1 Die aktuelle Bibeldidaktik und der biblische Text

1.1 Bibeldidaktik und Kompetenzorientierung – hohe Ansprüche und große Erwartungen

Die Ansprüche der gegenwärtigen Religionspädagogik und die Erwartungen der aktuellen Lehr- und Bildungsplanprogrammatik an die Bibeldidaktik im schulischen Religionsunterricht sind hoch. So gilt es unter den Bedingungen eines kompetenzorientierten Unterrichts als ein wesentliches Ziel, die religiöse Sprachfähigkeit der Schülerinnen und Schüler zu fördern, wobei sich dies im Horizont des biblischen Unterrichts besonders dahingehend ausprägt, dass die Lernenden die Fähigkeit erwerben sollen, biblische Sprachformen zu „erkennen“, „deuten“ und „gebrauchen“ sowie „zentrale biblische Überlieferungen“ (Lenhard & Obst, 2018, S. 470) verstehen und ausleuchten zu können. Aktuelle Bildungspläne akzentuieren dementsprechend im Sinne einer prozessbezogenen Kompetenz die Bildungszielerwartung, dass am Ende der Sekundarstufe I die Schülerinnen und Schüler „biblische […] und andere Zeugnisse christlichen Glaubens methodisch angemessen erschließen“ und derartige „religiöse Ausdrucksformen“ nicht nur analysieren, sondern auch „als Ausdruck existenzieller Erfahrung deuten“ können. Auf dem Weg dorthin sollen die Lernenden inhaltsbezogen u.a. „typische Sprachformen der Bibel“ kennenlernen und beschreiben; „Eigenheiten biblischer Textgattungen“ erläutern; „konkrete Situationen aus ihrem Umfeld“ auf biblische Geschichten beziehen; „biblische Texte in neuen Ausdrucksformen gestalten“; „an einem biblischen Text erläutern, dass die Bibel Erfahrungen mit Gott bewahrt“; an Beispielen aufzeigen, dass „biblische Texte einen Lebensbezug haben“; aus biblischen Texten „Perspektiven für ein gelingendes Zusammenleben entwickeln“; „ausgewählte biblische Texte unter Berücksichtigung der Gattung als Glaubensantworten auf zeitbedingte Anfragen interpretieren“ und nicht zuletzt „entfalten, inwiefern bildhafte Sprache in der Bibel Wahrheit zum Ausdruck bringt“.[1]

1.2 Bibeldidaktik und biblisches Erzählen

All diese Stellungnahmen und Vorgaben könnten nun die Erwartung evozieren, dass die Motivation, dem biblischen Text als Text eine herausragende Rolle im Zusammenhang des schulischen Lernens einzuräumen, in der aktuellen Religionspädagogik eher hoch sein müsste. Doch stellt sich das Bild wesentlich differenzierter dar. Denn weite Teile der gegenwärtigen Fachdidaktik schätzen offenbar den (un-vereinfachten, un-modernisierten, un-transformierten) Bibeltext als für Schülerinnen und Schüler so lebensfern und sprachlich unzugänglich ein, dass von einer unvermittelten Begegnung mit dem Text als Text nicht selten regelrecht abgeraten wird: „Es ist möglich, Schülerinnen und Schülern eine kopierte Seite aus einer Gesamtbibel vorzulegen […]. Möglich ist es, aber nicht empfehlenswert“ (Niehl, 2007, S. 139). Als wesentlich attraktiver und zielführender wird dagegen aktuell vielfach das „anschauliche und eindrucksvolle Erzählen“ herausgestellt. Für Franz W. Niehl (und für viele andere) stellt es regelrecht den „Königsweg der Präsentation“ biblischer Sequenzen dar – und zwar in Formen der „texttreuen Nacherzählung“ oder der „freien Nachgestaltung“ (2007, S. 139).

1.2.1 Wirkungsreiche Konzepte biblischen Erzählens: Neidhart und Steinwede

Folgt man diesen Hinweisen, so ist man auf den Bereich des Erzählens als „Grundform biblischer Didaktik“ (Zimmermann, 2018, S. 525) verwiesen – und auf die Differenzierung zweier unterschiedlicher Erzählkonzepte, die seit den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts die Basisalternativen vorgeben und bis heute als grundlegende „Anstöße […] weiter im Raum“ (Schröder, 2014, S. 82) stehen. Mit dem Ansatz Walter Neidharts (1990, S. 9–113; 1993, bes. S. 6–13; 2000, S. 204–210) verbindet sich eine Praxis lebendigen erzählerischen Nachgestaltens, in welchem die „Phantasiearbeit“ des Erzählenden vor allem dazu dienen soll, den (oder die) theologischen Leitgedanken ebenso anschaulich wie klar herauszuarbeiten und „vor Ohren“ zu stellen.[2] Dass ein in dieser Weise konturierter Prozess des Erzählens, in dem theologisch-systematisierende Aspekte eine orientierende Funktion übernehmen und in dem zugleich der persönliche Glaube des Erzählenden zum Tragen kommen soll, den biblischen Erzählstoff weitgehend transformieren wird, ist offensichtlich (und von Neidhart auch so intendiert).[3]

Als wesentlich „texttreuerer“ Zugang wird allgemein (zu Recht) die alternative Konzeption Dietrich Steinwedes (1974, bes. S. 52–133; 1983, S. 52–67; 1987, S. 257–262) eingeschätzt. Sie ist mit der Kennzeichnung eines „entfaltenden Erzählens“ angemessen charakterisiert, insofern es Steinwede darum geht, eng an der Struktur des Textes entlang den oft sehr verdichteten biblischen Wortlaut sprachlich „auszuziehen“ und „auszuzeichnen“. Er definiert in diesem Sinne: „Die Nacherzählung entfaltet den Text zu einer erweiterten Form der Sprachgestalt. Entfalten heißt: Die Grundlinien des Textes ausziehen, seine Grundgedanken ausführen, seine Bilder auszeichnen“ (1974, S. 52).

1.2.2 Beobachtungen und Einordnungen

Bei aller bestehenden Nähe zum ursprünglichen Erzählstoff ist allerdings zu beachten, dass auch Steinwedes Zugriff erhebliche Veränderungen an der Sprachgestalt der biblischen Vorgabe nach sich zieht bzw. sogar bewusst initiiert, indem das biblische Sprachgefüge gedehnt, die Syntax parataktisch gereiht, wesentliche Aussagen durch Wiederholung betont, schwierige Begriffe erzählend aufgelöst und sinntragende Anspielungen erklärend auserzählt werden sollen.[4] Mit der modernen Erzählforschung wird man hier feststellen dürfen, dass auch diese – im Verhältnis zur Methode Neidharts – eher moderaten sprachlichen Umgestaltungen keineswegs als semantisch neutral einzuschätzen sind. Insbesondere neigt die Methode des „erzählenden Entfaltens“ zur Füllung von narrativen Leerstellen und zur Glättung von möglichen Ungereimtheiten und Sperrigkeiten, die im konkreten Einzelfall potenzieller Weise entscheidende (antreibende oder verlangsamende) rezeptionsleitende Faktoren darstellen können (Zimmermann, 2018, S. 530). Und dass z.B. die (textergänzende) Wiederholung von wesentlichen Aussagen oder auch nur einzelner Begriffe einen Akt der Interpretation darstellt, ist gegenüber der Methode Steinwedes ebenso in Anschlag zu bringen wie gegenüber der Konzeption Neidharts. Wenn man es auf den Punkt bringen wollte, könnte man somit zweierlei schlussfolgend feststellen: Zum einen, dass in den beiden genannten Modellen des Erzählens nicht der biblische Text als Text, sondern als (mehr oder weniger vereinfachende, mehr oder weniger aktualisierende, mehr oder weniger persönlich gefärbte) Bearbeitungen des ursprünglichen Textes den Schülerinnen und Schülern entgegentreten; zum anderen, dass (bei der Methode Neidharts mehr, bei der Methode Steinwedes weniger, aber doch) der Erzähler des biblischen Textes – und eben nicht die Schülerin oder der Schüler – als (Primär‑)Interpret des biblischen Stoffes in Erscheinung tritt.[5]

1.3 Die religionspädagogische Bedeutung des biblischen Originaltextes

Der Autor des vorliegenden Beitrags bestreitet weder die Berechtigung der einen oder der anderen Erzählkonzeption noch die vielfältigen praktischen Erfolge, die in der Tradition dieser beiden Erzählschulen in der jüngeren bibeldidaktischen Geschichte und Gegenwart erzielt wurden und werden. Allerdings möchte dieser Beitrag auf eine Diskrepanz aufmerksam machen. Der eine Pol der Diskrepanz kann darin gesehen werden, dass die gegenwärtige Hochschätzung des Erzählens als „Königsweg“ und „Grundform biblischer Didaktik“ als Paradigma für die aktuelle Bevorzugung von bibeldidaktischen Methoden gelten kann, die den Schülerinnen und Schülern gerade nicht die Konfrontation mit dem Orginal des biblischen Textes zumuten möchten.

Der andere Pol der Diskrepanz liegt darin, dass gleichwohl eine Vielzahl von guten Gründen dafür sprechen, den Schülerinnen und Schülern die Begegnung mit dem biblischen Text als Text im Rahmen des Religionsunterrichts zu ermöglichen:

  •  Curricular wird man darauf hinweisen können, dass die oben angeführten bibeldidaktischen schulischen Bildungsziele wohl kaum oder nur unvollständig ohne die Begegnung mit dem Text als Text zu erreichen sein werden.

  •  Theologisch ist unbestritten, dass nicht biblische Transformationen, sondern der Text der Bibel selbst die entscheidende Referenz biblisch-theologischer Erwägungen darzustellen hat.

  •  Kulturgeschichtlich gilt es zu beachten, dass die Schülerinnen und Schüler selbstverständlich auch hinsichtlich der vielfältigen historischen und gegenwärtigen Transformationen biblischer Phänomene deutungskompetent werden sollen, dass aber auch diese Deutungskompetenz letztlich nicht ohne den Bezug auf die Originaltexte auskommen kann.

  •  Gesellschaftlich-empirisch gelten nach wie vor die Texte der gängigen Bibelübersetzungen und (eben) nicht biblische Transformationen als allgemein anerkannter Maßstab in bibelthematisch konnotierten (gesellschaftlichen, kulturellen, politischen, kirchlichen, usw.) Diskursen.

Im hier interessierenden Zusammenhang kommt schließlich der pädagogisch-emanzipatorischen Begründung ein ganz besonderes Gewicht zu: Betrachtet man als letztes und oberstes Ziel des Religionsunterrichts in der Schule die religiöse Mündigkeit, also die selbstständige religiöse Deutungs- und Urteilskompetenz der Schülerinnen und Schüler, wird man die schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen nicht dauerhaft mit vereinfachten, transformierten, vorinterpretierten Bearbeitungen abspeisen dürfen, sondern wird darauf hinzielen, den Schülerinnen und Schülern hinsichtlich der Texte als Texte in zunehmendem Umfang eigene (selbsttätige und selbstständige) Deutungs- und Interpretations­erfahrungen zu ermöglichen.

Das führt zu der Frage, ob neben den vielen (berechtigten und zu begrüßenden) bibeldidaktischen Entwürfen, Settings und Lernarrangements, die biblische Erfahrungen über andere Wege ermöglichen, im schulischen Religionsunterricht nicht auch – und möglicherweise verstärkt – Platz sein muss für Einheiten, die die Lektüre des Bibeltexts als Text in den Mittelpunkt stellen. Beantwortet man diese Frage positiv, lenkt dies direkt weiter zur Suche nach zielführenden bzw. unterstützenden Didaktisierungen und Lernarrangements. Der vorliegende Beitrag möchte in dieser Linie einen Versuch beisteuern.

1.4 Das bibeldidaktische Anliegen

Das nachfolgend vorgestellte Konzept verfolgt das übergeordnete Anliegen, die Begegnung von Schülerinnen und Schülern mit dem biblischen Text als Text zu ermöglichen und zu unterstützen, indem es didaktisch – in einer bestimmten Form – die besonderen Chancen des Erzählens[6] nutzt und zur Geltung bringt. Genauerhin geht es in dem Vorschlag darum, Erzählungen zu konzipieren und (in bestimmter Weise) einzusetzen, die dazu geeignet sind, die interessierte, selbsttätige und selbstständige Rezeption der Lernenden mit Blick auf biblische Texte anzuregen und zu fördern: Erzählungen, die so beschaffen sein sollen, dass sie sowohl auf die inhaltlichen Dimensionen als auch auf die sprachlichen Strukturen bestimmter biblischer Texte vorbereiten, zu ihrer Lektüre motivieren und zur Selbstaneignung herausfordern.

Verbunden damit setzt der hier vorgeschlagene Zugang (zum einen) fundamental auf Dialogizität und versteht sich (zum anderen) ausdrücklich als ein (optionaler) Beitrag zur Förderung der Interpretationskompetenz von Sich-Bildenden im Horizont bibeldidaktischer Bildungsprozesse. Hinsichtlich der Klärung der bibeldidaktischen Basis der entsprechenden Konzeptualisierung erfolgt hier zunächst der Blick auf die hermeneutische Positionierung, dann der Blick auf die kontextuelle Einbettung der hier vorgeschlagenen didaktischen Idee.

2 Die hermeneutische Basis des bibeldidaktischen Vorschlags

2.1 Dialogizität und lebensweltlicher Bezug

Als Ausgangspunkt kann die Feststellung dienen, dass allen aktuell wirksamen bibeldidaktischen Entwürfen – bei aller Unterschiedlichkeit in der konkreten Ausprägung – die Überzeugung gemeinsam ist, dass die vorgelegten Angebote zum einen dialogisch, zum anderen (in hermeneutischem Sinne) korrelativ ausgerichtet sein müssen, damit sie lebensweltlich wirksame Bildungsprozesse anstoßen können: zu denken ist dabei u.a. an die (beinahe schon klassischen) Konzeptionen von Ingo Baldermann (2013; 2012; 2011; 2018), Horst Klaus Berg (2000; 2003; 2010), Gerd Theißen (2003), Franz W. Niehl (2006; 1996; 2007) aber auch an die (neueren) Entwürfe von z.B. Petra Freudenberger-Lötz (Freudenberger-Lötz & Reiß, 2014; zudem Freudenberger, 2012; 2015), Ulrich Kropač (2002; 2005; 2009; 2010; 2016), Mirjam Schambeck (2009; 2018), Michael Fricke (2005; 2012; 2013) und Hanna Roose (2019a; 2019b; 2020; zudem Cramer & Wick, 2021). Die weitere Basierung soll hier in kritischer Aufnahme der Terminologie und der Erwägungen des (im Jahr 2010 verstorbenen) Karlsruher Religionspädagogen Thomas Meurer (2008, S. 167–189; 2002a, S. 393–404) erfolgen.

2.1.1 Textgemäßheit und Adressatenorientierung

Das Stichwort von der „Textgemäßen Adressatenorientiertheit“ (Meurer, 2008, S. 180–188) weist darauf hin, dass die von der Lehrkraft im schulischen Religionsunterricht zu ermöglichende Begegnung zwischen Bibel und Schülerin bzw. Schüler „eine genaue Kenntnis über den biblischen Text, seine Entstehungs­bedingungen und theologischen Leitlinien“ (S. 180–181) voraussetzt. Denn nur so kann die Lehrerin bzw. der Lehrer in „sachorientierter Weise als Anwalt des Textes fungieren“ (S. 181). Zugleich macht das begriffliche Element der „Adressatenorientiertheit“ darauf aufmerksam, dass die Lehrkraft möglichst weitgehende Kenntnisse über die konkrete Lebenssituation der Lernenden (ihre Verstehensvoraussetzungen, ihre „Biographien“, ihre „Enzyklopädien“) benötigt: Sie sind als in gleicher Weise elementar für den Vorgang der Begegnung zwischen dem Text und den Rezipienten einzuschätzen.

2.1.2 Dialogizität und Deutungskompetenz

Der Entschluss Thomas Meurers, bewusst und deutlich „auf die Lese- und Interpretationskompetenz der Schülerinnen und Schüler“ (S. 182) zu setzen, ist aufzunehmen; er entspricht einer klaren Entscheidung für eine Pädagogik der Mündigkeit, Selbsttätigkeit und Selbstbestimmung. Dieses Vertrauen in das Deutungspotenzial der Schülerinnen und Schüler hat gewichtige Folgen für die Textauswahl wie für die Gestaltung der konkreten Lernlandschaft, denn eine „textgemäße und adressatenorientierte Bibeldidaktik“ kann auf der Basis dieses Zutrauens (in die Fähigkeiten der Rezipienten) für die „Fremdheit des biblischen Textes“ (S. 181) im Begegnungsprozess plädieren. Wobei gerade in dieser „Fremdheit“ spezifische didaktische Chancen gesehen werden können, denn: „Je ferner und fremder der Text erscheint, desto stärker kann sich die Sogwirkung entfalten, Wege zu seiner Erklärung und Deutung zu finden“ (S. 181). Bei aller Berücksichtigung einer grundlegenden lebensweltlich fundierten Adressatenorientierung fordert Meurer daher, in der konkreten bibeldidaktischen Konzeptionierung „diese Fremdheit […] weder zu verwischen noch zu nivellieren, sondern zu belassen und zum Ausgangspunkt der Begegnung zwischen Text und Rezipient zu machen“ (S. 181). Entsprechend hoch sind seine Sympathien für Ansätze, die nicht nur auf zentrale, sondern auch auf sperrige biblische Texte setzen und die Begegnung mit dem biblischen Text als Text ausdrücklich vorsehen und begrüßen (2010a, S. 76–78).

2.2 Freiheit und Grenzen der Interpretation

2.2.1 Der biblische Text als ästhetisches Kunstwerk

Auf die Erwägungen Meurers, die eine Bibeldidaktik explizit unter dem Gesichtspunkt „ästhetischer Rekonstruktion“ (2009; 2002b; 2010a; 2010b, S. 351–354) nahelegen, kann in einer differenzierten Bezugnahme zugegriffen werden. Überaus positiv ist das Anliegen zu sehen, den biblischen Text „als ästhetisches Kunstwerk“ bibeldidaktisch so zur Geltung zu bringen, dass er „seine Position zur Disposition stellt“ und eben dadurch die „Erschließungs- und Aneignungskräfte“ (2009, S. 216) der Schülerinnen und Schüler in solcher Weise „weckt“, dass nicht nur (subjektiv) leistungsstarke, sondern vor allem auch selbstständige, originelle, persönliche und lebensrelevante Interpretationen entstehen. Die „Begegnung mit dem biblischen Text“ kann im Zuge einer so konzipierten offenen Bibeldidaktik – zumindest in den Fällen „geglückter“ (d.h. ausreichend vollzogender) Begegnung – tatsächlich „zu einer Selbstbegegnung“ (2009, S. 220) werden. In der Konsequenz dieser auf „Freisetzung“ basierenden Konzeption liegt es dann allerdings auch, dass Rezeptionen des Textes durch die Schülerinnen bzw. Schüler auch bis hin zu offensichtlichen Fehlinterpretationen oder Missdeutungen von Meurer durchgehend eine positive Wertung erfahren, denn „das wichtigste ist ja bereits geschehen: die Begegnung“ (2008, S. 183; vgl. zudem 2009, S. 216–217, 220–221).

2.2.2 Das Gespräch in der interpretierenden Diskursgemeinschaft

Selbstverständlich ist es richtig, dass in einer diachronen Perspektive betrachtet frühere Missverständnisse, Fehldeutungen, Vereinseitigungen usw. revidiert werden und – nicht zuletzt angestoßen durch neue Lese- oder Lebenserfahrungen – Neupositionierungen gegenüber dem Text vorgenommen werden können. Doch fragt es sich m.E., ob z.B. hinsichtlich des theologischen Gesprächs im Verband der gesamten Klasse als Diskursgemeinschaft, welche auch die Lehrerin bzw. den Lehrer miteinschließt, das Element der Anwaltschaft für den Text (im Sinne von Anwaltschaft für Textgemäßheit) konzeptionell nicht noch stärker betont werden könnte. Kriterien hierzu können die interpretationstheoretischen Hinweise Eric D. Hirschs[7] ebenso liefern wie die Semiotik Umberto Ecos[8], die beide auf ihre Weise die intentio operis als Maßstab für die „Grenzen einer textgemäßen Interpretation“ zur Geltung bringen.[9] Für das theologische Gespräch in der schulischen Diskursgemeinschaft würde das dann bedeuten, dass die Lehrerin bzw. der Lehrer (wie alle anderen Gesprächsteilnehmer bzw. Gesprächsteilnehmerinnen auch) mit möglichen alternativen Interpretationen bekannt machen oder auf mögliche Dissonanzen bestimmter Auslegungen mit dem biblischen Text hinweisen würde. Ein solches Gesprächsverhalten aller Teilnehmenden stünde dann ausdrücklich im Dienst des Dialogs in der Auslegungsgemeinschaft und der Anregung immer leistungsstärkerer persönlicher Interpreta­tionen aller Diskursteilnehmer und Diskursteilnehmerinnen.

2.3 Folgerungen für die bibeldidaktische Anordnung

Der in diesem Beitrag vorgestellte Vorschlag knüpft damit an die Erwägungen verschiedener aktueller textorientierter Bibeldidaktiken an und betrachtet das Gesamt der intendierten Lernlandschaft (vgl. das folgende Kap. 3) als ein theologisches Gespräch der im Klassenraum vorzufindenden diskursiven und dialogischen Gemeinschaft. Der Entwurf sieht zum einen die Notwendigkeit, den Schülerinnen und Schülern im Rahmen des schulischen Religionsunterrichts direkte Begegnungen mit dem biblischen Text als Text zu ermöglichen. Zum anderen anerkennt er die (in der aktuellen Religionspädagogik vielfach beschriebene) erschwerte Zugänglichkeit der biblischen Texte für die gegenwärtigen Rezipientinnen und Rezipienten als erhebliches didaktisches Problem. Der Autor unterbreitet vor diesem Hintergrund den Vorschlag, aktualisierende Narrationen zu entwerfen und bereitzustellen, die zur selbsttätigen Auseinandersetzung herausfordern und – qua Befassung mit ihnen – auf die sich daran anschließende aktive Aneignung von biblischen Narrationen vorbereiten.

3 Die religionspädagogische Kontextualisierung des bibeldidaktischen Vorschlags

3.1 Die bibeldidaktische Intention

Mit dem hier angeregten Einsatz von spezifischen und zielgruppen-genau abgestimmten aktualisierenden Narrationen sind die folgenden Kennzeichen und Aspekte verbunden: Das aktualisierende Erzählen betrifft nicht den biblischen Text selbst. Es geht gerade nicht darum, den biblischen Text zu ersetzen oder als solchen modernisierend umzuformen. Sondern das Gespräch über die jeweilige aktualisierende Erzählung möchte als (intentional) flankierendes und (vom Ablauf her) vorbereitendes Lernarrangement Hilfen zur Förderung der Rezeptions- und Verständnis­möglichkeiten des biblischen Textes anbieten. Die Auseinandersetzung mit der aktualisierenden Erzählung eröffnet den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, sich in der Interpretation narrativer Texte zu erproben, wobei in der Kombination von selbstständiger Stellungnahme zu dem Erzählten und interaktionaler Auslegung in der Gesprächsgemeinschaft nicht zuletzt Fähigkeiten aufgerufen sind, wie das genaue und revisionssensible Erfassen des Erzählten, die Erprobung des Füllens von narrativen Leerstellen sowie der Umgang mit spezifischen Textsignalen und besonderen interpretatorischen Herausforderungen (wie z.B. ein offener Schluss der Narration). Eine Vorbereitung auf einen konkreten biblischen Referenztext wird die aktualisierende Erzählung (durch ihre spezielle Anlage und Ausgestaltung) schließlich in dem Maße darstellen, in dem auf dem Weg der aktiven und selbsttätigen Beschäftigung mit ihr einschlägige und hilfreiche Erfahrungen gemacht werden können: Erfahrungen, die (im Vorgriff auf die Thematisierung des jeweiligen biblischen Textes) sowohl für wesentliche Elemente der sprachlich-narrativen Formgebung des biblischen Textes sensibilisieren als auch die Aufmerksamkeit auf besondere – altersgerecht anspruchsvolle – inhaltliche Problematiken lenken können.

In Charakter und Form grenzt sich die hier vorgeschlagene Konzeption aktualisierenden Erzählens damit sowohl von der bibeldidaktischen Gattung der Verfremdung (die nicht zuletzt „Empörung“ bzw. „Entrüstung“ beim Rezipienten als motivierendes Moment generieren möchte) als auch von der Themenerzählung (die ohne besondere sprachliche oder tiefgreifendere theologische Intentionalität vor allem die Aktualität eines bestimmten Themas des nachfolgend zu behandelnden biblischen Textes ins Licht stellen möchte) deutlich ab.

3.2 Die lernlandschaftliche Einbettung

Die hier vorgeschlagene Form aktualisierenden Erzählens kann sich in besonderer Weise als Einstieg in eine Unterrichtsreihe eignen, die sich bewusst als Aufforderung zu selbstständiger Wahrnehmung und eigenem Urteil versteht. Nach den Maßgaben einer lerngruppen-spezifischen Konkretisierung, welche die Lebens- und Erfahrungswelten der heutigen Schülerinnen und Schüler von Anfang an berücksichtigt, wird man bezüglich des weiteren didaktischen Ablaufs eine Lernlandschaft entwerfen, die Raum lässt für die (offene und freie) Begegnung mit dem biblischen Text als Text. Wenn hier diese Begegnung von biblischem Text und Schülerin bzw. Schüler mit der Zielbestimmung der Selbstaneignung verbunden wird, verweist dies auf jenen wechselseitig dialogischen Prozess eines ganzheitlichen Verstehens, in dem sich die Textwelt und die Leserwelt so begegnen, dass von hier aus neue Einblicke und Einsichten entstehen, bisherige Vorstellungen und Ansichten revidiert oder verändert sowie persönliche Bedeutungszuweisungen und Relevanzzuschreibungen erfolgen können.[10] Es liegt auf der Hand, dass einem so beschriebenen biblischen Lernen auch Qualität im Kontext prozesshafter Selbstkonstruktion zukommt.

Hinsichtlich des zu konzipierenden Gesamt-Lerndesigns und -Lernsettings können zunächst vor allem diejenigen bibeldidaktischen Entwürfe Leitlinien und Hinweise geben, die sich besonders der Lektüre bzw. der ausdrücklichen Thematisierung des biblischen Originaltextes verpflichtet fühlen, z.B. von religionspädagogischer Seite: Christian Bühler (1998), Thomas Meurer (2008), Ulrich Kropač (2010), Mirjam Schambeck (2009), Hanna Roose (2020); von biblisch-exegetischer Seite: Gerd Theißen (2003); Peter Müller (2009) und Kurt Erlemann (2020, bes. S. 276–278). Im weiteren Verlauf der Unterrichtsreihe werden dann im Sinne einer auf ein ganzheitlich-kommunikatives Erleben gerichteten und bewusst integrativen Bibeldidaktik immer stärker auch Elemente ausdrücklich umkreisend-dialogischer (Niehl, 2006), interaktionaler (Lehnen, 2006), konstruktivistischer (Büttner, Mendl, Reis & Roose, 2010; Stimpfle, 2018) oder intertextueller (Schambeck, 2009) Prägung, zudem (je nach den Gegebenheiten der spezifischen Lerngruppe) auch Impulse aus der performativen (Leonhard & Klie, 2006), kirchenraumpädagogischen (Rupp, 2018; Schliephake, 2014) oder alteritätsorientierten (Grümme, 2007; 2012) Didaktik zum Zuge kommen können.

3.3 Die konzeptionell-didaktische Aufgabe

Es ist in diesem Kontext offensichtlich, dass mit der eingangs des gesamten Unterrichts-Arrangements platzierten aktualisierenden Erzählung erhebliche didaktische Erwar­tungen verbunden sind. Sie muss deshalb hohen inhaltlichen wie formalen Ansprüchen genügen. Das Potential der konzipierten Narration bemisst sich dabei letztendlich daran, in welcher Bandbreite und in welcher Tiefenwirkung sie in der Lage ist, die gewünschten dialogischen, interpretatorischen und motivierenden Effekte zu entfachen, die von ihrem Einsatz erhofft werden. Hinsichtlich der Konzeptionierung solcher Erzählungen hat der Autor Vorschläge und eine paradigmatische Konkretion entwickelt.[11] 

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Dr. Alexander Weihs, Professor für Neues Testament und Religionspädagogik, Institut für Katholische Theologie, Pädagogische Hochschule Karlsruhe

  1. Zur Veranschaulichung des Phänomens wurde hier exemplarisch der „Bildungsplan 2016. Allgemein bildende Schulen – Sekundarstufe I: Katholische Religionslehre“ des Landes Baden-Württemberg (Endfassung, Stuttgart 2016) gewählt. Die aufgeführten Zitate finden sich auf den Seiten 11, 14, 19, 35–36 und 53.

  2. Zur Einschätzung der Konzeption Neidharts vgl. auch: Baldermann, 2001, Sp. 437–439; Zimmermann, 2018, S. 527; Schröder, 2014, S. 80; Grethlein, 2014, S. 96–97.

  3. Vor allem durch Neidhart, aber auch durch Steinwede – und im Anschluss an diese – entwickelte sich ein ganzes Bündel an Gattungen stark transformierter bibelthematischer Geschichten. Zu nennen sind u.a. Umweltgeschichten, Geschichten zur literarischen Ursprungssituation, Rahmengeschichten, Verlaufsgeschichten, Weiter-Erzählungen (alle bes. Neidhart); biblische Summarien; biblisch-problemorientierte Erzählungen (diese bes. Steinwede). Zu den Erzählungs-Typen vgl. Adam, 2010, S. 145–147; Ort, 2002, S. 264–265.

  4. Zum Erzählkonzept Steinwedes vgl. Baldermann, 2001, Sp. 437–438; Adam, 2010, S. 144–145, 147–154; Zimmermann, 2018, S. 527; sowie kritisch auch hinsichtlich des adressatenbezo­genen Verständigungspotenzials: Grethlein, 2014, S. 96.

  5. Dass diese Kennzeichnungen noch weit mehr für manche aktuellen Konzeptionen wie z.B. die Vorschläge für ein subjektiv-perspektivisches Erzählen „von unten“ gelten, liegt auf der Hand.

  6. Zur besonderen pädagogischen, theologischen und religionsdidaktischen Attraktivität des Erzählens vgl. Baldermann, 2001, Sp. 435–441; Adam, 2010, S. 137–162; Ort, 2002, S. 263–266; Grethlein, 2007, S. 38–50; Grethlein 2014, S. 89–99; Zimmermann, 2018, S. 524–531; Niehl, 2018, S. 165–174; etwas verhaltender: Schröder, 2014, S. 69–82.

  7. Zu Eric Donald Hirschs Interpretationstheorie vgl. Hirsch, 2000, S. 157–180 und Hirsch, 1972, S. 15–92, 164–330, dort bes. 263–300. Für unseren Zusammenhang einschlägig sind vor allem die folgenden Grundaussagen: „ […] der Interpret muss zwischen dem, was ein Text impliziert, und dem, was er nicht impliziert, unterscheiden; er muss den Text voll ausschöpfen, gleichzeitig aber auch dessen Normen und Grenzen beachten.“ (2000, S. 163); „Wer die Determiniertheit des Wortsinns behauptet, schließt damit nicht dessen Komplexität aus, sondern er besteht lediglich darauf, dass der Sinn eines Textes etwas Bestimmtes und nicht auch allerhand anderes ist.“ (S. 169–170); „Das Ziel des Interpreten besteht einfach darin, eine gegebene Auslegung als wahrscheinlicher zu erweisen als andere. Verifizierung ist in der Hermeneutik der Vorgang der Feststellung relativer Wahrscheinlichkeiten.“ (S. 173).

  8. Zu Umberto Ecos Verständnis der intentio operis und den daraus (potenzieller Weise) ableitbaren „Grenzen der Interpretation“ vgl. Eco, 1998, S. 61–106; 1999, S. 35–55, 169–279, dort bes. 51–55 mit 77–78; 2004, 52–98; 2012, S. 9–14, 55–60; zum Hintergrund auch 2016, S. 27–59, 90–153.

  9. Zur Aufnahme der Theorie Ecos in der aktuellen exegetischen Methodik vgl. u.a. Dohmen, 2003, S. 31–42, 106–109; Weihs, 2008, S. 133–166, bes. 138, 163; auch Wolter, 2002, S. 49–50. Vgl. zudem in der gegenwärtigen Bibeldidaktik (mit Schwerpunkt auf der interpretativen Kooperation zwischen Text und Leser) Dressler, 2018, S. 438–444, bes. 442–443 und (mit bes. Gewicht auf der Selbstperformance des Textes) Schambeck, 2018, S. 463.

  10. Auf der Basis des Dargelegten ist klar, dass unter dem Begriff der Selbstaneignung hier weder eine vom Schüler bzw. von der Schülerin ausgehende okkupierende Aneignung des biblischen Textes (an dessen Inhalten vorbei oder über diese hinweg), noch eine Aufforderung zur unreflektierten Übernahme des vom Text transportierten biblischen Wirklichkeitsverständnisses durch den Schüler bzw. die Schülerin intendiert sein kann. Vielmehr geht es um einen wechselseitigen dialogischen Prozess von dynamischer Reziprozität, in dem sich die Textwelt und die Leserwelt so begegnen, dass von hier aus neue Bedeutungszuweisungen entstehen können. Michael Fricke (2013, S. 377–378) hält in diesem Sinne fest: „Gegenstand der Bibeldidaktik ist Begegnung, Bewegung, Dialog, kurz: Kommunikation zwischen Schüler/innen und Bibel. Das impliziert die Einführung in die (Text-)Welt der Bibel und das Aufnehmen von Wissensbeständen, aber vor allem das aktive Auseinandersetzen mit und persönliche Aneignen von biblischen Inhalten und Formen, mit dem Ziel, Bibel eigenständig auslegen zu können.“ Zum Hintergrund des Aneignungs-Verständnisses vgl. auch Koerrenz, 1995, S. 43–56 und Kaufmann, 1995, S. 57–66.

  11. Vgl. hierzu den Beitrag: Weihs, A. (2021). Aktualisierendes Erzählen als Provokation zur Selbstaneig­nung biblischer Narrationen: Eine bibeldidaktische Konkretion. Theo-Web 20, Heft 1, S. 208-222.