In gesellschaftlicher Perspektive beobachten wir in den Jahren der Pandemie und angesichts klimatischer wie politischer Transformationen auf der einen Seite Polarisierungen in der Meinungsbildung, auf der anderen Seite gerade im (religions-)pädagogischen Kontext Tendenzen der Zurückhaltung, wenn nicht gar der Vorsicht vor zu expliziten Positionierungen.

Religionen eignet als positionshaltigen, in sich pluralen Phänomenen in den genannten Zusammenhängen das Potential zu orientierender wie irritierender, manchmal gar (zer-)störender Wirkkraft. Zur Signatur des konfessionellen Religionsunterrichts gehört nun gerade der Bezug auf solche Potentiale, auf positionelle Gehalte, auf „Nicht-Neutralität“. Religionspädagogisch wird diese Signatur unterschiedlich ausgelegt. Im Blick sind dabei nicht nur intendierte Verortungen der Schüler*innen, sondern vor allem auch die Rollen der Lehrpersonen, die nicht zuletzt in der Ausbildung geprägt werden. In dieser wird im besten Fall die Befähigung zur Positionierung und zugleich der Dialog mit anderen (religiösen) Anschauungen gefördert.

An die skizzierte Ausgangslage schließen die zwei Thementeile der vorliegenden Ausgabe an:

Thementeil 1: Auf der Jahrestagung der Gesellschaft für wissenschaftliche Religionspädagogik und des Arbeitskreises Gemeindepädagogik wurde den oben beschriebenen Konstellationenintensiver nachgegangen. Vom (8.9.) 9.9.-11.9.2022 fand diese Konferenz unter dem Titel: Wo stehe ich, wo kann ich anders? Positionierung als religions- und gemeindepädagogisches Arbeitsfeld an Luthers ehemaliger Wirkungsstätte in Erfurt, im Augustinerkloster, statt. In den Tagungsbeiträgen werden Positionierungen interdisziplinär reflektiert, religionspädagogisch wie gemeindepädagogisch erschlossen und neu bedacht. Unser Dank gilt dem Vorstandsteam der GwR und des AK Gemeindepädagogik als Herausgeber*innen dieses ersten Thementeils.

Thementeil 2: Die Beiträge jenes Teils stammen aus dem Forschungsprojekt „Über die anderen unterrichten: Mindsets und Praktiken im fremdreligiösen Unterricht an der Hochschule”,welches in Zusammenarbeit der Universitäten Paderborn und Osnabrück verantwortet wird. Hinsichtlich der islamischen Religionslehrer*innenbildung wird deutlich, dass im Kontext interreligiöser Lehrveranstaltungen die Mindsets von Lehrer*innen primär auf religionskundliches Wissen und Gemeinsamkeiten ausgerichtet sind, wohingegen eine differenzsensible Positionierung in den Hintergrund tritt.

In der Sektion „Forschung und Diskurs“ befinden sich vier Beiträge, die den double-blind peer-review-Prozess erfolgreich durchlaufen haben. Inhaltlich werden darin die Wahrheitsfrage aus der Sicht von Kindern, kontroverse Themen im Religionsunterricht, eine Studie zum Religionsunterricht in Rheinland-Pfalz und ein christlich orientiertes Bedürfnismodell für den heilpädagogischen Kontext verhandelt.

Martin Schreiner danken wir wieder sehr für den umfangreichen wie instruktiven Einblick in religionspädagogisch wichtige Neuerscheinungen.  

Am Schluss der Heftausgabe finden Sie Hinweise auf Tagungen und religionspädagogisch relevante Veranstaltungen, die dankenswerterweise von Melanie Binder erstellt wurden.

Ganz herzlich danken möchten wir dem Wiener Team in Person von Melanie Binder, Karin Sima, Marietta Behnoush, Beate Gusner-Hainisch, Thomas Szabó und Janett Baliga sowie Daniela Zahneisen vom Landauer und Katarina Schleidowitz vom Saarbrücker Lehrstuhl für Religionspädagogik für die ausgezeichnete (Mit-)Arbeit!

Ihnen, liebe Leser*innen, wünschen wir eine inspirierte wie inspirierende Lektüre!

Susanne Schwarz, Karlo Meyer und Martin Rothgangel