterricht und seiner bezugswissenschaftlichen sowie curricularen Konzeption.“ (9f.) Zum anderen der von den selben Herausgebenden verantwortete Band männlich/weiblich/divers. Resonanz und Spannung der Geschlechter in Judentum, Christentum und Islam (7329-0893-6), in dessen Einleitung Bernd Schröder schreibt: Wenn die Lehrerin oder der Lehrer das entscheidende Curriculum des Religionsunterrichts ist, dann bedarf es keiner weiteren komplexen Begründungen, um zu erkennen, dass ihr:sein Stil bzw. kultureller Code, ihr:sein Knowhow und ihre:seine Religiosität, ihr:sein Rollenverständnis und ihre:seine Gender-(Selbst-)Zuschreibung Einfluss auf den Unterricht und die Perzeption der Schüler:innen nehmen – auch wenn sowohl theoretisch als auch empirisch sehr schwer zu bestimmen ist, in welchem Maße und in welchen Bahnen dieser Einfluss zur Geltung kommt. Im Blick die Thematik von Geschlecht und Gender herrscht in Theologie, Soziologie, Psychologie und nicht zuletzt Biologie Einigkeit, dass es dabei keineswegs nur beim Verweis auf das biologische Geschlecht sein Bewenden haben kann: Zwar dürften viele Religionslehrer:innen ihr biologisches Geschlecht als gegeben akzeptieren und sich aneignen, doch nicht weniger wahrscheinlich ist, dass auch einige Religionslehrer:innen über biografische Erfahrungen mit einer Diskrepanz von Geschlecht und Gender, mit dem eigenen Divers-Sein oder Transsexualität verfügen. Auch unabhängig von den jeweils eigenen biografischen Hintergründen und Identitäten sind viele Themen dieses Feldes didaktisch und theologisch zu reflektieren: etwa die Frage, wie Mann-, Frau- oder Divers-Sein in den verschiedenen religiösen Referenzräumen gelebt wird oder gelebt werden kann, was daran als unhinterfragbar angesehen, kritisch wahrgenommen oder rituell gestaltet werden kann (etwa im Rahmen von Gottesdiensten anlässlich einer Eheschließung), welches Gewicht die – in den religiösen Traditionen zumeist stark betonte und gepflegte – Unterscheidung (und unterschiedliche Wertschätzung) von Mann und Frau in Religion und Gesellschaft haben, und in welcher Weise Gender-Aspekte im Religionsunterricht eine Rolle spielen und – zumal mit älteren Schüler:innen – thematisiert werden können.“ (13f.) Zwei wichtige Neuerscheinungen!

Im Verlag Vandenhoeck & Ruprecht (525-71156-9) haben Tarek Badawia und Said Topalovic den gewichtigen Band Islamunterricht im Diskurs. Religionspädagogische und fachdidaktische Ansätze herausgegeben, mit dem sie das Anliegen verbinden, „einen konstruktiven Beitrag zur religionspädagogischen und fachdidaktischen Konkretisierung und Gestaltung von Facetten des skizzierten Fachprofils eines schulischen Islamunterrichts zu leisten. Die Publikation dient in erster Linie der Profilbildung der Religionspädagogik und Fachdidaktik des Islam im europäischen Kontext und soll Impulse für Lehre und Forschung liefern. Für Studierende und Lehrkräfte soll diese möglichst konkrete Hinweise und Anregungen für die Reflexion und Gestaltung der Unterrichtspraxis des Islamunterrichts anbieten. Der Band ist in drei Abschnitte gegliedert, in denen die Autor*innen thematisch vielfältige Zugänge zum Vorhaben des Sammelbandes gestalten: Im ersten Teil erfolgt dies unter der Überschrift »Der Islamunterricht im Kontext« in Form von aktuellen Einbettungen religiöser Bildung in Geschichte und Gegenwart. Unter der Überschrift »Der Islamunterricht im Ansatz« findet dies in Form von theoretischen Ansätzen religionspädagogischen bzw. religions-didaktischen Denkens und Handelns mit exemplarischen Beispielen statt. Im dritten Teil sind unter der Überschrift »Der Islamunterricht im fachdidaktischen Konzept« konkrete fachdidaktische Konzepte für den Islamunterricht gesammelt. Dabei wurden die Autor*innen insbesondere im zweiten und dritten Teil gebeten, sich möglichst am folgenden Format bei der Verfassung der Beiträge zu orientieren: Diskussion der Ausgangslage, Darstellung und Reflexion theologischer, religionspädagogischer und fachdidaktischer Prämissen des jeweiligen Ansatzes, Umsetzung in der konkreten Praxis des Islamunterrichts.“ (11f.) Es gelingt den vorgestellten theoretischen und praktischen Ideen und Ansätzen hervorragend, zur kritischen Auseinandersetzung, zur diskursiven Vertiefung und zur weiterführenden Erforschung neuer Fragestellungen im Bereich des Diskurses um die Religionspädagogik und Fachdidaktik des schulischen Islamunterrichts anzuregen. Tuba Isik und Naciye Kamcili-Yildiz haben im Verlag Brill Schoeningh (8252-5816-0) als UTB-Band den empfehlenswerten Leitfaden für Unterricht und Studium Islamische Religionsdidaktik herausgebracht. Die Autorinnen skizzieren in ihrem Vorwort ihr Vorhaben wie folgt: „Seit der Einführung des islamischen Religionsunterrichts (im Folgenden IRU) in einigen Bundesländern ist die Frage nach dem religionsdidaktischen Profil, d. h. nach dem Verständnis und der Aufgabe religionsunterrichtlicher Fachdidaktik, stärker in die wissenschaftstheoretischen Überlegungen gerückt. Die grundsätzliche Frage lautet dabei, wie am Lernort Schule religiöse Lernprozesse konzipiert, durchgeführt und reflektiert werden können, um Bildungsprozesse bei muslimischen Schüler*innen im Hinblick auf ein verantwortliches Denken und Handeln mit der Religion zu initiieren und zu begleiten. Nun sind muslimische Schüler*innen in Deutschland in ihren religiös-kulturellen Prägungen sehr unterschiedlich, was viele neue fachlich-didaktische und methodische Fragen aufwirft. Dieses Studienbuch, das Sie in den Händen halten, ist für angehende und bereits im Schuldienst befindliche muslimische Religionslehrkräfte konzipiert. Es setzt sich mit den Aspekten der islamischen Religionsdidaktik für den Schulkontext auseinander, die nach der Erfahrung und Auffassung der Autorinnen für die Gestaltung von religiösen Lehr-und Lernprozessen grundlegend sind. Es ist das Produkt zweier muslimischer Religionspädagoginnen mit jahrelangen Lehrerfahrungen an der Universität, der Schule und in Fortbildungen für muslimische und nicht-muslimische Religionslehrkräfte in Deutschland. Die erste Auflage stellt sich der Aufgabe, gegenwärtige fachdidaktische Prinzipien, Lernbereiche und Zugänge gebündelt vorzustellen. Die religionspädagogische Forschung in Deutschland steht noch weit am Anfang. Im Bereich empirisch-religionspädagogischer Forschung, bspw. zur moralischen Urteilsbildung der Schüler*innen oder der Professionsforschung mit Blick auf die Lehrkräfte, liegen erst wenige Arbeiten vor. Zugleich gibt es einen großen Fortschritt in der konzeptionellen Entwicklung der Fachdidaktik, die wir in diesem Lehrbuch um weitere Zugänge wie das ästhetische Lernen oder das ethische Lernen erweitert haben. In diesem Lehrbuch wird nicht nur ein umfangreich ausgearbeiteter Entwurf islamischer Religionsdidaktik präsentiert, sondern es werden auch fachdidaktische Inhalte mitsamt kurzen theologisch-theoretischen Grundlagen veranschaulicht. Uns Autorinnen ist viel daran gelegen, angehende und bereits im Schuldienst befindliche muslimische Religionslehrkräfte bei der Entwicklung ihrer fachdidaktischen Kompetenzen zu begleiten und zu unterstützen. Angesichts des begrenzten Formats eines Lehrbuches haben wir den Fokus auf die zentralen religionsdidaktischen Aspekte des IRU gelegt. Um die Praxisrelevanz der behandelten Bereiche aufzuzeigen, orientieren wir uns bei den Ausführungen exemplarisch an den derzeit gültigen Kerncurricula der Länder Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, die einen IRU von der Grundschule bis zur Sekundarstufe II etabliert haben. Das Lehrbuch beginnt im ersten Kapitel mit einer kurzen Klärung des juristischen und bildungstheoretischen Rahmens des IRUs. Im zweiten Kapitel beschäftigen wir uns mit grundlegenden fachdidaktischen Prinzipien, die die Rahmenbedingungen des Religionsunterrichts bilden. Hierzu gehören die Subjekt- und Kompetenzorientierung sowie Sprach- und Geschlechtersensibilität. Im dritten Kapitel stellen wir konkrete Inhaltsbereiche für den IRU vor, die Aufschluss und Orientierung für eine subjektorientierte Gestaltung unterrichtlicher Lehr- und Lernsituationen geben. Im vierten Kapitel werden religionspädagogische Zugänge vorgestellt, die unterschiedliche religionsdidaktische Umgangsformen aufzeigen. In jedem Kapitel wird jede neue Thematik mit einer kurzen inhaltlichen Zusammenfassung eingeführt, auf die eine Anforderungssituation folgt. Die Anforderungssituation soll die Religionslehrkräfte in eine denkbare Situation aus dem Klassenzimmer versetzen, die die spezifische Thematik aufgreift und einen Fall konstruiert, der am Ende jeder Thematik unter dem Punkt Anregungen zur persönlichen Vertiefung erneut aufgegriffen wird und die Religionslehrkräfte zur Bearbeitung einlädt. Um deren religionsdidaktische Reflexionsfähigkeit zielgerichtet zu unterstützen, finden sich an dieser Stelle weitere biografische, theologisch-anthropologische, bildungstheoretische und didaktische Aufgabenstellungen, mit denen die Thematik vertiefend betrachtet wird.“ (9f.) Moschee 2.0. Internationale und transdisziplinäre Perspektiven lautet der von Betül Karakoç und Harry Harun Behr im Waxmann Verlag (8309-4460-7) herausgegebene Band zu Moscheen als Orten muslimischer Selbstorganisation. Im Vorwort heißt es dazu: „Sowohl in der religiösen Praxis, als auch aus unterschiedlichen Forschungsdisziplinen heraus, werden sie als spirituelle, bildende und soziale Räume markiert. Die Betrachtungen zeichnen sich durch unterschiedliche – manchmal auch zueinander im Widerspruch stehende – Definitionen, Erwartungen und Perspektiven aus. Dabei rückt immer mehr in das Bewusstsein, dass Moscheen in einem Zusammenhang von Transnationalität und gesellschaftlichen Transformationsprozessen stehen; Generationenfragen, Genderpolitiken und die Reformulierung religiöser Orientierungen in von Diversität geprägten Lebenswelten spielen dabei eine wichtige Rolle. Das verweist auch auf die Verortung von Moscheen in migrationsbezogene Kontexte zwischen ihrer ursprünglichen Markierung als Kulturzentrum sogenannter Gastarbeiter:innen der ersten Generation und als Bezugspunkt von jugendlicher Aktivität und Sozialer Arbeit. Zur mutmaßlichen Verschlossenheit und Unsichtbarkeit tritt nun eine diskursive Öffnung hinzu. Die Moschee ist dabei Ankerplatz für spirituelle Erfahrung, religiöse Selbstfindung und zivilgesellschaftliches Engagement. An diesem Scharnier zwischen dem Selbstverständnis der Akteur:innen und dem wissenschaftlichen Blick auf die Moscheen setzt der vorliegende Band an. Die Autor:innen aus unterschiedlichen Ländern und Fachrichtungen richten ihre Blicke auf verschiedene thematische Aspekte. Einige der Beiträge entspringen wissenschaftlicher Expertise, andere der in der Moscheearbeit gewonnenen Handlungserfahrung; der eine Beitrag wirkt eher distanziert, der andere engagiert; die eine Autor:in schaut vom jugendlichen Alter aus nach vorne, die andere aus der gesättigten Erfahrung heraus zurück; die eine Wortmeldung geschieht eher im Modus der Ansage, wo die andere ein Fragezeichen setzt; die eine Perspektive sieht sich eher hinter dem:der Imam:in, die andere eher vor der Gemeinschaft. Insofern spiegeln die Beiträge in gewisser Weise auch die unterschiedlichen Blickrichtungen in der Forschung und die Diversität der Menschen in der Moschee wider.“ (5)

Ein eindrucksvolles Werk legt Bernd Schröder mit seinem umfangreichen Buch Religionspädagogik angesichts des Judentums. Grundlegungen – Rekonstruktionen – Impulse imMohr Siebeck Verlag (16-162006-5) vor. Einleitend schreibt der Verfasser aufschlussreich zum Inhalt: „Die Studien dieses Bandes thematisieren das Judentum. Dieses stellt einen komplexen, faszinierenden „Gegenstand“ dar, der in etlichen Wissenschaften erforscht wird, allen voran in Jüdischen Studien bzw. Judaistik, aber auch in Geschichts- und Politikwissenschaft, Philologien und Philosophie, Religionswissenschaft und Theologien. Denn „Judentum“ meint nicht allein eine Religion, sondern zudem eine Ethnie und eine Kultur bzw. Kulturen - und seit 1948 zudem einen Staat, der sich u.a. als jüdischer Staat versteht, den Staat Israel. Im Interesse der hier angestellten religionspädagogischen Überlegungen kommen vor allem die folgenden Aspekte des Judentums in den Blick. Den Kontext und – dank etlicher gesprächsbereiter Jüdinnen und Juden – den primären personalen Bezugspunkt stellt das Judentum als Religion und gesellschaftliche Minorität dar, das in Deutschland (und anderswo) seit bald zweitausend Jahren Gegenüber und Weggefährte des Christentums ist: 2021 wurden 1.700 Jahre Geschichte des Judentums in Deutschland erinnert. Von basaler Bedeutung ist das Judentum als Mit-Erbe des antik-biblischen Israels, das theologisch als Wirkraum der Verheißungen Gottes zu begreifen ist, der – sachlich und zeitlich – vor der Entstehung christlicher Kirche und Theologie eröffnet wurde und bis heute Spuren legt. Vor diesem Hintergrund geht es häufig um das Judentum als eine der bisweilen „abrahamisch" genannten Religionen, die – auf der Grundlage der Hebräischen Bibel bzw. des „Alten Testaments“ – rezeptions- und wirkungsgeschichtlich vielfältig verwoben ist sowohl mit den verschiedenen Christentümern als auch mit vielen Lesarten des Islam. Insbesondere in den didaktischen Partien des Buches richtet sich der Fokus auf das Judentum, sofern es traditionell und noch immer – wenn auch im Laufe der Zeit mit unterschiedlichen Akzenten – in der Schule oder anderswo Thema des Unterrichts einer anderen Religion, des Christentums nämlich, wird. Nicht zuletzt gilt das Interesse dem Judentum als einer (Religions-)Kultur, die – seit alters her und bis heute – Erziehung, Unterricht und Bildung als Medien der Kommunikation seiner Traditionen und Normen, Praktiken und Gehalte wertschätzt, in Gebrauch nimmt und auf unterschiedlichen Theorieebenen und in eigenen Diskursen reflektiert. Insbesondere diese Wertschätzung des Judentums für das Lehren und Lernen  ̶  oder, thetisch zugespitzt, das Judentum als Bildungsreligion – stellt diejenige Facette seiner so traditionsreichen, pluralen und dynamischen Religionskultur dar, die ihm in religionspädagogischer Hinsicht einen besonderen Rang als Referenzgröße und Gesprächspartner christlich-theologisch verantworteter religiöser Erziehung und Bildungsreflexion verleiht. Dieser religionspädagogische Rang wird grundgelegt und unterstrichen durch den historischen Umstand, dass das Judentum in etwa zeitgleich und interdependent mit dem Christentum aus dem antik-biblischen Israel entstand und sich somit von Anfang an in Sichtweite christlicher Kirche und Theologie befand: Das Judentum konnte deshalb immer wieder christlicher Polemik, einem christologisch begründeten Antijudaismus und als „christlich“ verbrämter Gewalttätigkeit zum Opfer fallen. Immer wieder konnte es gleichwohl auch zu fruchtbar-konstruktiver Koexistenz mit dem Christentum in seiner jeweiligen Nachbarschaft kommen. Und unbeschadet dessen hat das Judentum – und dies müssen sich christliche Kirchen, Theologien und Individuen jedenfalls vor Augen halten – auch eine theologische, kulturelle und religionspraktische Entwicklungsdynamik sui generis entfaltet, die ohne Seitenblick auf das Christentum zustandgekommen und deshalb auch so wahrzunehmen und zu verstehen ist. Der religionspädagogische und historische Rang des Judentums ist wiederum unterlegt durch die schlechterdings einzigartige Bedeutung, die dem Judentum in theologischer Hinsicht zukommt: Ihm gelten die biblisch bezeugten Verheißungen des Gottes Abrahams und Saras, der auch der Gott Jesu wie derjenige der Christinnen und Christen ist, zuerst und noch immer – so schreibt es der Apostel Paulus im 9.-11. Kapitel eines Römerbriefes in das Stammbuch des Christentums. Aus dieser grundlegenden Konstellation folgt, dass christliche Kirche und Theologie diesen ihren Wurzelgrund mit epistemischer wie habitueller Demut zu achten haben, dass sie wahrnehmen sollten, in welcher Weise die Verheißungen Gottes im Raum des Judentums zur Wirkung und Entfaltung kommen, und dass sie – trotz aller historisch gewordenen praktischen und habituellen, religionskulturellen und theologischen Differenzen – Konsonanzen, Anregungen für Theologie und Religionspraxis, Möglichkeiten des Zusammenwirkens und des Dialogs aufgreifen können. Das so skizzierte theologische Verständnis des Judentums kann als Vorzeichen der religionspädagogischen Überlegungen in diesem Band gelten. Es wird vor allem in den beiden ersten Kapiteln dieses Buches nochmals ausführlicher thematisch. Doch der Akzent des Bandes liegt auf den eigentlich religionspädagogischen Reflexionen des zweiten Teils, insbesondere auf den Kapiteln 5-8, die „Jüdische Erziehung und ihre Theorie im modernen Israel“, „Jüdischer Religionsunterricht und jüdische Religionsdidaktik in Deutschland“, Traditionen „jüdischen Lehrens und Lernens“ und das „Judentum als Thema christlich-religiöser Lehr-Lern-Prozesse“ behandeln. Demnach ist es selbstredend von essentieller Bedeutung – und zwar um des Judentums, aber eben auch um des Christentums selbst willen –, das Judentum sachlich angemessen und theologisch wertschätzend zu erschließen, Antijudaismen und Antisemitismen entgegenzutreten, und auf ein friedliches und – jedenfalls was das Christentum angeht – verständnisvolles, kooperatives und lernbereites Miteinander von Jüdinnen und Juden mit Christinnen und Christen hinzuwirken. Doch in dieser (religions-)didaktisch zu reflektierenden Konstellation geht die religionspädagogische Aufgabe nicht auf. Es gilt vielmehr, Praktiken jüdischen Lehrens und Lernens sowie Theorien jüdischer Erziehung als solche wahrzunehmen und auf analoge Praktiken und Theorien in christlich-theologischer Verantwortung zu beziehen – dies ist eine vergleichend-religionspädagogische Aufgabe. Zu der religionsdidaktischen und vergleichend-religionspädagogischen Dimension kommt als drittes eine dialog-initiierende bzw. transferorientierte Herausforderung hinzu: Religionsdidaktik und vergleichendes Arbeiten sollen das ‚religionspädagogische‘ Gespräch zwischen Christinnen und Christen und Jüdinnen und Juden vorbereiten und anbahnen – das Gespräch also zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus beiden Religionskulturen, die an Pädagogischem bzw. an Bildungsreflexion interessiert sind, zwischen jüdischen und christlichen Religionslehrerinnen und Gemeindepädagogen, und gerne auch zwischen Jüdinnen bzw. Juden und Christinnen bzw. Christen, die in ihrer Eigenschaft als Eltern oder Erziehungsberechtigte Sozialisation mitgestalten bzw. prägen. Solche Gespräche gibt es noch allzu selten, sie sind jedoch dringend wünschenswert. Anders als im Blick auf den schulischen Kontext und den Religionsunterricht gewohnt liegt der Akzent meines Zugangs zum Judentum auf dieser zweiten (vergleichend-religionspädagogischen) und dritten (dialog-initiierenden) Dimension einer religionspädagogischen Begegnung zwischen Juden- und Christentum. Thetisch zugespitzt: Die vergleichende Vertiefung in die ,andere‘ Religionskultur und das Gespräch von jüdischen mit christlichen Multiplikatorinnen und Multiplikatoren verstehe ich als Grundlage und nachhaltiges Movens für eine Veränderung der unterrichtlichen, religionsdidaktisch zu reflektierenden Praxis hin zu einer geschwisterlichen, möglichst vorurteilsarmen und theologisch wertschätzenden Bezugnahme auf Jüdinnen und Juden bzw. auf das Judentum.“ (1ff.) In der Tat sind eine solche Religionsdidaktik, eine solche vergleichende Religionspädagogik, solche religionspädagogischen Gespräche „ohne Frage auch etwa im Blick auf den Islam, auf den Buddhismus oder auch auf andere christliche Konfessionen notwendig und wünschenswert, doch hier werden sie – eingedenk der oben genannten religionspädagogischen, historischen und theologischen Gründe – zuerst im Blick auf das Judentum angebahnt.“ (4) Ein äußerst lehrreiches, brückenbauendes und notwendiges Buch!

Andre Ritter hat das von ihm im Waxmann Verlag (8309-9477-0) herausgegebene Buch mit dem Titel Antisemitismus in Europa – eine Problemanzeige im Kontext des interreligiösen Dialogs überschrieben. Es ist fokussiert auf drei Aspekte: „1. den Antisemitismus in Europa, dessen Vielfalt in verschiedenen Ländern mit unterschiedlichen Facetten sichtbar und wirksam ist, 2. die Kontextualisierung im interreligiösen Dialog, für den das vielschichtige Thema zugleich eine große ökumenische Herausforderung beschreibt, 3. die praktische Anwendung der Erkenntnisse auf die (politische wie religiöse bzw. kirchliche) Bildungsarbeit, die die jeweiligen Erfahrungen und Einsichten als Gabe und Aufgabe gemeinsamen Lernens versteht. Dementsprechend ist das Buch gegliedert und lädt mit seinen vielstimmigen Beiträgen zur Diskussion ein. Dabei können und sollen Perspektivwechsel und Horizonterweiterung unsere gemeinsame Verantwortung sowie unsere Zusammenarbeit über die Grenzen und Mauern in Europa hinweg stärken. Erwähnenswert ist auch, dass sich alle Autor_innen auf ihre je besondere Weise mit großer Sorgfalt darum bemühen, den Begriff und das Verständnis von Antisemitismus zu klären, ob an dem einen oder anderen Ort ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit.“ (9) Beim Thema Antisemitismus in Europa plädiert der Herausgeber für den interreligiösen Dialog: „Dass das moderne Europa christliche Wurzeln hat, lässt sich wohl kaum bestreiten, doch darf die gegenwärtige (aus einsichtigen Gründen durchaus berechtigte) Suche nach europäischen Werten nicht mit der Verteidigung einer christlichen „Leitkultur" verwechselt werden. Denn das moderne Europa ist religiös und weltanschaulich plural, weshalb es eines spezifisch europäischen Dialogs der Religionen dringend bedarf. Die in Europa vertretenen christlichen Kirchen und nichtchristlichen Religionsgemeinschaften müssen demzufolge die Entwicklung demokratischer Strukturen und Werte als gemeinsame Aufgabe begreifen, soll das anspruchsvolle Projekt europäischer Integration sich für uns alle gedeihlich weiterentwickeln und Europa nicht zum Schauplatz neuer religiöser und kultureller Konflikte werden. Sich dieser Herausforderung zu stellen, ist einer der wesentlichen Beiträge, den wir über bestehende Gräben und Hürden hinweg doch alle miteinander zur Vertiefung der europäischen Wertegemeinschaft leisten können und sollen. Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang gar der interreligiöse Dialog? Er ist bekanntlich wichtig, weil er dazu beiträgt, im Rahmen von Begegnung und Verständigung Vorurteile abzubauen. Und er richtet sich nicht zuletzt auch an Multiplikatoren wie Imame, Rabbiner, Priester und Pfarrer, die jeweils in ihre Gemeinden wirken und Einfluss nehmen können. So gibt es bereits einige gute und weiterführende Ansätze wie beispielsweise das von Integrationsbeauftragten geförderte Projekt „Schalom Aleikum" des Zentralrats der Juden, in dem sich Juden und Muslime mit gleichen Erfahrungen austauschen können, zum Beispiel Existenzgründer. Zudem gibt es einige Foren, in denen sich in Deutschland lebende Juden sowie Muslime austauschen. Sie sprechen über ihre Erfahrungen in der jeweiligen Community – etwa darüber, welcher familiäre Druck vielleicht vorhanden ist und wie man voneinander lernen kann. Das Eine wie das Andere ist ein wichtiges Dialogformat. Dergleichen brauchen wir hier und heute mehr denn je – und eben nicht nur zwischen Muslimen und Juden als betroffene wie beteiligte Minderheiten. Auch den christlich-jüdischen, den trilateralen Dialog oder Organisationen wie zum Beispiel das sogenannte Abrahamische Forum haben in dieser Hinsicht eine wegweisende Funktion. Deshalb erscheint nicht zuletzt auch zielführend, im Anschluss an die bisherigen Ausführungen nach einer „Abrahamischen Ökumene" als europäischer Leittradition (wohlgemerkt modellhaft und im Sinne eines für uns alle verbindlichen Orientierungsrahmens, nicht aber eines unzeitgemäßen Dominanzgebarens der einen über die anderen) zu streben, die weder bestehende Gegensätze und Unterschiede zwischen den drei großen monotheistischen Religionen einfach zum Verschwinden bringen soll, noch einem im modernen Westen willkürlich konstruierten Einheitsbegriff das Wort reden wird, der am Ende gar die Eigenständigkeit von Juden, Christen und Muslimen ignorieren bzw. leugnen würde. Im Gegenteil – die bestehenden Unterschiede zwischen Judentum, Christentum und Islam wollen und sollen ernst genommen und dennoch aus ehrlicher Überzeugung für die hier und heute notwendigen Friedens-und Verständigungsbemühungen geworben werden. Das impliziert notwendig den gemeinsamen Respekt vor der „Würde der Differenz“ im Kontext unserer jeweiligen Begegnungen und Beziehungen als Nachbarn vor Ort – und zwar ausdrücklich auch über die genannten monotheistischen Religionen hinaus. Was es im Kontext des interreligiösen Dialogs heute also braucht, ist „Umkehr" und „Erneuerung“ (um das Anliegen des wegbereitenden Synodalbeschlusses der Evangelischen Kirche im Rheinland von 1980 hier bewusst wieder aufzunehmen) auch und gerade im Verhältnis von Christentum zu Judentum und Islam. Die Würde des Anderen gegenseitig zu respektieren und die jeweiligen Bekenntnisgrundlagen zur Wahrnehmung einer gemeinsamen Weltverantwortung zugleich zu nutzen, dies könnte in der Tat ein wegweisender Beitrag zu einem für alle Religionen und Kulturen verbindlichen Weltethos sein – gerade im Kontext der fortschreitenden europäischen Integration. Das könnte uns von innen verbinden und dem künftigen Europa eine neue und würdige Identität geben – nicht zuletzt angesichts der Herausforderung und Verantwortung im gemeinsamen Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus.“ (25ff.) Ralf Koerrenz, Jochen Remy und Christoph Schröder haben im Verlag Vandenhoeck & Ruprecht (525-70314-4) in der Reihe „Politisch denken lernen mit Religion und Ethik“ das Materialheft für die 8. bis 10. Klasse Wir sind vom selben Stern. Antisemitismus entgegnen verfasst. In ihrer Einleitung schreiben sie: „»Antisemitismus« - was genau in öffentlichen Debatten darunter verstanden wird, verflüchtigt sich bei genauerem Hinsehen und Hinhören oft in einen diffusen, mehrdimensionalen Bedeutungsraum. »Antisemitismus« ist kaum auf einen Punkt zu bringen und zu vereindeutigen. Deswegen steht eine Auseinandersetzung mit Antisemitismus immer wieder neu und unabschließbar vor der paradoxen Herausforderung, die Vielschichtigkeit und Ungreifbarkeit des Bedeutungs-raums anzuerkennen und doch zu notwendigen Markierungen zu gelangen. In Anerkennung des Diffusen und Unbegreifbaren kann es in der Entgegnung auf den Antisemitismus wohl keine allein erfolgversprechende Methode geben. Ein Respekt vor unterschiedlichen Zugängen und Strategien der Entgegnung scheint dann nicht nur sinnvoll, sondern unverzichtbar, sofern die selbstverständliche Absicht nicht zur Disposition steht. Diese gemeinsame Absicht hatte Theodor W. Adorno einst in das Diktum gefasst, »dass Auschwitz nicht noch einmal sei«. Dies als Selbstverständlichkeit gegen die Banalität des Bösen zu verteidigen, ist eine Herausforderung, der sich Schule allgemein zu stellen hat. Unverzichtbar ist bei der schulischen Thematisierung jedoch, dass Antisemitismus nicht »lediglich« als ein historisches Phänomen (das damit quasi »Geschichte ist«) betrachtet wird. Es geht (auch) um Gegenwart und Zukunft – von einer konkreten, in sich vielschichtigen gesellschaftlichen Gruppe, letztlich jedoch von uns allen in unserem Zusammenleben. Die Bearbeitung des Themas im Kontext von Religionsunterricht, Ethik und Fächern wie Sozialkunde oder Politik hat im Sinne Adornos eine lange Tradition. Das vorliegende Heft nimmt diese Tradition der Unterrichtsmaterialien auf und unternimmt den Versuch, die Beschäftigung mit dem Thema um einige Akzente zu erweitern. »Wir sind vom selben Stern« hat – bei allem erkenntnisleitenden Respekt vor der geschichtlichen Erinnerung und der weiterhin konkret-bedrohlichen Gegenwart des Antisemitismus – einen lebensbejahenden Klang. Neben die Auseinandersetzung mit der Dumpfheit und Dummheit antisemitischer »Theorie« und »Praxis« soll das Motiv treten, dass jüdisches Leben Teil einer kulturellen Normalität ist bzw. sein sollte (im Bewusstsein, dass der Alltag gerade dies oft nicht ist). Eine offene und demokratische Gesellschaft wird (immer wieder) als offene und demokratische Gesellschaft angegriffen, wenn jüdisches Leben als selbstverständlicher Teil der Alltagskultur infrage gestellt wird. Das klingt abstrakt und wird im Erfahrungshorizont von Menschen jedoch oft leibhaftig als schlichte Bedrohung erfahren. Das Motiv einer Balance von lebensbejahender Normalität jüdischen Lebens als Teil der (deutschen) Kultur einerseits und einer klaren Entgegnung auf antisemitische Angriffe andererseits scheint an der Wirklichkeit abzuprallen – und stellt besonders deswegen eine bleibende Herausforderung gerade für die schulische und außerschulische Bildung dar. Eröffnet wird das Heft mit Materialien zum Leitmotiv »Wir sind vom selben Stern«. Dieses Bild der Berliner Maccabiade bildet den Auftakt von einigen wenigen Impulsen einer Annäherung an »das« Jüdische als Einheit und Vielfalt. Im zweiten Teil »Das Leben leben – jüdische Lebenswirklichkeiten einst und jetzt« werden Schlaglichter auf Wahrnehmungen der Bedingungen jüdischer Existenz in Deutschland heute geworfen. Der dritte Teil widmet sich dem schwierigen Unterfangen, »Deutungen und Markierungen« des Antisemitismus zu dokumentieren. In der eingangs aufgeworfenen Frage, was eigentlich unter »Antisemitismus« zu verstehen ist, spiegelt sich die erkenntnistheoretische, hermeneutische und ethische Problematik des Identifizierens. Dennoch ist gerade dies unverzichtbar, um überhaupt Sprache zu finden. Dem »Antisemitismus entgegnen« ist das Anliegen vieler Ansätze und Initiativen. Das vierte Kapitel bietet eine Auswahl hierzu an.“ (4)

5 Andere theologische Disziplinen

Fabian Brand hat unter Mitarbeit von Vera Müller im Verlag Brill Schoeningh als UTB (8252-5768-2) den Band Theologische Fragen. 55 Antworten zum katholischen Glauben veröffentlicht, in dessen Vorwort er die Bedeutung des Fragens heraushebt: „Jedes Fragen ist ein Suchen", schreibt Martin Heidegger in seiner Einleitung zu „Sein und Zeit". Fragen und Suchen gehören eng zusammen – und beides prägt unser menschliches Leben. Denn es gibt kein Leben, das ohne Fragen auskäme. Schon Immanuel Kant hat die vier Grundfragen der Philosophie auf einen Nenner gebracht: Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Was ist der Mensch? Fragen zu stellen ist eine zentrale Eigenschaft, die besonders auch im Theologiestudium und im Religionsunterricht zum Tragen kommt. Schüler und Studierende stellen Fragen und es ist eigentlich ein Segen für jeden Lehrenden, wenn der vorgetragene Lehrstoff nicht unhinterfragt angenommen wird. Wer Fragen stellt, zeigt damit: Hier setzt sich jemand aktiv mit einem Thema auseinander, hier wird nachgedacht, kritisch reflektiert. Die Lehre ist keine Einbahnstraße, sondern vielmehr ein dialogisches Ereignis, das sich dort konkretisiert, wo sich Fragen aufdrängen und gemeinsam um Antworten und Lösungsmöglichkeiten gerungen wird. Das vorliegende Buch will helfen, einigen wichtigen Fragen, die sich im Laufe des Theologiestudiums oder des Religionsunterrichts stellen können, auf die Spur zu kommen. Das Buch ist eine Anregung, Fragen ernst zu nehmen, und zusammen mit den Fragenden eine Antwort zu erarbeiten. Dazu hält das Buch für jede Frage eine doppelte Antwortmöglichkeit bereit: Eine Kurzantwort, die sozusagen das Oberflächliche bedient und das Wichtigste in einem Satz zusammenfasst, und eine längere Antwort. Letztere geht einer Frage tiefer nach und versucht, Zusammenhänge und historische Entwicklungen näher zu beleuchten und verständlich zu vermitteln.“ (7) Das Buch gliedert sich in die folgenden sieben Kapitel: I. Glaube, Religion und Vernunft II: Gott, der Vater, der Allmächtige III. Jesus Christus, Gottes eingeborener Sohn, unser Herr IV. Bibel, Gottes Wort im Menschenwort V. Der Mensch in der Schöpfung und seine Zukunft in Gott VI. Die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche VII. Im Dialog mit den Konfessionen und Religionen.

Rainer Bayreuther ist der Autor des im Claudius Verlag (5326-2877-5) erschienenen Essays Der digitale Gott. Glauben unter technologischen Bedingungen mit den drei Kapiteln „Reich(weite) Gottes“, „Schöpfung als Schaltung“ und „Digitalisierung der religiösen Praktiken“. Darin versucht er einen „schlechterdings göttlichen Moment“ zu denken: „Digital Diary, Le Porge-Océan, 13. August 2022. Welle um Welle nähert sich Gott und zerfließt mit dem letzten Kräuseln des Wassers im Unmerklichen. Nicht in der einzelnen Welle ist Gott, so mächtig sie sich auch vor mir auftürmt. Er ist im unweigerlichen, alles durchdringenden Kommen einer Welle nach der anderen. Somit auch in den Pegelausschlägen aller vor- und nachgelagerten Sachverhalte. Der Essay verficht die These, dass solcherart Gott ist, gerade der christliche Gott, der in Jesus sich nähert und kommt. Dieser Gott ist nur als der ereignende und in Frömmigkeitspraktiken gesuchte Gott zu haben. Ereignisse sind immer Informationsflüsse. Seit rund 90 Jahren gibt es Maschinen, die Informationsflüsse ver- und bearbeiten können, seit rund 30 Jahren sind sie als Personal Computer in jedermanns Hand. Die Objekte nehmen sich selber in die Hand. Das ist ein schlechterdings göttlicher Moment. Ihn versuche ich in drei Kapiteln zu denken: 1. ausgehend von aktuellen Diagnosen des Christentums in der digitalen Transformation, 2. in einer Analyse der Göttlichkeit des Code, nach dem Rechenmaschinen arbeiten, 3. in der Digitalisierung der christlichen Frömmigkeitspraktiken.“ (8) Im C. H. Beck Verlag (406-79020-1) hat Wolfgang Huber den anregenden Band Menschen, Götter und Maschinen. Eine Ethik der Digitalisierung veröffentlicht, in dessen Vorwort er schreibt: „Es kommt darauf an, die vielfältigen Möglichkeiten der Digitalisierung zu nutzen, ohne sich der Macht dieser Technologie zu unterwerfen. Dabei geht es um grundlegende Fragen des Menschenbilds. Werden wir die begrenzte, endliche Freiheit, durch die das menschliche Leben geprägt ist, weiter zu schätzen wissen? Oder meinen wir, der Endlichkeit in einer transhumanistischen Wendung der Menschheitsgeschichte entkommen zu können? Wiederholt sich auf neue Weise, was der Soziologe Max Weber in seinem Vortrag über Wissenschaft als Beruf im Jahr 1917 so formulierte: «Die alten vielen Götter, entzaubert und daher in Gestalt unpersönlicher Mächte, entsteigen ihren Gräbern, streben nach Gewalt über unser Leben und beginnen untereinander wieder ihren ewigen Kampf.» Werden die digitalen Maschinen oder der von der Sterblichkeit befreite Mensch zu solchen Göttern? Der digitale Wandel ist nicht nur in seiner technischen Dynamik, sondern auch in seiner ethischen Brisanz eine der enormen Herausforderungen unserer Zeit. Er bestimmt unseren Alltag, beeinflusst alle Lebensbereiche, prägt ein neues Zeitalter. Nutzungsmöglichkeiten, die das Menschsein stärken, stehen Entwicklungen gegenüber, die das humane Zusammenleben gefährden. Aufgaben, die an digitale Instrumente delegiert werden können, müssen von der Verantwortung unterschieden werden, die beim Menschen verbleibt. Um solche Klärungen geht es in diesem Buch.“ (9f.) Das lesenswerte Buch schließt mit einem Kapitel über die Zukunft des Homo sapiens und zur Veränderung der Menschheit. Dort heißt es unter anderem: „Um der Humanität willen ist es wichtig, dass die Unterscheidung zwischen Gott und Mensch nicht nur vorausgesetzt, sondern auch lebensweltlich dargestellt und erfahren wird. Das ist die Aufgabe der Religion, in besonderer Weise die Aufgabe christlicher Kirchen. Dass Gott Mensch wurde, ist für sie der Dreh- und Angelpunkt für das Nachdenken über den Unterschied zwischen Gott und Mensch. Der Verzicht auf äußere Macht, für den Christus nach einem frühchristlichen, im Neuen Testament aufbewahrten Hymnus steht (Philipper 2,6-I1), zeigt gerade, dass dieser Unterschied sich nicht nur in der überlegenen Macht Gottes, sondern in seiner barmherzigen Liebe zeigt.Cur deus homo – die Lebenswelt aus dieser Perspektive zu betrachten bedeutet, menschliches Leben in seinen Relationen wahrzunehmen, in der Bezogenheit auf Gott und Welt, auf die Mitmenschen und das eigene Ich. Dafür ist die Achtung der gleichen Würde aller Menschen ebenso wichtig wie der Respekt vor ihrer Individualität und Diversität. Aber ebenso wichtig wie die Anerkennung der Gleichheit in der Verschiedenheit der Menschen ist die Unterscheidung zwischen Mensch und Gott, deren Verbindung nach christlicher Überzeugung in Jesus Christus als menschgewordenem Gottessohn ein für alle Mal Gestalt angenommen hat. Eben deshalb gibt es keinen Grund für Phantasien, die Einheit von Gott und Mensch selbst herstellen zu wollen - und sei es durch eine neue Spezies Homo deus. Die Unterscheidung zwischen Gott und Mensch und mit ihr die elementaren Bedingungen für Kooperation und Konvivenz unter den Menschen neu ins Bewusstsein zu heben, ist deshalb die entscheidende Alternative zum Ausrufen einer neuen Gattung Homo deus. Es könnte ja sein, dass genau diese Gattung eine Fiktion ist.“ (191f.)

Auf die Suche nach einem dritten Weg neben Atheismus und Gottesglaube macht sich Sebastian Kleinschmidt in seinem Essay Kleine Theologie des Als ob, der im Claudius Verlag (5326-2883-6) erschienen ist: „Wer vom Theologischen reden will, muss auch vom Religiösen sprechen. Und wer von Religion spricht, kommt nicht umhin, die Rede auf das Göttliche zu bringen. Und auf das divinatorische Empfinden der Wirklichkeit des Unsichtbaren, auf die Glaubensfreude als eine Form geistlicher Empfänglichkeit. Nur wie vom Höchsten sprechen? Von Gott, den niemand sehen kann und niemand sehen darf und niemand je gesehen hat? Auch Moses nicht, auch Jesaja nicht. Moses vernahm nur Gottes Stimme, Jesaja sah nur Gottes Füße. Der auferstandene Christus sagt zu Thomas, dem zweifelnden Jünger: „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!"“ Auf dreierlei Weise kann sich der Mensch auf Gott beziehen. In Gestalt seiner Realitätsbejahung, in Gestalt seiner Realitätsverneinung, im Exempel seiner Realitätsvermutung. Als These oder Antithese oder Hypothese. Im Modus des „Er ist“ oder des „Er ist nicht“ oder des „Als ob er ist“. Im Zustand des Glaubens, im Zustand des Unglaubens, im Status der Annahme.

Welche Art Gottesbezug beim je einzelnen Menschen vorherrscht, hängt nicht zuletzt davon ab, ob und, wenn ja, wie es in seiner Kindheit zu Berührungen mit den Gegenständen des religiösen Bewusstseins gekommen ist.“ (7f.)

Um nichts weniger als den Versuch, das Phänomen der Sakralität, das in allen Religionen vorkommt, aus dem Proprium des Monotheismus zu begründen, geht es Eckhard Nordhofen in seinem im Herder Verlag (451-39746-2) veröffentlichten Band Media Divina. Die Medienrevolution des Monotheismus und die Wiederkehr der Bilder: „Israels Entdeckung, dass der Kosmos ein großes Gegenüber hat, manifestierte sich in der singulären Art, wie es sich offenbart. Der „Name“, der sein Dasein ausruft, hat keine empirische Referenz. Aufgeschrieben in vier Buchstaben wird er zu einem ontologisch singuläres Medienereignis. Ihn kann es nur einmal geben. Das Tetragramm wurde in Israel zu einem Kultobjekt. Es war seine große Alternative zu den „von Menschenhand gemachten" Göttern des Polytheismus. Dieses neue Gottesmedium, dessen Offenbarung nicht zufällig in einem Kontext der Befreiung aus dem Sklavenhaus steht, bestimmt seitdem unsere Religionsgeschichte, die dann als Heilsgeschichte gelesen werden kann, denn ein „Name“, von dem ein Freiheitsimpuls ausgeht, enthält ein nach vorne offenes Verheißungspotential. Womöglich hängt dieser große Sprung mit der vernunftgeleiteten Vorstellung zusammen, dass hinter allem, hinter der ganzen Wirklichkeit tatsächlich ein großes Gegenüber wirkt. Eine Wirklichkeit der Wirklichkeiten, die dafür sorgt, dass der Kosmos ein Kosmos ist. Das kommt der Begabung von Homo sapiens sapiens zur Reflexion sehr entgegen. Kosmos, dieser griechische Begriff versammelt drei Bedeutungen in einem Wort: Welt, Ordnung und Schönheit. Philosophie fängt nach einer griechischen Vorstellung mit einem Staunen genau darüber an. Wer in die Sterne schaut, muss staunen, und wer in die Natur schaut auch. Am meisten staunen wir am Ende über uns selbst. Wir spüren den Geist, der dem Adam eingeblasen wurde, lassen uns von ihm erheben und erschrecken manchmal vor ihm. Im Umgang mit dem großen Gegenüber kann man Fehler machen. Sie häufen sich immer dann, wenn es um den Existenzprädikator „es gibt“ geht. Von Dietrich Bonhoeffer stammt der Satz: „Einen Gott, den es gibt, gibt es nicht". Als einer der brillantesten Monotheisten wollte er damit klarmachen, dass auf den Schöpfer der Welt nicht mit einem Finger gezeigt werden kann wie auf eine empirische Größe. Und doch ist der Diskurs über die Wirklichkeit der Wirklichkeiten von immer denselben, offenbar unausrottbaren Versuchen durchsetzt, ihn auf Umwegen und wenigstens indirekt dingfest zu machen. Dabei ist er doch kein Ding! Über ihn zu schweigen, sieht wie eine saubere Lösung aus. Allerdings kann man auch durch Unterlassen etwas falsch machen. Jeder Monotheist, der davon überzeugt ist, dass die Welt und damit auch das eigene endliche Leben dieses Vorzeichen hat, steht vor der Frage, welche Konsequenzen die nicht-empirische Existenz des großen Gegenübers für ihn hat. So wird die Frage nach dem Willen Gottes zur Frage aller Fragen. Der Monotheist weiß, dass er aus dem Paradies vertrieben ist und dass das Versprechen der Schlange eine Lüge war. Das sollte ihm eigentlich den Weg der Usurpation für alle Zeit versperrt haben. Die Geschichte hat freilich gezeigt, wie verlockend es ist, ihn dennoch einzuschlagen. Wie oft will sich immer noch und immer wieder ein Usurpator auf den Thron Gottes schleichen wie der Narr auf den Königsthron. Dem Monotheisten, der diesen Weg nicht gehen will, bleibt nur die Möglichkeit, die Alterität des großen Gegenübers als abwesend Anwesenden zu markieren. Mose wird vor dem Paradox des brennenden und nicht verbrennenden Dornbuschs zunächst nur neugierig, dann aber zieht er die Schuhe aus. Der Boden, auf dem er steht, ist dann plötzlich nicht mehr der Boden der Tatsachen. Diese Urgeschichte der Heiligung kann als Initial eines intensiveren Verständnisses monotheistischer Alterität und Sakralität gelesen werden. Hier wird Normalität gebrochen, nicht nur um den nachparadiesischen Riss in der Wirklichkeit sichtbar zu machen, sondern auch um sie zu steigern und zu verherrlichen. Die Mediengeschichte dieser niemals endgültigen Versuche, der Schöpfung neue Möglichkeiten zu entlocken, steckt voller Überraschungen. Einige davon sollen hier skizziert werden.“ (14f.)

Bernhard Grümme hat im Verlag Herder (451-39527-7) sein spannendes Plädoyer Öffentliche Politische Theologie veröffentlicht, mit dem er versucht, die Politische Theologie gegenüber der Öffentlichen Theologie zu profilieren, „sie den Diskussionen verschiedener Einwände auszusetzen und sie dabei als Beitrag zu einer demokratischen Lebensform zu profilieren“ (16). Bereits im Vorwort fragt er an: „Doch was könnte das gegenwärtig bedeuten, eine solche Theologie zu entwerfen? Kann man dazu ungebrochen auf das beeindruckende Erbe der Neuen Politischen Theologie zurückgreifen, wie sie Johann Baptist Metz so engagiert vertreten hatte? Solches müsste doch die erheblichen Transformationsprozesse in der Kultur, der Ökonomie und Gesellschaft, aber auch in den Humanwissenschaften und der Theologie berücksichti­gen, die seit der Formierungsphase dieser Theologie in den 1970er Jahren stattgefunden haben. Zugleich wäre diese Neue Politische Theologie auf ihre eigenen Schwachstellen hin zu analysieren, um sie auch hinreichend profilieren zu können gegenüber jener dominanter werdenden Öffent­lichen Theologie, die sich bewusst der Ebene der Politik enthält. Dass da­bei eine Formulierung aus dem Umkreis der Politischen Theologie von Metz wiederum programmbildend für den von mir vorgelegten Entwurf geworden ist, zeigt nur umso nachdrücklicher deren unausgeschöpftes Potential und deren Brisanz für eine Theologie, die an der Zeit ist.“ (5) Seine Neuformatierung der Politischen Theologie vollzieht der Autor in einem Dreischritt: „Teil I (Grenzreflexionen) problematisiert die Theologie in der Öffentlichkeit, die insbesondere als öffentliche Theologie sich zu wenig den Herausforderungen stellt, die mit den Transformationsbedürfnissen der Demokratie in der Spätmoderne verbunden sind. Bringt dieser Teil die Öffentliche Theologie buchstäblich an ihre Grenze, so bringt Teil II (Verschärfungen) die Politische Theologie gerade wegen ihrem Fokus auf gesellschaftliche und politisch-strukturelle Fundierungsprozesse weiterführend ins Spiel. Aber auch diese sieht sich in ihrer zeittheoretisch strukturierten negativ-dekonstruktiven Ausrichtung hinsichtlich ihrer eigenen Politikfähigkeit wie in Bezug auf die Würdigung von Identitäten und Machtfragen mit ihrer eigenen Aporetik konfrontiert. Teil III (Konzeptionierungen) greift diese Spuren und Anfragen auf und entwickelt den Ansatz einer Öffentlichen Politischen Theologie, die sich ohne Vormachtanspruch, aber auch ohne theologische Selbstverharmlosung in dem derzeitigen Ringen um demokratische Lebensformen verortet. Dazu ruft diese Untersuchung Stimmen aus ganz unterschiedlichen, für die Theologie bislang oft ungewohnten und nicht bekannten Zusammenhängen auf und gibt ihnen, teilweise sehr ausführlich, Gehör. Genau dadurch wird dieses Ringen deshalb auch zu einem locus theologicus.“ (16f.) Passend dazu empfiehlt sich die Lektüre von Otfried Höffes im Hirzel Verlag (7776-3078-6) erschienenen Essay Ist Gott demokratisch? Zum Verhältnis von Demokratie und Religion. Im Vorwort erklärt der Verfasser zu seiner Studie: „Früher war das Thema dieses Essays hochaktuell, in mancher Hinsicht sogar explosiv. Später entspannte sich das Verhältnis von Demokratie und Religion so stark, dass es keine nähere Untersuchung mehr benötigte. Mittlerweile ist es wegen verschiedener Entwicklungen wieder diskussionswürdig, glücklicherweise zwar - noch? - nicht explosiv, durch eine Reihe von Faktoren aber doch aktuell geworden. Aus diesem Grund nimmt sich dieser Essay das weitläufige Thema erneut vor und gibt der Wiederbehandlung durch einige Gesichtspunkte ein näheres Profil: So dürfen da und dort tagespolitische Gesichtspunkte hereinspielen. Vornehmlich aber, so der erste profilierende Gesichtspunkt, ist eine philosophische, folglich grundsätzlichere Erörterung beabsichtigt. Auf den ersten Blick sind beide Bereiche, Demokratie und Religion, für unterschiedliche Welten zuständig, vereinfacht gesagt die Staatsform der Moderne, die auf Grund- und Menschenrechte sowie Gewaltenteilung verpflichtete Demokratie, für das Diesseits, die Religion hingegen für das Jenseits, und dort, in der Sphäre Gottes, so lässt die Titelfrage erwarten, hat der Begriff der Demokratie kaum einen Platz. Man kann es auch so sagen: Die Demokratie ist, freilich in Grenzen, für das weltliche Wohlergehen, die Religion für die ewige Glückseligkeit verantwortlich. So gesehen scheint die Beziehung, von Schwierigkeiten frei, vielleicht doch keiner Neuuntersuchung wert zu sein. In Wahrheit, zweiter profilierender Gesichtspunkt, überschneiden sich die beiden Bereiche, was eine gegenseitige Unterstützung möglich, aber auch tiefgreifende Konflikte kaum vermeidbar macht. Tauchen Konfliktfälle auf, dann muss nämlich die Demokratie auf ihrem Recht beharren, Letztentscheidungen zu treffen, während Religionsgemeinschaften einer anderen höchsten Instanz unterworfen sind, und ihr, Gott, mehr zu gehorchen verlangen als jeder weltlichen Obrigkeit. Das damit angedeutete Themenfeld ist facettenreich, sowohl hinsichtlich der Fragen als auch der Antworten vielfältig. Wer sich eine gründlichere Untersuchung vornimmt, darf sich, so der dritte profilierende Gesichtspunkt, mit einem Blick lediglich auf die Gegenwart nicht zu-friedengeben. Aus diesem Grund beginnt dieser Essay nach seiner Einführung in das Problemfeld mit einer Skizze der recht komplexen geistesgeschichtlichen Entwicklung, die schließlich zur Gegenwart führt. Erstaunlicherweise wird dieser Weg häufig nur mit einer auf Europa und Nordamerika eingeschränkten Brille skizziert. Diese Studie hingegen, so ihr weiteres Profil, stellt sich einer Aufgabe, die heute, in Zeiten der Globalisierung, doch mit Selbstverständlichkeit anerkannt werden sollte: Er gibt sich mit einem innerwestlichen Blick nicht zufrieden. Erstaunlich und zugleich bedauerlich ist ein weiteres Phänomen: Nach einer die gegenwärtigen Debatten beherrschenden Ansicht, gern »Große Erzählung«, professioneller »Narrativ« genannt, besteht die einschlägige Entwicklung in einem Zurücknehmen der zunächst religions- und theologiegeprägten Welteinstellung, also in einer zunehmenden Entsäkularisierung. In Wahrheit, so ein fünftes Profil dieses Essays, finden wir säkulare Theorien schon in der Antike, in deren westlichen und außerwestlichen Teilen. Erst später, vor allem mit dem Einbruch des Christentums, verlieren die zuvor vertretenen säkularen Theorien ihr Gewicht. Die Geistesgeschichte verläuft daher alles andere als linear: von religiösen Anfängen zu deren zunehmender Entmachtung. Sie besteht vielmehr aus mindestens drei Phasen: (1) einer elementar säkularen, (2) einer wesentlich religiös bzw. theologisch geprägten und (3) einer diese Prägung zunehmend abarbeitenden Phase. An deren Ziel und Ende könnte man eine vollständige Säkularisierung erwarten. Selbst diese Erwartung, ein Teil der angedeuteten Großen Erzählung, wird durch die Wirklichkeit enttäuscht. Sie besteht in einer weiteren Phase, (4) dem Konflikt zwischen einer entsäkularisierten und einer bleibend säkularen Lebenswirklichkeit. Auch mit dieser Situation hat sich ein für heute sachgerechter Essay auseinanderzusetzen. Nach dem ersten Teil, einer Skizze des recht komplexen Weges zur Moderne, wendet sich der Essay in einem zweiten Teil einer exemplarischen Erörterung heutiger Probleme zu. Er setzt bei Zumutungen an, die Demokratie und Religion sich gegenseitig machen. Im Anschluss daran geht er auf den vielfältigen »Wert« ein, den die Religion in der modernen Gesellschaft trotz deren fortgeschrittener Säkularisierung immer noch besitzt. Sichtbar wird er schon dort, wo man ihn kaum er-wartet, in zahllosen Redensarten, ferner im Orts- und Landschaftsbild, im Jahreskreis und Lebenslauf, in Kunst, Musik und Literatur, nicht zuletzt in der persönlichen und der sozialen Gefühlswelt. Danach widmet sich der Essay einer Aufgabe, die nicht bloß für Einzelpersonen, sondern auch für die Gesellschaft als Ganzer unaufgebbar ist: der mit mancherlei Verzichten einhergehenden Besonnenheit. Weil zu ihren Gunsten sowohl säkulare als auch religiöse Argumente sprechen, zeigt dieses Thema exemplarisch, dass zwischen Demokratie und Religion nicht nur Konflikte auftauchen, sondern beide Welten sich unterstützen können. Nach einem weiteren Blick auf die facettenreiche Gegenwart, jetzt auf die Präsenz von Religion und Religionsgemeinschaften im sozialen und persönlichen Leben, weist der Essay auf Gefahren hin, die seitens der Religion und ihrer Gemeinschaften drohen. Dazu gehören eine enorme Gewaltbereitschaft, gespeist aus einer nicht selten aggressiven Intoleranz, und ein vielfältiger, von Bigotterie, Aberglaube nicht freier Fanatismus sowie ein bedauernswerter Missbrauch in der Kirche. Im weiteren Zusammenhang darf man das weltweit wahrzunehmende Phänomen eines politischen Islams nicht verdrängen. Alles andere wäre Ausdruck eines Mangels von Wirklichkeitssinn und geistiger Courage. Am Ende versucht der Essay die genannte Doppelfrage zu beantworten: Weil Demokratie und Religion für zwei zwar unabhängige, aber nicht gänzlich voneinander zu trennende Sphären zuständig sind, ist zu klären, wie angesichts der sich überschneidenden Sphären beide Seiten, Demokratie und Religion, einander entgegenkommen können - und sollen. Zu hoffen ist, dass sich eine für beide Seiten vertretbare Form findet. Dann, allerdings auch lediglich dann bleibt, so die Bilanz des Essays, das Verhältnis von Demokratie und Religion, auch wenn immer wieder neue Herausforderungen auftreten, zwar störanfällig. Von einer Zwangslage, einem Dilemma, kann aber keine Rede sein.“ (9ff.) Am Ende erfolgt die bilanzierende Antwort: „Wegen immer wieder neuer Herausforderungen ist das Verhältnis von Demokratie und Religion störanfällig, es hat im Prinzip aber nicht den Charakter einer Zwangslage, eines Dilemmas.“ (225)

Anton A. Bucher erschließt in seinem im Waxmann Verlag (8309-9492-3) veröffentlichten Buch Verbundenheit. Über eines der tiefsten menschlichen Bedürfnisse dieses Phänomen zum einen aus anschaulichen Erlebnisberichten, zum anderen aus wissenschaftlichen Erkenntnissen, speziell der Psychologie und gibt konkrete Anregungen, wie Verbundenheit erweitert und vertieft werden kann: „Kapitel eins skizziert Verbundenheit in der Quantenphysik, die das mechanistische Weltbild, das auf der dualistischen Trennung von Subjekt und Objekten basiert, abgelöst hat und an Einsichten erinnert, die in fernöstlichen Traditionen schon vor Jahrtausenden gewonnen wurden. Kapitel zwei widmet sich der Naturverbundenheit, die anschaulich geschildert wird, und die sich enorm günstig auswirkt: Auf das Wohlbefinden, den Blutdruck, die Kreativität, die ökologische Handlungsbereitschaft und vieles andere mehr. Kapitel drei schildert soziale Verbundenheit und geht den Weg vom nahen Du in der intimen Umarmung über den Freundes- und Familienkreis bis hin zur Menschheitsfamilie. Akzentuiert wird der Gewinn, wenn Verbundenheit ausgedehnt wird, nicht nur für das Individuum, sondern auch die Gesellschaft. Kapitel vier thematisiert Verbundenheit mit transzendenter Wirklichkeit, in unserer abrahamitischen Tradition Gott, bei Südseeinsulanern Kaild, aber in allen Kulturen und Zeiten existierend. Wie sind die Gotteskonzepte tief spiritueller Menschen beschaffen? Kosmisch und lichterfüllt. Und die Effekte solcher Verbundenheit sind segensreich. Kapitel fünf fasst zusammen und bündelt pädagogische Empfehlungen, Verbundenheit zu stärken.“ (10f.)

6 Bilderbücher mit religiös-ethischen Inhalten

Für Kinder ab vier Jahren hat Werner Holzwarth mit großformatigen Illustrationen von Mehrdad Zaeri-Esfahani im Gerstenberg Verlag (8369-6169-1) das Bilderbuch Der Winter des Eichhörnchens geschrieben. Es handelt von einem Eichhörnchen, das schon als Baby wusste, dass man im Herbst Nüsse sammeln muss, um im Winter etwas zu fressen zu haben. Es befolgt diese Erkenntnis mehrere Jahre, wird aber mit der Zeit immer vergesslicher und spürt seine vergrabenen Nüsse immer seltener auf. Alt, schwach, müde und verzweifelt findet es aber überraschend durch den Hinweis eines großen Nussbaums frische Lebensfreude und neuen Lebenssinn: „Wenn es alle fressen würde, die es vergraben hat, würde es uns nicht geben.“ Eine bezaubernde Parabel über die Ambivalenz der Perspektiven! Nur ein bisschen Wasser lautet der Titel des bei Beltz & Gelberg (407-75668-8) von Mariajo Ilustrajo gezeichneten und getexteten Bilderbuchs, das von zunehmend steigendem Wasser in einer von Tieren bevölkerten Stadt handelt. Anfangs war es in der Stadt nur ein bisschen nass und das führte zu vielerlei Überraschungen, als dann aber auch von den Giraffen nur noch der Kopf aus dem Wasser schaute, wurde das Leben vor allem für die kleineren Tiere schwieriger und bedrohlicher. Nur gemeinsam können die aktuelle Katastrophe bewältigt und auch künftige Probleme gelöst werden. Dazu muss man aber auf die kleinen, unscheinbaren Stimmen hören, die die „ganz einfache“ Lösung von Anfang an gewusst haben. Nicole Davies ist die Autorin des im Aladin Verlag (8489-0206-4) mit Illustrationen von Laura Carlin erschienenen Bilderbuchs Ein Baum ist ein Anfang für Kinder ab vier Jahren über die Bedeutung von Natur in unseren Städten. Die junge Icherzählerin wächst in einer schäbigen, hässlichen und heruntergekommenen Stadt mit staubtrockenen Straßen, keinem Grün und keiner Freude auf. Im Inneren genauso verdorrt wie die Bäume im Park, lebt sie davon, die zu bestehlen, die kaum mehr hatten als sie selbst. Eines Nachts gelingt ihr der Diebstahl einer Tasche voller grüner, vollkommener Eicheln, die die alte Besitzerin ihr nur überlässt, wenn sie verspricht, den Inhalt zu pflanzen. Plötzlich erkennt das Mädchen, dass es einen Wald in den Armen hält und verwandelt sich zu einem anderen Menschen. Glücklich und voller Blätter-Gedanken beginnt es das Versprechen zu halten und pflanzt Städte voller Bäume und Grün. Ein inspirierendes und zur Nachahmung aufrufendes Buch! Im Klett Kinderbuch Verlag sind drei interessante Bilderbücher herausgekommen: Zum einenEine Wiese für alle (95470-242-8) von Hans-Christian Schmidt mit Illustrationen von Andreas Német für Kinder ab vier Jahren, das die Herausforderungen der Flüchtlingshilfe anhand einer Parabel über Mitmenschlichkeit sehr kind- und sachgerecht thematisiert. Die Schafe auf einer großen, grünen und saftigen Wiese sind geschützt vor Wölfen und vor der Flut des Meeres. Eines Tages werden sie durch die Ankunft eines gestrandeten fremden Schafes, das in großer Not ist, vor die Wahl gestellt, Solidarität zu zeigen und dem Schaf zu helfen oder es untergehen zu lassen. Der Clou dieses Buches ist unter anderem, dass die Lesenden und Betrachtenden selbst das Ende der Geschichte entscheiden können! Zum anderenAlle da! Unser kunterbuntes Leben (95470-104-9) von Anja Tuckermann mit Illustrationen von Tine Schulz für Kinder ab fünf Jahren zum Thema Integration. Alle Menschen stammen von den ersten Menschen aus Afrika ab und tun heute das, was Menschen schon immer taten. Immer wieder gehen sie woanders hin aus unterschiedlichen Gründen. Die meisten Menschen verlassen ihre Heimat, weil sie dort nicht mehr sicher und frei leben können. Das Buch wirbt für die kunterbunte Vielfalt der Herkunft, Sprache sowie Kultur und klärt anschaulich über Ängste und Vorurteile gegenüber Fremdem und Neuem auf. Am Ende kann eine Doppelseite mit Fragen zur eigenen Person ausgefüllt werden. Und drittensSo bin ich und wie bist du? Ein Buch über Toleranz (95470-097-4) von der Autorin und Illustratorin Pernilla Stalfelt, das sich den Fragen nähert „Auf welche Art können wir verschieden sein?“ und „Wie können wir gleich sein?“ und darüber aufklärt, dass Toleranz die Fähigkeit ist, zuzuhören, gerecht zu sein, sich mit den Besonderheiten der anderen abzufinden und deren Art, sich zu benehmen, zu ertragen. Ein wichtiger Beitrag zu einem gelingenden Zusammenleben! Im 360 Grad Verlag (96185-561-2) ist von Chris Silber mit Illustrationen von Annabelle von Sperber das hilfreiche Bilderbuch Die Wolke unterm Dach für Kinder ab fünf Jahren erschienen. Im Mittelpunkt stehen das Mädchen Lilly und sein Papa, die den Krebstod von Lillys Mama überwinden müssen. Nach vielen vergeblichen Versuchen, die Wolke mit Mama im Himmel zu erreichen, erkennen beide, was Trauern ist: Wenn man jemanden loslässt, damit er für immer da sein kann. Jetzt können auch die für Mama gemalten Bilder mittels bunter Luftballons die Wolke erreichen. Ein Hoffnung gebendes Buch über Verlust, Tod und Trauer! Folgende drei Neuerscheinungen sind im Coppenrath Verlag veröffentlicht worden: Zum einenFür Opa scheint jetzt die immer die Sonne (649-63484-3) von Katja Reider mit Bildern von Malin Hörl für Kinder ab vier Jahren ebenfalls über das Sterben und den Tod. Mia und ihr schon sehr alter Opa sind ein eingespieltes Team: Sie buddeln gerne im Garten, sie lieben Mensch-ärgere-dich-nicht-Spielen und können stundenlang im Wasser herumpaddeln. Opas „kleiner Sonnenschein“ begleitet ihn auch im Seniorenheim, im Krankenhaus, bei der Beerdigung und in der Erinnerung - vor allem, als die Sonnenblumen in voller Blüte stehen: Traurigsein gehört dazu, wenn man Abschied nehmen muss! Zum anderenMamas roter Pullover (649-64426-2) von der Autorin und Illustratorin Jayde Perkin, ebenfalls ein einfühlsames Bilderbuch über Abschiednehmen und Trauer für Kinder ab sechs Jahren. Nach dem Tod der Mutter kommt deren Tochter alles unwirklich vor. Sie trauert gemeinsam mit dem Vater, fühlt sich aber trotzdem so alleine. Beim Sortieren von Mamas Sachen entdeckt sie den roten Pullover und beginnt irgendwann wie mit der Trauer in ihn hineinzuwachsen. Die Trauer wird nicht kleiner, aber ihre Welt um sie herum wird größer! Zum drittenMein Schatten ist Pink (649-63996-1) von dem Autor und Illustrator Scott Stuart, ein Bilderbuch über Diversität, Gleichberechtigung und Identität für Kinder zwischen fünf und acht Jahren. Der Schatten eines Jungen ist pink, liebt ein hübsches Kleid und Tanzen durchs Haus und passt nicht zu den Schatten seines Papas und seiner Brüder. Den Jungen befällt riesige Angst vor dem ersten Schultag. Als er dort mit einem Kleid auftaucht, erntet er nur Gelächter und Hohn. Zuhause ermutigt ihn allerdings sein Vater und klärt ihn darüber auf, dass alle einen Schatten haben, den man meist nicht sieht. Sie halten zusammen, sein Papa und er, und ihre Schatten verstehen sich. Er sieht mit Kleid in die Klasse mit ganz neuem Mut: „Vielleicht bin ich anders, doch anders ist gut!“

7 Unterrichtsmaterialien

Lena Sonnenburg und Nina Rothenbusch haben im Religionspädagogischen Institut Loccum (936420-76-0) als Loccumer Impulse 26 die höchst empfehlenswerte Arbeitshilfe Gespräche über Gott, die Welt und mich. Mit Grundschulkindern über die ganz großen Themen sprechen herausgebracht. In dieser praxiserprobten und schüler*innenorientierten Karteikartensammlung in Ringbuchform finden sich vielfältige Ideen, Impulse und Fragen, die zu offenen theologischen Gesprächen über die großen Lebensthemen einladen. Nach einem kurzen Theorieteil zu Kindertheologie, Gesprächen mit Kindern, Herausforderungen für die Lehrkraft, zum Setting und zur Verankerung im Kerncurriculum folgen themenunabhängige methodische Zugänge sowie themengebundene Impulse, Ideen für handlungsorientierte Zugänge und Anregungen für weitere Gespräche zu den Themen „Ich bin“, „Jesus“, „Gott“, „Unsere Welt“ „Krieg und Streit“ sowie „Religion(en)“. Ideen zur Ergebnissicherung runden das flexible Karteikartensystem ab. Besonders hervorhebenswert sind die zahlreichen Comics mit Calvin und Hobbes sowie die wertvollen Hinweise auf ausgewählte Bilderbücher.

Im Calwer Verlag sind drei neue Kursbuchmaterialien erschienen: Zum einen die von Wolfram Eilerts erarbeiteten Lehrermaterialien Kursbuch Religion elementar 7. Ein Arbeitsbuch für den evangelischen Religionsunterricht im 7. Schuljahr anMittelschulen in Bayern (7668-4468-2) zu den Themen Die Zehn Gebote – Scheitern und Neubeginn – Kirche im Wandel – Verantwortung übernehmen sowie Judentum. Zum anderen das von Hans Burkardt und Eva Weigand bearbeitete Kursbuch Religion elementar 8. Ein Arbeitsbuch für den evangelischen Religionsunterricht im 8. Schuljahr an Mittelschulen in Bayern (7668-4469-9) mit fünf Kapiteln zu den Themen „Reformation“, „Schöpfungserzählungen“, „Liebe und Partnerschaft“, „Arbeit und Freizeit“ sowie „Christlicher Glaube“. Zum dritten die ebenfalls von Wolfram Eilerts erarbeiteten Lehrermaterialien Kursbuch Religion elementar 3. Ein Arbeitsbuch für den Religionsunterricht im 9./10. Schuljahr (7668-4335-7) zu den folgenden vierzehn Themen: 1. Religion 2. Der Mensch 3. Liebe 4. Sterben,Tod  5. Jesus Christus 6. Die Bergpredigt 7. Gewalt 8. Gott 9. Ethisch handeln 10. Christliche Vorbilder 11. Kirche 12. Religiöse gruppen 13. Die Bibel 14. Fernöstliche Religionen.