1 Problemstellung

Die Themen Tod und Sterben beschäftigen viele Jugendliche und sind zudem ein zentraler Bestandteil des christlichen Glaubens. So können diese Themen auch zum Inhalt der Konfirmandenarbeit werden, wie das Themenheft Leben und Tod der Zeitschrift KU-Praxis zeigt (2019). Schweitzer, Maaß, Lißmann, Hardecker und Ilg (2015) stellen fest, dass die Konfirmandenarbeit vor der Problematik steht, nur bestimmte Jugendliche mit ihrem religionspädagogischen Angebot sehr gut zu erreichen. Gerade ein persönliches Thema wie Tod und Sterben dürfte diese Problematik noch verstärken. Es gilt also, das Thema Tod und Sterben so auszugestalten, dass eine heterogene Gruppe von Konfirmand*innen in ihren Fragen und Bedürfnissen erreicht wird.

2 Stand der Forschung

Die Thematik ist vielschichtig und um ihr gerecht zu werden, bedarf es einer interdisziplinären Betrachtungsweise, welche Bubmann, Keßler, Mulia Oesselmann, Piroth und Steinhäuser als Kennzeichen der Gemeindepädagogik ansehen (2019, S. 11). So haben Psychologie (Stroebe, Hansson, Stroebe & Schut, 2001) und Theologie (Büttner & Dieterich, 2016) eigene Zugangsweisen und Schwerpunkte in diesem Themenfeld. Doch auch die Jugendlichen selbst haben individuelle Ideen und Vorstellungen (Gennerich, 2010).

Der Forschungsstand birgt eine interdisziplinäre Fülle, in der insbesondere Verbindungen zwischen Theologie, Psychologie und Konfirmandenarbeit auszumachen sind. Hierfür ist die Analyse im Wertefeld (Gennerich, 2010) sinnvoll. Im Wertefeld werden Präferenzen zu verschiedenen Werten dargestellt, die auch Auskunft über individuelle Lebenserfahrungen und -situationen geben. Shalom H. Schwartz (Schwartz & Bilsky, 1987) erarbeitete einen kreisförmigen Wertekreis. In diesem werden Grundwerte und Ziele innerhalb der Pole „Offenheit für Wandel vs. Bewahrung“ und „Selbst-Transzendenz vs. Selbst-Steigerung“ angeordnet. Gennerich entwickelte daraus das Wertefeld mit vier Feldern, die jeweils einen eigenen Lebensstiltyp repräsentieren (Gennerich, 2018, S. 8–12). Das Wertefeld lässt sich korrelativ durch empirische Forschung mit vielfältigen Lebensthemen füllen (Gennerich, 2010). Mit Blick auf das hier bearbeitete Thema können adoleszente Jenseitsvorstellungen und Reaktionen auf Verlusterfahrungen mit vielfältigen anderen Einstellungen ihres Lebens in Bezug gesetzt werden.

3 Zielsetzung

Die bisherige Forschung befasst sich einerseits mit den Vorstellungen Jugendlicher zu den Themen Tod und Jenseits, ohne jedoch ihre Empfindungen und Bewältigungsstrategien dazu umfänglich zu erfassen. Andererseits basieren die bestehenden Coping-Modelle, wie Stroebe et al. (2001) umfassend dargestellt haben, schwerpunktmäßig auf der Trauer von Erwachsenen nach einem Todesfall, meist aus dem engsten Familienumfeld. Für die Ausgestaltung der Konfirmandenarbeit sind beide Forschungsansätze unvollständig, was in einer neuen Studie über Vorstellungen der Konfirmand*innen zu den Themen der Trauer, unter anderem im Zusammenhang mit Tod und Sterben, und Bewältigungsstrategien (Coping) vervollständigt werden soll. Dabei liegt der Schwerpunkt auf den heterogenen Erfahrungen und Empfindungen der Gruppe der Konfirmand*innen. So werden nicht speziell Jugendliche befragt, die besondere Trauererfahrungen durchlebt haben, sondern eine ganze Jahrgangsgruppe Konfirmand*innen. Dies spiegelt die Realität der Konfirmandenarbeit wider. Ein gutes Mittel zur Auswertung der verschiedenen Wertevorstellungen Jugendlicher bietet hierbei der Bezug zur Wertefeld-Forschung.

Das Projekt beabsichtigt, zu erforschen, welche Methoden sich in der Praxis bewährt haben, vor welche Herausforderungen das Arbeitsfeld Konfirmandenarbeit gestellt ist und welche Ziele die Gestalter*innen der Konfirmandenarbeit verfolgen.

4 Forschungsmethoden

278 Konfirmand*innen und 144 Teamer*innen der EKHN und EKKW wurden mittels eines Fragebogens befragt. Die Befragung erfolgte vorrangig quantitativ, ergänzt durch einzelne qualitative Fragen.  Die qualitativen Fragen wurden mittels qualitativer Inhaltsanalyse (Mayring, 2019) ausgewertet. Die Auswertung der quantitativen Befragung erfolgte deskriptiv, faktoranalytisch und im Wertefeld (Gennerich, 2010). Themenfelder der Konfirmandenbefragung sind Selbstbewertungsstile, Jenseitsvorstellungen, Coping, Alltagserfahrungen und Konfirmandenarbeit. Der Teamerfragebogen hat Zielvorstellungen und methodische Ausgestaltung der Konfirmandenarbeit zum Schwerpunkt. Eine religionspädagogische Diskussion der Ergebnisse schließt sich der Auswertung an.

5 Erste Forschungsergebnisse

Für die Verantwortlichen in der Konfirmandenarbeit soll mit dieser Forschung eine Grundlage dafür geschaffen werden, in der konkreten Konfirmandenarbeit die eigene Gruppe besser zu verstehen, und zwar sowohl mit Blick auf die gesamte Gruppe als auch in Blick auf die einzelnen Konfirmand*innen. Hierauf abgestimmt kann dann die inhaltliche Gestaltung der Konfirmandenarbeit erfolgen. In Bezug auf die Themen Tod, Sterben und Trauer gilt es, theologische Antwortmöglichkeiten zu kennen und diese zu elementarisieren. Es gilt des Weiteren, einen Zugang zu Jugendlichen zu finden und mit gezielten Methoden verschiedene Typen Jugendliche zu erreichen. Erste Forschungsergebnisse unterstreichen empirisch den Handlungsbedarf, der sich in geringerer Zufriedenheit der Konfirmand*innen mit der Themeneinheit Tod und Sterben im Vergleich zur Konfirmandenarbeit insgesamt zeigt und in unterschiedlichen Zielvorstellungen von Konfirmand*innen und Teamer*innen in Bezug auf die Thematik (Held, 2019). Es wird deutlich, dass die Methodik des Wertefeldes hilfreich ist, um heterogene Bedürfnisse und Vorstellungen von Konfirmand*innen zu identifizieren und Anregungen für die Gestaltung der Konfirmandenarbeit zu entwickeln (Held, 2021).

Literaturverzeichnis

Bubmann, P., Keßler, H., Mulia, C., Oesselmann, D., Piroth, N. & Steinhäuser, M. (Hrsg.) (2019). Gemeindepädagogik. Berlin: De Gruyter.

Büttner, G. & Dieterich, V.-J. (2016). Entwicklungspsychologie in der Religionspädagogik (2. Aufl.). Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.

Gennerich, C. (2010). Empirische Dogmatik des Jugendalters. Werte und Einstellungen Heranwachsender als Bezugsgrößen für religionsdidaktische Reflexionen. Stuttgart: Kohlhammer. Gennerich, C. (2018). Lebensstile Jugendlicher. Beteiligung an Angeboten kommunaler, vereinsorganisierter und kirchlicher Jugendarbeit. Leverkusen: Budrich UniPress.

Gäfgen-Track, K., Haeske, C., Martini, U. & Nord, I. (Hrsg.) (2019). KU Praxis. Für die Arbeit mit Konfirmandinnen und Konfirmanden, 64.

Held, F. (2019). Tod und Trauer als Thema in der Konfirmandenarbeit. Eine empirische Untersuchung. KU Praxis für die Arbeit mit Konfirmandinnen und Konfirmanden, 64, S. 75–76.

Held, F. (2021). Was erwarten Konfis von der Konfirmandenarbeit? In: Praxis Gemeindepädagogik, 74(2), S. 60–61.

Mayring, P. (2019). Qualitative Inhaltsanalyse - Abgrenzungen, Spielarten, Weiterentwicklungen. Forum Qualitative Sozialforschung / Forum: Qualitative Social Research, 20(3), S. 1–15.

Schwartz, S. H. & Bilsky, W. (1987). Toward a universal psychological structure of human values. Journal of Personality and Social Psychology, 58, S. 878–891.

Schweitzer, F., Maaß, C. H., Lißmann, K., Hardecker, G. & Ilg, W. (Hrsg.) (2015). Konfirmandenarbeit im Wandel- Neue Herausforderungen und Chancen. Perspektiven aus der zweiten Bundesweiten Studie. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus.

Stroebe, M., Hansson, R., Stroebe, W. & Schut, H. (Hrsg.) (2001). Handbook of Bereavement Research: Consequences, Coping and Care. Washington D.C.: American Psychological Association.

Felicitas Held, Lehrkraft f.b.A., Evangelische Hochschule Darmstadt & Promotionsstipendiatin, Evangelisches Studienwerk Villigst.